TE Vwgh Erkenntnis 2000/4/12 97/09/0199

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Veröffentlicht am 12.04.2000
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §43 Abs2;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
BDG 1979 §95 Abs2;
StGB §130;
StGB §153;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des E in Fehring, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 6. Mai 1997, Zl. 32/6-DOK/97, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1946 geborene Beschwerdeführer stand als Abteilungsinspektor (im Exekutivdienst der Bundesgendarmerie) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war zuletzt Postenkommandant von Hatzendorf (Bezirk Feldbach).

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 16. November 1995 wurde der Beschwerdeführer des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahles nach den §§ 127, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt und nach dem ersten Strafsatz des § 130 StGB zu einer gemäß § 43 Abs. 1 StGB auf drei Jahre bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten und zu einer (unbedingten) Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt.

Nach dem Schuldspruch des rechtskräftigen Strafurteiles vom 16. November 1995 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe in Hatzendorf und anderen Orten des Bezirkes Feldbach fremde bewegliche Sachen näher bezeichneter Personen mit dem Vorsatz, sich durch Zueignung dieser Sache unrechtmäßig zu bereichern weggenommen, wobei er diese diebischen Angriffe in der Absicht begangen habe, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen; zum Nachteil näher bezeichneter Geschädigter habe er im einzelnen folgende diebische Angriffe (Tathandlungen) begangen:

a) zwischen Herbst 1992 und 21. Juli 1995 hinsichtlich von Geldbeträgen in einer Gesamthöhe von zumindest S 3.500,--

b) im Zeitraum 1992 bis November 1993 hinsichtlich von Geldbeträgen in Höhe von insgesamt S 6.000,--

c) im Zeitraum 1991 bis 1994 hinsichtlich von Geldbeträgen in Höhe von insgesamt S 15.000,-- sowie

d) am 8. Juni 1995 hinsichtlich eines Deodorant der Marke "Fa for Men" im Wert von S 23,90.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 11. November 1996 wurde der Beschwerdeführer des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs. 1 und 2 erster Fall StGB schuldig erkannt und - unter Anwendung der §§ 31 und 40 StGB - zu einer gemäß § 43 Abs. 1 StGB auf drei Jahre bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe (Zusatzstrafe) in der Dauer von sechs Monaten verurteilt. Der Privatbeteiligten Aloisia Lukitsch wurde ein Schadenersatzteilbetrag in der Höhe von S 100.000,-- zugesprochen; mit ihrem Mehrbegehren wurde die Privatbeteiligte auf dem Zivilrechtsweg verwiesen.

Nach dem Schuldspruch des rechtskräftigen Strafurteiles vom 11. November 1996 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe im Zeitraum Juli 1989 bis Juli 1995 in Fehring die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, dadurch wissentlich missbraucht, dass er unter Verwendung der von Aloisia Lukitsch blanko unterfertigten Auszahlungsaufträge Barbehebungen in der Gesamthöhe von S 229.119,30 von den Konten der Aloisia Lukitsch bei der Raiffeisenkasse Fehring-St. Anna a.A. durchführte und dadurch Aloisia Lukitsch einen Vermögensnachteil in S 25.000,-- übersteigender, jedoch nicht S 500.000,-- übersteigender Höhe zufügte; der Schaden habe zumindest S 170.000,-- betragen.

In dem sachgleichen, dieselbe Vorgangsweise des Beschwerdeführers betreffenden Disziplinarverfahren erkannte die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres den Beschwerdeführer mit Disziplinarerkenntnis vom 17. Jänner 1997 über seine strafgerichtliche Verantwortlichkeit hinaus für schuldig, er habe seine Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 schuldhaft verletzt. Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Disziplinarerkenntnis der belangten Behörde vom 6. Mai 1997 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.

