Entscheidungsdatum
21.03.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W238 2164146-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 09.06.2017, OB XXXX, betreffend Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG in Verbindung mit § 42 Abs. 1 BBG und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 29.03.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass Folge gegeben wird.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin ist seit 18.01.2007 im Besitz eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H.
2. Am 29.03.2017 stellte die Beschwerdeführerin beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet), Anträge auf Neuausstellung des Behindertenpasses wegen Verlustes, Diebstahls oder Ungültigkeit und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung / Parkausweis gemäß § 29b Abs. 2 bis 4 StVO".
3. Seitens der belangten Behörde wurde in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin eingeholt. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 19.05.2017 erstatteten - Gutachten vom 22.05.2017 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen als Diagnoseliste (ohne Einschätzung des Grades der Behinderung) erfasst. Zu den Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde vom befassten Sachverständigen ausgeführt, dass bei der Untersuchung keine erheblichen Funktionseinschränkungen an den oberen und an den unteren Extremitäten objektiviert werden hätten können. Selbstständiges Gehen, auch ohne Rollator sei im Untersuchungsraum möglich gewesen. Das behinderungsbedingte Erfordernis eines Rollators sei aus allgemeinmedizinischer Sicht nicht gegeben. Eine fachärztlich dokumentierte Notwendigkeit einer mobilen Sauerstoffversorgung liege nicht vor. Anlässlich der Untersuchung habe keine Reduktion der Sauerstoffsättigung gemessen werden können. Es liege auch keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.
4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 09.06.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Begründend stützte sich die belangte Behörde im Bescheid auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten vom 22.05.2017, wonach die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht gegeben seien.
Am Ende des Bescheides wurde angemerkt, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht abgesprochen werde, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würden.
Das Gutachten vom 22.05.2017 wurde der Beschwerdeführerin als Beilage des Bescheides übermittelt.
5. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde, in der ausgeführt wurde, dass bei der Begutachtung nur eine Momentaufnahme ihres gesundheitlichen Zustandes durch den Amtsarzt erstellt worden sei. Die Beschwerdeführerin sei auf einen Rollator angewiesen, da sie schnell außer Atem sei und sich dann hinsetzen müsse. Zusätzlich benötige sie eine Sauerstoffflasche, da sie schon öfters auf der Straße kollabiert sei. Es gebe auch Momente, in denen es ihr besser gehe, sehr oft sei sie jedoch an der Grenze ihrer Kräfte. Das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei für sie aufgrund der Niveauunterscheide gefährlich. Beim Einsteigen in eine Niederflurstraßenbahn benötige sie Hilfe mit dem Rollator. Eine Benützung der normalen Straßenbahn sei ihr unmöglich. Am gefährlichsten sei es, wenn ein Verkehrsmittel losfahre bzw. bremse oder unvermittelt in eine Kurve einfahre und sie sich nicht rechtzeitig hinsetzen habe können. Die Sturzgefahr sei stark erhöht. Abschließend ersuchte die Beschwerdeführerin um Vornahme der begehrten Zusatzeintragung.
6. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 12.07.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
7. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde in weiterer Folge eine Begutachtung der Beschwerdeführerin durch eine Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin veranlasst. In dem daraufhin auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin erstellten Sachverständigengutachten vom 30.11.2017 wurde zusammenfassend Folgendes ausgeführt (Wiedergabe ergänzt um die zugehörigen Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):
"STATUS:
Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut. Größe 150 cm, Gewicht 70 kg, RR 150/90
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen, Lippenstift, Zyanose nicht beurteilbar.
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA, Lungenbasen tieferstehend, keine RGs. HAT rein, rhythmisch.
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern S 0/120, F 0/100, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung. Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind bis zu Ohren bzw. ISG bds. durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen kurz möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits nicht durchführbar. Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist nicht möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.
Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird im Bereich der Füße sockenförmig als gestört angegeben.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, mäßig Rundrücken, sonst regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Kein Hartspann. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen 1/3 eingeschränkt beweglich
BWS/LWS: FBA: 30 cm, in allen Ebenen zur Hälfte eingeschränkt
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit Rollator und mobilem Sauerstoffgerät in Begleitung der Heimhilfe mit angelegtem Lendenstützmieder, das Gangbild ist langsam, kleinschrittig, vorgeneigt, im Untersuchungszimmer ohne Gehhilfe möglich. Gesamtmobilität verlangsamt, Hilfe beim Anziehen.
Status psychicus: Allseits orientiert, Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig, Stimmungslage gedrückt.
