TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/16 W156 2179562-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.03.2018
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Entscheidungsdatum

16.03.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a

Spruch

W156 2179562-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde von H XXXX I XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE-Rechtsberatung - LINZ Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.10.2017, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.10.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG 2005, § 8 Abs. 1 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 13 Abs. 2 Z 1 Asylg 2005, §§ 55, 57 AsylG 2005, §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 55 Abs. 1a FPG idgF sowie § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht

zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang

1.1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 02.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde er am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen.

Hierbei gab er zu Protokoll, da der Krieg in Afghanistan zurückgekehrt sei, es vermehrt zu Kampfhandlungen käme und er kaum Arbeit im Bezirk B XXXX fände, habe er sich vor acht Monaten entscheiden, sein Heimatland samt Familie zu verlassen.

1.2 Am 26.02.2017 wurde gegen den BF die Wegweisung und ein Betretungsverbot wegen Gewalt in Wohnungen gemäߧ 38a SPG erlassen. Dem BF wurde zu Last gelegt, seine Gattin K XXXX I XXXX am 25.02.2017 mit dem Umbringen bedroht zu haben.

1.3 Am 28.02.2017 erstattet K XXXX I XXXX Anzeige gegen den BF wegen versuchter Vergewaltigung in zwei Fällen, Nötigung und versuchte Nötigung im Zeitraum von August bis Oktober 2016.

1.4. Am 16.03.2017 wurde ein neuerliches Betretungserbot gemäß § 38a SPG gegen den BF erlassen, da er am 15.03.2017 neuerlich gegen K XXXX I XXXX tätlich wurde und auch den Sohn Z XXXX I XXXX leicht verletzt. Der BF wurde in Untersuchungshaft genommen.

1.5 Mit Schreiben der belangten Behörde vom 17.03.2017 wurde dem BF der Verlust seines Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet gemäß § 13 Abs. 2 AslyG 2005 mitgeteilt.

1.6 Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 02.08.2017, GZ: XXXX , wurde der BF wegen der Verbrechen der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15 Abs.1, 201 Abs. 1 1. Fall StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 1. Fall StGB, der Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15 Abs.1 , 105 Abs.1, 106 Abs.1 Z 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs. 1 und 3 Z 1 1. Fall und Abs. 4 Satz 2 2. Fall StGB schuldig gesprochen und zu 30 Monaten unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt.

1.7 Am 03.10.2017 wurde der Beschwerdeführer seitens des BFA seinen Fluchtgründen befragt, wobei er im Wesentlichen vorbrachte, dass er I XXXX H XXXX heiße, in Afghanistan, Provinz B XXXX , in der Stadt B XXXX , Stadteil S XXXX J XXXX , S XXXX XXXX geboren sei, aber erst 49 Jahre alt sei. Zu seinem konkreten Geburtsdatum könne er keine Angaben machen, da alles, was sie an Kleidung und Dokumenten gehabt hätten, in der Türkei gestohlen worden sei und er selbst wisse nicht, wann er geboren sei, auch das Jahr wisse er nicht. Er habe sein ganzen Leben in B XXXX , XXXX gelebt spreche Dari, Farsi, ein wenig Paschtu und Urdu. Die deutsche Sprache habe er lernen wollen, da seine Gattin Probleme gemacht habe, sitze er jetzt da. Er sei Tadschike und Sunnit.

Er sei mit K XXXX I XXXX seit 20 Jahren verheiratet, aber auch die Heiratsurkunde sei verloren gegangen.

Seine erste Frau lebe im Iran. Von dieser sei er nur getrennt. Er habe 4 Kinder von seiner jetzigen Frau ( Z XXXX I XXXX , 14 Jahre alt, hier sei er aber mit 15 Jahre registriert worden, Z XXXX I XXXX , 12 Jahre alt, hier sei er aber mit 13 Jahren registriert worden, N XXXX I XXXX , 8 Jahre alt, hier sei sie aber mit 9 Jahren registriert worden und E XXXX I XXXX , 3 Jahre) und 4 Buben von der vorherigen Frau.

Auch seine Frau K XXXX sei jünger geschrieben, normalerweise sei sie 34 Jahre alt, hier sei sie aber mit 29 oder 30 Jahren geführt worden.

Zum Fluchtgrund führte er im Wesentlichen aus, dass er zu Zeiten der Mujaheddin gegen die Russen gekämpft habe. Dabei habe er eines Nachts versehentlich einen Nachbar erschossen, den er für einen Russen gehalten habe. Dessen Familie seien Taliban gewesen und nach Pakistan geflohen. Als die Taliban in Afghanistanwieder erstarkt seien, sei die Familie zurückgekommen. Als ein Talib, den er nicht kannte, eines Abends vorbei gekommen sei, um in aufzufordern für 100 Leute zu kochen, habe er gewusst, dass sie ihn töten wollten. Daher sei er mit seiner Familie ausgereist.

In Afghanistan lebe noch sein Bruder H XXXX A XXXX I XXXX und sein Bruder H XXXX A XXXX I XXXX in B XXXX , XXXX , XXXX , in deren Elternhaus. Beide arbeiteten in der Landwirtschaft. Sein Bruder M XXXX M XXXX I XXXX lebe im Iran, er arbeite auf Baustellen. Weitere Geschwister sowie seine Eltern wären bereits verstorben.

Ein Onkel väterlicherseits, A XXXX B XXXX I XXXX , lebe im Iran, er arbeite nicht mehr. Die weiteren Verwandten seien bereits verstorben. Weiter habe er noch vier Söhne von seiner ersten Frau im Iran. Er habe auch zu seinen Söhnen im Iran Kontakt. Er habe mit allen Kontakt gehabt, bis er ins Gefängnis gekommen sei.

Er habe einen entfernten Verwandten in Linz, der heiße Q XXXX A XXXX . Ein Sohn seiner Tante väterlicherseits lebe in Oberösterreich, M XXXX , der heiße N XXXX M XXXX A XXXX .

Weiters habe er die Enkelkinder seines Onkels in Wien, diese heißen I XXXX A XXXX , H XXXX A XXXX , B XXXX A XXXX . Der Name des vierten wäre Z XXXX A XXXX , da er hier einen anderen Namen angegeben habe, aber normalerweise hieße er A XXXX A XXXX . Er habe ihn jetzt auch seit zwei Jahren nicht gesehen. I XXXX und B XXXX hätten ihn Silvester bei sich zu Hause besucht. In Afghanistan hätten alle zusammengelebt, eine besondere Beziehungsintensität oder ein Abhängigkeitsverhältnis bestehe aber nicht.

