TE Bvwg Beschluss 2018/3/14 W249 2149522-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.03.2018
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Entscheidungsdatum

14.03.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §32 Abs1 Z2

Spruch

W249 2149522-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ingrid Zehetner als Einzelrichterin über die Anträge von XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , auf 1.) Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.07.2017, Zl. W249 2149522-1/14E, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens sowie 2.) Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht beschlossen:

A)

1. Der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.07.2017, Zl. W249 2149522-1/14E, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens wird gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG abgewiesen.

2. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht auf Gewährung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts bzw. Hintanhaltung der Abschiebung bis zur Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufnahme wird abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Antragsteller, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 05.06.2015 vor Beamten der Landespolizeidirektion Wien einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Verlauf seiner Erstbefragung am 06.06.2015 und in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 07.02.2017 gab der Antragsteller im Wesentlichen an, dass er aus Angst vor den Taliban seine Heimat verlassen habe. Er habe als Rikschafahrer in Jalalabad gearbeitet; die Bewohner seines Heimatdorfes hätten ihn beschuldigt, dass er für die Amerikaner spioniert habe. Die Taliban hätten den Vater des Antragstellers aufgefordert, ihnen den Antragsteller zu übergeben. Aus Angst, dass er getötet werde, habe ihn sein Vater weggeschickt. Bei einer Rückkehr in seine Heimat fürchte er um sein Leben.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.02.2017 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG wurde gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

4. In der Bescheidbegründung traf das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Feststellungen zur Person des Antragstellers und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Dabei führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl insbesondere aus, dass der Antragsteller keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht habe bzw. habe er eine Bedrohung oder Verfolgung auch selbst mehrmals dezidiert verneint. Weiters hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass dem Antragsteller mit Kabul oder Mazar-e Scharif eine innerstaatliche Fluchtalternative offen stehe und er sich in seiner Situation als junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann in diesen Städten niederlassen könne. Zudem verfüge der Antragsteller in Afghanistan über ein sehr gutes soziales Netzwerk und könne im Fall seiner Rückführung auch von seinem Vater, der finanziell gut gestellt sei, unterstützt werden. Zudem sei aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit des Antragstellers mit Unterstützung des Clans der Paschtunen zu rechnen. Aus den genannten Gründen sei jedenfalls nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller im Falle seiner Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten werde.

5. Gegen diesen Bescheid wurde vom Antragsteller innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Zum Sachverhalt wurde ergänzend insbesondere vorgebracht, dass im Heimatdorf des Antragstellers die Taliban an der Macht seien und der Antragsteller in den letzten zwei Jahren vor seiner Flucht immer wieder von den Taliban verdächtigt worden sei, ein Spion zu sein, da er woanders gearbeitet habe. Im Jahr 2015 sei der Vater des Antragstellers von den Taliban in der Moschee aufgesucht worden und sei diesem mitgeteilt worden, dass für sie mit Sicherheit feststehen würde, dass sein Sohn ein Spion sei. Die Taliban hätten den Antragsteller umbringen wollen und habe ihm sein Vater daher geraten, das Land so schnell wie möglich zu verlassen, was der Antragsteller getan habe.

Zum Beschwerdegrund des mangelhaften Ermittlungsverfahrens wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde den Antragsteller ausführlicher zu seiner Bedrohung durch die Taliban und zu dem Umstand, ob und inwiefern ihm aufgrund seiner unterstellten Tätigkeit als Spion Verfolgung drohe, hätte befragen müssen.

Weiters seien die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Länderberichte unvollständig, teilweise veraltet und für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes von keiner Relevanz. Dabei wurde vorgebracht, dass der Antragsteller zwei Risikoprofilen der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 entspreche.

Zudem habe der Antragsteller sein Vorbringen schlüssig, nachvollziehbar und lebensnah gestaltet und finde sein Vorbringen Deckung in einschlägigen Länderberichten, weshalb die belangte Behörde zum Schluss hätte kommen müssen, dass dem Antragsteller im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan asylrelevante Verfolgung drohe, eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht gegeben sei und dem Antragsteller daher der Status des Asylberechtigten zuerkannt hätte werden müssen. Jedenfalls läge im Fall einer Rückkehr eine Bedrohungssituation im Sinne des § 8 AsylG 2005 vor, wonach dem Antragsteller zumindest der Status des subsidiär Schutzberechtigten hätte gewährt werden müssen.

6. Am 06.06.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der Antragsteller teilnahm. Dabei brachte der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass er sieben Jahre als Rikscha-Fahrer in Jalalabad gearbeitet habe und nur am Wochenende in sein Heimatdorf gekommen sei. In den letzten zwei Jahren hätten die Taliban die Oberhand gewonnen. Die Taliban hätten seinen Vater mehrmals in der Moschee angesprochen und ihm gesagt, dass sein Sohn in die Stadt gehe und daher für den Staat über die Taliban spioniere. Die Taliban hätten die Entscheidung getroffen, sein Leben zu beenden und dies seinem Vater mit vermummten Gesichtern in der Moschee mitgeteilt. Daraufhin habe ihn sein Vater angerufen und ihm empfohlen, nicht nach Hause zu kommen. In der Folge sei der Antragsteller über Kabul, Kandahar und Serbien nach Österreich gereist.

