TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/16 VGW-031/051/103/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.01.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

16.01.2018

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §24 Abs1 lita
StVO 1960 §29b Abs4
StVO 1960 §44
StVO 1960 §48 Abs1
StVO 1960 §99 Abs3 lita

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pichler über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 22.11.2016, Zl. MA 67-RV-076235/6/2, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von 80,-- Euro auf 50,-- Euro und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden auf 10 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens bei der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit 10,-- Euro festgesetzt, das ist der gesetzliche Mindestkostenbeitrag.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof durch die vor dem Verwaltungsgericht Wien belangte Behörde und dem zuständigen Bundesminister unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Spruch des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses lautet wie folgt:

„Sie haben am 2.5.2016 um 21:02 Uhr in Wien 01, Neuer Markt gegenüber 9, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen W-... folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Abstellen des Fahrzeuges im Bereich des Vorschriftszeichens „ Halten und Parken verboten“ („Anrainerzone“), mit dem Zusatz: „ausgen. Fahrzeuge mit Parkkleber für den 1. Bezirk sowie Unbenannt“, wobei weder ein Parkkleber für den 1. Bezirk noch ein Ausweis nach § 29b Abs. 4 StVO im Fahrzeug angebracht war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 99 Abs. 3 lit. a Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) in Verbindung mit §24 Abs. 1 lit. a StVO 1960

Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 wird gegen Sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 80,00, im Falle der Uneinbringlichkeit 16 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

Es wird Ihnen zudem ein Betrag von EUR 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt (§ 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes).

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher EUR 90,00.“

In seiner frist- und formgerecht erhobenen Beschwerde bestritt der Beschwerdeführer nicht, sein Fahrzeug wie in der Tatanlastung festgehalten abgestellt zu haben, sondern verwies auf einen aus seiner Sicht bestehenden Kundmachungsmangel.

Zusammengefasst führt der Beschwerdeführer dazu aus, für den Bereich, in dem er sein Fahrzeug unbestritten abgestellt hat, bestehe zum einen ein den ruhenden Verkehr bestehendes Verkehrsverbot „Halten und Parken verboten“ („Anrainerzone“), von dessen sachlichem Geltungsbereich nur Fahrzeuge mit Parkkleber für den 1. Bezirk ausgenommen sind, zum anderen sei auch ein weiteres „Halte- und Parkverbot“ verordnet, von dessen sachlichem Geltungsbereich Taxifahrzeuge ausgenommen sind.

Der Beschwerdeführer geht daher davon aus, dass für den Straßenteil, in dem er sein Fahrzeug abgestellt hat, zwei unterschiedliche Verkehrsbeschränkungen kundgemacht sind, weshalb insgesamt nicht von einer zulässigen Kundmachung einer den ruhenden Verkehr betreffenden Verkehrsbeschränkung ausgegangen werden könne.

Dem gegenüber vertritt die belangte Behörde in den begründenden Ausführungen des Straferkenntnisses den Standpunkt, dass selbst wenn für denselben Straßenbereich zwei unterschiedliche, den ruhenden Verkehr betreffende Verkehrsbeschränkungen bestünden, dies für die hier zu beurteilende Fallkonstellation schon insofern irrelevant sei, als der Beschwerdeführer weder berechtigt gewesen sei, in einer Anrainerzone zu parken, noch ein Taxifahrzeug abgestellt hat und daher jedenfalls die ihm angelastete Verwaltungsübertretung zu verantworten habe.

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung ließ der Beschwerdeführer weiterhin den angelasteten Abstellvorgang selbst unbestritten und verwies auf die von ihm bereits schriftlich dargelegte Rechtsauffassung.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Die das Straferkenntnis tragenden Sachverhaltsfeststellungen, wonach der Beschwerdeführer das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-... am 02.05.2016 in Wien 1., Neuer Markt ggü. 9 abgestellt hat, wo dieses Fahrzeug um 21:02 Uhr gestanden ist, blieben im gesamten verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbestritten und konnte daher auch der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien zugrunde gelegt werden.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 24 Abs. 1 lit. a StVO ist das Halten und Parken im Bereich des Vorschriftszeichens „Halten und Parken verboten“ untersagt.