Zur Begründung der über den Beschwerdeführer verhängten Disziplinarstrafe der Entlassung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, nach § 93 Abs. 1 BDG 1979 sei die Schwere der Dienstpflichtverletzung vorrangiges Kriterium der Strafbemessung. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, inwiefern die beabsichtigte Strafhöhe spezialpräventiven Erfordernissen entspreche und nach den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit angemessen sei. Gemäß § 91 BDG 1979 seien nur schuldhafte Dienstpflichtverletzungen (disziplinär) strafbar. Die Schuld sei daher für die Beurteilung der Schwere der Dienstpflichtverletzung maßgebend. Das Ausmaß der Schuld werde wesentlich durch das objektive Gewicht (den Unrechtsgehalt der Tat) als Schwere der Rechtsgutbeeinträchtigung (Verletzung dienstlicher Interessen) konstituiert. Daneben seien der Grad des Verschuldens, der Beweggrund der Tat, die Auswirkungen für das Ansehen des Beschuldigten und der Beamtenschaft in der Öffentlichkeit und die bisherige dienstliche Führung maßgeblich. Innerhalb des Schuldrahmens, der sich aus der Verengung des gesetzlichen Strafrahmens durch die konkrete Tatschuldwertung ergebe, dürfe keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheine. Im weiteren seien bei der Bestimmung des spezialpräventiv notwendigen Strafens die Wahrungs-, Besserungs- und Sicherungsfunktion einer solchen Strafe zu beachten. Vor diesem Hintergrund gelange die belangte Behörde zur Ansicht, dass der Beschwerdeführer durch die von ihm begangenen Taten nicht nur Rechtsgüter verletzt habe, mit deren Schutz er im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben betraut gewesen sei, sondern er habe auch ein dem Grund nach zu missbilligendes Verhalten gesetzt, von welchen nach einschlägiger höchstgerichtlicher Judikatur angenommen werde, dass dieses zu einer massiven Schädigung des Vertrauens der Bevölkerung im Sinn des § 43 Abs. 2 BDG 1979 führe. Wenngleich bei Vorliegen eines disziplinären Überhanges grundsätzlich eine mildere Sanktionierung in Betracht komme, würden die unzweifelhaft auf der Hand liegenden spezialpräventiven Gründe, insbesondere die objektive Schwere der (vom Strafgericht rechtskräftig festgestellten)Taten, die der Beschwerdeführer schuldhaft (mit Vorsatz bzw. Wissentlichkeit) und rechtswidrig begangen habe, sowie die aus ihnen notwendig resultierende Untragbarkeit des Beschwerdeführers für den öffentlichen Dienst, die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung erfordern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht "auf schuldangemessene Bestrafung im Sinne des BDG, vor allem im Hinblick darauf, dass Strafmilderungsgründe nicht berücksichtigt wurden", verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist gemäß § 91 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) nach diesem Abschnitt (das ist der 9. Abschnitt "Disziplinarrecht") zur Verantwortung zu ziehen.

Als Disziplinarstrafen sieht § 92 Abs. 1 BDG 1979 neben Verweis, Geldbuße und Geldstrafe die Entlassung (als schwerste Disziplinarstrafe) vor.

Gemäß § 43 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

Der Beamte hat nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Wurde der Beamte wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlichen strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt und erschöpft sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes, so ist gemäß § 95 Abs. 1 BDG 1979 von der Verfolgung abzusehen, wenn anzunehmen ist, dass die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Gemäß § 95 Abs. 2 leg. cit. ist die Disziplinarbehörde an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen eines Strafgerichtes (Straferkenntnis eines unabhängigen Verwaltungssenates) gebunden. Sie darf auch nicht eine Tatsache als erwiesen annehmen, die das Gericht (der unabhängige Verwaltungssenat) als nicht erweisbar angenommen hat.

Wird von der Verfolgung nicht abgesehen, dann ist zufolge Abs. 3 dieser Gesetzesstelle, wenn sich eine strafgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilung auf denselben Sachverhalt bezieht, eine Strafe nur auszusprechen, wenn und soweit dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, erstreckt sich die Bindung der Disziplinarbehörden auch auf die Feststellung zum inneren (subjektiven) Tatbestand (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1997, Zl. 95/09/0223, und vom 17. Jänner 2000, Zl. 97/09/0026).