7. Die Beschwerde des Antragstellers wurde mit dem im Spruch genannten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.07.2017 abgewiesen.

7.1. Neben Feststellungen zur Person des Antragstellers wurden in diesem Erkenntnis folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat getroffen:

1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand 22.06.2017, insbesondere zur Sicherheitslage in Afghanistan (inkl. Nangarhar, Kabul sowie Balkh und deren Erreichbarkeit), politischen Lage, Rechtsschutz und Justizwesen, Sicherheitsbehörden, allgemeinen Menschenrechtslage, Meinungs- und Pressefreiheit, Religionsfreiheit, (Binnen-)Flüchtlingen, Grundversorgung und Wirtschaft, medizinischen Versorgung, Rückkehr(ern), Erhaltungskosten in Kabul, Bankensystem (S. 19-53 des Erkenntnisses)

2. Auszug aus den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, im Wesentlichen zu den Aspekten der Prüfung der Relevanz einer internen Schutzalternative für afghanische Antragsteller und potenziellen Risikoprofilen (S. 53-55 des Erkenntnisses)

3. Auszug aus dem Gutachten von Mag. Karl Mahringer vom 05.03.2017, GZ. BVwG-160.000/0001-Kammer A/2017, aktualisiert am 15.05.2017, insbesondere zur Rückkehr nach Afghanistan von männlichen Einzelpersonen (S. 55-58 des Erkenntnisses)

7.2. Zum Antragssteller wurde insbesondere festgestellt, dass er in Afghanistan keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt war und von ihm asylrelevante Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates nicht glaubhaft gemacht werden konnten. Der Antragsteller sei insbesondere bei einer Rückkehr nach Afghanistan keiner Verfolgung durch Taliban oder andere Akteure ausgesetzt. Es sei nicht glaubhaft, dass dem Antragsteller in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung Verfolgung drohe.

7.3. Weiters wurde festgestellt, dass der Antragsteller traditionell verheiratet sei und keine Kinder habe. Er habe bis zu seiner Ausreise an den Wochenenden gemeinsam mit seiner Frau, seinen Eltern und zwei Brüdern im Haus seiner Eltern im Heimatdorf gelebt. Seine Familie lebe nach wie vor dort, der Antragsteller stehe mit ihnen in regelmäßigem, wöchentlichen Kontakt über Telefon und soziale Medien. Der Antragsteller habe noch eine verheiratete Schwester, die in Jalalabad lebe. Der Antragsteller habe darüber hinaus noch drei Onkel und fünf Tanten, die alle mit ihren Familien in Jalalabad oder in seinem Heimatort leben würden. Der Antragsteller habe sechs Jahre die Grundschule besucht und die letzten sieben Jahre vor seiner Ausreise als Rikschafahrer in Jalalabad gearbeitet.

7.4. Die wirtschaftliche Stellung des Antragstellers und seiner Familie könne als gut bis sehr gut bezeichnet werden, sein Vater und einer seiner Brüder würden als Lehrer arbeiten, darüber hinaus besitze sein Vater in der Nähe des Heimatdorfes einige Grundstücke (6-8 Jerib), die von der Familie landwirtschaftlich genutzt würden und der Familie ein zusätzliches Einkommen sicherten. Aus dem bestehenden familiären Zusammenhalt könne geschlossen werden, dass die Familie des Antragstellers bereit sei, diesen nach seiner Rückkehr finanziell zu unterstützen.

Der Antragsteller sei gesund, im erwerbsfähigen Alter und habe Arbeitserfahrung als Rikscha-Fahrer in der Stadt Jalalabad.

7.5. Weiters wurde festgestellt, dass im Falle einer Verbringung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK) drohe: "Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Kabul oder der Stadt Mazar-e Sharif [...] kann der Antragsteller grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Antragsteller kann in diesen Städten seine Existenz als Rikscha-Fahrer, in einem verwandten Berufsfeld oder zumindest anfänglich mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Er ist auch in der Lage, in Kabul oder Mazar-e Sharif eine einfache Unterkunft zu finden. Der Antragsteller hat zunächst auch die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung in Form der Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und ist weiters von finanzieller Unterstützung des Antragstellers durch seine Familie auszugehen. Dem Antragsteller stehen innerstaatliche Fluchtalternativen in der Stadt Kabul und in der Stadt Mazar-e Sharif zur Verfügung."

7.6. Beweiswürdigend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass dem Antragsteller hinsichtlich seines Fluchtvorbringens aufgrund seiner widersprüchlichen, vagen und pauschalen Ausführungen keine Glaubwürdigkeit zukomme und würdigte diesbezüglich in der Folge die Aussagen des Antragstellers (S. 59-64 des Erkenntnisses).

7.7. Zur Rückkehrmöglichkeit des Antragstellers nach Afghanistan und seiner wirtschaftlichen Situation hielt das Bundesverwaltungsgericht in der Beweiswürdigung fest, dass der Antragsteller in seiner Einvernahme ausdrücklich erklärt habe, dass es ihm und seiner Familie "sehr gut" gegangen sei. Insbesondere habe die Landwirtschaft seiner Familie Geld eingebracht. Auch sei sein Einkommen als Rikschafahrer "ganz in Ordnung" gewesen. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht habe der Antragsteller auf Nachfrage angegeben, dass seine Familie Grundstücke im Ausmaß von "sechs, sieben oder acht Jerib" besäße. Vor dem Hintergrund, dass dies umgerechnet 12.000 bis 16.000 Quadratmeter Grund ergebe, könne die finanzielle Lage der Familie durchaus als gut eingeschätzt werden. Aus den Angaben des Antragstellers ergebe sich weiters, dass ein enger familiärer Zusammenhalt bestehe, woraus geschlossen werden könne, dass die Familie des Antragstellers bereit sei, diesen nach seiner Rückkehr zu unterstützen. So habe der Antragsteller in seiner Einvernahme vom 07.02.2017 auf die Frage, ob er im Falle seiner Rückkehr wieder bei seiner Familie im Heimatdorf wohnen könne, angegeben: "Ja, mit meiner Familie habe ich keine Probleme!", während seine diesbezüglich ausweichende Aussage vor dem Bundesverwaltungsgericht "wenn ich keine Probleme hätte, bräuchte ich auch keine Unterstützung von meiner Familie. Ich könnte selbst für mein Leben sorgen" zwar auf sein Fluchtvorbringen gerichtet gewesen sei, aber ebenfalls impliziere, dass er im Fall seiner Rückkehr auf die Unterstützung seiner Familie zählen könne. Der enge familiäre Zusammenhalt werde auch durch den Umstand bekräftigt, dass der Antragsteller in regelmäßigem, wöchentlichen telefonischen Kontakt zu seiner Familie stehe.

Für eine existenzielle Gefährdung des Antragstellers im Fall seiner Rückkehr bestünden keine Hinweise. Der Antragsteller sei vor seiner Ausreise aus Afghanistan in der Lage gewesen, durch seine Tätigkeit als Rikschafahrer in Jalalabad seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Er habe auch über eine gesicherte Unterkunft in seinem Heimatdorf verfügt, wo seine engsten Familienangehörigen, mit Ausnahme seiner Schwester, sowie seine Ehefrau, nach wie vor leben würden. Er sei in seiner Herkunftsprovinz zu keiner Zeit einer existenziellen Notlage ausgesetzt gewesen. Wie der Antragsteller angegeben habe, sei es seinem Vater in relativ kurzer Zeit möglich gewesen, die Finanzierung seiner Ausreise sicherzustellen. Es sei daher davon auszugehen, dass der Vater des Antragstellers diesen auch bei einem Neustart in den Städten Kabul und Mazar-e Sharif unterstützen könne und werde. Dass dies auch von der Provinz Nangarhar aus gut möglich sei, würden die diesbezüglichen Rechercheergebnisse der belangten Behörde über Standorte von Western Union in der genannten Region belegen. Darüber hinaus gebe keinen Anhaltspunkt, wieso der Antragsteller in den Städten Kabul oder Mazar-e Sharif nicht in der Lage sein sollte, seine Existenz zu sichern, etwa durch Gelegenheits- und Hilfsarbeiten, und eine einfache Unterkunft zu finden. Auch eine Wiederaufnahme seiner Tätigkeit als Rikschafahrer in den genannten Städten sei denkbar. Auch ergebe sich unter Zugrundelegung der Länderberichte unter dem Aspekt der Sicherheitslage in beiden Städten keine besondere Gefährdungssituation für den Antragsteller, der als Paschtune sunnitischen Glaubens der Mehrheitsbevölkerung angehöre.

Angesichts der zu erwartenden finanziellen Unterstützung durch seine Familie, seiner sechsjährigen Schulbildung und seiner Arbeitsfähigkeit habe der Antragsteller passable Chancen, sich am Arbeitsmarkt der Städte Kabul oder Mazar-e Sharif zu integrieren und dort eine Unterkunft zu finden. Durch seine Tätigkeit in Jalalabad sei er mit städtischen Strukturen vertraut.

Die sichere Erreichbarkeit der Städte Kabul und Mazar-e Sharif ergebe sich aus dem ins Verfahren eingebrachtem Länderinformationsblatt.

7.8. Das Bundesverwaltungsgericht führte weiter aus, dass die getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat sich auf die in der Beschwerdeverhandlung ins Verfahren eingeführten Länderdokumente sowie das zitierte Gutachten stützten.

Da die Berichte im Länderinformationsblatt auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen beruhten und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darböten, bestehe für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der schlüssigen Situationsdarstellungen im Herkunftsstaat zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zu Grunde gelegt werden konnten.