STELLUNGNAHME:
1. Die dauernden Gesundheitsschädigungen der Beschwerdeführerin sind als Diagnoseliste anzuführen:
1) Chronisch obstruktive Lungenerkrankung, Hypoventilationssyndrom, Langzeitsauerstofftherapie
2) Insulinpflichtiger Diabetes mellitus
3) Diabetische Polyneuropathie
4) Hypertonie
5) Abnützungen des Stützapparats
6) Depressive Störung
2. In welchem Ausmaß liegen die angeführten Leidenszustände vor und wie wirken sie sich auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus?
Das Zurücklegen von Wegstrecken von etwa 300-400 m ist zumutbar und möglich. Im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten und der Wirbelsäule liegen keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor, ausreichender Bewegungsumfang und ausreichende Kraftentfaltung. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefähigkeit der Gelenke der unteren Extremitäten nicht wesentlich eingeschränkt ist. Steh- und Gehleistung sind zwar mäßig eingeschränkt, insgesamt ist jedoch eine höhergradige Gangunsicherheit nicht feststellbar, Gehen ohne Gehhilfe zwar verlangsamt, aber ausreichend sicher möglich. Schwierigkeiten bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt sind durch die mäßigen Abnützungserscheinungen im Bereich der unteren Extremitäten und der Wirbelsäule gegeben, es konnte jedoch eine ausreichende Stand- und Gangsicherheit und ausreichende Kraft zum Anhalten festgestellt werden, sodass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus orthopädischer Sicht zumutbar ist.
Das ständige behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung eines Rollators zum Zurücklegen kurzer Wegstrecken ist durch festgestellte Leiden und Funktionseinschränkungen nicht begründbar.
3. Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremität vor?
Nein. Begründung siehe oben.
4. Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?
Dokumentiert ist im lungenfachärztlichen Befund vom 27.9.2017 eine Langzeitsauerstofftherapie bei COPD und Hypoventilationssyndrom, ebenso bestätigt in Facharztbefund Dr. XXXX vom 18.4.2017.
Bestätigt wird das Erfordernis eines mobilen Sauerstoffgeräts. Es liegt eine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Einsteigen und Aussteigen und der Transport sind durch die höhergradige Lungenfunktionseinschränkung in einem Ausmaß beeinträchtigt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist.
5. Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein.
6. Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vor?
Nein.
7. Liegt eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor?
Nein.
8. Ausführliche Stellungnahme zu den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Befunden und Unterlagen.
Attest Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin vom 24.3.2017 wird eine Diagnoseliste angeführt und darauf hingewiesen, dass die Patientin mit Rollator mobil sei.
In der Diagnoseliste wird COPD, Langzeitsauerstofftherapie angeführt, Untersuchungsergebnisse und Funktionsprüfungen wie Lungenfunktionstests sind dem Attest jedoch nicht angeschlossen.
9. Ausführliche Stellungnahme zu den Einwendungen in der Beschwerde:
a) Benötigt die BF einen Rollator? Wenn ja, wie wirkt sich dies auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus?
Das ständige behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung eines Rollators ist aus orthopädischer Sicht durch eingestufte Leiden und festgestellte Funktionseinschränkungen nicht begründbar, es konnte ohne Gehhilfe zwar ein langsames, kleinschrittiges Gangbild festgestellt werden. Eine höhergradige Unsicherheit und das behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung eines Rollators sind aus orthopädischer Sicht durch eingestufte Leiden und festgestellte Funktionseinschränkungen nicht begründbar. Eine muskuläre Insuffizienz oder eingeschränkte Gelenksfunktion oder ein neurologisches Defizit, welche die Verwendung eines Rollators erfordern würden, konnte nicht festgestellt werden.
b) Benötigt die BF eine Sauerstoffflasche? Wenn ja, wirkt sich diese auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus?
Dokumentiert ist eine Langzeitsauerstofftherapie, somit ist das Erfordernis eines mobilen Sauerstoffgeräts belegt. Siehe Punkt 4), die Kriterien für die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund höhergradiger Lungenfunktionseinschränkung sind erfüllt.
c) Besteht bei der BF erhöhte Sturzgefahr, Stand- und Gangunsicherheit?
Eine maßgebliche erhöhte Sturzgefahr konnte nicht objektiviert werden, es konnten eine ausreichende Stand- und Gangsicherheit festgestellt werden.
10. Stellungnahme zu einer allfälligen zum angefochtenen Gutachten vom 22.05.2017 abweichenden Beurteilung:
Dokumentiert ist eine Langzeitsauerstofftherapie bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung und Hypoventilationssyndrom. Es liegt somit eine höhergradige Lungenfunktionseinschränkung vor, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar macht.
11. Feststellung, ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.
Dauerzustand. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."
8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.11.2017 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.
Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist seit 18.01.2007 im Besitz eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H.
Am 29.03.2017 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung / Parkausweis gemäß § 29b Abs. 2 bis 4 StVO".
Seitens der belangten Behörde wurde ausschließlich über die Vornahme der begehrten Zusatzeintragung abgesprochen.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Chronisch obstruktive Lungenerkrankung, Hypoventilationssyndrom, Langzeitsauerstofftherapie;
2) Insulinpflichtiger Diabetes mellitus;
3) Diabetische Polyneuropathie;
4) Hypertonie;
5) Abnützungen des Stützapparats;
6) Depressive Störung.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen, ihrer Art und Schwere sowie ihrer Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.11.2017 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.
Bei der Beschwerdeführerin liegen keine erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten vor. Bei ihr bestehen zwar eine diabetische Polyneuropathie und Abnützungen des Stützapparats. Das Zurücklegen von Wegstrecken von etwa 300 bis 400 Metern ist ihr dennoch möglich. Im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten und der Wirbelsäule liegen keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor. Auch Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefähigkeit der Gelenke der unteren Extremitäten nicht wesentlich eingeschränkt ist. Die Steh- und Gehleistung sind mäßig eingeschränkt. Insgesamt liegt keine höhergradige Gangunsicherheit vor. Das ständige behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung eines Rollators zum Zurücklegen kurzer Wegstrecken ist durch die festgestellte Leiden und Funktionseinschränkungen nicht begründbar. Das Gehen ohne Gehhilfe ist zwar verlangsamt, aber ausreichend sicher möglich. Schwierigkeiten bei der Sitzplatzsuche und bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt sind durch die mäßigen Abnützungserscheinungen im Bereich der unteren Extremitäten und der Wirbelsäule gegeben, es liegen jedoch ausreichende Stand- und Gangsicherheit sowie ausreichende Kraft zum Anhalten vor, sodass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus orthopädischer Sicht zumutbar wäre.
Allerdings liegt bei der Beschwerdeführerin aufgrund einer höhergradigen Lungenfunktionseinschränkung eine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit vor. Dokumentiert ist eine Langzeitsauerstofftherapie bei Verwendung eines mobilen Sauerstoffgeräts. Dadurch sind das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Einsteigen und Aussteigen und der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln in erheblichem Ausmaß beeinträchtigt.
Aufgrund der festgestellten Langzeitsauerstofftherapie bei COPD und Hypoventilationssyndrom kann der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht nicht zugemutet werden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zum Vorliegen eines Behindertenpasses, zur Einbringung des Antrags und zum Gegenstand des Bescheides ergeben sich aus dem Akteninhalt.
2.2. Die Feststellungen zum Vorliegen erheblicher - die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkender - Funktionseinschränkungen gründen sich auf das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.11.2017. Darin wurde auf die Art und Schwere der Leiden der Beschwerdeführerin sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Das Gutachten setzt sich ausführlich mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffene medizinische Beurteilung basiert auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund und entspricht den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen).
Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten wurde der belangten Behörde und der Beschwerdeführerin unter Einräumung einer Frist zur Äußerung übermittelt. Keine der Parteien hat Einwände gegen das Sachverständigengutachten erhoben.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 30.11.2017. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
3.2. Zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens
Die Beschwerdeführerin stellte einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung / Parkausweis gemäß § 29b Abs. 2 bis 4 StVO".
Die belangte Behörde wertete dies - wie sich zweifelsfrei aus dem angefochtenen Bescheid ergibt - als Antrag auf Vornahme der genannten Zusatzeintragung sowie auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO.
Ausgehend von dieser Wertung des Anbringens durch die belangte Behörde ist aus Sicht des erkennenden Gerichtes allerdings nicht nachvollziehbar, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht (auch) - entweder im Rahmen eines gesonderten Bescheides oder im Wege eines zusätzlichen Spruchpunktes im zweitangefochtenen Bescheid -abgesprochen wurde.
Es trifft zwar zu, dass dem Begehren der Beschwerdeführerin auf Ausfolgung eines Parkausweises nach § 29b StVO erst dann entsprochen werden könnte, wenn im Behindertenpass die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" vorgenommen wurde.
Dennoch kann die bescheidmäßige Erledigung des Antrags auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht dadurch ersetzt werden, dass (lediglich) am Ende des angefochtenen Bescheides angemerkt wird, dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.
Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist dessen ungeachtet mit Blick auf den Spruch des angefochtenen Bescheides ausschließlich die Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.
Zu A) Stattgebung der Beschwerde:
3.3. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(...)"
"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
(...)"
"§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
3.4.1. Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:
"§ 1. ...
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
...
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
..."