Seiner Frau K XXXX I XXXX habe er aus der Haft geschrieben. Inhalt des Briefes sei, dass sie es bereuen werde, was sie gemacht habe. Er habe auch geschrieben, dass er zu Gott gebeten habe, sie solle verkrüppelt werden und nur mehr auf dem Boden wie eine Schlage sich bewegen können. Er habe sie sehr geliebt. Sie komme nicht, sie frage nicht, ob er etwas benötige.

In seinem Heimatland sei er weder vorbestraft, inhaftiert gewesen oder hätte Probleme mit den Behörden gehabt. Es bestünden keine aktuellen staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief, gegen ihn. Er sei nicht politisch tätig oder Mitglied einer politischen Partei gewesen und habe in seinem Herkunftsstaat aufgrund seines Religionsbekenntnisses bzw. seiner Volksgruppenzugehörigkeit keine Probleme gehabt. mit Auch Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.) habe er nicht gehabt, nur die Taliban hätten sie nicht arbeiten lassen. Er habe aber in seinem Heimatland an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teilgenommen, da er vor über 20 Jahren, als die Russen da gewesen seien, im Militär mitgekämpft habe.

1.8. Das Bundesamt wies mit angefochtenem Bescheid vom 27.10.2017 den Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem Beschwerdeführern keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). In Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AslyG das Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet sei dem 15.03.2016 verloren sei. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 AsylG wurde eine Einreiseverbot auf die Dauer von neun Jahren erlassen (Spruchpunkt V.). Der Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe nicht (Spruchpunkt VII.).

1.9. Gegen den Bescheid des Bundesamtes brachte der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schreiben vom 24.11.2017 Beschwerde ein, in der der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde.

1.10. Mit Beschluss vom 19.12.2017, Zl. W156 2179562-1/6E, wurde der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unbegründet abgewiesen.

1.5. Am 30.10.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, bei der sich im Wesentlichen Folgendes ereignete:

"R fragt, ob begründete Einwendungen vorliegen, ansonsten will sie auf die Verlesung der für das Ermittlungsverfahren wesentlichen Aktenteile verzichten. Die Aktenteile beziehen sich insbesondere auf alle Niederschriften im erstinstanzlichen Verfahren, auf alle Schriftsätze des BF im erstinstanzlichen und im Beschwerdeverfahren, auf alle vorliegenden Bescheinigungsmittel sowie sonstigen Ermittlungsergebnisse (vorgelegter Verwaltungsakt des Bundesamtes und Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts).

Der gegenständliche Akt umfasst auch das Einnahmeprotokoll der I XXXX K XXXX vor dem BFA sowie deren im Verfahren vorgelegte Geburtsurkunde samt Originalübersetzung.

Der BF verzichtet ausdrücklich auf die Verlesung des bisherigen Akteninhaltes.

R erklärt diese Aktenteile zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und zum Inhalt der hier zugrunde liegenden Niederschrift.

R: Sie wurden bereits bei der belangten Behörde bzw. bei den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. Haben Sie die Dolmetscher bei Ihren bisherigen Einvernahmen gut verstanden? Wurden Ihnen die Niederschriften, die die Polizei im Rahmen der Erstbefragung und das Bundesasylamt mit Ihnen aufgenommen haben, rückübersetzt?

BF: Das einzige was nicht stimmt ist, dass ich sechs oder sieben Monate in diesem Gefängnis war. Ich weiß nicht mehr was ich gesagt habe. Das erste Mal als ich befragt wurde, habe ich die Wahrheit gesagt, aber als ich im Gefängnis war, weiß ich nicht mehr was ich vor dem BFA gesagt habe. Ich war ja im Gefängnis. Ich war noch nie von meiner Familie getrennt, von meinen beiden Töchtern. Ich habe meine Familie sehr lieb und es ist sehr, sehr schwer.

R: Also wissen Sie nicht mehr was Sie vor dem BFA ausgesagt haben?

BF: Nein, ich weiß es wirklich nicht mehr.

R weist den BF auf die Bedeutung dieser Verhandlung hin und ersucht, die Wahrheit anzugeben. Der BF wird aufgefordert nur wahrheitsgemäße Angaben zu machen und belehrt, dass unrichtige Angaben bei der Entscheidungsfindung im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sind. Der BF wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch bei untergeordneten Fragen (zB nach Ausbildung, Wohnsitz, Berufstätigkeit, Fluchtweg und Ähnliches) ausdrücklich die Wahrheitspflicht besteht und das unwahre oder unglaubwürdige Angaben zu Lasten der Glaubwürdigkeit gewertet werden. Ebenso wird auf die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen und dass auch mangelnde Mitwirkung bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen ist.

R: Sind Sie im Hinblick auf § 52 Abs. 2 BFA-VG damit einverstanden, die mündliche Verhandlung in Anwesenheit Ihres Rechtsberaters durchzuführen? Haben Sie ihn ersucht, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen?

BF: Ich habe meinen Rechtsberater zum Vertreter im Verfahren bevollmächtigt. Er nimmt an der Verhandlung teil.

Beginn der Befragung

R: Gibt es noch Beweismittel, die Sie heute vorweg vorlegen möchten?

BF: Ich habe nur viel zu erzählen.

RV gibt an, dass keine weiteren Beweismittel vorgelegt werden können.

Zur Identität und Herkunft sowie zu den persönlichen

Lebensumständen:

R: Sind die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu Ihrem Namen und Geburtsdatum sowie zu Ihrer Staatsangehörigkeit, Familienmitglieder, Volksgruppe, Alter, Herkunft korrekt?

BF: Ja, das stimmt.

RV: Es hat sich nichts an den persönlichen Lebensumständen Identität und Herkunft des BF seit Erlassung des angefochtenen Bescheides nichts geändert.

BF: Als ich zu Hause bei meiner Frau war, habe ich ihr gesagt, sie soll nach draußen gehen und die Sprache lernen. Ich kehre und koche und bringe die Kinder in die Schule und wieder zurück. Nachgefragt, ob der BF in Österreich eine Berufsausbildung absolviert hat gibt dieser an: Ich kann alle Arbeiten machen, wenn ich eine Stelle in Österreich bekomme. Das einzige was ich nicht kann ist die Sprache. Nein, ich war drei Monate zu Hause da haben wir ein wenig lesen und schreiben gelernt. Dann ist der Lehrer getauscht worden. Eine Berufsausbildung habe ich nicht gemacht.

R: Was lernen Sie jetzt im Gefängnis?

BF: 13 Tage habe ich gekehrt und die Müllsäcke ausgeleert.

R: Gehen Sie wirklich einer geregelten Arbeit nach?