Gemäß § 44 StVO sind unter anderem Verordnungen, die den ruhenden Verkehr betreffen, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft.

Gemäß § 48 Abs. 1 StVO sind Straßenverkehrszeichen unter Bedachtnahme auf die Art der Straße und unter Berücksichtigung der auf ihr üblichen Verkehrsverhältnissen in einer solchen Art und Größe anzubringen, dass sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können.

In der hier zu beurteilenden Fallkonstellation geht der Beschwerdeführer davon aus, dass es nicht zulässig ist, dass für denselben Straßenbereich zwei unterschiedliche, den ruhenden Verkehr betreffende Verkehrsverbote kundgemacht werden, während die belangte Behörde erkennbar davon ausgeht, dass auch eine Kundmachung von zwei Verkehrsverboten mit unterschiedlichen sachlichen Anwendungsbereichen für denselben Straßenabschnitt einer Bestrafung dann nicht entgegensteht, wenn der Beschwerdeführer vom sachlichen Anwendungsbereich beider kundgemachter Verordnungen erfasst wäre.

Damit ist die belangte Behörde jedoch nicht im Recht.

Liegt ein Abstellplatz der Kundmachung durch Verkehrszeichen zufolge im Geltungsbereich von zwei gleichzeitig einzuhaltenden, den ruhenden Verkehr betreffenden Verkehrsverboten mit unterschiedlichem sachlichen Geltungsbereich (wie hier etwa „Anrainerzone“ und „Taxistandplatz“), wäre tatsächlich nicht ersichtlich, für welchen Personenkreis das Abstellen des Fahrzeuges in diesem Straßenbereich gestattet ist und welcher Personenkreis vom Verkehrsverbot ausgenommen ist.

Diesfalls könnte nicht von einer gültigen Kundmachung eines Verkehrsverbotes ausgegangen werden und wäre daher wegen des Abstellens eines Fahrzeuges im fraglichen Straßenbereich eine Bestrafung auch für Fahrzeuglenker nicht gesetzeskonform, die vom sachlichen Geltungsbereich beider möglicher Verordnungsinhalte erfasst sind.

In der hier zu beurteilenden Fallkonstellation ist aus diesen Überlegungen für den Standpunkt des Beschwerdeführers jedoch aus folgenden Gründen nichts zu gewinnen:

Der Neue Markt in Wien 1., ist in verschiedene Verkehrsflächen, die sowohl für den Fließverkehr als für den ruhenden Verkehr bestimmt sind, unterteilt. In der Mitte des Platzes befinden sich zwei voneinander getrennte Bereiche, die für den ruhenden Verkehr bestimmt sind. In dem (aus Fahrtrichtung Tegetthoffstraße kommend gesehen) linken Teil der für den ruhenden Verkehr bestimmten Verkehrsfläche, der durch eine Bodenmarkierung von den rechts davon befindlichen, in Längsrichtung eingezeichneten Abstellplätzen abgetrennt ist, befinden sich Schrägparkplätze.

Für den Bereich der Schrägparkplätze wird durch rechts davon aufgestellte Vorschriftzeichen und Zusatztafeln eindeutig das Verkehrsverbot kundgemacht, dessen Übertretung dem Beschwerdeführer angelastet wird.

Die Verkehrszeichen, mit denen dieses Verkehrsverbot kundgemacht wird, entsprechen § 48 Abs. 1 StVO, was im gesamten Verfahren auch nicht bestritten wurde.

Der Beschwerdeführer geht aber davon aus, dass im Hinblick darauf, dass sich in nur geringem Abstand rechts von dem Verkehrszeichen mit dem (von der Tegetthoffstraße kommend) dieses Verkehrsverbot angezeigt wird, ein transportables Straßenverkehrszeichen „Halten und Parken verboten“ „Taxizone“ befindet, für denselben Straßenbereich zwei unterschiedliche Verordnungen kundgemacht werden.

Das ist aber nicht der Fall.

