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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §69 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des MB in B, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 13. August 1999, Zl. 680.192/01-I6/99, betreffend Wiederaufnahme eines wasserrechtlichen Verfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Den Beschwerdeschriften, der ihnen angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und den vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten kann Folgendes entnommen werden:
Mit Bescheid vom 19. August 1993 trug die Bezirkshauptmannschaft Bregenz dem Beschwerdeführer und Klaus B. gemäß § 138 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 31b WRG 1959 auf, innerhalb von zwei Wochen nach Rechtskraft des Bescheides die auf einer näher genannten Grundfläche abgelagerten Fischabfälle zu entfernen und einem näher genannten Unternehmen zuzuführen.
Auf Grund einer gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung behob der Landeshauptmann von Vorarlberg (LH) mit Bescheid vom 10. Jänner 1994 den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 19. August 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG (Spruchpunkt I) und trug gleichzeitig dem Beschwerdeführer und Klaus B. gemäß § 138 Abs. 1 lit. a i.V.m.
§ 31b WRG 1959 auf, innerhalb von zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides die auf der betroffenen Grundfläche abgelagerten Fischabfälle zu entfernen (Spruchpunkt II). In der Begründung dieses Bescheides verwies der LH auf die Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft zur Bescheiderlassung und beurteilte die Ablagerung von in Nylonsäcken abgepackten Fischabfällen auf dem betroffenen Grundstück als bewilligungspflichtig nach § 31b Abs. 1 WRG 1959. Nach den Ausführungen des gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen werde der Grundwasserspiegel im Bereich der betroffenen Liegenschaft vom Stand des Bodenseewasserspiegels beeinflusst, wobei aus Grundwasserstandsmessungen einer näher genannten Grundwassersonde zu schließen sei, dass der Grundwasserhöchststand mitunter weniger als 1 m Flurabstand aufweise. Bei der Verrottung oder Faulung von Fischabfällen fielen organisch belastete Sickerwässer an, die zu einer Beeinträchtigung des Grundwassers führten; wahrgenommene starke Geruchsbelästigungen ließen den Schluss zu, dass die Fischabfälle nicht flüssigkeitsdicht abgelagert worden seien. Aus der Sicht des Gewässerschutzes sei die Entfernung der abgelagerten Fischabfälle erforderlich, weshalb der LH nach Behebung des von der Bezirkshauptmannschaft unzuständigerweise erlassenen Bescheides den wasserpolizeilichen Auftrag als Behörde erster Instanz habe erlassen müssen. Mit den im Rahmen des Parteiengehörs vor der Bezirkshauptmannschaft sowie in der Berufung gegen deren Bescheid vom 19. August 1993 vorgebrachten Einwendungen setzte sich der LH im Bescheid vom 10. Jänner 1994 auseinander und verwarf diese als unbegründet.
Eine gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer und Klaus B. erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit hg. Beschluss vom 18. März 1994, Zl. 94/07/0024, mangels Ausschöpfung des Instanzenzuges durch Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückgewiesen.
Eine vom Beschwerdeführer und Klaus B. gegen den Bescheid des LH vom 10. Jänner 1994 erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juli 1994 als verspätet zurückgewiesen (Spruchpunkt I) und ein in dieser Berufung enthaltener Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter einem abgewiesen (Spruchpunkt II).
Schon in der Berufungsschrift gegen den Bescheid des LH vom 10. Jänner 1994 hatte der Beschwerdeführer auch die Wiederaufnahme des zur Erlassung des wasserpolizeilichen Auftrages führenden Verfahrens mit dem Vorbringen beantragt, dass dem wasserpolizeilichen Auftrag allein die Aussage des gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen zu Grunde liege, welche falsch sei.
Mit Eingabe vom 5. Mai 1994 beantragte der Beschwerdeführer erneut die Wiederaufnahme des zur Erlassung des wasserpolizeilichen Auftrages führenden Verfahrens mit dem Vorbringen, dass vom gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen nicht angegeben worden sei, wo sich die von ihm erwähnte Grundwassersonde tatsächlich befinde. Der Bescheid sei mit unrichtigen Behauptungen erschlichen und im Widerspruch zu § 7 AVG von einer befangenen Behörde erlassen worden. Die den beanstandeten Ablagerungen zugeschriebene Geruchsbelästigung stehe in keinem Verhältnis zu anderen Geruchsbelästigungen, denen die Bewohner des betroffenen Gebietes ausgesetzt seien. Die Staatsgrenzen im Bodensee seien in Wahrheit nie fixiert worden. Umsomehr hätte die Lage der im Bescheid des LH vom 10. Jänner 1994 erwähnten Grundwassersonde ermittelt werden müssen.
