TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/19 LVwG-AV-2/001-2007

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Veröffentlicht am 19.01.2018
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Entscheidungsdatum

19.01.2018

Norm

GelVerkG 1996 §5
GewO 1994 §85 Z7
GewO 1994 §86 Abs1
GewO 1994 §86 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch MMag. Dr. Michaela Lütte als Einzelrichterin über die als Beschwerde zu behandelnde Berufung der B Ges.m.b.H., ***, ***, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 12. April 2007, Zl. WST1-G-10246/007-2006, betreffend Entziehung der Konzession nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz 1996 zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) iVm Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Verfahrensgang und Feststellungen:

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft die Konzession für die Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises mit Kraftfahrzeugen unter Beistellung des Lenkers aufgrund besonderer Aufträge (Bestellungen) (Mietwagen-Gewerbe mit Omnibussen) mit zehn Fahrzeugen im Standort ***, ***, gemäß § 5 Abs. 1 und 2a des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes 1996 (GelverkG), in der damals geltenden Fassung, entzogen.

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft, damals vertreten durch Rechtanwalt Dr. Prchlik, mit Schreiben vom 26. April 2007 Berufung. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist nicht mehr durch diesen Rechtsanwalt vertreten.

1.3. Die verfahrensgegenständliche Gewerbeberechtigung endigte mit deren Zurücklegung durch die beschwerdeführende Gesellschaft am 31. Oktober 2013.

1.4. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gab der beschwerdeführenden Gesellschaft, vertreten durch ihre handelsrechtliche Geschäftsführerin KB (damals im Firmenbuch alleine als handelsrechtliche Geschäftsführerin eingetragen), und der belangten Behörde mit Schreiben vom 05. Jänner 2018 die Gelegenheit, im Hinblick auf die Endigung der verfahrensgegenständlichen Gewerbeberechtigung durch Zurücklegung zur Frage des Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses der beschwerdeführenden Gesellschaft an der Beseitigung des angefochtenen Bescheides und zu einer daran anknüpfenden Einstellung des Beschwerdeverfahrens Stellung zu nehmen.

Die belangte Behörde teilte mit Schreiben vom 09. Jänner 2015 mit, dass aufgrund der zwischenzeitlichen Zurücklegung der betroffenen Gewerbeberechtigung eine einschlägige Rechtsmittelentscheidung ihrer Ansicht nach keinerlei Auswirkungen hinsichtlich eines eventuellen Wiederauflebens der Gewerbeberechtigung hätte. Diese Mitteilung wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 10. Jänner 2018 zur Kenntnis gebracht.

Die beschwerdeführende Gesellschaft, vertreten durch ihren handelsrechtlichen Geschäftsführer MB (als solcher eingetragen im Firmenbuch seit
10. Jänner 2018) teilte mit Schreiben vom 15. Jänner 2018 – auf das Wesentliche zusammengefasst – mit, dass die beschwerdeführende Gesellschaft die Gewerbeberechtigung am 31. Oktober 2013 zurückgelegt habe. Mit Schreiben vom 18. Jänner 2018 hielt sie ihre Stellungnahme vom 15. Jänner 2018 – im Hinblick auf die Ausführungen der belangten Behörde im Schreiben vom 09. Jänner 2018 – aufrecht.

2.   Beweiswürdigung:

Die Feststellungen einschließlich des dargelegten Verfahrensgangs konnten in unbedenklicher Weise im Hinblick auf die eindeutigen Inhalte des vorliegenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des Gerichtsaktes des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich sowie nach Einsichtnahme in das Firmenbuch am 29. Dezember 2017 und 16. Jänner 2018 und nach Einsichtnahme in das Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) am 29. Dezember 2017 getroffen werden.

3.   Rechtslage:

3.1. Art. 151 Abs. 51 Z 8 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) lautet:

„(51) Für das Inkrafttreten der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 51/2012 geänderten oder eingefügten Bestimmungen und für das Außerkrafttreten der durch dieses Bundesgesetz aufgehobenen Bestimmungen sowie für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt Folgendes:

8. Mit 1. Jänner 2014 werden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern […] aufgelöst; […] Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei diesen Behörden anhängigen Verfahren […] geht auf die Verwaltungsgerichte über […].“

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten:

„§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

[…]“

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

3.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gelegenheits-Verkehrsgesetzes 1996 (GelverkG) lauten:

„§ 1 […]

(2) Soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, gilt für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs. 1) die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, mit der Maßgabe, daß die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als reglementierte Gewerbe gelten, auf die § 95 Abs. 2 der GewO 1994 anzuwenden ist.

[…]“

„§ 5. (1) Die Konzession darf nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines reglementierten Gewerbes folgende Voraussetzungen gemäß Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 1071/09 erfüllt sind:

1.   die Zuverlässigkeit,

2.   die finanzielle Leistungsfähigkeit,

3.   die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) und

4.   eine tatsächliche und dauerhafte Niederlassung in Österreich.

Z 1 bis 4 gilt auch für die nicht von der Verordnung (EG) Nr. 1071/09 erfassten Gewerbe. Der Bewerber hat überdies entsprechend dem beabsichtigten Konzessionsumfang (§ 4) in der in Aussicht genommenen Standortgemeinde oder einer daran unmittelbar angrenzenden Gemeinde über die erforderlichen Abstellplätze außerhalb von Straßen mit öffentlichem Verkehr zu verfügen. Sämtliche Voraussetzungen müssen während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Werden diese Voraussetzungen vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession zu entziehen. Die §§ 87 bis 91 GewO 1994 bleiben hiervon unberührt. Die zuständige Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft ist vor der Erteilung der Konzession aufzufordern, zur Frage der Leistungsfähigkeit des Betriebes eine Stellungnahme abzugeben.

