Entscheidungsdatum
13.03.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
G301 2188452-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Trinidad und Tobago, vertreten durch den "Verein Menschenrechte Österreich" in Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.01.2018,
Zl. XXXX, betreffend Rückkehrentscheidung, Einreiseverbot und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid
ersatzlos aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Niederösterreich - Flughafen Wien-Schwechat, dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) zugestellt am 22.02.2018, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Trinidad und Tobago zulässig ist (Spruchpunkt I.); gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt II.) sowie gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
Mit dem am 01.03.2018 beim BFA, RD Niederösterreich, eingelangten und mit 28.02.2018 datierten Schriftsatz erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid. Nach Darlegung der Beschwerdegründe zur behaupteten Rechtswidrigkeit des Bescheides wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den Spruchpunkt II. des gegenständlichen Bescheides aufheben; in eventu den Spruchpunkt II. dahingehend abändern, dass die Dauer des Einreiseverbotes reduziert wird; in eventu den Bescheid zur Gänze aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung an das BFA zurückverweisen.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 08.03.2018 vom BFA vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist Staatsangehöriger von Trinidad und Tobago.
Der BF wurde am 02.09.2016 von Österreich nach Trinidad und Tobago abgeschoben. Der BF hält sich seitdem nicht mehr im österreichischen Bundesgebiet auf. Nach Angaben in der Beschwerde, befindet sich der BF in seinem Herkunftsstaat.
Diese Abschiebung wurde in Stattgebung der gegen sie gerichteten Maßnahmenbeschwerde mit Erkenntnis des BVwG vom 06.04.2017, G306 2134690-2/7E, für rechtswidrig erklärt.
Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX2016, GZ XXXX, wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung, des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und wegen des Vergehens der sexuellen Belästigung und öffentlichen geschlechtlichen Handlungen zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 10 Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Die dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom XXXX2017, GZ XXXX, zurückgewiesen; die Akten wurden zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht XXXX zugeleitet. Der Berufung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom XXXX2017, XXXX, nicht Folge gegeben, wodurch das erstinstanzliche Urteil in Rechtskraft erwuchs.
Mit Bescheid des BFA vom 30.08.2016, Zl. XXXX, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 2 iVm § 9 BFA-VG, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Trinidad und Tobago gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.), gegen den BF ein auf drei (3) Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 FPG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).
Mit Erkenntnis des BVwG vom 16.12.2016, G306 2134690-1/3E, wurde gemäß § 21 Abs. 5 BFA-VG festgestellt, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt ihrer Erlassung rechtmäßig war; das gegen den BF erlassene Einreiseverbot wurde hingegen ersatzlos aufgehoben.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG. Diese Feststellungen werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Aufhebung des Bescheides (Spruchpunkt A.):
Wie in der gegenständlichen Beschwerde zutreffend aufgezeigt wird, erweist sich der angefochtene Bescheid auf Grund von inhaltlichen Mängeln und aktenwidrigen Feststellungen sowie infolge Verkennung der maßgeblichen Rechtslage in seiner Gesamtheit als rechtswidrig.
Zunächst ist der unstrittige Umstand festzuhalten, dass sich der BF nicht mehr in Österreich aufhält, sondern am 02.09.2016 aus Österreich abgeschoben wurde, was im Verfahrensgang (S. 3 des Bescheides) auch so festgehalten wird. Im Gegensatz dazu wird jedoch von der belangten Behörde an anderer Stelle des Bescheides (S. 4) aktenwidrig festgestellt, dass sich der BF "nunmehr illegal auf österreichischem Bundesgebiet" aufhalte. Auch in der rechtlichen Beurteilung zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (S. 13) wird fälschlich festgehalten, dass sein "Verbleib in Österreich" eine Gefahr darstelle und seine "sofortige Ausreise" daher erforderlich sei.
Des Weiteren ist festzuhalten, dass im angefochtenen Bescheid zahlreiche unterschiedliche Feststellungen zur tatsächlich gegen den BF verhängten Freiheitsstrafe getroffen wurden: So wird zu Beginn der S. 4 des Bescheides fälschlich ausgeführt, dass der BF nicht rechtskräftig zu einer 14-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Noch auf derselben S. 4 des Bescheides wird dann jedoch ausgeführt, dass der BF zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten verurteilt worden sei. Auf S. 10 wird wiederum - unzutreffend - festgehalten, dass der BF zu einer "unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten" verurteilt worden sei. Richtig ist vielmehr, dass der BF zu einer 12-monatigen Freiheitsstrafe, davon 10 Monate bedingt auf einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt wurde, wobei diese Freiheitsstrafe zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits in Rechtskraft erwachsen war. Diese Tatsache bleibt von der belangten Behörde jedoch völlig unbeachtet.
Auch die Feststellung auf S. 4 des Bescheides, dass der "Asylantrag" des BF rechtskräftig abgelehnt worden sei, ist vor dem Hintergrund, dass der BF in Österreich gar keinen Antrag auf internationalen Schutz stellte, falsch.
Die mangelnde Genauigkeit und Sorgfalt der belangten Behörde bei der korrekten Darlegung ihrer Entscheidungsgründe wird auch dadurch offenbar, dass auf S. 4 des Bescheides im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wird, dass sich die Feststellungen zur Person des BF unter anderem anhand seines "albanischen Reisepasses" ergeben würden. Dass der BF jedoch nicht albanischer Staatsangehöriger ist, erscheint unzweifelhaft.
Unbeachtlich dessen ist der belangten Behörde letztlich vorzuwerfen, dass sie in ihrer rechtlichen Beurteilung die maßgebliche Rechtslage völlig verkannt hat:
So hat die belangte Behörde die gegen den BF in Spruchpunkt I. des Bescheides ausgesprochene Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt und mit dem unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich begründet. Dabei übersieht die belangte Behörde jedoch, dass sich der BF seit eineinhalb Jahren nicht mehr in Österreich aufhält und dass die belangte Behörde bereits mit Bescheid vom 30.08.2016 eine Rückkehrentscheidung erlassen hatte, welche auch vom BVwG mit Erkenntnis vom 16.12.2016 bestätigt wurde.
Weshalb überhaupt gegen den nicht mehr im Bundesgebiet aufhältigen BF neuerlich eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zu erlassen wäre, vermag das erkennende Gericht vor diesem Hintergrund ebenso wenig zu erkennen.
Da sich die gegenständlich angefochtene Rückkehrentscheidung somit als rechtswidrig erweist und auch ein Einreiseverbot nur in Verbindung mit einer Rückkehrentscheidung angeordnet werden kann, erweist sich auch das in Spruchpunkt II. des Bescheides angeordnete Einreiseverbot als rechtswidrig.
Ebenso rechtswidrig ist schließlich die in Spruchpunkt III. des Bescheides normierte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, die von der belangten Behörde in Anwendung des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG damit begründet wurde, dass die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei. Auch hier verkennt die belangte Behörde, dass sich der BF gar nicht in Österreich aufhält, weshalb der Verweis auf die Erforderlichkeit einer "sofortigen Ausreise" völlig ins Leere geht.
Die Gründe, die zu den im Spruch getroffenen Entscheidungen der belangten Behörde geführt haben, sind in der Bescheidbegründung (§ 60 AVG) klar und umfassend darzulegen. Die im angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde geführten Ermittlungsverfahrens getroffenen Feststellungen und Erwägungen entsprechen aber jedenfalls nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung (§ 60 iVm. § 58 Abs. 2 AVG).
Da sich der angefochtene Bescheid auf Grund der dargelegten Erwägungen in seiner Gesamtheit als rechtswidrig erweist, war gemäß § 28 Abs. 2 iVm. § 27 VwGVG der Bescheid in Stattgebung der Beschwerde zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.
3.3. Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Behördenpraxis, Beweiswürdigung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G301.2188452.1.00Zuletzt aktualisiert am
29.03.2018