BF: Wenn die mir eine Arbeit vorgeben, mache ich diese Arbeit. Ich mache alles was man mir vorgibt. Nachgefragt, ich arbeite nicht in der Küche. Die habe ich nicht bekommen.

R: Machen Sie im Gefängnis eine Therapie?

BF: Ja.

R: Gibt es darüber Nachweise?

BF: Nein, ich gehe nur zum Arzt, wenn ich Kopfschmerzen habe.

R: Haben Sie in Ihrem Herkunftsstaat eine Schul- oder Berufsausbildung absolviert?

BF: Ich habe als Bauarbeiter gearbeitet seit meinem 15. Lebensjahr. Ich kenne mich am Bau aus. Ich habe keine Schulausbildung gemacht. Das war Kriegszeit. Ich kann nicht schreiben. Ich bin Analphabet.

R: Wer hat den Brief an Ihre Frau geschrieben?

BF: Ein Landsmann von mir.

...

R: Das bedeutet, Sie haben in Afghanistan als Bauarbeiter gearbeitet?

BF: Ja.

R: Wann haben Sie Ihren Herkunftsstaat Afghanistan zuletzt genau verlassen?

BF: Als ich Afghanistan verlassen, weiß ich nicht mehr wann das war, weil ich Analphabet bin. Das war die Zeit in der viele, viele Taliban in unsere Ortschaft gekommen sind und von einem Nachbarn verlangt haben für 500 Personen zu kochen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich seit zwei Jahren in Österreich bin und acht Monate dauerte die Reise, wobei uns der Schlepper das gesamte Geld abgenommen hat.

R: Besitzen Sie im Herkunftsstaat noch eine Wohnung, ein Haus, oder sonstige Unterkunft bzw. nennenswertes Vermögen?

BF: Nein.

R: Waren Sie schon einmal in Kabul?

BF: Nein, wir haben nur in unserem Haus von unserem Vater gelebt. Dieses Haus war aus Lehm.

Zu den Fluchtgründen und zur Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat:

R: Sie wurden bereits im Verfahren vor dem Bundesasylamt zu den Gründen, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben bzw. warum Sie nicht mehr in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren können (Fluchtgründe), einvernommen. Die diesbezüglichen Niederschriften liegen im Akt ein.

R: Können Sie sich noch erinnern, was Sie zu Ihren Fluchtgründen gesagt haben?

BF: Ja, an das erste Mal bei der Polizei kann ich mich gut erinnern, was ich sage.

R: Bitte erzählen Sie mir noch einmal mit eigenen Worten, was Sie veranlasst hat, Ihre Heimat zu verlassen.

BF: Die Wahrheit ist, als die Taliban von meinem Nachbarn verlangt haben für 500 Leute zu kochen, wir waren ja nur Arbeiter und hatte ein bisschen Geld. Aber das reichte nicht um für 500 Leute zu kochen. Die Taliban kennen hier keine Gnade. Wir haben von einem anderen Ort gehört, ca. 10 Minuten entfernt mit dem Auto, dass sie Frauen und Kinder von den Menschen mitnehmen.

R: Sind Sie selbst gefragt, bedroht oder mitgenommen worden?

BF: Sie wollten was von uns. Wenn wir nicht geflüchtet wären, wären wir am nächsten Tag dran gewesen.

R: Warum sollen die Taliban Sie umbringen, weil Sie gefragt werden ob sie Essen kochen?

BF: Sie haben uns nicht gefragt, sondern den Nachbarn. Heute wird der Nachbar gefragt, und morgen wären es wir gewesen.

R: Wieso ist die Aufforderung für Taliban zu kochen gleichbedeutend damit umgebracht zu werden?

BF: Man wird getötet. Sie hätten meine Frau und meine Kinder mitgenommen und mich auch getötet. Die kennen keine Gnade. Die sind nicht aus Afghanistan. Manche sind aus Afghanistan manche sind aus Pakistan.

R: Haben Sie den Taliban jemals etwas getan?

BF: Nein.

R: Haben Sie überhaupt in Afghanistan jemals etwas gemacht, was jemanden veranlassen könnte, Sie umbringen zu wollen?

BF: Nein, ich war nur Arbeiter.

R: Haben Sie versucht, in Ihrem Herkunftsland Schutz vor den von Ihnen genannten Verfolgungshandlungen zu suchen (zB Anzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft, Inanspruchnahme von NGOs, Dorfältester, etc.)?

BF: Heutzutage ist es in Afghanistan so, wer Macht hat dem muss man Geld geben um Hilfe zu bekommen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich keine Hilfe gesucht habe.

R: Haben Sie sich im Herkunftsland politisch betätigt und/oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei oder Bewegung?

BF: Nein.

R: Hatten Sie je Probleme mit den staatlichen Behörden (zB der Polizei) Ihres Herkunftslandes?

BF: Nein.

R: Wurden Sie aufgrund Ihrer Rasse, Religion, Nationalität bzw. Zugehörigkeit zu einer best. sozialen Gruppe verfolgt?

BF: Nein. In dem Ort wo wir lebten, sind so viele Talib da und deshalb.

R: Persönlich wurden Sie nie bedroht?

BF: Nein, keiner hat uns bedroht.

R: Und die Tatsache, dass dort so viele Taliban sind, ist auch der einzige Grund warum Sie jetzt nicht mehr zurückkönnen oder?

BF: Genau, wir können deshalb nicht zurück, weil dort so viele Taliban sind.

R: In Ihrer zweiten Einvernahme haben Sie gesagt, dass Sie nicht Afghanistan zurückkehren können, weil Sie vor 25 Jahren für die Mujahedin gekämpft haben und einen Nachbarn getötet haben.

BF: Nein, mein Kopf hat da nicht gearbeitet. Ich wusste nicht was ich sage. Das stimmt nicht.

Ich kenne mich mit Waffen nicht aus.

RV: Ich will nur anmerken, dass der BF schon darauf hingewiesen hat zu Beginn, dass er nicht mehr weiß, was er bei der Einvernahme gesagt hat.

R: Also Sie können deshalb nicht nach Afghanistan, weil die Situation in dem Bezirk so schlecht ist?

BF: Erstens ist die Situation sehr schlecht. Ich habe vier Kinder, zwei Töchter und zwei Söhne. Ich möchte nicht dass meine Kinder so leben müssen wie ich. Ich möchte, dass sie etwas lernen können zum Beispiel Arzt oder so.

R informiert den BF, dass das Asylverfahren der Kinder in einem gesonderten Verfahren stattfindet und nicht Gegenstand dieser Verhandlung ist.

R: Die Mutter Ihrer Kinder hat angegeben, dass Sie vor Ihrer Ausreise 13 Jahre im Iran gelebt haben. Was sagen Sie dazu?

BF: Nein, da hat sie einen Fehler gemacht. Wir waren nur vier Monate im Iran.

R: Wie alt war Ihre Frau als Sie geheiratet haben?

BF: 16 Jahre alt.

R: Ich habe hier eine Tazkira auf der steht, dass Ihre Frau damals noch minderjährig war und daher das gesetzliche Heiratsalter in Afghanistan noch nicht erfüllt war.

BF: 16 Jahre ist ja kein Kind mehr. In Afghanistan heiraten auch 12 oder 15 jährige. Wir haben, als sie 16 Jahre alt war geheiratet und unser erstes Kind kam als sie 19 war.

RV verzichtet auf die Aushändigung der Kopie der Tazkira der I XXXX K XXXX und gibt an, dass das Vorbringen des BFA, dass keine legal geschlossene Ehe vorliegt, nicht angezweifelt wird.

R: Warum haben Sie Ihrer Frau aus der Haft diesen Brief geschrieben?

BF: Es ist so, dass ich die Familie meiner Frau sozusagen finanziell unterstützt habe, weil ihr Bruder monatlich 100 Rupien gebraucht hat, aber im Gefängnis brauche ich auch das Geld für mich. Ich rauche. Ich brauche Zigaretten und ich kann das nicht mehr zahlen.

R: Was hat das mit dem Drohbrief an Ihre Frau zu tun?

BF: Ich habe sie nicht bedroht. Ich habe nur geschrieben, dass sie mir ein bisschen Geld bringt und ich mir Zigaretten kaufen kann oder so.

R: Also Sie haben diesen Brief nicht geschrieben? (Dem BF wird der Drohbrief vom 03.10.2017 gezeigt)

BF: Nein, ich kann ja nicht schreiben. Ich bin Analphabet.

R: Sie haben also Ihre Frau nur um Geld gebeten, damit Sie sich Zigaretten kaufen können?

BF: Ja, dass sie mir ein bisschen Geld bringt und ich meine kleinen Kinder wieder sehen kann.

R: Wer ist Mohammed?

BF: Kenne ich nicht. Dad Mohammad ist der älteste Sohn und befindet sich im Iran. Ich wollte seine Telefonnummer haben von meiner Frau.

R: Lebt Ihre erste Frau auch noch im Iran?

BF: Meine erste Frau hat vier Kinder, die schon erwachsen sind und ist zehn Jahre vor uns in den Iran gegangen. Sie ist so ungefähr 13 oder 14 Jahre im Iran. Vorher hat sie mit mir und meiner zweiten Frau in Afghanistan gelebt. Wir hatten ein gutes Leben. Vorher hat sie zehn Jahre getrennt von uns gelebt.

R: Warum ist Sie in den Iran gegangen?

BF: Meine erste Frau ist zehn Jahre älter als ich. Sie war die Witwe meines Onkels väterlicherseits und hatte eine Tochter. Es ist so dass man eine Witwe nicht fremdheiraten lässt. Ich war 15 Jahre alt und sie war ungefähr 25 Jahre alt.

R: Wie alt sind Ihre Kinder?

BF: Mein ältester Sohn im Iran ist 32 Jahre alt und mein jüngerer Sohn ist ungefähr 25 Jahre alt. Ich habe vier Kinder mit meiner ersten Frau.

SV: Nach Ihren Angaben sind Sie bis vor ca. 3 Jahren noch in Afghanistan gewesen. Können Sie bitte chronologisch erwähnen, wann der Widerstand gegen die Russen (Mujaheddin) entstanden sind und wann die Taliban gekommen sind?

BF: Als ich 13 Jahre alt war, kamen die Russen. Den genauen Tag kann ich nicht sagen. Wir waren zu Hause und als wir nach draußen gegangen sind, haben die Russen uns Süßigkeiten und Fisch gegeben und haben gesagt, wir sollen nach Hause gehen.

SV: Wie alt sind Sie jetzt?

BF: Ich bin 49 Jahre alt. Es wurden vom Dolmetscher zehn Jahre dazugegeben und bei meinem Kind auch ein Jahr.

SV: Wann sind die Russen weggegangen aus Afghanistan?

BF: Ich war ca. 30 Jahre alt als die Russen wegzogen. Ich war auf jeden Fall älter wie 25 Jahre, also 30 Jahre. Den Tag weiß ich nicht.

SV: Wie lange waren die Russen dort?

BF: Ich weiß es nicht, aber so 20 Jahre.

SV: Wann sind die Taliban in Ihr Gebiet gekommen?

BF: Bevor die Russen weg waren, sind die Taliban auch gekommen. Aber nicht in unseren Ort, das war in Kabul, Herat und Kandahar.

SV: Wann sind die Taliban in Ihr Heimatdorf gekommen?

BF: Acht Jahre vor heute sind die Taliban gekommen, aber nicht in unseren Ort. Der Ort war unter der Herrschaft der Mujaheddin und der Regierung.

SV: Die Taliban haben regiert und wurden dann gestürzt. Wann haben die Taliban in Ihrem Ort regiert?

BF: Nachdem die Russen weg waren ist der Präsident BURHANDDIN Rabbani gekommen, dann Mojaddidi als Präsident, und Ahmad Shah Masoud.

SV: Waren die Taliban einmal in Afghanistan in der Regierung oder nicht?

BF: Nur in Kandahar wo Paschtu-sprachige gelebt haben.

SV: Beschreiben Sie Ihren Heimatort. Wie lautet Ihr Herkunftsort.

BF: Schahr Djadid, Baghlan.

SV: Was war, als Sie dort waren das Zentrum von Baghlan?

BF: Schahr Djadid ist die Hauptstadt von Baghlan.

SV: Sie haben gerade Pol-ekhumri gesagt. Wann war das die Hauptstadt?

BF: Seit ich mich erinnern kann, hat mein Vater immer zu mir gesagt, dass hier nur ein Dorf ist, und Pol-ekhumri die Hauptstadt ist.

SV: Ist Ihnen Kommandant Bashir Khan ein Begriff? Bitte beschreiben Sie ihn.

BF: Bashir Khan ist ein Kommandant und sprach Paschtu. Wir hatten keine Beziehungen zu ihm. Aber er war Mujaheddin und hatte viele Leute.

SV: Können Sie sich an den Anführer von der Ismaeliten, eine schiitische Gruppe in Baghlan, erinnern?

BF: Seinen Namen habe ich gehört. Die haben nicht in Baghlan gelebt sondern in den Bergen. Das haben wir gewusst, aber mehr nicht. Die Gebirgsregion heißt Kuh-E-Ban.

SV: Wer war der Anführer?

BF: Ich kann mich nicht mehr erinnern.

SV: Ist Ihnen "Sayed Kayan" ein Begriff?

BF: Dieser Sayed Kayan habe ich gehört. Seine Sprache war nicht unsere. Er hat auch in diesem Gebirge gewohnt und war Schiite.

SV: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

BF: Wir sind Sunniten.

SV: Zu welcher Ethnie gehören Sie?

BF: Ich bin Araber, und spreche tadschikisch und bin Sunnite.

R: Gibt es etwas, dass Sie bis dato noch nicht im Asylverfahren vorgebracht haben? Wollen Sie noch etwas ergänzen?

BF: Das erste was wir sagen möchten ist, dass meine Frau sich hier als 27-Jährige ausgegeben hat und sie ist 34 Jahre alt. Drei meiner Kinder, meine älteste Tochter und meine zwei anderen, hat sie ein Jahr älter gemacht. Mein Alter ist 49 Jahre alt und es wurde 59 Jahre fälschlicherweise gedolmetscht. Ich möchte Sie bitten, dass ich in diesem Gefängnis gesehen habe, dass ein 16 Jähriger dealt und ein 12 Jähriger raucht. Wenn ich nicht bei meinen Kindern bin, können die auch so werden. Ich bitte Sie, diesen Asylantrag zu bewilligen. Ich würde alles tun, was für eine Arbeit. Nur wenn ich von meinen Kindern getrennt werde, besonders von meiner 3 Jährigen, werde ich mich umbringen. Das ist meine Bitte.

...

BF: Ich möchte hinzufügen, als ich die acht Monate nach Österreich machte, war ich drei Monate eingesperrt. Sie wollten Geld haben. Ich hatte aber keines und wurde dann freigelassen. Das ist nicht nachgefragt worden.

R: In wie fern ist das relevant?

BF: Das ist relevant, weil ich bei der ersten Befragung angegeben habe, dass ich vier Monate im Iran war, dann drei Monate eingesperrt. Dann habe ich einen Landsmann gefunden, der uns über das Wasser weiterreisen geholfen hat.

R: Möchten Sie sonst noch etwas sagen?

BF: Ja, ich will nichts mehr hinzufügen. Es ist nur meine Bitte. Ich vermisse meine Kinder sehr.

SV: Waren Sie in Kunduz?

BF: Nein, in Baghlan. Nachgefragt, wir haben die ganze Zeit gearbeitet. Ich hatte nur einen Tag frei.

SV wiederholt die Frage.

BF: Nein, ich habe nicht in Kunduz gelebt, sondern nur im Haus meines Vaters.

SV: Woher stammt Ihre jetzige Frau?

BF: Sie stammt aus B XXXX , XXXX . Die Familie meiner Frau lebt in K XXXX und als sie ein Kind war, hat sie sie dort besucht.

SV: Wo fand die Hochzeit statt?

BF: In meinem Ort, XXXX XXXX .

SV: Als Sie dort waren, wo war der Sitz des Gouverneurs in Baghlan?

BF: Der Gouverneurssitz war in unserer Stadt.

SV: Können Sie sich erinnern, wer der Gouverneur war?

BF: Nein. Seit ich im Gefängnis bin, vergesse ich alles. Ich habe sogar die Namen meiner ältesten Kinder vergessen.

SV: Wie weit ist es von Ihrem Wohnort bis Pol-ekhumri mit dem Auto?

BF: Es ist nicht so weit entfernt. Wenn man zu Fuß geht, vielleicht eine halbe Stunde bis Stunde. Mit dem Auto vielleicht fünf bis zehn Minuten.

R an SV: Stimmen die Angaben des BF, dass er sein gesamtes Leben in Afghanistan verbracht hat und lediglich 4 Monate nach der Ausreise aus Afghanistan im Iran gelebt hat?

SV: Nach einigen Angaben des BF in der heutigen Verhandlung gehe ich davon aus, dass der BF für längere Zeit aus Afghanistan weg gewesen ist, als nur drei Jahre. Dafür sprechen die widersprüchlichen Angaben bzw. die Unkenntnisse des BF über die Situation in Afghanistan seit mindestens 30 Jahren. Die sowjetischen Soldaten sind im Dezember 1979 in Afghanistan einmarscheiert und 1988 endgültig aus Afghanistan abgezogen. Das heißt, die Russen waren nicht 20 Jahre in Afghanistan im Krieg. Die Taliban haben Afghanistan 1996 bis Oktober 2001 offiziell beherrscht. Ihr Staat ist islamisches Emirat von Afghanistan. Das Gebiet des BF Baghlan gehört zu einer Hochburg der Taliban. Die Taliban sind 1998 in Baghlan einmarschiert und sie blieben bis 2001 dort. Seit der kommunistischen Herrschaft in den 80er Jahren ist die Provinz-Hauptstadt der Provinz Baghlan von Schahr Djadid nach Pol-ekhumri umgesiedelt worden und seitdem bis zum heutigen Tag ist Pol-ekhumri der Sitz des Gouverneurs der Provinz Baghlan. Ausgehend von diesen widersprüchlichen Angaben bzw. der Unkenntnisse des BF über die Situation in Afghanistan gehe ich davon aus, dass der BF schon in den 80er Jahren Afghanistan verlassen hat. Der BF stammt aus Afghanistan. Er müsste aus Baghlan stammen. Aus seinem Dari-Dialekt ist auch eine gewisse Nordafghanischer Dari-Dialekt zu erkennen, aber die Dari-Sprache des BF ist von iranischem Dialekt stark gefärbt. Da der BF keine Bildung hat, hat er sehr viel von seinem afghanischen Dialekt behalten. Die gebildeten Afghanen und die jungen Afghanen, die Afghanistan verlassen und länger im Iran leben, geraten sie sehr stark unter den Einfluss der iranischen Dari-Sprache, sodass sie sehr stark Farsi mit iranischem Einschlag sprechen.

R: Entspricht es der afghanischen Realität, dass die Witwe seines Onkels mit dem BF verheiratet wurde, als dieser erst 15 Jahre alt war?

