TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/15 W212 2186076-1

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Veröffentlicht am 15.03.2018
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Entscheidungsdatum

15.03.2018

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §7 Abs4 Z1

Spruch

W212 2186076-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 12.01.2018, Zl. Damaskus-OB/KONS/1750/2017, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch RA Mag. Andreas Reichenbach, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 20.10.2017 beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Syriens, stellte am 31.05.2017 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG.

2. Mit Bescheid vom 20.10.2017 verweigerte die ÖB Damaskus die Erteilung der Einreisetitel gem. §26 FPG idgF iVm §35 AsylG 2005 idgF mit der Begründung, dass die Stattgebung eines Antrags auf internationalen Schutz nicht wahrscheinlich sei.

Dieser Bescheid wurde der bevollmächtigten Vertretung der Beschwerdeführerin, dem Österreichischen Roten Kreuz, am 20.10.2017 zugestellt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihres nunmehr ausgewiesenen Vertreters, RA Mag. Andreas Reichenbach, am 20.11.2017 Beschwerde. Darin wurde zur Zustellung ausgeführt, dass der Bescheid "nach Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin" am 03.11.2017 zugestellt worden sei.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.01.2018, wies die Österreichische Botschaft Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als verspätet zurück. Begründend führte die Vertretungsbehörde im Wesentlichen aus, dass der Bescheid am 20.10.2017 per E-Mail an das zu diesem Zeitpunkt als alleiniger Vertreter bevollmächtigte Rote Kreuz zugestellt worden sei. Die vierwöchige Beschwerdefrist habe am 17.11.2017 geendet, weshalb die Beschwerde vom 20.11.2017 verspätet sei.

5. Am 26.01.2018 stellte die Beschwerdeführerin durch ihren ausgewiesenen Vertreter gemäß § 15 VwGVG einen Vorlageantrag.

6. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres, eingelangt am 14.02.2018, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakten übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, ein syrische Staatsangehörige, stellte am 31.05.2017 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG.

Mit einer Stellungnahme vom 05.09.2017 wurde eine dem Österreichischen Roten Kreuz am selben Tag von der Beschwerdeführerin erteilte Vollmacht übermittelt. Diese umfasst auch eine Zustellvollmacht. Ein Wechsel der Vertretung wurde der ÖB Damaskus nicht bekannt gegeben.

Mit Bescheid vom 20.10.2017 wurde die Ausstellung des beantragten Visums verweigert. Dieser Bescheid wurde der bevollmächtigten Vertretung der Beschwerdeführerin am 20.10.2017 nachweislich zugestellt.

Die vierwöchige Rechtsmittelfrist, auf die in der Rechtsmittelbelehrung des im Spruch ersichtlichen Bescheides hingewiesen wurde, endete mit Ablauf des 17.11.2017. Die am 20.11.2017 eingebrachte Beschwerde erwies sich sohin als verspätet.

2. Beweiswürdigung:

Die oben angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht sohin dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3. Zu A)

3.1. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG vier Wochen. Die Frist beginnt gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

§ 11 Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragsteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

§ 11a Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinne des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

3.3. Die maßgeblichen Bestimmungen zur Fristenberechnung lauten:

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

§ 33 Abs. 1 AVG lautet wie folgt:

(1) Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

(3) Die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) werden in die Frist nicht eingerechnet.

(4) Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

3.4. Aus dem Akteninhalt ergibt sich unzweifelhaft, dass der im Spruch genannte, angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin im Wege ihrer bevollmächtigten Vertretung am 20.10.2017 zugestellt worden war. Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung war das Österreichische Rote Kreuz als einziger Zustellbevollmächtigter der Beschwerdeführerin ausgewiesen, weshalb der Bescheid durch Zustellung an das ÖRK rechtwirksam erlassen wurde. Die Beschwerde wurde - auch dies steht nach dem Akteninhalt außer Zweifel - am 20.11.2017 via E-Mail bei der Österreichische Botschaft Damaskus eingebracht.

Gemäß Art. 32 Abs. 3 zweiter Satz Visakodex sind die Rechtsmittel in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats zu führen. Aus diesem Verweis auf die nationalen Rechtsvorschriften folgt, dass die Zulässigkeit einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nach österreichischem Recht zu beurteilen ist. In diesem Sinn verweist auch § 11 Abs. 5 FPG für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen auf § 33 AVG und sieht nur für die Wochenend- und Feiertagsregelungen die Maßgeblichkeit der Rechtslage im Empfangsstaat vor. Die Berechnung der vierwöchigen Beschwerdefrist hat daher nach den §§ 32 und 33 AVG zu erfolgen.

Ausgehend vom Zustelldatum 20.10.2017 endete daher die vierwöchige Beschwerdefrist gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG mit Ablauf des 17.11.2017. Das Vorbringen in der Beschwerde, der Bescheid sei der Beschwerdeführerin erst am 03.11.2017 zugestellt worden, wurde nicht näher begründet und steht im Widerspruch zum eindeutigen Akteninhalt. Daher erweist sich die am 20.11.2017 erfolgte Beschwerdeerhebung jedenfalls als verspätet. Der angefochtene Bescheid ist mit Ablauf des 17.11.2017 in Rechtskraft erwachsen. Somit war die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen.

3.5. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Beschwerdefrist, Einreisetitel, Fristversäumung, österreichische
Botschaft, Verspätung, Vertretungsverhältnis, Zurückweisung,
Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W212.2186076.1.00

Zuletzt aktualisiert am

30.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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