Rechts von den Anrainerparkplätzen, bei denen es sich um Schrägparkplätze handelt, befindet sich ein Taxistandplatz, für den die einzelnen Stellplätze in Fahrtrichtung eingezeichnet sind. Diese Taxistandplätze werden unter anderem durch das vom Beschwerdeführer monierte transportable Verkehrszeichen sowie durch entsprechende Bodenmarkierungen kundgemacht. Ein zweites transportables Verkehrszeichen, mit dem die Stellfläche für Taxifahrzeuge kundgemacht wird, befindet sich rechts vom Taxistandplatz. Darüber hinaus sind die für Taxifahrzeuge reservierten Stellplätze auch mit der deutlichen Aufschrift „Taxi“ versehen.

Aus Sicht des Verwaltungsgerichtes Wien kann daher ungeachtet der räumlichen Nähe des Verkehrszeichens, mit dem die Anrainerparkplätze kundgemacht werden zum linken der beiden Verkehrszeichen „Taxistandplatz“ kein Zweifel daran bestehen, für welche konkreten Straßenbereiche die beiden kundgemachten Verkehrsverbote gelten.

Der Beschwerdeführer hat sohin dadurch, dass er sein Fahrzeug im Geltungsbereich eines ordnungsmäßig kundgemachten Halte- und Parkverbots, von dessen sachlichem Geltungsbereich er nicht ausgenommen war, abgestellt hat, den objektiven Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt.

Der Beschwerdeführer konnte mit seinem Vorbringen auch nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG bescheinigen, dass das übertretene Verkehrsverbot für ihn bei Aufwendung der im Straßenverkehr zumutbaren und ihm möglichen Sorgfalt nicht wahrnehmbar gewesen wäre.

Er hat daher die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten, weshalb die Beschwerde in der Schuldfrage spruchgemäß abzuweisen war.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Durch den hier in Rede stehenden Abstellvorgang wurde das öffentliche Interesse an der Freihaltung von Abstellplätzen für Anrainer in nicht unbedeutendem Maße verletzt, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat nicht als bloß geringfügig erachtet werden konnte.

Auch das Ausmaß des den Beschwerdeführer treffenden Verschuldens konnte nicht als geringfügig angesehen werden, da im Verwaltungsstrafverfahren weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der übertretenen Verwaltungsvorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Als mildernd war die zwischenzeitlich lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. Da die von der Behörde angesprochene Bestrafung wegen einer Übertretung der den ruhenden Verkehr betreffenden Bestimmungen aus dem Jahr 2012 zwischenzeitlich getilgt ist, war nach der Aktenlage auch vom Vorliegen des Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auszugehen.

Erschwerungsgründe sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht hervorgekommen.

Im Rahmen der Strafbemessung war weiters darauf Bedacht zu nehmen, dass der Beschwerdeführer in durchschnittlichen Einkommensverhältnissen lebt, vermögenslos ist und ihn keine Sorgepflichten treffen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe konnte die Geldstrafe im Hinblick auf das Vorliegen von Milderungsgründen und dem Fehlen von Erschwerungsgründen spruchgemäß herabgesetzt werden.

Einer weitergehenden Strafherabsetzung stand jedoch der nicht nur geringfügige objektive Unrechtsgehalt der Tat entgegen.

Aus denselben Erwägungen war unter Bedachtnahme auf § 16 Abs. 2 VStG auch die Ersatzfreiheitsstrafe spruchgemäß neu festzusetzen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch genannten Bestimmungen.

Die vorliegende Entscheidung steht in keinem Spannungsverhältnis zur höchstgerichtlichen Judikatur zu den Kundmachungsvoraussetzungen von Verordnungen durch Straßenverkehrszeichen, auch im Rahmen der Strafbemessung sind keine Rechtsfragen hervorgetreten, hinsichtlich der die Rechtslage nicht eindeutig oder durch eine gefestigte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist. Da sohin insgesamt keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen, war die (ordentliche) Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Halte- und Parkverbot ordnungsgemäß kundgemacht; sachlicher Geltungsbereich; keine Ausnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.031.051.103.2017

Zuletzt aktualisiert am

29.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten