TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/14 W176 2161329-1

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Veröffentlicht am 14.03.2018
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Entscheidungsdatum

14.03.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GGG Art.1 §32 TP4 ZI lita
VGebG §2 Z3
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W176 2161329-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 08.05.2017, Zl. 100 Jv 1969/17a-33a (003 Rev 5324/17p), wegen Gerichtsgebühren zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Mit Klage vom 10.11.2014 machte der nunmehrige Beschwerdeführer u. a. einen Amtshaftungsanspruch gegen die Republik Österreich idHv EUR 52.264,44 s.A. geltend.

1.2. Mit (unbekämpft gebliebenem) Urteil vom 09.06.2015, Zl. XXXX , wies das Landesgericht XXXX diese Klage ab und verpflichtete den Beschwerdeführer, der beklagten Partei (Republik Österreich) EUR 4.758,-- an Prozesskosten zu zahlen.

2.1 Am 23.01.2017 stellte die "Republik Österreich BMJ" als betreibende Partei gegen den Beschwerdeführer als verpflichtete Partei zur Hereinbringung der sich aus dem genannten Urteil des Landesgerichtes Steyr ergebenden Forderung von EUR 4.758,-- sowie einer weiteren Forderung über EUR 2.479,55, insgesamt daher betreffend den Betrag von EUR 7.237,55 einen Antrag auf Forderungsexekution nach § 294a Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896 (EO), sowie Fahrnisexekution.

2.2. Gegen die daraufhin ergangene Exekutionsbewilligung des Bezirksgerichtes XXXX vom 24.01.2017, Zl. XXXX , in welcher u.a. die Gerichtsgebühren gemäß TP 4 Z 1 lit. a Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984 (GGG); und die Vollzugsgebühr gemäß § 2 Vollzugsgebührengesetz, BGBl. I Nr. 31/2003 (VGebG), mit insgesamt EUR 161,50 bestimmt und der Beschwerdeführer als verpflichtete Partei zum Ersatz dieser Gebühren aufgefordert wurde, erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel des Einspruches.

2.3. Dieser Einspruch wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 02.03.2017, Zl. XXXX , hinsichtlich des ersten Kapitaltitels (i.e. das zuvor genannte Urteil des Landesgerichtes XXXX ) abgewiesen; hinsichtlich des zweiten Kapitaltitels betreffend die Forderung über EUR 2.479,55 wurde das Verfahren gemäß § 54e Abs 1 Z 2 EO eingestellt und alle diesbezüglich schon vollzogenen Exekutionsakte aufgehoben.

3. In weiterer Folge schrieb die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Pauschalgebühr gemäß TP4 Z 1 lit. a GGG idHv EUR 109,-- (Bemessungsgrundlage: 4.758,--), die Vollzugsgebühr gemäß § 2 Z 3 VGebG idHv EUR 7,50 sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG idHv EUR 8,--, insgesamt somit den Betrag von EUR 124,50 zur Zahlung vor.

In der Begründung verwies sie im Wesentlichen auf § 21 Abs. 2 GGG, wonach im Fall, dass der in einem dem Anwendungsbereich der TP 4 Z I lit. a GGG unterliegenden Exekutionsverfahren der betreibende Gläubiger von der Entrichtung der Gerichtsgebühren befreit ist, in dem Beschluss, mit dem die Exekution bewilligt wird, dem Verpflichteten gleichzeitig auch die Zahlung der in TP 4 Z l lit. a GGG angeführten Pauschalgebühr aufzutragen ist. Aus § 10 Abs. 3 GGG ergebe sich wiederum, dass das Bundesministerium für Justiz (gemeint: der Bundesminister für Justiz) als Behörde der Justizverwaltung keiner Gebührenpflicht nach dem Gerichtsgebührenrecht unterliegt, wobei auf die Gesetzesmaterialien (RV 759 BlgNR 21. GP, Bemerkung 5 zu § 10 GGG) hingewiesen wird.

4. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde, in der im Wesentlichen ausführt, dass die betreibende Partei des Grundverfahrens nicht gemäß § 10 Abs. 3 GGG gebührenbefreit sei. Insbesondere mache der Umstand, dass ein vorgeblicher Anspruch der Republik Österreich im Bereich des Bundesministeriums für Justiz "verwaltet" werde, den Rechtsträger "Republik Österreich" nicht zu einer "Behörde der Justizverwaltung".

5. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht legt seiner Entscheidung den unter Punkt I. dargestellten Sachverhalt zugrunde.

2. Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1.3. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

3.1.4. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

2.2. Zu Spruchpunkt A):

2.2.1.1. Der Anspruch des Bundes auf die Pauschalgebühr für das Exekutionsverfahren entsteht gemäß § 2 Z 1 lit. e GGG mit der Überreichung des Exekutionsantrages.

Gemäß § 19 Abs. 1 GGG ist die Bemessungsgrundlage im Exekutionsverfahren der Betrag des durchzusetzenden oder zu sichernden Anspruches. Dieser bildet die Grundlage der Berechnung der Höhe der Pauschalgebühr. Der Pauschalgebühr nach Tarifpost 4 Z l lit. a GGG unterliegen alle Anträge auf Exekutionsbewilligung mit Ausnahme der in TP 4 Z l lit. b GGG angeführten Anträge (Anmerkung 1 zu TP 4 GGG). Die in der TP 4 Z l GGG angeführten Gebühren erhöhen sich um jeweils EUR 7,--, wenn - allein oder gemeinsam mit anderen Exekutionsmitteln - Exekution auf bewegliche körperliche Sachen (Fahrnisexekution) beantragt wird (Anmerkung 1 a zu TP 4 GGG).

Für den Vollzug der Exekution auf bewegliche körperliche Sachen ist zusätzlich eine Vollzugsgebühr gemäß § 2 Z 3 Vollzugsgebührengesetz (VGebG) in der Höhe von EUR 7, 50 zu entrichten.

Nach § 7 Abs. 1 Z 1 GGG trifft die Zahlungspflicht im Exekutionsverfahren den betreibenden Gläubiger.

Gemäß § 21 Abs. 1 GGG ist im Exekutionsverfahren der Verpflichtete zur Zahlung der Gerichtsgebühren, die die gebührenbefreite Partei zu entrichten gehabt hätte, auf jeden Fall verpflichtet, soweit nicht der Antrag des betreffenden Gläubigers abgewiesen wird oder soweit nicht nach § 75 EO die Gebühren dem Gläubiger zur Last fallen.

Wird ein Exekutionsverfahren aus einem der in den §§ 35, 36, 39 Abs. 1 Z 1, 9 und 10 sowie § 54 e EO angeführten Gründe eingestellt wird, so hat der betreibende Gläubiger gemäß § 75 EO auf Ersatz der gesamten bis zur Einstellung aufgelaufenen Exekutionskosten keinen Anspruch.

Ist in einem den Anwendungsbereich der TP 4 Z l lit. a GGG unterliegenden Exekutionsverfahren der betreibende Gläubiger von der Entrichtung der Gerichtsgebühren befreit, so ist gemäß § 21 Abs. 2 GGG in dem Beschluss, mit dem die Exekution bewilligt wird, dem Verpflichteten gleichzeitig auch die Zahlung der in TP 4 Z l lit. a GGG aufzutragen.

Gemäß § 10 Abs. 3 GGG sind von der Zahlung der Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren befreit:

1. der Staatsanwalt

2. die Gerichte und Behörden der Justizverwaltung

3. die Sicherheitsbehörden und -dienststellen im Rahmen der Erfüllung ihrer kriminal- und sicherheitspolizeilichen Aufgaben.

Durch § 10 Abs. 3 Z 2 GGG werde klargestellt dass die Gerichte und die Justizverwaltungsbehörden (zu denen auch "das Bundesministerium für Justiz" zähle) keine Gebührenpflicht nach dem Gerichtsgebührenrecht unterliegen; wenn also beispielsweise ein Gericht Abfragen aus dem Firmenbuch oder dem Grundbuch tätige, falle dafür keine Gebühr an (RV 759 BlgNR 21. GP, wiedergegeben bei Dokalik, Gerichtsgebühren, 13. Aufl. (2017), Bemerkung 5 zu § 10

GGG).

Gemäß § 6b Abs. 4 Gerichtliches Einbringungsgesetz, BGBl. Nr. 288/1962 (GEG), können im Verfahren zur Einbringung im Justizverwaltungsweg weder das Bestehen noch die Rechtmäßigkeit einer im Grundverfahren dem Grunde und der Höhe nach bereits rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht überprüft werden.

2.2.1.2. Ein Beschluss des Gerichts erzeugt nach § 21 Abs. 2 GGG erst dann die Rechtswirkungen nach § 7 Abs. 1 dritter Satz GEG (Bindungswirkung, nunmehr: § 6 b Abs. 4 GEG), wenn er rechtskräftig ist.

2.2.2. Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

Die Beschwerde erweist sich überdies als begründet:

Zum einen kann nicht angenommen werden, dass im gegenständlichen Fall eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung betreffend die Zahlungspflicht des Beschwerdeführers vorliegt.

Denn die Exekutionsbewilligung vom 24.01.2017, in der der Beschwerdeführer zur Zahlung von Gerichtsgebühren (Gebühren gemäß TP 4 lit. a GGG und der Vollzugsgebühr) idHv insgesamt EUR 161,50 verpflichtet wurde, wurde vom Beschwerdeführer mittels Einspruch zur Gänze bekämpft und dem darüber ergangenen Beschluss vom 02.03.2017 kann nicht entnommen werden, dass auch über die Kostenentscheidung abgesprochen worden wäre.

Zum anderen ist dem Beschwerdeführer Recht zu geben, dass der betreibende Gläubiger im zugrundeliegenden Exekutionsverfahren nicht gebührenbefreit ist. Denn bei der betriebenen Forderung handelt es sich um einen der Republik Österreich in einem Zivilprozess zugesprochenen Kostenersatz und somit nicht um die Forderung einer Justizverwaltungsbehörde. Auch die in den dargestellten Erläuterungen zu § 10 Z 2 GGG in der Regierungsvorlage angeführten Beispiele - Abfragen aus dem Firmenbuch oder dem Grundbuch -, die sich auf die Tätigkeit von Justizverwaltungsbehörden übertragen lassen, zeigen, dass die gegenständliche Konstellation nicht unter den Tatbestand der genannten Gesetzesbestimmung fällt.

Der angefochtene Bescheid war daher spruchgemäß (ersatzlos) zu beheben.

2.2.3. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist). Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. Zu einer Lösung von Rechtsfragen ist im Sinne der Judikatur des EGMR (vgl. E vom 10.05.2007, Nr. 7401/04 [Hofbauer/Österreich Nr. 2] und vom 03.05.2007, Nr. 17.912/05 [Bösch/Österreich]) eine mündliche Verhandlung nicht geboten. Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC stehen daher der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

3. Zu Spruchpunkt B):

3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

4. Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

ersatzlose Behebung, Exekutionsverfahren, Gebührenbefreiung,
Gerichtsgebühren, Pauschalgebühren inhaltliches Obsiegen,
Rechtskraft, Verpflichteter, Vollzugsgebühr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W176.2161329.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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