7.9. Zum Gutachten führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass es dieses nach eingehendem Studium als im Vergleich zu anderen vorliegenden Länderinformationen überaus umfassend und in weiterer Folge auch als richtig und schlüssig erachte. Anders als der Antragsteller in seiner Stellungnahme vermeine, stünden die Einschätzungen des Gutachtens auch nicht im Widerspruch "zu beinahe sämtlichen anerkannten Quellen", insbesondere in den für die vorliegende Entscheidung wesentlichsten Punkten: Die Aussage des Gutachtens, dass "Verdienstmöglichkeiten für männliche Rückkehrer

ohne soziale/familiäre Anknüpfungspunkte ... ohne Einschränkung ...

gegeben" seien, sei in einer Linie mit der Einschätzung von UNHCR zur Zumutbarkeit interner Schutzalternativen, wonach alleinstehende leistungsfähige Männer im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf eine Ausnahme von der Anforderung der externen Unterstützung (Familie/ethnische Gruppe) darstellen (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 10). Auch die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, die das Länderinformationsblatt mit 150 - 250 USD (ohne Miete) ansetze, seien mit den im Gutachten angenommenen monatlichen Kosten von 100 USD für Essen zu vereinbaren. Weiters seien die monatlichen Ausgaben für Mieten nachvollziehbar: Für eine Ein-Zimmer-Wohnung in Kabul fielen laut Länderinformationsblatt 88 bis 146 USD an, gemäß Gutachten 40 USD, dies aber bei 4 Bewohnern im Raum. Weiters werde auch im Länderinformationsblatt ausgeführt, dass in Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung stehe.

7.10. Das Bundesverwaltungsgericht führte aus, selbst wenn bei dem Gutachten die Anforderungen an ein Gutachten nicht gegeben sein sollten (wovon das Bundesverwaltungsgericht nicht ausgehe), würde es sich bei dem Gutachten um ein sonstiges Beweismittel handeln, welches aufgrund der Expertise des Sachverständigen und den durchgeführten umfangreichen Befragungen und Erhebungen vor Ort als glaubwürdig erachtet werde.

7.11. Das Bundesverwaltungsgericht hielt weiters ausdrücklich fest:

"Selbst unter Außerachtlassung des Gutachtens bieten die o.a. Länderfeststellungen ausreichende Informationen, um in der gegenständlichen Beschwerdesache eine Entscheidung auf Basis ausgewogener Länderfeststellungen treffen zu können. Die Richtlinien und Anmerkungen von UNHCR wurden ausreichend berücksichtigt." (S. 70 des Erkenntnisses).

7.12. In der Folge führte das Bundesverwaltungsgericht aus:

"Der Beschwerdeführer ist gesund und erwerbsfähig, die Städte Kabul und Mazar-e Sharif sind über die dortigen Flughäfen gut erreichbar. Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Nangarhar, in der er sein ganzes Leben bis zur Flucht verbracht hat und ist demnach mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Heimatlandes vertraut. In Kabul und Mazar-e Sharif ist nach den vorliegenden Länderberichten die allgemeine Lage als vergleichsweise sicher und stabil zu bezeichnen, und die afghanische Regierung behält die Kontrolle über die beiden Städte, selbst wenn es auch dort zu vereinzelten Anschlägen kommt.

Innerhalb Kabuls existieren demnach in verschiedenen Vierteln unterschiedliche Sicherheitslagen. Aus den entsprechenden Länderberichten ergibt sich, dass sich die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen (etwa Regierungs- und Polizeigebäude) oder NGOs sowie gezielt auf (internationale) Sicherheitskräfte ereignen, dies aus Gründen der Propaganda und der hohen medialen Aufmerksamkeit. Wenn es auch zu zivilen Opfern kommt, so sind in erster Linie Regierungsinstitutionen und internationale Einrichtungen Anschlagsziele. In Kabul Stadt geht aber nicht für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich in der Person des Beschwerdeführers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr darstellen würde. Die genannten Gefährdungsquellen sind in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Kabul nach wie vor als ausreichend sicher zu bewerten ist. Gleiches gilt für die Stadt Mazar-e Sharif.

Unter diesen Voraussetzungen sowie aufgrund der Länderfeststellungen und des Gutachtens von Mag. Mahringer ist es nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer bei Rückkehr in seiner Existenz bedroht wäre. Weiters ist auch aufgrund seines tragfähigen familiären Netzes und des Umstandes, dass in der Familie des Beschwerdeführers Vermögen in Form von Grundstücken, die verkauft oder verpachtet werden können, vorhanden ist, seine Lebensgrundlage bei Rückkehr ausreichend gesichert, um die Existenz bei einer Rückkehr nach Kabul, alternativ aber auch nach Mazar-e Sharif, zu gewährleisten.

Es ist zudem notorisch, dass der Beschwerdeführer Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen kann, wodurch er Rückkehrhilfe bzw. zusätzlich die Aufnahme in ein Reintegrationsprojekt beantragen kann: [...]"

8. Am 22.02.2018 wurde vom Rechtsvertreter des Antragstellers ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 VwGVG gestellt, da neue Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen seien, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten. Dabei wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ein Beweismittel dann als tauglich anzusehen sei, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitze, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das Bundesverwaltungsgericht entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich hinsichtlich der Frage der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative in wesentlichen Passagen auf die Ausführungen des Gutachters Mag. Mahringer gestützt.

Am 12.02.2018 sei der Rechtsvertretung des Antragstellers ein Gutachten von Doz. Dr. Stefan Weber vom 08.02.2018 übermittelt worden, das die Wissenschaftlichkeit des Gutachtens von Mag. Mahringer bewerte und im Wesentlichen zum Schluss komme, dass dieses die drei grundlegenden Gütekriterien wissenschaftlichen Arbeitens nicht erfülle, nämlich Nachvollziehbarkeit, Gültigkeit und Verlässlichkeit. Fehlende Angaben zur empirischen Methode und vor allem identische Stichprobenumfänge für unterschiedlich große Grundgesamtheiten würden den Schluss zulassen, dass die Datenqualität nicht gegeben sei und die erhobenen Daten nicht repräsentativ seien. Gegen die anerkannten Regeln guter wissenschaftlicher Arbeit sei mehrfach verstoßen worden. Das Gutachten in der vorliegenden Form habe somit deutlich nichtwissenschaftlichen Charakter und falle unter die Textsorte Reisebericht, unterfüttert mit Fakten und Zahlen unklarer Herkunft. Als Entscheidungshilfe sei es somit komplett untauglich.

Das Gutachten von Dr. Weber stelle ein neues Beweismittel dar, welches jene Tatsachen in Zweifel ziehe, auf welche sich das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative tragend gestützt habe. Es liege daher ein tauglicher Wiederaufnahmegrund vor, der geeignet sei, ein im Hauptinhalt des Spruchs der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.07.2017 anders lautendes Erkenntnis herbeizuführen. Wären dem Gericht die mit dem Antrag vorgelegten Beweismittel vorgelegen, hätte es starke Zweifel an der Eignung des Gutachtens bzw. des Gutachters haben müssen und dessen Einschätzung zur innerstaatlichen Fluchtalternative nicht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt.

Die Hilfsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts, dass das Gutachten auch als sonstiges Beweismittel aufgrund der umfangreichen Befragungen und Erhebungen vor Ort als glaubwürdig erachtet würde, wenn die Anforderungen an ein Gutachten nicht gegeben sein sollten, reiche nicht aus, die gegenständlichen Entscheidung nicht in Zweifel zu ziehen, da nach den Ausführungen von Dr. Weber die Befragung vor Ort offensichtlich nicht lege artis durchgeführt worden sei.

Die Zweifel an der Wissenschaftlichkeit des Sachverständigen hätten in der Zwischenzeit auch dazu geführt, dass von der Präsidentin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien amtswegig ein Überprüfungsverfahren gem. § 10 SDG eingeleitet worden sei.

Es wurde der Antrag gestellt, das Verfahren W249 2149522-1 wiederaufzunehmen, sowie der Antrag gestellt, eine einstweilige Anordnung nach dem Unionsrecht zu erlassen, auf Gewährung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts bzw. auf Hintanhaltung der Abschiebung, da dem Antrag auf Wiederaufnahme keine aufschiebende Wirkung zukomme bzw. dem Antragsteller bis zur Entscheidung über die Wiederaufnahme keine Rechtsposition einräume, die ihn vor einer drohenden Überstellung nach Afghanistan schützen würde. Der Antragsteller sei daher akut gefährdet, in seinen in Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC garantierten Rechten verletzt zu werden. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sei daher mangels nationaler Rechtsschutzmechanismen, aufgrund des unionsrechtlichen effet utile, zwingend geboten.

Dem Antrag beigelegt war das Gutachten von Doz. Dr. Weber und als Anlage eine Email-Korrespondenz sowie ein Fragenkatalog i.G., weiters die Beantwortung einer schriftlichen Anfrage von Nationalratsabgeordneten durch den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Es wird von dem unter I. dargelegten Verfahrensgang und Sachverhalt ausgegangen (mit Ausnahme der vorgebrachten inhaltlichen Wiederaufnahmegründe).

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrensgang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. In welcher Erledigungsform das Verwaltungsgericht über einen Wiederaufnahmeantrag zu entscheiden hat, ist gesetzlich nicht angeordnet. Der allgemeinen Systematik des VwGVG folgend ist anzunehmen, dass sämtliche Entscheidungen über Wiederaufnahmeanträge - als selbstständige Erledigungen - in Beschlussform erfolgen (s. Fister/Fuch/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, zu § 32 VwGVG).

3.2. § 32 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2017, lautet auszugsweise:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse."

In der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (2009 der Beilagen, XXIV. GP) ist festgehalten, dass die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im VwGVG weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen auf Grund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz entsprechen. Durch den Ausschluss der Anwendung des IV. Teiles des AVG ist das AVG in diesem Bereich für unanwendbar erklärt worden, wobei aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung und ähnlichen Formulierung der Bestimmung des § 32 Abs. 1-3 VwGVG mit § 69 AVG die bisher ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sinngemäß anzuwenden sind bzw. die bisherigen Judikaturrichtlinien zu § 69 AVG herangezogen werden können.

Zu A)

3.3. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG nur auf solche Tatsachen, das heißt Geschehnisse im Seinsbereich (vgl. VwGH 15. 12. 1994, 93/09/0434; 4. 9. 2003, 2000/17/0024), oder Beweismittel, das heißt Mittel zur Herbeiführung eines Urteiles über Tatsachen (vgl. VwGH 16. 11. 2004, 2000/17/0022; 24. 4. 2007, 2005/11/0127; 11.03.2008, 2006/05/0232), gestützt werden, die erst nach Abschluss eines Verfahrens hervorgekommen sind und deshalb von der Partei ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten.

Es muss sich also um Tatsachen und Beweismittel handeln, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde ("nova reperta"), nicht aber um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel ("nova producta" bzw. "nova causa superveniens") (vgl. zB VwGH 08.11.1991, Zl. 91/18/0101; 07.04.2000, Zl. 96/19/2240; 20.06.2001, Zl. 95/08/0036; 19.03.2003, Zl. 2000/08/0105; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I2 [1998] E 124 zu § 69 AVG, zitierte Rechtsprechung; sowie Hengstschläger/Leeb, AVG, Bd. 4 [2009] § 69 Rz 28).

Es ist zwar notwendig, aber nicht ausreichend, dass die Tatsachen (Beweismittel) im wiederaufzunehmenden Verfahren nicht geltend gemacht worden sind; es ist darüber hinaus auch erforderlich, dass sie - allenfalls auch im Verfahren vor einer höheren Instanz - nicht geltend gemacht werden konnten und dass die Partei daran kein Verschulden trifft. Jegliches Verschulden, das die Partei an der Unterlassung ihrer Geltendmachung trifft, auch leichte Fahrlässigkeit, schließt den Rechtsanspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens aus. (VwGH 19.03.2003, Zl. 2000/08/0105). Beim "Verschulden" im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG handelt es sich nach der Rechtsprechung des VwGH um ein Verschulden im Sinne des § 1294 ABGB. Bei der Beurteilung des Verschuldens im Zusammenhang mit einer Wiederaufnahme ist das Maß dafür ein solcher Grad des Fleißes und der Aufmerksamkeit, welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten aufgewendet werden kann (siehe § 1297 ABGB). Konnte die wiederaufnahmewerbende Partei eine Tatsache oder ein Beweismittel bei gehöriger Aufmerksamkeit und gebotener Gelegenheit schon im Verwaltungsverfahren geltend machen, unterließ sie es aber, liegt ein ihr zurechnendes Verschulden vor, das eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließt (VwGH 08.04.1997, Zl. 94/07/0063; 10.10.2001, Zl. 98/03/0259). Ob die Fahrlässigkeit leicht oder schwer ist (§ 1294 ABGB), ist irrelevant (vgl. Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts8 [2003] Rz 589; Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 36 ff.).

Die Wiederaufnahme eines Verfahrens dient jedenfalls nicht dazu, Versäumnisse während eines Verwaltungsverfahrens zu sanieren (VwGH 27.07.2001, Zl. 2001/07/0017; 22.12.2005, Zl. 2004/07/0209).

Neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel rechtfertigen - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen; gleiches gilt nach der Judikatur des VwGH für neu entstandene Beweismittel, sofern sie sich auf "alte" - d.h. nicht ebenfalls erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstandene - Tatsachen beziehen (VwGH vom 08.09.2015, Ra 2014/18/0089 unter Bezugnahme auf Hinweis E vom 19. April 2007, 2004/09/0159).

Des Weiteren müssen die neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel entweder allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens die Eignung aufweisen, einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid (hier: anders lautende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts) herbeizuführen. Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist. Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund ungeachtet des Erfordernisses seiner Neuheit also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt (und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit) die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche die Behörde entweder den den Gegenstand des Wiederaufnahmeantrages bildenden Bescheid oder (zumindest) die zum Ergebnis dieses Bescheides führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (VwGH 22.02.2001, Zl. 2000/04/0195; 19.04.2007, Zl. 2004/09/0159; 18.01.2017, Zl. Ra 2016/18/0197; Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 42 ff.).

Gerade das Vorliegen der Wiederaufnahmegründe ist wegen der Durchbrechung der Rechtskraft streng zu prüfen (VwGH 26.04.1984, 81/05/0081).

Eine Wiederaufnahme setzt nicht Gewissheit darüber voraus, dass die Entscheidung im wieder aufzunehmenden Verfahren anders gelautet hätte. Für die Bewilligung oder Verfügung der Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens genügt es, dass diese Voraussetzung mit einiger Wahrscheinlichkeit zutrifft; ob sie tatsächlich vorliegt, ist erst in dem wiederaufgenommenen Verfahren zu entscheiden. Sachverhaltsänderungen nach Abschluss des wieder aufzunehmenden Verfahrens haben bei der Entscheidung über die Wiederaufnahme außer Betracht zu bleiben (VwGH 13.12.2002, Zl. 2001/21/0031; 07.09.2005, Zl. 2003/08/0093; Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 42 ff). Weiters ist die Auslegung des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG hinsichtlich der Wortfolge "voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheides" zu beachten. Demnach ist mit "voraussichtlich" ein "höherer Grad der Wahrscheinlichkeit" gemeint (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, Rz 591).

Neu entstandene Tatsachen, also Änderungen des Sachverhalts nach Abschluss des Verfahrens, erübrigen eine Wiederaufnahme des Verfahrens, weil in diesem Fall einem Antrag auf der Basis des geänderten Sachverhaltes die Rechtskraft des bereits erlassenen Bescheides nicht entgegensteht. Bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung eingetreten sind, ist kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag zu stellen (vgl. dazu VwGH 17.02.2006, 2006/18/0031; 07.04.2000, 96/19/2240, 20.06.2001, 95/08/0036; 18.12.1996, 95/20/0672; 25. 11. 1994, 94/19/0145; 25.10.1994, 93/08/0123; 19.02.1992, 90/12/0224; 08.09.2015, Ra 2014/18/0089 u.a.).

Das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweise allein genügt jedoch nicht, um das Verfahren wieder aufzunehmen. Es handelt sich bei diesem "Neuerungstatbestand" nämlich um einen relativen Wiederaufnahmegrund und ist für eine Wiederaufnahme weiters erforderlich, dass die neuen Tatsachen und Beweise voraussichtlich auch zu einem anderen Verfahrensergebnis führen würden (vgl. VwGH 14.06.1993, 91/10/0107; 27.09.1994, 92/070074; 22.02.2001, 2000/04/0195).

Für die Beurteilung der Frage, ob einem Wiederaufnahmeantrag stattzugeben ist, sind allein die innerhalb der Frist des § 69 Abs. 2 AVG vorgebrachten Wiederaufnahmegründe maßgebend (VwGH 23.04.1990, Zl. 90/19/0125; 31.03.2006, Zl. 2006/02/0038; 14.11.2006, Zl. 2005/05/0260).

Die zweiwöchige (subjektive) Frist gemäß § 32 Abs. 2 AVG beginnt mit dem Zeitpunkt, d.h. an dem Tag zu laufen, an dem der Antragsteller vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat. Für die Berechnung dieser verfahrensrechtlichen Frist sind die §§ 32 und 33 AVG maßgeblich. Gemäß § 33 Abs. 3 AVG werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

Der Wiederaufnahmeantrag hat alle für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit, d.h. der Einhaltung der subjektiven und objektiven Fristen des § 69 Abs. 2 AVG maßgeblichen Angaben zu enthalten (VwGH 19.05.1993, Zl. 91/13/0099; 25.01.1996, Zl. 95/19/0003). Gemäß § 69 Abs. 2 letzter Satz AVG sind die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Fristen ergibt, vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Die Beweislast für die Rechtzeitigkeit eines Wiederaufnahmeantrages trägt somit der Antragsteller (VwGH 03.09.1998, Zl. 98/06/0086; 08.07.2005, Zl. 2005/02/0040). Er hat bereits im Antrag bekannt zu geben, wann er vom behaupteten Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat (VwGH 07.03.1996, Zl. 96/09/0015) und an welchem Tag die in Rechtskraft erwachsene Entscheidung ihm gegenüber erlassen wurde (Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 55).

3.4. Dem Antragsteller steht im Zusammenhang mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.07.2017 auf internationalen Schutz kein weiteres ordentliches Rechtsmittel mehr zur Geltendmachung seines Rechtsstandpunktes zur Verfügung.

3.5. Ausgehend von der Darlegung im Wiederaufnahmeantrag, dass der Antragsteller das mit dem Wiederaufnahmeantrag vorgelegte Beweismittel am 12.02.2018 erhalten habe und der gegenständliche Antrag am 23.02.2018 hg. eingelangt ist, ist dieser Antrag als rechtzeitig eingebracht anzusehen.

3.6. Dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist jedoch aus folgenden Gründen nicht stattzugeben:

Der Antragsteller stützt sich in seinem Vorbringen auf § 32 Abs. 1 Z2 (wobei Z1, Z3 und Z4 auch aus hg. Sicht jedenfalls nicht vorliegen).

3.6.1. Wie bereits ausgeführt, fallen unter "neue Tatsachen oder Beweismittel" nach Z2 solche, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde, nicht aber um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel (vgl. zB VwGH 08.11.1991, Zl. 91/18/0101; 07.04.2000, Zl. 96/19/2240; 20.06.2001, Zl. 95/08/0036; 19.03.2003, Zl. 2000/08/0105). Wie der Antragsteller in seinem Schreiben selbst angibt, datiert sein neues Beweismittel, das Gutachten von Doz. Dr. Stefan Weber, auf den 08.02.2018. In Anbetracht der Tatsache, dass das Verfahren, dessen Wiederaufnahme begehrt wird, am 31.07.2017 entschieden und der Rechtsvertretung des Antragstellers am 05.08.2017 zugestellt wurde, handelt es sich bei dem nunmehr vorgelegten Gutachten um kein neues Beweismittel, das schon bei Verfahrensabschluss vorgelegen ist, und kann dieses daher nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung schon aus diesem Grund nicht zur Wiederaufnahme des Verfahrens führen.

3.6.2. Unabhängig davon, dh wenn man davon ausginge, dass dieses Beweismittel das unter II.3.6.1. genannte Erfordernis erfülle, wäre dennoch das Erfordernis, dass das neue Beweismittel nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (VwGH vom 11.09.2017, Ra 2017/02/0046), nicht erfüllt:

Das Bundesverwaltungsgericht hat weder seine Entscheidung noch die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend auf das Gutachten von Mag. Mahringer gestützt. Im Gegenteil hat das Bundesverwaltungsgericht das Gutachten lediglich neben der Länderinformation der Staatendokumentation und den UNHCR-Richtlinien herangezogen, die sich beide ebenfalls umfangreich in den Feststellungen des gegenständlichen Erkenntnisses wiederfinden, und hat ausdrücklich im Erkenntnis ausgesprochen: "Selbst unter Außerachtlassung des Gutachtens bieten die o.a. Länderfeststellungen ausreichende Informationen, um in der gegenständlichen Beschwerdesache eine Entscheidung auf Basis ausgewogener Länderfeststellungen treffen zu können. Die Richtlinien und Anmerkungen von UNHCR wurden ausreichend berücksichtigt." (S. 70 des Erkenntnisses).

Diese Aussage kann klar nachvollzogen werden, da in jenen Länderfeststellungen des Erkenntnisses, die auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation beruhen, ausführlich auf die Sicherheitslage in Afghanistan (insbesondere in der Herkunftsprovinz des Antragstellers Nangarhar; sowie bei den innerstaatlichen Fluchtalternativen Kabul und Mazar-e Scharif/Balkh), politische Lage, Rechtsschutz und Justizwesen, Sicherheitsbehörden, allgemeine Menschenrechtslage, Meinungs- und Pressefreiheit, Religionsfreiheit, (Binnen-)Flüchtlinge, Grundversorgung und Wirtschaft, medizinische Versorgung und Rückkehr(er), Erhaltungskosten in Kabul sowie Bankensystem (vgl. S. 19-53 des Erkenntnisses) eingegangen wird, was bereits ohne das Gutachten eine ausreichende Entscheidungsgrundlage für das Erkenntnis bildet.

Darüber hinaus wurde im Erkenntnis ausführlichst begründet, dass dem Antragsteller aufgrund seiner Gesundheit, seines erwerbsfähigen Alters, seiner Arbeitserfahrung und seines bestehenden sozialen Netzwerks in Form seiner Familie sowie deren guter finanzieller Lage und seiner dadurch möglichen finanziellen Unterstützung bei einer Verbringung in seinen Herkunftsstaat kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 EMRK drohe (vgl. hier unter I.7.2. sowie nochmals ausführlich unter II.7.7. und II.7.12.). Auch diese Aussagen und die darauf aufbauende Schlussfolgerung des Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative stützte das Bundesverwaltungsgericht keineswegs nur auf das Gutachten von Mag. Mahringer, sondern ebenso auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation und verwies darüber hinaus auf die auch in den Feststellungen des gegenständlichen Erkenntnisses enthaltenen UNHCR-Richtlinien zur Zumutbarkeit interner Schutzalternativen, wonach alleinstehende leistungsfähige Männer im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf eine Ausnahme von der Anforderung der externen Unterstützung (Familie/ethnische Gruppe) darstellen (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016, S. 10).

3.6.3. Ebenso wäre die Eignung des Beweismittels, ein im Hauptinhalt des Spruches anders lautendes Erkenntnis herbeizuführen, nicht gegeben: Sowohl aufgrund der Länderinformation der Staatendokumentation als auch der UNHCR-Richtlinien als auch der VwGH-Judikatur (s. zB rezent VwGH vom 23.01.2018, Ra 2018/18-0001/5) ist im Fall des Antragstellers aufgrund seiner persönlichen Umstände, die im Erkenntnis umfassend dargelegt wurden (s. hier unter I.7.2., II.7.7. und II.7.12.), die Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative nach Kabul oder Mazar-e Scharif gegeben und droht diesem in seinem Heimatland kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 EMRK.

3.7. Vor diesen Ergebnissen kann dahingestellt bleiben, dass weiters das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts als neues Beweismittel im Sinne eines Wiederaufnahmegrundes nicht tauglich ist, da es zwar schlussfolgert, dass das Gutachten von Mag. Mahringer "gegen die anerkannten Regeln guter wissenschaftlicher Praxis [...] mehrfach verstoßen" habe und "ganz offensichtlich nicht lege artis durchgeführt" worden sei, selbst aber nicht aufzeigt, ob bzw. inwieweit die Aussagen des Gutachtens von Mag. Mahringer nicht zuträfen (vgl. dazu VwGH vom 02.06.1982, Zl. 81/03/0151, demgemäß "ein Sachverständigengutachten [...] nur insofern neues Beweismittel sein [kann], als es selbst neue Befundtatsachen feststellt oder solche sonst wie hervorgekommenen neuen Tatsachen verwertet. [...]").

3.8. Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 32 VwGVG sind somit nicht erfüllt, weshalb der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens spruchgemäß abzuweisen war (Spruchpunkt A.1.).

3.9. Damit erübrigt sich der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht auf Gewährung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts bzw. auf Hintanhaltung der Abschiebung "bis zur Entscheidung über den gegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme gem. § 32 VwGVG" (s. Seite 10 des verfahrensgegenständlichen Antrags) und war dieser daher ebenfalls abzuweisen (Spruchpunkt A.2.).

3.10. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes des Wiederaufnahmeantrages in Verbindung mit der Beschwerde und dem zugrunde liegenden Akt geklärt war; weiters wurde keine Verhandlung beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Abschiebungshindernis, Aufenthaltsrecht, einstweilige Anordnung,
einstweilige Verfügung, Gutachten, nova producta, Unionsrecht,
Voraussetzungen, vorübergehender Aufenthalt, Wiederaufnahme,
Wiederaufnahmsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W249.2149522.2.00

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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