SV: In Afghanistan nach dem islamischen und traditionellen Verständnis der Bevölkerung gehört eine Witwe der Familie ihres verstorbenen Mannes. Aus diesem Grunde werden die Witwen oft mit Mitglieder der Familie des verstorbenen Mannes verheiratet. Auch wenn es zwischen dem Mann und der Frau große Altersunterscheide gibt. Der Hauptgrund für die Verheiratung von Witwen mit Jugendlichen ist die Erbschaftsfrage, wenn die Witwe Kinder hat. Die Familie des verstorbenen Mannes möchte nicht, dass mit dem Auszug der Frau mit den Kindern aus dem Hause ihres verstorbenen Mannes ein Teil der Erbschaft von diesen mitgenommen wird. Bei der Erbschaft handelt es sich meistens um Grundstücke. Die Familie des Mannes will nicht diese Grundstücke an die Kernfamilie der Witwe abtreten.

Hierzu möchte ich auf folgende Internetquellen hinweisen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Taliban

http://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/1306484

https://en.wikipedia.org/wiki/Pul-e_Khomri

RV: Ich habe keine Fragen an den SV, möchte aber anmerken hinsichtlich der Angaben des BF zur Regierungszeit der Taliban und den jeweiligen Provinzhauptstädten in den letzten 30 Jahren ist wohl der Bildungsstand des BF zu berücksichtigen. Ich habe keine Fragen mehr an den BF.

R: Gemeinsam mit der Ladung wurde Ihnen die Erkenntnisquellen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat übermittelt (aktuelles LIB Afghanistan 25.09.2017). Dazu möchte ich Ihnen folgende aktuelle

Dokumente übergeben:

• Kurzinformation der Staatendokumentation - Afghanistan - Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan vom 21.12.2017

RV verzichte auf die Aushändigung der LIB

R: Wollen Sie sich hierzu äußern?

RV: Ich verweise auf die aktuellen Länderberichte der Staatendokumentation, in welchem die Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz des BF als äußerst volatil beschrieben wird und auch die Angaben des BF hinsichtlich der Taliban Deckung zu finden hinzuweisen ist auch auf die Gefährdung als Rückkehrer. Der BF will nach seiner Haft, seine Kinder aufwachsen sehen und ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK führen. Die im angefochtenen Bescheid getroffene Rückkehrentscheidung stellt einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF dar.

...

R: Haben Sie Ihre Frau oder Ihre Kinder in der Haft besucht?

BF: Nein.

R: Hat Sie sonst jemand besucht?

BF: Nein.

R: Weiß Ihre Familie in Afghanistan bzw. in Österreich, dass Sie in Haft sitzen?

BF: Meine Familie in Afghanistan weiß es nicht, weil wir es nicht wollten.

R: Wer ist mit "Wir" gemeint?

BF: Das ist so. Meine zweite Frau steht meinen Kindern aus erster Ehe sehr nahe und meine zweite Frau weiß, dass ich im Gefängnis bin. In Afghanistan habe ich nur meinen Schwiegervater. Der Rest meiner Familie ist im Iran, nachgefragt gebe ich an, von heute an gerechnet 13 Jahre. Meine gesamte Familie, die älteste Tochter von meinem Onkel und meine Brüder sind im Iran. Es handelt sich dabei um fast 60 Personen in Afghanistan ist nur mein Schwiegervater. Ich weiß nicht ob sie es wissen.

R fragt den BF, ob er die Dolmetscherin gut verstanden habe; dies wird bejaht.

R fragt die D in welcher Sprache sie übersetzt hat.

D: In Farsi.

BF: Ich habe eine Bitte. Ich bitte Sie mir die Nummer meiner Kinder aushändigen, damit ich sie anrufen kann.

R: Ich habe die Nummer nicht."

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist schiitischen Bekenntnisses. Er ist nach eigenen Angaben 49 Jahre alt.

Am 02.01.2016 stellte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit ihm reisten K XXXX I XXXX und deren vier gemeinsame Kinder ein, Z XXXX I XXXX , zum Zeitpunkt der Einreise 13 Jahre alt, Z XXXX I XXXX , 12 Jahre alt, N XXXX I XXXX , 8 Jahre alt, und E XXXX I XXXX , 2 Jahre alt) und stellten an selben Tag jeweils Anträge auf internationalen Schutz.

Er ist in der Provinz B XXXX , in der Stadt B XXXX , XXXX geboren. Bevor der Beschwerdeführer nach Österreich reiste, hielt er sich seit zumindest 14 Jahren im Iran auf.

Zwei Brüder, H XXXX A XXXX I XXXX und H XXXX A XXXX I XXXX leben in B XXXX , XXXX , S XXXX XXXX , in deren Elternhaus. Beide arbeiten in der Landwirtschaft. Sein Bruder M XXXX M XXXX I XXXX lebt im Iran, er arbeite auf Baustellen. Weitere Geschwister sowie seine Eltern sind bereits verstorben.

Ein Onkel väterlicherseits, A XXXX B XXXX I XXXX , lebt im Iran, er arbeitet nicht mehr. Die weiteren Verwandten sind bereits verstorben. Weiter hat der BF noch vier Söhne von seiner ersten Frau im Iran.

Bis zu seiner Inhaftierung bestand der Kontakt zu allen Familienmitgliedern in Afghanistan oder im Iran.

Der BF hat einen entfernten Verwandten in Linz, Q XXXX A XXXX . Ein Sohn seiner Tante väterlicherseits, N XXXX M XXXX A XXXX , lebt in Oberösterreich, M XXXX .

Enkelkinder seines Onkels leben in Wien, diese heißen I XXXX A XXXX , H XXXX A XXXX , B XXXX A XXXX . Der Name des vierten wäre Z XXXX A XXXX oder A XXXX A XXXX . Eine besondere Beziehungsintensität oder ein Abhängigkeitsverhältnis besteht nicht.

Der BF konnte im Iran seine Existenz und die seiner Familie sichern und war zuletzt als Bauarbeiter berufstätig. Er ist gesund und arbeitsfähig. Seine Familie besitzt ein Haus.

Die Ehe mit K XXXX I XXXX wurde nicht legal geschlossen, da diese dass gesetzliche Heiratsalter in Afghanistan von 16 Jahren nicht erreichte. Sie wurde 1988 geboren, die Heirat erfolgte im Alter von 15 Jahren.

Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung konnte nicht festgestellt werden.

Eine Rückkehr in die Heimatprovinz ist nicht zumutbar.

Dem Beschwerdeführer steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in der Stadt KABUL oder MAZAR-E SHARIF zur Verfügung.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan in seinem Recht auf das Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

Der BF hat in Österreich Familie und Verwandte und ist nicht erwerbstätig.

Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 02.08.2017, GZ: XXXX , wurde der BF wegen der Verbrechen der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15 Abs.1, 201 Abs. 1 1. Fall StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 1. Fall StGB, der Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15 Abs.1 , 105 Abs.1, 106 Abs.1 Z 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs. 1 und 3 Z 1 1. Fall und Abs. 4 Satz 2 2. Fall StGB schuldig gesprochen und zu 30 Monaten unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt.

Er verbüßt seine Haftstraffe in der Justizanstalt S XXXX . Er erhält keinen Besuch seiner Familie, absolviert keine Ausbildung oder geht einer Arbeit nach. Er besucht keine Therapie. Im Oktober 2017 schrieb der BF aus der Haft einen Brief an K XXXX I XXXX , in dem er sie und ihren ältesten Sohn mit dem Tod bedrohte.

K XXXX I XXXX und die Kinder beabsichtigen nicht, nach der Entlassung des BF das Ehe- und Familienleben wiederaufzunehmen.

Zu Afghanistan:

KI vom 21.12.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil - der Konflikt zwischen regierungsfeindlichen Kräften und Regierungskräften hält landesweit an (UN GASC 20.12.2017). Zur Verschlechterung der Sicherheitslage haben die sich intensivierende Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften beigetragen (SIGAR 30.10.2017; vgl. SCR 30.11.2017).

Die afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte verstärkten deutlich ihre Luftoperationen (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die in 22 Provinzen registriert wurden. So haben sich im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) Luftangriffe um 73% gegenüber dem Vorjahreswert erhöht (UN GASC 20.12.2017). Der Großteil dieser Luftangriffe wurde in der südlichen Provinz Helmand und in der östlichen Provinz Nangarhar erfasst (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die als Hochburgen des IS und der Taliban gelten (SIGAR 30.10.2017). Verstärkte Luftangriffe hatten wesentliche Auswirkungen und führten zu hohen Opferzahlen bei Zivilist/innen und regierungsfeindlichen Elementen (UN GASC 20.12.2017). Zusätzlich ist die Gewalt in Ostafghanistan auf die zunehmende Anzahl von Operationen der ANDSF und der Koalitionskräfte zurück zu führen (SIGAR 30.10.2017).

Landesweit kam es immer wieder zu Sicherheitsoperationen, bei denen sowohl aufständische Gruppierungen als auch afghanische Sicherheitskräfte Opfer zu verzeichnen hatten (Pajhwok 1.12.2017; TP 20.12.2017; Xinhua 21.12.2017; Tolonews 5.12.2017; NYT 11.12.2017).

Den Vereinten Nationen zufolge hat sich der Konflikt seit Anfang des Jahres verändert, sich von einer asymmetrischen Kriegsführung entfernt und in einen traditionellen Konflikt verwandelt, der von bewaffneten Zusammenstößen zwischen regierungsfeindlichen Elementen und der Regierung gekennzeichnet ist. Häufigere bewaffnete Zusammenstöße werden auch als verstärkte Offensive der ANDSF-Operationen gesehen um die Initiative von den Taliban und dem ISKP zu nehmen - in diesem Quartal wurde im Vergleich zum Vorjahr eine höhere Anzahl an bewaffneten Zusammenstößen erfasst (SIGAR 30.10.2017).

Sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.9. - 15.11.2017) 3.995 sicherheitsrelevante Vorfälle; ein Rückgang von 4% gegenüber dem Vorjahreswert. Insgesamt wurden von 1.1.-15.11.2017 mehr als 21.105 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, was eine Erhöhung von 1% gegenüber dem Vorjahreswert andeutet. Laut UN sind mit 62% bewaffnete Zusammenstöße die Hauptursache aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs [Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen], die in 17% der sicherheitsrelevanten Vorfälle Ursache waren. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von den südlichen Regionen - zusammen wurde in diesen beiden Regionen 56% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Gezielte Tötungen und Entführungen haben sich im Vergleich zum Vorjahreswert um 16% erhöht (UN GASC 20.12.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden vom 1.1.-30.11.2017 24.917 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan registriert (Stand: Dezember 2017) (INSO o.D.).

Zivilist/innen

Im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des letzten Jahres registrierte die UNAMA zwischen 1.1. und 30.9.2017 8.019 zivile Opfer (2.640 Tote und 5.379 Verletzte). Dies deutet insgesamt einen Rückgang von fast 6% gegenüber dem Vorjahreswert an (UNAMA 10.2017); konkret hat sich die Anzahl getöteter Zivilist/innen um 1% erhöht, während sich die Zahl verletzter Zivilist/innen um 9% verringert hat (UN GASC 20.12.2017).Wenngleich Bodenoffensiven auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer waren - führte der Rückgang der Anzahl von Bodenoffensiven zu einer deutlichen Verringerung von 15% bei zivilen Opfern. Viele Zivilist/innen fielen Selbstmordattentaten, sowie komplexen Angriffen und IEDs zum Opfer - speziell in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Kandahar und Faryab (UNAMA 10.2017).

Zivile Opfer, die regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben wurden, sind um 37% zurückgegangen: Von insgesamt 849 waren 228 Tote und 621 Verletzte zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Elementen zugeschrieben werden, um 7%: von den 1.150 zivilen Opfer starben 225, während 895 verletzt wurden. Die restlichen Opfer konnten keiner Tätergruppe zugeschrieben werden (UNAMA 10.2017).

High-profile Angriffe:

Am 31.10.2017 sprengte sich ein Selbstmordattentäter in der "Green Zone" der Hauptstadt Kabul in die Luft. Der angebliche Täter soll Quellen zufolge zwischen 12-13 Jahren alt gewesen sein. Mindestens vier Menschen starben bei dem Angriff und ein Dutzend weitere wurden verletzt. Dies war der erste Angriff in der "Green Zone" seit dem schweren Selbstmordattentat im Mai 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017). der IS bekannte sich zu diesem Vorfall Ende Oktober 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017; UN GASC 20.12.2017)

Am 20.10.2017 sprengte sich ein Angreifer in der Shia Imam Zamam Moschee in Kabul in die Luft; dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet und 45 weitere verletzt. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017; UN GASC 20.12.2017). In dem Distrikt Solaina, in der westlichen Provinz Ghor, wurde ebenso eine Moschee angegriffen - in diesem Fall handelt es sich um eine sunnitische Moschee. Die tatsächliche Opferzahl ist umstritten: je nach Quellen sind zwischen 9 und 39 Menschen bei dem Angriff gestorben (Independent 20.10.2017; vgl. NYT 20.10.2017; al Jazeera 20.10.2017).

Am 19.10.2017 wurde im Rahmen eines landesweit koordinierten Angriffes der Taliban 58 afghanische Sicherheitskräfte getötet: ein militärisches Gelände, eine Polizeistationen und ein militärischer Stützpunkt in Kandahar wären beinahe überrannt worden (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017). Einige Tage vor diesem Angriff töteten ein Selbstmordattentäter und ein Schütze mindestens 41 Menschen, als sie ein Polizeiausbildungszentrum in der Provinzhauptstadt Gardez stürmten (Provinz Paktia) (BBC 21.10.2017). In der Woche davor wurden 14 Offiziere der Militärakademie auf dem Weg nach Hause getötet, als ein Selbstmordattentäter den Minibus in die Luft sprengte in dem sie unterwegs waren (NYT 20.10.2017). Die afghanische Armee und Polizei haben dieses Jahr schwere Verlusten aufgrund der Taliban erlitten (BBC 21.10.2017).

Am 7.11.2017 griffen als Polizisten verkleidete Personen/regierungsfeindliche Kräfte eine Fernsehstation "Shamshad TV" an; dabei wurde mindestens eine Person getötet und zwei Dutzend weitere verletzt. Die afghanischen Spezialkräfte konnten nach drei Stunden Kampf, die Angreifer überwältigen. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Guardian 7.11.2017; vgl. NYT 7.11.2017; UN GASC 20.12.2017).

(Guardian 7.11.2017)

Bei einem Selbstmordangriff im November 2017 wurden mindestens neun Menschen getötet und einige weitere verletzt; die Versammelten hatten einem Treffen beigewohnt, um den Gouverneur der Provinz Balkh - Atta Noor - zu unterstützen; auch hier bekannte sich der IS zu diesem Selbstmordattentat (Reuters 16.11.2017; vgl. UN GASC 20.12.2017) Interreligiöse Angriffe

Serienartige gewalttätige Angriffe gegen religiöse Ziele, veranlassten die afghanische Regierung neue Maßnahmen zu ergreifen, um Anbetungsorte zu beschützen: landesweit wurden 2.500 Menschen rekrutiert und bewaffnet, um 600 Moscheen und Tempeln vor Angriffen zu schützen (UN GASC 20.12.2017).

Seit 1.1.2016 wurden im Rahmen von Angriffen gegen Moscheen, Tempel und andere Anbetungsorte 737 zivile Opfer verzeichnet (242 Tote und 495 Verletzte); der Großteil von ihnen waren schiitische Muslime, die im Rahmen von Selbstmordattentaten getötet oder verletzt wurden. Die Angriffe wurden von regierungsfeindlichen Elementen durchgeführt - hauptsächlich dem IS (UNAMA 7.11.2017).

Im Jahr 2016 und 2017 registrierte die UN Tötungen, Entführungen, Bedrohungen und Einschüchterungen von religiösen Personen - hauptsächlich durch regierungsfeindliche Elemente. Seit 1.1.2016 wurden 27 gezielte Tötungen religiöser Personen registriert, wodurch 51 zivile Opfer zu beklagen waren (28 Tote und 23 Verletzte); der Großteil dieser Vorfälle wurde im Jahr 2017 verzeichnet und konnten großteils den Taliban zugeschrieben werden. Religiösen Führern ist es möglich, öffentliche Standpunkte durch ihre Predigten zu verändern, wodurch sie zum Ziel von regierungsfeindlichen Elementen werden (UNAMA 7.11.2017).

ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Informationen zur Stärke der ANDSF und ihrer Opferzahlen werden von den US-amerikanischen Kräften in Afghanistan (USFOR-A) geheim gehalten; im Bericht des US-Sonderbeauftragten für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR) werden Schätzungen angegeben:

Die Stärke der ANDSF ist in diesem Quartal zurückgegangen; laut USFOR-A Betrug die Stärke der ANDSF mit Stand August 2017 etwa 320.000 Mann - dies deutet einen Rückgang von 9.000 Mann gegenüber dem vorhergehenden Quartal an. Dennoch erhöhte sich der Wert um

3.500 Mann gegenüber dem Vorjahr (SIGAR 30.10.2017). Die Schwundquote der afghanischen Nationalpolizei war nach wie vor ein großes Anliegen; die Polizei litt unter hohen Opferzahlen (UN GASC 20.12.2017).

Im Rahmen eines Memorandum of Understanding (MoU) zwischen dem afghanischen Verteidigungs- und Innenministerium wurde die afghanische Grenzpolizei (Afghan Border Police) und die afghanische Polizei für zivile Ordnung (Afghan National Civil Order Police) dem Verteidigungsministerium übertragen (UN GASC 20.12.2017). Um sogenanntem "Geisterpersonal" vorzubeugen, werden seit 1.1.2017 Gehälter nur noch an jenes Personal im Innen- und Verteidigungsministerium ausbezahlt, welches ordnungsgemäß registriert wurde (SIGAR 30.10.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Taliban

Der UN zufolge versuchten die Taliban weiterhin von ihnen kontrolliertes Gebiet zu halten bzw. neue Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen - was zu einem massiven Ressourcenverbrauch der afghanischen Regierung führte, um den Status-Quo zu halten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive unternahmen die Taliban keine größeren Versuche, um eine der Provinzhauptstädte einzunehmen. Dennoch war es ihnen möglich kurzzeitig mehrere Distriktzentren einzunehmen (SIGAR 30.10.2017):

Die Taliban haben mehrere groß angelegte Operationen durchgeführt, um administrative Zentren einzunehmen und konnten dabei kurzzeitig den Distrikt Maruf in der Provinz Kandahar, den Distrikt Andar in Ghazni, den Distrikt Shib Koh in der Farah und den Distrikt Shahid-i Hasas in der Provinz Uruzgan überrennen. In allen Fällen gelang es den afghanischen Sicherheitskräften die Taliban zurück zu drängen - in manchen Fällen mit Hilfe von internationalen Luftangriffen. Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es, das Distriktzentrum von Ghorak in Kandahar unter ihre Kontrolle zu bringen - dieses war seit November 2016 unter Talibankontrolle (UN GASC 20.12.2017).

Im Rahmen von Sicherheitsoperationen wurden rund 30 Aufständische getötet; unter diesen befand sich - laut afghanischen Beamten - ebenso ein hochrangiger Führer des Haqqani-Netzwerkes (Tribune 24.11.2017; vgl. BS 24.11.2017). Das Haqqani-Netzwerk zählt zu den Alliierten der Taliban (Reuters 1.12.2017).

Aufständische des IS und der Taliban bekämpften sich in den Provinzen Nangarhar und Jawzjan (UN GASC 20.12.2017). Die tatsächliche Beziehung zwischen den beiden Gruppierungen i

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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