Im vorliegenden Fall hat das Strafgericht im Urteil vom 16. November 1995 angenommen, dass der Beschwerdeführer das Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahles begangen hat. Diese Begehungsform des Diebstahles erfordert nicht bloß (zumindest) bedingten Bereicherungsvorsatz des Täters, sondern die Qualifikation des Diebstahles als gewerbsmäßig kann nur absichtlich begangen werden (§ 130 in Verbindung mit § 70 StGB). In dem Urteil vom 11. November 1996 hat das Strafgericht als erwiesen angenommen, dass der Beschwerdeführer das Vergehen der Untreue begangen hat. Diese Straftat ist nur verwirklicht, wenn der Täter sich wissentlich (bewusst) über die ihm eingeräumte Befugnis hinweg setzt (§ 153 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 StGB). Dass der Beschwerdeführer - wie in der Beschwerde behauptet wird - bei Begehung dieser Straftaten nicht oder nur vermindert schuldfähig gewesen sei, ist den Tatsachenfeststellungen des Strafgerichtes nicht zu entnehmen. In den rechtskräftigen Strafurteilen findet sich auch kein Hinweis darauf, dass die Straftaten des Beschwerdeführers als Auswirkungen einer Krankheit anzusehen seien. Demnach entbehrt diese Behauptung des Beschwerdeführers der sachverhaltsmäßigen Grundlage. Im rechtskräftigen Strafurteil vom 16. November 1995 hat das Strafgericht vielmehr ausdrücklich festgehalten, dass "trotz des vom Verteidiger vorgelegten psychiatrischen Gutachtens für die Tatzeiten ein Zustand im Sinne des § 11 StGB sich nicht verifizieren ließ". Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers findet sich in keinem der rechtskräftigen Strafurteile ein als mildernd gewerteter Strafzumessungsgrund, dass ihm verminderte Schuldfähigkeit zuzubilligen sei. Auch aus der Höhe der über den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafen bzw. der Anwendung des § 43 Abs. 1 StGB (bedingte Strafnachsicht) ist - entgegen der Darstellung in der Beschwerde - nicht zu folgern, dass das Strafgericht "von einer verminderten Schuldfähigkeit ausging".

Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde auf Grund der rechtskräftigen Strafurteile davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführer schuldfähig war und ihm kein Zustand verminderter Schuldfähigkeit als Milderungsgrund zugute zu halten sei.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung. Er macht in dieser Hinsicht geltend, die belangte Behörde habe vorliegende Milderungsgründe nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt. Sie sei von falschen Verurteilungen ausgegangen und habe die bedingte Strafnachsicht der Freiheitsstrafen nicht beachtet. Der Strafmilderungsgrund verminderter Schuldfähigkeit sei von der belangten Behörde nicht herangezogen worden. Er habe seinen Dienst 20 Jahr zur vollsten Zufriedenheit erfüllt und den entstandenen Schaden zur Gänze wieder gut gemacht. Wegen seiner Krankheit stehe er in Behandlung und es sei zu erwarten, dass sich "sein Zustand stabilisiert und er wieder dienstverwendungsfähig wird". Er sei nicht untragbar. Das Strafgericht habe keinen Amtsverlust ausgesprochen und seine Taten als objektiv nicht schwer betrachtet. Er habe kein Verhalten gesetzt, welches zu einer massiven Schädigung des Vertrauen der Bevölkerung im Sinn des § 43 Abs. 2 BDG 1979 geführt habe. Die außerhalb seines Dienstes begangenen Taten seien nicht als "besonders krasser Fall" zu werten. Das Strafgericht habe ihn nicht als untragbar für seine Dienstbehörde angesehen.

Diesem Vorbringen bleibt es verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Insoweit der Beschwerdeführer neuerlich "verminderte Schuldfähigkeit" behauptet, ist zu erwidern, dass das Strafgericht diesen Milderungsgrund nicht zugrunde gelegt hat. Der Beschwerdeführer entfernt sich mit der Darstellung seiner Straftaten von der Beurteilung des Strafgerichtes. Im rechtskräftigen Strafurteil vom 16. November 1995 wertete das Strafgericht nämlich den vom Beschwerdeführer begangenen gewerbsmäßigen Diebstahl als "besonderen Vertrauensbruch gegenüber seinen Tennispartnern". Des Weiteren wurde in diesem Strafurteil ausgeführt, dass der Beschwerdeführer als Gendarmeriebeamter in der Bevölkerung (im konkreten Fall einer Landgemeinde) besonderes Vertrauen und Ansehen genoß; dieses Vertrauens- und Freundschaftsverhältnis habe bei den Bestohlenen (den Opfern seines gewerbsmäßigen Diebstahles) eine besonders tiefe Enttäuschung hinterlassen. Auch die weitere vom Beschwerdeführer (zum Nachteil von Aloisia Lukitsch) begangene Straftat der Untreue wertete das Strafgericht (im Rahmen der Strafbemessungsgründe) als "besonders verwerflichen Vertrauensmissbrauch". Die Beschwerdeausführungen betreffend die Schädigung des Vertrauens der Bevölkerung bzw. dahin, dass "ein besonders krasser Fall hier nicht vorliegt", entbehren demnach der sachverhaltsmäßigen Grundlage. Das vom Beschwerdeführer begangene Fehlverhalten ist von den Disziplinarbehörden somit zu Recht als gravierende Verletzung seiner Dienstpflichten gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 beurteilt worden.

Dem auf § 27 StGB (Bestimmung über den Amtsverlust und andere Rechtsfolgen einer strafgerichtlichen Verurteilung) gestützten Vorbringen ist zu erwidern, dass für das Disziplinarrecht nach dem BDG 1979 andere Gesichtspunkte maßgebend sind als nach dem Strafgesetzbuch. Der Gesetzgeber hat von einer starren Regelung abgesehen und damit den Disziplinarbehörden einen der Fallgerechtigkeit dienenden Beurteilungsspielraum offen gelassen. Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, der strafgerichtlichen Strafbemessung die Bedeutung beizumessen, dass eine Strafe unter der Grenze des § 27 StGB eine Entlassung des Beschuldigten als gesetzwidrig oder auch nur als unerwünscht erkennen lassen sollte, hätte er die einschlägigen Bestimmungen des StGB und des BDG 1979 anders gestaltet. Dem Strafurteil kommt daher insoweit weder die vom Beschwerdeführer behauptete Bindungswirkung noch sonst ein maßgeblicher Einfluss auf die Bemessung der Disziplinarstrafe zu (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1996, Zl. 96/09/0292, und die darin angegebene hg. Judikatur).

Im Beschwerdefall ist der belangen Behörde kein Vorwurf zu machen, dass sie die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung für gerechtfertigt ansah. Auf Grund der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten des gewerbsmäßigen Diebstahles und der Untreue wurde das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und der Verwaltung zerstört. Es war nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde auf Grund des durch die rechtskräftigen Strafurteile für die Disziplinarbehörden bindend als erwiesen anzunehmenden Fehlverhaltens zu dem Ergebnis gelangte, der Beschwerdeführer sei im Hinblick auf sein vertrauensunwürdiges Verhalten für den öffentlichen Dienst untragbar geworden (vgl. hiezu etwa für viele die hg. Erkenntnisse vom 8. Februar 1996, Zl. 95/09/0032, vom 15. Dezember 1999, Zl. 97/09/0381, und vom 17. Jänner 2000, Zl. 97/09/0026). Ist aufgrund der Vertrauensverwirkung die Weiterbeschäftigung des Beschwerdeführers als Beamter unzumutbar, dann können die in der Beschwerde ins Treffen geführten Milderungsgründe nicht mehr entscheidend sein. In der Beschwerde wird auch kein maßgebender Gesichtspunkt dargetan, der die Untragbarkeit des Beschwerdeführers für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis widerlegt bzw. der das zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherstellen könnte.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides (Seite 9) die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten in ihrem Umfang unrichtig (überschießend) wiedergegeben, weil sie nicht beachtete, dass der Beschwerdeführer vom Vorwurf des Betruges und der Ausnützung seiner Amtsstellung sowie den Diebstählen zum Nachteil von Alfred Geiger und Othmar Rohrbacher gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen wurde. Dieser Begründungsmangel vermag allerdings nichts daran zu ändern, dass der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls und des Vergehens der Untreue strafgerichtlich verurteilt wurde und im Hinblick auf dieses vertrauensunwürdige Verhalten untragbar geworden ist. Auch sind die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen in dem von der Behörde erster Instanz übernommenen Spruch des angefochtenen Bescheides zutreffend angeführt. Der in der Beschwerde hinsichtlich der Darstellung der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten aufgezeigte Begründungsmangel (Verfahrensfehler) ist daher unwesentlich, da die belangte Behörde auch bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften und pflichtgemäßer Übung ihres Ermessens bei Festsetzung der Disziplinarstrafe zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG).

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. April 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997090199.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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