TE Vfgh Erkenntnis 1997/12/2 WI-5/96

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Veröffentlicht am 02.12.1997
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0350 Gemeindewahl

Norm

B-VG Art141 Abs1 lita
Wr GemeindewahlO 1996 §15
Wr GemeindewahlO 1996 §38
Wr GemeindewahlO 1996 §80

Leitsatz

Keine Stattgabe der Anfechtung der Bezirksvertretungswahlen in einem Wiener Gemeindebezirk; keine Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens durch die Nichtzulassung einer nicht ins Wählerverzeichnis des betreffenden Wahlsprengels eingetragenen Person zur Stimmabgabe sowie durch die Abwesenheit eines Ersatzbeisitzers bei der Feststellung des Wahlergebnisses

Spruch

Der Wahlanfechtung wird nicht stattgegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1.1. Am 13. Oktober 1996 fand die vom Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien gemäß §3 Abs1 der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 - GWO, LGBl. 16, idF LGBl. 1996/27 und 1996/31, im Amtsblatt der Stadt Wien vom 9. August 1996, Heft 32A, ausgeschriebene Wahl der Bezirksvertretungen - darunter die Wahl der Bezirksvertretung für den 19. Wiener Gemeindebezirk - statt.

1.1.2. Dieser Wahl lagen die von den folgenden wahlwerbenden Parteien eingebrachten, gemäß §50 GWO abgeschlossenen und im Amtsblatt der Stadt Wien vom 29. September 1996, Heft 39A, kundgemachten Wahlvorschläge zugrunde:

-

Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ),

-

Österreichische Volkspartei Liste Bezirksvorsteher Adolf Tiller - ÖVP Döbling (ÖVP),

-

Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ),

-

Liberales Forum - Heide Schmidt (LIF),

-

Die Grünen Grüne Alternative Wien (GRÜNE),

-

Bewegung Rotes Wien,

-

Die Neutralen - Bürgerinitiative (N).

1.1.3. Laut Niederschrift der Bezirkswahlbehörde für den

19. Bezirk vom 14. Oktober 1996 entfielen von den 36.308 gültig abgegebenen Stimmen - 631 wurden als ungültig gewertet - auf

SPÖ ................ 10.228 Stimmen (14 Mandate),

ÖVP ................ 13.547 Stimmen (19 Mandate),

FPÖ ................. 6.666 Stimmen ( 9 Mandate),

LIF ................. 2.592 Stimmen ( 3 Mandate),

GRÜNE ............... 2.851 Stimmen ( 3 Mandate),

Bewegung Rotes Wien ... 163 Stimmen ( 0 Mandate),

N ..................... 261 Stimmen ( 0 Mandate).

1.1.4. Die Anzahl der Bezirksvertretungsmandate der einzelnen wahlwerbenden Parteien sowie die Namen der gewählten Bewerber und Ersatzbewerber wurden am 14. Oktober 1996 von der Bezirkswahlbehörde für den 19. Bezirk gemäß §85 Abs6 GWO durch Anschlag an der Amtstafel (und in der Sonderausgabe des Amtsblattes der Stadt Wien vom 24.10.1996, Heft 43A) verlautbart.

1.2.1. Mit ihrer am 8. November 1996 zur Post gegebenen und auf Art141 Abs1 B-VG gestützten Wahlanfechtungsschrift begehrt die wahlwerbende Partei "Die Grünen Grüne Alternative Wien (GRÜNE)", der Verfassungsgerichtshof möge die Wahl der Bezirksvertretung für den 19. Bezirk vom 13. Oktober 1996 wegen Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens von der Stimmabgabe an aufheben, in eventu die Feststellungen der Bezirkswahlbehörde für den 19. Wiener Gemeindebezirk über die Summe der abgegebenen ungültigen und gültigen Stimmen und die auf die wahlwerbenden Parteien entfallenden gültigen Stimmen sowie die daran anschließenden Ermittlungsverfahren hinsichtlich dieser Wahl aufheben.

Begründend wird dazu vor allem folgendes ausgeführt:

"Es sei ... festgehalten, daß eine Verschiebung (des Wahlergebnisses) zugunsten der Anfechtungswerberin um nur eine Stimme oder auch zu Lasten der ÖVP um vier Stimmen dazu geführt hätte, daß die Anfechtungswerberin in der Bezirksvertretung für den 19. Wiener Gemeindebezirk mit vier statt mit drei MandatarInnen vertreten wäre. Dies ergibt sich daraus, daß bei der Division der Anzahl der auf die Anfechtungswerberin entfallenen Stimmen durch den Faktor 4 die Zahl 712,75 resultiert, bei der Division der auf die ÖVP entfallenen Stimmen durch den Faktor 19 die Zahl 713.

Das Wahlergebnis wurde gem. §§85 Abs6 und 88 Abs3 GWO am Montag, dem 14.10.1996, an der Amtstafel des Bezirksamtes für den

19. Bezirk verlautbart.

Bei der Durchführung der Wahl selbst sowie dem daran folgenden Ermittlungsverfahren kam es zu den unten geschilderten Rechtswidrigkeiten und Unregelmäßigkeiten.

1. Am 13.10.1996 ist Frau Mag. Dr. U F-L, wohnhaft in Wien 19., G-Gasse 11/21, so wie in den Jahren zuvor bei der Bundespräsidentenwahl und den Nationalratswahlen 1994 und 1995 gemeinsam mit ihren Nachbarn zu ihrem Wahllokal in der Krottenbachstraße 108 und dort in das ihr von den früheren Wahlvorgängen vertraute Zimmer gegangen. Dort wurde sie auch vom Mitglied der Wahlkommission, Herrn Mag. H, begrüßt. Als Frau F-L ihre Stimmkarte anforderte, wurde ihr Name in der in diesem Wahllokal aufliegenden Namensliste zwar gesucht, jedoch nicht aufgefunden. Nachdem Frau F-L in diesem Wahllokal aus früheren Wahlen schon bekannt war, wurde dieser Vorgang noch einmal wiederholt, ihr Name jedoch neuerlich nicht aufgefunden. Frau F-L wurde danach weggeschickt, und es wurde ihr solcherart die Stimmabgabe verwehrt.

Tatsache ist nun, und war dies auch den mit den örtlichen Gegebenheiten vertrauten Mitgliedern der Wahlkommission bekannt, daß die Örtlichkeit G-gasse 11 die Tür- bzw. Hausnummern 1-21 aufweist, derselbe Häuserblock dann unter der Adresse G-gasse 8 die Tür- bzw. Hausnummern 22-43. Frau Mag. Dr. U F-L erhält jedoch regelmäßig Post unter der Adresse G-gasse 8/21 und ist ihr unter dieser Adresse auch die Einladung zur Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl zugeschickt und zugestellt worden.

Der Leiter der Wahlkommission hätte Frau Mag. Dr. U F-L daher allenfalls bloß in das Nebenzimmer im Wahllokal Krottenbachstraße 108 schicken müssen bzw. sich durch einfache Nachfrage im Nebenzimmer überzeugen müssen, ob Frau Mag. Dr. U F-L dort in der in diesem Wahllokal aufliegenden Liste der Wahlberechtigten aufscheint, war Frau Mag. Dr. U F-L doch mindestens einem Mitglied der Wahlkommission aus früheren Wahlgängen persönlich bekannt und sie jedenfalls berechtigt, im Wahllokal Krottenbachstraße 108 ihre Stimme abzugeben. Statt dessen wurde ihr jedoch mitgeteilt, daß sie nicht wahlberechtigt wäre, und wurde sie nach Hause geschickt, durch diesen rechtswidrigen Vorgang wurde ihr die Ausübung ihres Wahlrechtes verwehrt.

2.

Am 13.10.1996 hat sich die Bezirkswahlbehörde für den

19.

Wiener Gemeindebezirk ordnungsgemäß um 10.00 Uhr konstituiert. Der Wahlleiter SR F teilte mit, daß dieses Mal der Vorgang sehr kompliziert sei und er damit rechne, daß bis tief in die Nacht hinein, wenn nicht durchgehend bis zum Arbeitsbeginn am nächsten Tag, gearbeitet werden müsse. Daher werde er die Sitzung auf 22.00 Uhr vertagen. Für die Zeit nach 22.00 Uhr stellte er folgende Vorgangsweise in Aussicht: Die Mitglieder hätten drei Möglichkeiten: Erstens gemeinsam warten, bis die Wahlkarten eintreffen. Zweitens eine Nummer hinterlassen, um dann telefonisch vom Eintreffen der Wahlkarten informiert zu werden. Drittens der Bezirkswahlbehörde das Vertrauen auszusprechen und der Auszählung fernzubleiben. Des weiteren wurde eine abschließende Sitzung für Montag Morgen in Aussicht gestellt. Nachdem alle mit dieser Vorgangsweise einverstanden waren, wurde die Niederschrift von allen Mitgliedern unterschrieben und die Sitzung vertagt.

R W erschien um 22.00 Uhr wieder bei der Bezirkswahlbehörde. Erwartungsgemäß waren noch keine Wahlkarten eingetroffen. Bezüglich der Vorgangsweise wiederholte SR F das bereits am Vormittag Gesagte, ohne aber eine abschließende Sitzung am Montag Morgen zu erwähnen. An dieser Stelle verließen alle Beisitzer außer R W die Sitzung und verabschiedeten sich bei SR F in einer Art und Weise, die erkennen ließ, daß sie gedachten, nicht wieder zu erscheinen. Im Raum verblieben SR F und R W. Letzterer sprach ihn auf die Auszählung an. SR F meinte, daß er die Mitwirkung R W's dabei nicht für sinnvoll halte, da die Auszählung zu einem nicht absehbaren Zeitpunkt stattfinden werde. R W erklärte, daß er dazu bereit wäre, und gab SR F seine Telefonnummer mit dem Hinweis, daß er ihn anrufen solle, wenn er seine Mitarbeit doch für sinnvoll erachte. SR F schrieb sie auf, meinte aber, er werde sie nicht für sinnvoll erachten. Auf eine Sitzung am Montagmorgen angesprochen, meinte er, diese sei nicht notwendig. R W verabschiedete sich von SR F und verließ das Gebäude, um mit St Sch zu telefonieren. Nach dem Telefongespräch betrat R W das Gebäude wieder und begab sich in jenen Saal, in dem die Mitglieder der Sprengelbehörden die Kuverts an andere Beamte übergaben. Dann begab sich R W vor einen anderen Raum, den er nicht betrat und in dem sich zu diesem Zeitpunkt Bezirksvorsteher T befand. Nach Herrn W's Vermutung fand dort die Eingabe der Ergebnisse in den oder die Computer statt. Vor diesem Raum fand ein weiteres Gespräch zwischen R W und einer ihm unbekannten Frau statt. Herr W fragte sie, ob es schon Bezirksergebnisse gäbe, zumindest Einzelergebnisse für die Bezirksvertretungswahl. Sie antwortete, das werde noch Stunden dauern und er solle nicht warten. R W verließ das Gebäude zum zweiten und letzten Mal. Den genauen Zeitpunkt kann er nicht mehr angeben, es war aber sicherlich vor Mitternacht.