3.4.2. In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 (vormals: § 1 Abs. 2 Z 3) - soweit im gegenständlichen Fall relevant - insbesondere Folgendes ausgeführt:
"Zu § 1 Abs. 2 Z 3:
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Die Voraussetzung des vollendeten 36. Lebensmonats wurde deshalb gewählt, da im Durchschnitt auch ein nicht behindertes Kind vor dem vollendeten 3. Lebensjahr im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Wegstrecken nicht ohne Begleitung selbständig gehen kann.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes ‚dauerhafte Mobilitätseinschränkung' hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe ‚erheblich' und ‚schwer' werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
-
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
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Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
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hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
-
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
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COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
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Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
-
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
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Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
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hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
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schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
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nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
-
anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),
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schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
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fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
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selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
..."
3.5.1. Nach der (noch zur Rechtslage nach der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. 86/1991, ergangenen) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 20.04.2004, 2003/11/0078 [= VwSlg. 16.340 A/2004]; VwGH 01.06.2005, 2003/10/0108; VwGH 29.06.2006, 2006/10/0050; VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211; VwGH 17.11.2009, 2006/11/0178; VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021; VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013; 27.01.2015, 2012/11/0186; 01.03.2016, Ro 2014/11/0024, je mwN).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321 [= VwSlg. 15.577 A/2001]). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts des Beschwerdeführers vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
3.5.2. Diese (zur Rechtslage vor Erlassung der Verordnung BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016 ergangene) Rechtsprechung ist zur Beurteilung der Voraussetzungen der Zusatzeintragung nach § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen unverändert von Bedeutung. Dies folgt bereits daraus, dass die zitierte Verordnungsbestimmung jene rechtlich relevanten Gesichtspunkte der Benützung eines Verkehrsmittels, auf die die bisherige Rechtsprechung abstellt (Zugangsmöglichkeit, Ein- und Aussteigemöglichkeit, Stehen, Sitzplatzsuche etc.), nicht modifiziert oder beseitigt hat, sondern weiterhin auf den Begriff der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abstellt und lediglich ergänzend regelt, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen "insbesondere" als solche in Betracht kommen, die die Unzumutbarkeit nach sich ziehen können.
3.6. Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.11.2017 zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung der gutachterlichen medizinischen Beurteilung ist der Beschwerdeführerin - angesichts der bei ihr festgestellten Funktionseinschränkungen - die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid spruchgemäß abzuändern.
Die belangte Behörde hat folglich die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass der Beschwerdeführerin vorzunehmen und in weiterer Folge dem - bislang offenbar unerledigt gebliebenen - Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Parkausweises stattzugeben.
3.7. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und dem im Beschwerdeverfahren eingeholten - vom erkennenden Gericht als schlüssig erachteten - Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, das von den Verfahrensparteien im Rahmen des Parteiengehörs unwidersprochen zur Kenntnis genommen wurde. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich an, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. All dies lässt - gerade auch vor dem Hintergrund des Umstandes, dass eine Verhandlung nicht beantragt wurde - die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Ergänzend ist im Beschwerdefall aus dem Blickwinkel von Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) auf den Umstand hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin vom Bundesverwaltungsgericht bei Einräumung des Parteiengehörs auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen, indem ihr seitens des Verwaltungsgerichtes mitgeteilt wurde, dass - sollte sie eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen - eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung in Aussicht genommen werde. Die Beschwerdeführerin hat sich daraufhin nicht mehr geäußert.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung bereits in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Zu den einen Entfall der Verhandlung nach Art. 6 EMRK rechtfertigenden Umständen gehört auch der (ausdrückliche oder schlüssige) Verzicht auf die mündliche Verhandlung. Nach der Rechtsprechung kann die Unterlassung eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung von der Rechtsordnung unter bestimmten Umständen als (schlüssiger) Verzicht auf eine solche gewertet werden. Zwar liegt ein solcher Verzicht dann nicht vor, wenn eine unvertretene Partei weder über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (vgl. VfSlg. 16.894/2003 und 17.121/2004; VwGH 26.04.2010, 2004/10/0024; VwGH 12.08.2010, 2008/10/0315; VwGH 30.01.2014, 2012/10/0193). Dies ist hier aber angesichts des erwähnten Umstands eines entsprechenden Hinweises an die Beschwerdeführerin und der ihr explizit eingeräumten Gelegenheit zur Antragstellung nicht der Fall. Die unterbliebene Antragstellung kann vor diesem Hintergrund als schlüssiger Verzicht im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK gewertet werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu insbesondere Punkt II.3.5.1.); die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016, sind - soweit für den Fall von Bedeutung - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W238.2164146.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.04.2018