[…]“

(3) Die Zuverlässigkeit ist, abgesehen von den in Art. 6 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1071/09 geregelten Fällen, insbesondere dann nicht gegeben, wenn

1. der Antragsteller, Gewerbeberechtigte oder der Verkehrsleiter von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt wurde, solange die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliegt (§§ 1 bis 6 Tilgungsgesetz 1972, BGBl. Nr. 68), oder

2. dem Antragsteller, dem Gewerbeberechtigten oder dem Verkehrsleiter aufgrund der geltenden Vorschriften die Bewilligung zur Ausübung des Personenbeförderungsgewerbes rechtskräftig entzogen wurde oder

3. der Antragsteller, der Gewerbeberechtigte oder der Verkehrsleiter wegen schwerwiegender Verstöße gegen die Vorschriften über

a) die für den Berufszweig geltenden Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen oder

b) die Personenbeförderung, insbesondere die Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, die Gewichte und Abmessungen der Kraftfahrzeuge und die Sicherheit im Straßenverkehr und der Kraftfahrzeuge, den Umweltschutz sowie die sonstigen Vorschriften in Bezug auf die Berufspflichten,

rechtskräftig bestraft wurde.

[…]“

3.4. Die maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lauten:

„§ 85. Die Gewerbeberechtigung endigt:

[…]

7. mit der Zurücklegung der Gewerbeberechtigung, im Falle von Fortbetrieben gemäß § 41 Abs. 1 Z 1 bis 3 mit der Zurücklegung des Fortbetriebsrechtes;

8. mit der Entziehung der Gewerbeberechtigung durch die Behörde (§§ 87, 88 und 91);

[…]“

§ 86. (1) Die Zurücklegung einer Gewerbeberechtigung wird mit dem Tage wirksam, an dem die Anzeige über die Zurücklegung bei der Behörde (§ 345 Abs. 1) einlangt, sofern nicht der Gewerbeinhaber die Zurücklegung für einen späteren Tag anzeigt oder an den Eintritt einer Bedingung bindet.

(2) Die Anzeige ist nach dem Zeitpunkt ihres Einlangens bei der Behörde unwiderruflich. […]“

4.   Erwägungen:

4.1. Zur Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich:

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des mit Ablauf des 31. Dezember 2013 bei dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich anhängigen Berufungsverfahrens auf das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übergegangen. Die Berufung ist nunmehr als Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zu behandeln.

4.2. Zur ersatzlosen Behebung des angefochtenen Bescheides:

4.2.1. Eine zur Einstellung des Beschwerdeverfahrens führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde infolge der – die Endigung der Gewerbeberechtigung bewirkenden (vgl. § 85 Z 7GewO 1994) – Zurücklegung der Gewerbeberechtigung liegt im Hinblick auf § 5 Abs. 3 Z 2 GelverkG nicht vor (vgl. im Hinblick auf § 13 Abs. 6 GewO 1994 VwGH 01.07.2009, 2007/04/0039). Die in § 5 Abs. 3 Z 2 GelverkG geregelte Gewerbeantrittsvoraussetzung gilt dem Wortlaut nach gleichermaßen für natürliche und juristische Personen und unterscheidet nicht zwischen den Entziehungsgründen „nach den geltenden Vorschriften“.

4.2.2. § 1 Abs. 2 GelverkG bestimmt, dass – soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft – für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige die GewO 1994 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als reglementiertes Gewerbe gelten, auf die § 95 Abs. 2 GewO 1994 anzuwenden ist. Das Mietwagengewerbe mit Omnibussen, für welches die verfahrensgegenständliche Konzession erteilt wurde, gehört zu den dem GelverkG unterliegenden Gewerbezweigen.

4.2.3. Die mit dem angefochtenen Bescheid nicht rechtskräftig entzogene – und damit noch nicht im Sinne des § 85 Z 8 GewO 1994 geendete (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 § 85 Rz. 17) – Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft endete mit ihrer Zurücklegung gemäß § 85 Z 7 GewO 1994 am 31. Oktober 2013.

§ 86 Abs. 2 GewO 1994 sieht vor, dass die Anzeige der Zurücklegung der Gewerbeberechtigung im Sinne des § 86 Abs. 1 GewO 1994 nach dem Zeitpunkt ihres Einlangens unwiderruflich ist. Das bedeutet, dass eine bei der zuständigen Gewerbebehörde eingelangte Anzeige nach § 86 Abs. 1 leg.cit. vom Gewerbeinhaber nicht mehr zurückgenommen werden kann und die Rechtsfolgen des § 86 Abs. 1 und § 85 Z 7 GewO 1994 eintreten: Die Gewerbeberechtigung endet, es bleibt nur die Möglichkeit ein Gewerbe neu anzumelden (vgl. VwGH 20.01.2016, Ro 2014/04/0045).

Die mit dem angefochtenen Bescheid nicht rechtskräftig entzogene Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft endete daher mit 31. Oktober 2013 verbindlich und unwiderruflich.

4.2.4. Für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgebend.

Da zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich die den Entziehungsgegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Gewerbeberechtigung nicht mehr aufrecht ist, ist der angefochtene Bescheid – in Ermangelung eines Entziehungsobjektes – ersatzlos zu beheben (vgl. auch Kreisl in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO § 87 Rz. 3).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

5.   Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt und konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

6.   Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war, weil sich die Entscheidung auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0343) und die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Gewerbeberechtigung; Entziehung; Anzeige; Zurücklegung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.2.001.2007

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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