Die abgegebenen Stimmen sind sohin ohne Beisein der entsandten Beisitzer ausgewertet worden, und es erscheint aufgrund des geschilderten knappen Wahlergebnisses durchaus möglich, daß diese Vorgangsweise zu Fehlern geführt hat, die auf das Wahlergebnis (die Mandatsverteilung) von Einfluß waren.

Dadurch wurde den Mitgliedern der Wahlbehörde die Teilnahme an der für die Überprüfung der ziffernmäßigen Ermittlung und Zurechnung von Stimmzetteln notwendigen Sitzung verwehrt. Darüber hinaus wurde durch diese Vorgangsweise gegen §15 Abs1 GWO verstoßen, da keine Situation vorlag, in der die Dringlichkeit der Amtshandlung einen Aufschub nicht zugelassen hätte. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte der Wahlleiter keinesfalls ausschließlich den ÖVP-Bezirksvorsteher T zu dieser Amtshandlung hinzuziehen dürfen, der gemäß §15 Abs1 letzter Satz leg.cit. ausdrücklich die Parteiverhältnisse hätte berücksichtigen müssen.

Hinsichtlich dieses Sachverhaltes hat die Anfechtungswerberin bei der Stadtwahlbehörde mit Schreiben vom 16.10.1996 fristgerecht gemäß §90 Abs1 lita und c GWO Einspruch erhoben und die Neuauszählung der Stimmzettel für die Bezirksvertretungswahlen im 19. Wiener Gemeindebezirk sowie gegebenenfalls eine Richtigstellung bzw. Verlautbarung im Sinn des §90 Abs3 GWO beantragt. Über diesen Antrag ist am 24.10.1996 in einer Sitzung der Stadtwahlbehörde gemeinsam mit anderen eingelangten Einsprüchen von den wahlwerbenden Parteien ÖVP und FPÖ abgestimmt worden, und dieser Antrag wurde mit Stimmenmehrheit abgelehnt."

(Der zuletzt erwähnte - auf §90 Abs2 GWO gestützte - abweisende Bescheid wurde im wesentlichen damit begründet, daß im Einspruch nichts vorgebracht worden sei, was den Schluß zuließe, daß die Bezirkswahlbehörde eine fehlerhafte ziffernmäßige Ermittlung vorgenommen habe; ebensowenig sei eine gesetzwidrige Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln durch diese Behörde hinreichend glaubhaft gemacht worden, vielmehr gebe der Einspruch bloß Mutmaßungen wieder.)

1.2.2. Die (Wiener) Stadtwahlbehörde als oberste Wahlbehörde erstattete unter Vorlage der Wahlakten eine Gegenschrift, in der sie für die Abweisung der Wahlanfechtung eintritt.

Begründend wird dazu im wesentlichen folgendes ausgeführt:

"Zu den einleitenden Ausführungen in der Wahlanfechtung sei zunächst festgestellt, daß das darin angegebene Wahlergebnis richtig wiedergegeben ist. Die Behauptung, daß eine Stimme mehr für die GRÜNEN jedenfalls die Erringung eines weiteren Bezirksratsmandates bedeutet hätte, ist hingegen falsch, da es diesfalls erst einer Losentscheidung gemäß §84 Abs3 GWO 1996 zwischen ÖVP und GRÜNE bezüglich des 19. (ÖVP) bzw. 4. Mandates (GRÜNE) bedurft hätte.

Zu den unter Punkt 1 geschilderten angeblichen Rechtswidrigkeiten ist folgendes festzuhalten:

Frau Dr. F-L ist laut Meldezettel vom 12. März 1992 in Wien 19, G-gasse '11 Stg. C Tür 21' gemeldet. Da eine Blockbezeichnung 'C' lediglich unter der Adresse 'G-gasse Haus Nr. 8' in der Wählerevidenz aufgefunden werden konnte, erfolgte die Eintragung der Genannten in die Wählerevidenz durch die MA 62 unter 'G-gasse 8 (Block C)' sowie Tür Nr. 21 statt unter der Adresse 'G-gasse 11 (Haus 21)'.

Gemäß §22 GWO 1996 ist jeder Wahlberechtigte in das Wählerverzeichnis des Wahlsprengels einzutragen, in dem er am Stichtag seinen Hauptwohnsitz hat. Dieser Bestimmung wurde zwar auf Grund eines Irrtums bei der Aufnahme von Frau Dr. F-L in die Wählerevidenz nicht entsprochen, doch war der Genannten die Ausübung ihres Wahlrechtes im 19. Wiener Gemeindebezirk jedenfalls gesichert. Im übrigen hätte sie auch die Möglichkeit gehabt, im Rahmen des Einspruchs- und Berufungsverfahrens (§§24 - 37 GWO 1996) ihre Eintragung unter der richtigen Adresse zu erwirken. Die fehlerhafte Eintragung wurde aber von der genannten Wahlberechtigten selbst nie zum Anlaß genommen, für eine entsprechende Richtigstellung zu sorgen. Dies ist umso bemerkenswerter, als in der Wahlanfechtung selbst ausgeführt wird, daß die Genannte regelmäßig Post unter der Adresse 'G-gasse 8/21' erhalte und 'ihr unter dieser Adresse auch die Einladung zur Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl zugeschickt und zugestellt worden' ist. Es mußte daher für die Genannte zweifelsfrei feststehen, daß sie wahlberechtigt ist und wo sie ihr Wahlrecht ausüben konnte.

Mangels eines von ihr initiierten Einspruchsverfahrens gegen das Wählerverzeichnis kann die irrtümliche Aufnahme der obgenannten Wahlberechtigten in das Wählerverzeichnis eines anderen Wahlsprengels des 19. Wiener Gemeindebezirkes (Sprengel Nr. 72) als dem ihres Hauptwohnsitzes (Sprengel Nr. 71) zunächst einmal - mangels Erschöpfung des wahlgesetzlich für solche Fälle eingerichteten administrativen Instanzenzuges - nicht mehr gerügt werden (vgl. z.B. Erk. d. VfGH vom 2. März 1987, WI-1/87). Eine weitere Folge muß darin erblickt werden, daß für die Stimmabgabe von Frau Dr. F-L ausschließlich die Sprengelwahlbehörde des Wahlsprengels Nr. 72 des 19. Wiener Gemeindebezirkes zuständig war.

Da an der Wahl nur Wahlberechtigte teilnehmen können, deren Namen im abgeschlossenen Wählerverzeichnis enthalten sind (§17 Abs1 GWO 1996), erfolgte im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit der Sprengelwahlbehörde Nr. 71 des 19. Wiener Gemeindebezirkes, vor der die obgenannte Wahlberechtigte erschienen ist, deren Nichtzulassung zur Stimmabgabe vor dieser Wahlbehörde zu Recht. Eine Zulassung zur Wahl durch diese Wahlbehörde hätte vielmehr sogar jenen Tatbestand erfüllt, der zur teilweisen Wiederholung der Nationalratswahl 1995 geführt hat (Erk. d. VfGH vom 28. Juni 1996, WI-2/96), wäre doch in diesem Fall der genannten Wahlberechtigten die Ausübung des Wahlrechtes an einem Ort (in einem Sprengel) ermöglicht worden, in dem sie nicht im Wählerverzeichnis eingetragen ist.

Unrichtig sind die Angaben in der Wahlanfechtung, die genannte Wahlberechtigte hätte auch an der Nationalratswahl 1995 teilgenommen ...; falsch ist auch, sie wäre am 13. Oktober 1996 in das ihr vertraute Wahllokal (Zimmer) gegangen. Ihr zuständiges Wahllokal (Sprengel 107) sowohl bei der Nationalratswahl 1994 als auch bei der von ihr nicht frequentierten Nationalratswahl 1995 war im Haus Wien 19, Krottenbachstraße 108, 1. Stock, links, Zimmer 36 ... Bedingt durch die vor den Wahlen des 13. Oktober 1996 im 19. Bezirk vorgenommenen Umsprengelungen (mit erheblicher Sprengelreduzierung) war das laut dem Stand der Wählerevidenz und laut abgeschlossenem Wählerverzeichnis für die genannte Wahlberechtigte zuständige Wahllokal zwar im selben Gebäude, aber (Sprengel 72) im Parterre, links, Zimmer 19 ... Wenn sie daher das für den Wahlsprengel 71 (in dem Herr H tätig gewesen ist) bestimmte Wahllokal im Parterre, rechts, Zimmer 26, aufgesucht hat, so kann sie sich umso weniger auf eine diesbezügliche Gewohnheit berufen.

Darüber hinaus muß darauf hingewiesen werden, daß der Sprengelwahlleiter und sein Stellvertreter des Sprengels Nr. 71 des 19. Wiener Gemeindebezirkes deponiert haben ..., daß sie sich durchaus instruktionsgemäß verhalten haben, als klärungsbedürftige Fälle mit Hilfe des beim Ordner geführten Adreßverzeichnisses geklärt wurden. Eine solche Abklärung wäre umso leichter an Ort und Stelle möglich gewesen, wenn die genannte Wahlberechtigte, die die amtliche Wahlinformation (Einladung zur Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl) erhalten hat, auf die ihr bewußte Eintragung unter Haus Nr. 8 hingewiesen hätte, was ihr durchaus zumutbar gewesen wäre. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, daß am Wahltag sowohl von den Bezirkswahlreferaten als auch von der Magistratsabteilung 62 über aktives Mitwirken von Wahlberechtigten etliche Fälle geklärt wurden, in welchen ein Wahlberechtigter Schwierigkeiten bezüglich der Auffindung seines zuständigen Wahllokales hatte. Im vorliegenden Fall hätte daher ein aktives Mitwirken von Frau Dr. F-L sehr leicht zur Ausforschung ihres zuständigen Wahlsprengels und damit auch Wahllokales geführt. Der Sprengelwahlbehörde ist es auf Grund der ihr im vorliegenden Zusammenhang zur Verfügung stehenden relevanten Wahlunterlagen im Wahllokal (nur Wählerverzeichnis des Sprengels) ohne Mitwirkung eines Wahlberechtigten nicht möglich, eine Weiterverweisung an die zuständige Sprengelwahlbehörde (an das zuständige Wahllokal) im Sinne des §6 AVG, welche Bestimmung aber im Wahlverfahren nicht anzuwenden ist (ArtII Abs6 Z2 EGVG) und für die auch keine analoge Regelung in der GWO 1996 existiert, vorzunehmen. Zusammenfassend ist daher zu Punkt 1 der Wahlanfechtung festzustellen, daß eine relevante Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens nicht vorliegen kann.

Was Punkt 2 der vorliegenden Wahlanfechtung anbelangt, ist darauf hinzuweisen, daß die diesbezüglichen Vorwürfe bereits Gegenstand eines rechtskräftig abgeschlossenen Einspruchsverfahrens nach §90 GWO 1996 sind ... Ergänzend und in weiterer Verdeutlichung des Sachverhaltes sei noch folgendes betont:

1.) Von einer weiteren Sitzung der Bezirkswahlbehörde am Morgen des 14.10.1996 war nie die Rede.

2.) Bei dem Saal, in welchem Herr W die Übergabe der Wahlkuverts beobachtete, handelt es sich um den Festsaal der Bezirksvorstehung (19, Gatterburggasse 14, Stiege 4). Die Übergabe dauerte bis gegen 0.30 Uhr am 14.10.1996.

3.) Was seine weitere Beobachtung anbelangt, handelt es sich bei dem Raum, den er nicht betrat, um das Wahlreferat des MBA 19 (Stiege 2). Hier wurden keine Wahlergebnisse in Computer eingegeben, dies erfolgte in der Stadtkassa 18/19 (19, Gatterburggasse 14, Stiege 4, 1. Stock).

4.) Die Identität der 'unbekannten Frau' kann nicht geklärt werden.

5.) Wesentlich erscheint, daß Herr W. das Bezirksamt nach eigenen Angaben vor Mitternacht verließ, die Stimmzettel des 'Nuller-Sprengels' (Wahlkarten), welche von der Bezirkswahlbehörde für den 19. Bezirk auszuwerten waren, erst gegen 1.30 Uhr im MBA 19 einlangten und erst danach ausgezählt werden konnten. Das vorläufige Ergebnis der BV-Wahl mit Wahlkarten lag um 3.21 Uhr vor.

Aus rechtlicher Sicht ist zu betonen, daß alle erschienenen Beisitzer ausdrücklich ihr Einverständnis dafür gegeben haben, daß die Auswertung des sogenannten 'Nuller-Sprengels' (Wahlkarten) durch die beamteten Mitglieder der Bezirkswahlbehörde erfolgt, was auch dadurch geschehen ist, als der Bezirkswahlleiter selbst, unter Heranziehung von Hilfspersonal, die Auswertung der Wahlkartenstimmen vorgenommen hat. Eine solche Vorgangsweise ist auch mit §15 GWO 1996 vereinbar, da abgesehen von dessen Absatz 1 Absatz 3 bestimmt, daß der Wahlleiter unaufschiebbare Amtshandlungen vornehmen kann, zu deren Vornahme ihn die Wahlbehörde ausdrücklich ermächtigt hat. Daß somit die abgegebenen Wahlkartenstimmen ohne Beisein der entsandten Beisitzer ausgewertet worden sind, kann keine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens darstellen, und kann auch nicht von einem 'Verwehren' der Überprüfung der ziffernmäßigen Ermittlung und Zurechnung von Stimmzetteln gesprochen werden. Im übrigen sei angemerkt, daß diese Vorgangsweise auch von der Beisitzerin der 'GRÜNEN', Frau T - Herr W ist 'nur' Ersatzbeisitzer gewesen -, mitgetragen worden ist und die Ausführung in der Wahlanfechtung, 'es erscheint auf Grund des geschilderten knappen Wahlergebnisses durchaus möglich, daß diese Vorgangsweise zu Fehlern geführt hat, die auf das Wahlergebnis (die Mandatsverteilung) von Einfluß waren', als bloße Behauptung anzusehen ist, die noch dazu nicht logisch erscheint, kann doch ein knappes Wahlergebnis nicht Indikator dafür sein, daß die oben geschilderte Vorgangweise bei der Auszählung der Wahlkarten zu Fehlern geführt hat. Hier scheint doch ein gewisses Wunschdenken der Anfechtungswerberin im Vordergrund zu stehen, und kann dieses Vorbringen bestenfalls als bloße Mutmaßung betrachtet werden.

Somit vermag auch Pkt. 2 der Wahlanfechtung keine relevante Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens darzutun."

2. Über die Wahlanfechtung wurde erwogen:

2.1.1. Gemäß Art141 Abs1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof ua. über Anfechtungen von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern. Dazu zählen nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - für den Bereich des Art141 B-VG - auch die in der Gemeinde Wien landesgesetzlich eingerichteten Bezirksvertretungen (VfSlg. 11738/1988). Nach Art141 Abs1 zweiter Satz B-VG kann eine solche Anfechtung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens gegründet werden.

Nach §68 Abs1 VerfGG 1953 muß die Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem betreffenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides eingebracht werden.

2.1.2. Nun sieht zwar §90 Abs1 GWO administrative

Einsprüche - iS eines Instanzenzuges nach §68 Abs1 VerfGG 1953 - vor, doch nur gegen ziffernmäßige Ermittlungen sowie gegen eine gesetzwidrige Beurteilung und Zurechnung von Stimmzetteln.

Zur Geltendmachung aller anderen Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens steht - weil insoweit ein zunächst zu durchlaufender Instanzenzug iS des §68 Abs1 VerfGG 1953 nicht eingerichtet ist - die unmittelbare Anfechtung der Wahl beim Verfassungsgerichtshof binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens (erster Teilsatz des §68 Abs1 VerfGG 1953) offen (vgl. zB VfSlg. 10610/1985, 11738/1988).

2.1.3. Im vorliegenden Fall strebt die Einschreiterin mit ihrer Anfechtungsschrift - entgegen der Auffassung der Administrativbehörde - nicht die dem Einspruchsverfahren nach §90 Abs1 GWO vorbehaltene Nachprüfung ziffernmäßiger Ermittlungen sowie die Überprüfung der Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln an; sie rügt vielmehr die in den Bereich sonstiger Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens fallende Nichtzulassung einer Wählerin zur Stimmabgabe sowie die Auswertung der abgegebenen Stimmen ohne Beisein der Beisitzer mit der daraus resultierenden Möglichkeit von Fehlern, die auf die Mandatsverteilung von Einfluß waren.

Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Frist zur Anfechtung ist in diesem Fall die Beendigung des Wahlverfahrens (s. VfSlg. 9085/1981, 9940/1984), d. i. bei der Bezirksvertretungswahl die gemäß §85 Abs6 GWO der Bezirkswahlbehörde obliegende Kundmachung des Wahlergebnisses in Form der Verlautbarung der gewählten Bewerber und der Ersatzbewerber durch Anschlag an der Amtstafel und die Veröffentlichung im Amtsblatt der Stadt Wien (vgl. auch VfSlg. 10610/1985, 11738/1988).

Diese Verlautbarungen fanden am 14. Oktober (Amtstafel) und am 24. Oktober 1996 (Amtsblatt) statt (s. Punkt 1.1.4.).

Die am 8. November 1996 zur Post gegebene Wahlanfechtungsschrift wurde darum rechtzeitig eingebracht.

2.1.4. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen zutreffen, ist die Wahlanfechtung zulässig.

2.2.1. Aus Art141 Abs1 zweiter und dritter Satz B-VG sowie aus den §§67 Abs1, 69 Abs2 und 70 Abs1 VerfGG 1953 ergibt sich, daß der Verfassungsgerichtshof das Wahlverfahren nur in den Grenzen der behaupteten Rechtswidrigkeit zu überprüfen hat und daß er darüber hinaus die Gesetzmäßigkeit des Wahlverfahrens von Amts wegen einer weiteren Überprüfung nicht unterziehen darf (vgl. VfSlg. 1904/1950, 2937/1955, 6339/1970, 7070/1973, 8321/1978, 8700/1979, 9011/1981).

2.2.2. Einer Wahlanfechtung ist weiters nicht schon dann stattzugeben, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erwiesen wurde; sie muß darüber hinaus auch auf das Wahlergebnis von Einfluß gewesen sein (Art141 Abs1 dritter Satz B-VG, §70 Abs1 VerfGG 1953): Dazu sprach der Verfassungsgerichtshof wiederholt aus, daß diese (zweite) Voraussetzung bereits erfüllt ist, wenn die Rechtswidrigkeit auf das Wahlergebnis von Einfluß sein konnte (vgl. VfSlg. 6424/1971 und die dort zitierte Vorjudikatur sowie VfSlg. 7392/1974, 7784/1976, 7850/1976, 8853/1980, 10906/1986, 11167/1986, 11255/1987).

Im Hinblick auf das oben (Pkt. 1.1.3.) wiedergegebene Ergebnis der Wahl der Bezirksvertretung für den 19. Wiener Gemeindebezirk ergibt sich bei der gemäß §84 GWO anzustellenden Berechnung (Anwendung des d'Hondtschen Höchstzahlenverfahrens), daß die für die Vergabe des 48. Mandates in der Bezirksvertretung maßgebliche neunzehnte Teilzahl der auf die ÖVP entfallenden Parteisumme nur ganz geringfügig von der vierten Teilzahl der auf die GRÜNEN entfallenden Parteisumme differiert. Weiters ergibt sich, daß etwa in dem Fall, daß der ÖVP eine Stimme weniger, den GRÜNEN aber eine Stimme mehr zukäme, das 48. Mandat nicht der ÖVP, sondern den GRÜNEN als deren viertes Mandat in der Bezirksvertretung zustünde. (Der von der Stadtwahlbehörde in ihrer Gegenschrift behauptete Fall des §84 Abs3 GWO, der einen Losentscheid erforderlich machte, träte dann ein, wenn die Parteisumme der ÖVP gleich bliebe, jene der GRÜNEN sich aber um eins erhöhte.) Im Hinblick darauf wird hier also jedenfalls zu prüfen sein, ob sich die von der Anfechtungswerberin behaupteten Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens erweisen lassen.

2.3.1. Die Anfechtungswerberin ist mit ihrer Behauptung, Mag. Dr. U. F-L sei rechtswidrigerweise die Ausübung ihres Wahlrechtes verwehrt worden, nicht im Recht.

Dabei ist - auf das Wesentliche zusammengefaßt - von folgender Rechtslage auszugehen:

Gemäß §17 Abs1 GWO nehmen an der Wahl (hier: zur Bezirksvertretung) nur Wahlberechtigte teil, deren Namen im abgeschlossenen Wählerverzeichnis enthalten sind. Nach §20 GWO sind die Wahlberechtigten vom Magistrat in das Wählerverzeichnis einzutragen. Diese Eintragung erfolgt auf Grund der Eintragungen in den von der Gemeinde nach bundesgesetzlichen Vorschriften zu führenden ständigen Evidenzen der Wahlberechtigten. §21 GWO bestimmt, daß das Wählerverzeichnis vom Magistrat nach Bezirken, innerhalb dieser nach Wahlsprengeln, innerhalb dieser nach Straßen- und Hausnummern und innerhalb der Häuser nach Türnummern anzulegen ist. §22 GWO sieht vor, daß jeder Wahlberechtigte in das Wählerverzeichnis des Wahlsprengels einzutragen ist, in dem er am Stichtag seinen Hauptwohnsitz hat. Die §§24 bis 36 GWO enthalten detaillierte Regelungen über das Einspruchs- und Berufungsverfahren, das die Aufnahme eines vermeintlich Wahlberechtigten bzw. die Streichung eines vermeintlich Nichtwahlberechtigten zum Gegenstand hat. Gemäß §37 Abs1 GWO hat der Magistrat nach Abschluß des Einspruchs- und Berufungsverfahrens das Wählerverzeichnis abzuschließen; das abgeschlossene Wählerverzeichnis ist der Wahl zugrunde zu legen (Abs2). §38 GWO sieht vor, daß jeder Wahlberechtigte sein Wahlrecht grundsätzlich in dem Wahlsprengel ausübt, in dessen Wählerverzeichnis er eingetragen ist; nur Wahlberechtigte, die im Besitz einer Wahlkarte sind, können ihr Wahlrecht auch außerhalb dieses Wahlsprengels ausüben.

Der Verfassungsgerichtshof geht auf Grund des Vorbringens der Anfechtungswerberin, der Gegenschrift der Stadtwahlbehörde sowie des ihm vorliegenden Wahlaktes davon aus, daß der Name der Mag. Dr. U F-L im abgeschlossenen Wählerverzeichnis jenes Wahlsprengels, vor dessen Sprengelwahlbehörde sie ihre Stimme abgeben wollte, nicht aufschien. Im Hinblick auf §38 GWO war es aber nicht rechtswidrig, sondern sogar geboten, die Genannte (die auch nicht im Besitz einer Wahlkarte war) dort nicht zur Stimmabgabe zuzulassen. Mit der weiteren Behauptung der Anfechtungswerberin, es wäre mindestens einem Mitglied der Wahlkommission möglich gewesen, die Genannte zu informieren, daß sie berechtigt sei, im selben Gebäude in einem anderen Wahllokal ihre Stimme abzugeben, wird keine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens dargetan. Angesichts dessen war auch der Frage nicht weiter nachzugehen, ob das Vorbringen der Stadtwahlbehörde zutrifft, daß es der Genannten durchaus möglich gewesen wäre, ihren Fall mit Hilfe des beim Ordner geführten Adreßverzeichnisses an Ort und Stelle zu klären.

2.3.2. Auch das Vorbringen der Anfechtungswerberin, das in der Behauptung mündet, die abgegebenen Stimmen seien ohne Beisein der entsandten Beisitzer ausgewertet worden und es erscheine auf Grund des Wahlergebnisses durchaus möglich, daß diese Vorgangsweise zu Fehlern geführt hat, die auf das Wahlergebnis von Einfluß waren, ist nicht geeignet, der Wahlanfechtung zum Erfolg zu verhelfen.

2.3.2.1. Die in diesem Zusammenhang maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

Gemäß den §§80 bis 85 GWO obliegt der Bezirkswahlbehörde im Zusammenhang mit der Wahl der Bezirksvertretung die Durchführung des ("ersten" hier: einzigen) Ermittlungsverfahrens. Dazu zählt (nur in dieser Hinsicht kommt eine "Auswertung von abgegebenen Stimmen" durch die Bezirkswahlbehörde überhaupt in Betracht) insbesondere die gemäß §80 Abs3 GWO vorgesehene Feststellung des Wahlergebnisses hinsichtlich der in den anderen Bezirken für den eigenen Bezirk abgegebenen Stimmen der Wahlkartenwähler.

Gemäß §4 Abs2 GWO bestehen die Wahlbehörden aus einem Vorsitzenden als Wahlleiter oder seinem Stellvertreter sowie einer Anzahl von Beisitzern; für jeden Beisitzer ist für den Fall seiner Verhinderung auch ein Ersatzbeisitzer zu berufen.

Für die Bezirkswahlbehörde bestimmt §8 GWO darüber hinaus folgendes:

"(1) Die Bezirkswahlbehörde besteht aus dem Leiter des magistratischen Bezirksamtes als Vorsitzendem und Bezirkswahlleiter sowie aus neun Beisitzern.

(2) An Stelle des Leiters des magistratischen Bezirksamtes kann der Bürgermeister einen anderen rechtskundigen Beamten des Magistrates bestellen. Die Bestellung eines solchen Bezirkswahlleiters hat ferner in jenen Fällen zu erfolgen, wo sich der Zuständigkeitsbereich eines magistratischen Bezirksamtes auf zwei Gemeindebezirke erstreckt.

(3) Der Bürgermeister hat für den Fall der vorübergehenden Verhinderung des Bezirkswahlleiters einen Stellvertreter zu bestellen.

(4) Die Mitglieder einer Bezirkswahlbehörde dürfen nicht gleichzeitig Mitglieder einer Sprengelwahlbehörde oder der Stadtwahlbehörde sein."

Gemäß §12 Abs2 GWO werden die Beisitzer (Ersatzbeisitzer) auf Grund der Vorschläge der Parteien verhältnismäßig nach den bei der letzten Wahl des Gemeinderates auf die einzelnen Parteien im ganzen Gemeindegebiet entfallenden Stimmen unter Anwendung des d'Hondtschen Höchstzahlenverfahrens aufgeteilt.

Was die Willensbildung in den Wahlbehörden - und somit auch in der Bezirkswahlbehörde - anlangt, so sehen die §§14 und 15 GWO folgendes vor:

"§14 (1) Die Wahlbehörden sind beschlußfähig, wenn der Vorsitzende oder sein Stellvertreter und wenigstens die Hälfte der Beisitzer anwesend sind.

(2) Zur Fassung eines gültigen Beschlusses ist Stimmenmehrheit erforderlich. Der Vorsitzende stimmt nicht mit. Bei Stimmengleichheit gilt jedoch die Anschauung als zum Beschluß erhoben, der er beitritt.

(3) Ersatzbeisitzer werden bei der Beschlußfähigkeit und bei der Abstimmung nur dann berücksichtigt, wenn ihre zugehörigen Beisitzer an der Ausübung ihres Amtes verhindert sind."

"§15 (1) Wenn ungeachtet der ordnungsmäßigen Einberufung die Wahlbehörde, insbesondere am Wahltag, nicht in beschlußfähiger Anzahl zusammentritt oder während der Amtshandlung beschlußunfähig wird und die Dringlichkeit der Amtshandlung einen Aufschub nicht zuläßt, hat der Wahlleiter die Amtshandlung selbständig durchzuführen. In diesem Fall hat er nach Möglichkeit, unter Berücksichtigung der Parteiverhältnisse, Vertrauensleute heranzuziehen.

(2) Das gleiche gilt für alle Amtshandlungen einer Wahlbehörde, die überhaupt nicht zusammentreten kann, weil von keiner Partei Vorschläge gemäß §11 auf Berufung von Beisitzern (Ersatzbeisitzern) eingebracht wurden.

(3) Außer in den Fällen der Abs1 und 2 sowie des §43 Abs1 kann der Wahlleiter unaufschiebbare Amtshandlungen vornehmen, zu deren Vornahme ihn die Wahlbehörde ausdrücklich ermächtigt hat."

2.3.2.2. Der Verfassungsgerichtshof geht auf Grund des übereinstimmenden Parteienvorbringens davon aus, daß die Feststellung des Wahlergebnisses hinsichtlich der in den anderen Bezirken für den eigenen Bezirk abgegebenen Stimmen der Wahlkartenwähler durch die Bezirkswahlbehörde (§80 Abs3 GWO) im vorliegenden Fall ohne Beisein der auf Vorschlag der wahlwerbenden Parteien bestellten (Ersatz-)Beisitzer erfolgte.

Dieser Umstand allein begründet jedoch noch keine Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens. Es ist nämlich auf Grund des auch diesbezüglich übereinstimmenden Parteienvorbringens davon auszugehen, daß die Wahlbehörde zu jenem Zeitpunkt, in dem die in Rede stehende Amtshandlung - wegen des späten Einlangens der in den anderen Bezirken abgegebenen Stimmen der Wahlkartenwähler - vorgenommen werden konnte, nicht (mehr) beschlußfähig war, weil sämtliche Beisitzer (Ersatzbeisitzer) - einschließlich der auf Vorschlag der Anfechtungswerberin entsendeten - den Ort der Amtshandlung von sich aus verlassen hatten. Im Hinblick darauf hatte aber gemäß §15 Abs1 GWO der Wahlleiter diese Amtshandlung selbständig durchzuführen. Fest steht nämlich, daß die im §15 Abs1 GWO geforderte Dringlichkeit der Amtshandlung gegeben war:

Es ist offenkundig, daß die Bezirkswahlbehörde die hier in Rede stehenden Aufgaben hinsichtlich der am 13. Oktober 1996 abgehaltenen Wahl der Bezirksvertretung unverzüglich zu besorgen hatte, wenn das Wahlverfahren nicht unangemessen lange verzögert werden sollte. Die Motive, die die einzelnen Beisitzer (Ersatzbeisitzer) bewogen haben, der Amtshandlung fernzubleiben, müssen dabei außer Betracht bleiben, solange keines der Mitglieder der Wahlbehörde an der Teilnahme gehindert wurde.

Nun wird zwar von der Anfechtungswerberin behauptet, daß "den Mitgliedern der Wahlbehörde die Teilnahme an der für die Überprüfung der ziffernmäßigen Ermittlung und Zurechnung von Stimmzetteln notwendigen Sitzung verwehrt" worden sei. Soweit dieses Vorbringen überhaupt als - für eine Wahlanfechtung - ausreichend substantiiert (vgl. VfSlg. 6207/1970, 9650/1983, 10226/1984, 11255/1987, VfGH 28.6.1996 WI-2/96) zu betrachten ist, trifft es indes nicht zu: Selbst wenn man von der Sachverhaltsdarstellung der Anfechtungswerberin ausgeht, war der betreffende Ersatzbeisitzer keineswegs gehindert, an der Amtshandlung teilzunehmen. Er hat vielmehr den für die Amtshandlung bestimmten Ort von sich aus zu einem Zeitpunkt verlassen, in dem die von der Wahlbehörde auszuzählenden, zu beurteilenden und den Parteien zuzurechnenden Stimmen der Wahlkartenwähler noch nicht vorlagen, und ist im maßgeblichen Zeitraum auch nicht mehr dorthin zurückgekehrt.

Schon deshalb lag somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vor.

2.4. Die unbegründete Wahlanfechtung war daher zur Gänze - einschließlich des Eventualbegehrens - abzuweisen.

2.5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.

Schlagworte

Wahlen, Wahlbehörden, Wahlrecht aktives

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:WI5.1996

Dokumentnummer

JFT_10028798_96W00I05_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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