Mit Bescheid vom 31. August 1994 wies der LH die - auch Klaus B. zugerechneten - Wiederaufnahmeanträge des Beschwerdeführers in der Berufung gegen den Bescheid vom 10. Jänner 1994 sowie in der Eingabe vom 5. Mai 1994 mit der Begründung ab, dass mit dem darin erstatteten Vorbringen ein Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 69 Abs. 1 AVG nicht dargestellt worden sei. Befangenheitsgründe lägen nicht vor und könnten auch den Tatbestand des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG nicht erfüllen. Die in den Wiederaufnahmeanträgen angesprochenen Fragen des Ortes der Grundwassersonde und der Grundwasserbeeinträchtigung durch die Ablagerung der Fischabfälle seien schon in der Eingabe des Beschwerdeführers im Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft vorgebracht und im Bescheid des LH vom 10. Jänner 1994 bereits berücksichtigt worden, weshalb keine neuen Tatsachen oder Beweismittel vorlägen. Die Frage der Eigentumsverhältnisse am Bodensee sei für die Sache des Bescheides vom 10. Jänner 1994 rechtlich irrelevant.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen, wobei sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides der Beurteilung des LH vollinhaltlich anschloss.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit seinem Beschluss vom 15. Dezember 1999, B 1584/99, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Vor diesem Gerichtshof wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit der Erklärung begehrt, dass der Beschwerdeführer sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Wiederaufnahme eines wasserrechtlichen Verfahrens als verletzt erachtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 69 Abs. 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbei geführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbei geführt hätten, oder
3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.
In dem vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers erstatteten Ergänzungsschriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof wird zwar behauptet, dass im Beschwerdefall sämtliche Voraussetzungen einer Wiederaufnahme des wasserpolizeilichen Auftragsverfahrens nach § 69 AVG vorgelegen wären, ohne dass diese Behauptung aber unter Bezugnahme auf den Sachverhalt des Beschwerdefalles und den Inhalt des Wiederaufnahmevorbringens des Beschwerdeführers erläutert würde. Der Beschwerdeführer hat in einem selbstverfassten Ergänzungsschriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof ein umfangreiches Vorbringen erstattet, das sich mit zahlreichen nicht zur Sache gehörigen Problemen befasst, die sachliche und rechtliche Unrichtigkeit des an ihn ergangenen wasserpolizeilichen Auftrages geltend macht und zur hier allein erheblichen Frage des Vorliegens eines Wiederaufnahmegrundes nach § 69 AVG nur die "Unterdrückung der Kenntnis der Lage der Grundwassersonde" geltend macht, mit welcher die Sachunterlagen in einem entscheidenden Punkt verheimlicht worden seien.
Der behördlichen Beurteilung, der Beschwerdeführer habe einen Sachverhalt, der sich als gesetzlicher Wiederaufnahmegrund eignen könnte, nicht geltend gemacht, ist beizupflichten.
Dem Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes nach § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG steht im Beschwerdefall schon der Umstand entgegen, dass es dem Beschwerdeführer zum Verschulden im Sinne der genannten Gesetzesstelle zugerechnet werden muss, eine wirksame Berufung gegen den Bescheid des LH vom 10. Jänner 1994 nicht erhoben zu haben; in einer solchen Berufung hätte er nämlich dem Bescheid des LH vom 10. Jänner 1994 alle jene Argumente entgegen setzen können, die er nunmehr im Wiederaufnahmeverfahren an verfehlter Stelle vorträgt. Sachlich kommt im Beschwerdefall noch hinzu, dass der Beschwerdeführer die mit dem Gegenstand des wasserpolizeilichen Auftrages in einen Zusammenhang zu bringenden Sachargumente ohnehin im betroffenen Verfahren schon vor Erlassung des Bescheides des LH vom 10. Jänner 1994 vorgetragen hatte, während die danach allein ins Spiel gebrachte Frage der Staatsgrenzen im Bodensee für die Frage der Erlassung des wasserpolizeilichen Auftrages, wie von den Behörden richtig erkannt wurde, völlig irrelevant war.
Für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG und jener des § 69 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. ergibt sich aus der Aktenlage nicht der geringste Hinweis; auch vom Beschwerdeführer wurde ein solcher nicht nachvollziehbar aufgezeigt.
Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung abzuweisen, was der Verwaltungsgerichtshof nach Lage des Falles in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat beschließen konnte.
Wien, am 13. April 2000
Schlagworte
VerschuldenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999070212.X00Im RIS seit
12.11.2001