Entscheidungsdatum
19.03.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W257 2144344-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA, als Einzelrichter über den Antrag von XXXX , XXXX , Staatsbürger der Islamischen Republik von Afghanistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 07.06.2017, Zahl: W257 2144344-1/25E, abgeschlossenen Asylverfahrens zu Recht:
A) Der Antrag wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Antragssteller, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 12.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz und die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten als unberechtigt abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig sei. Der Beschwerdeführer bekam eine zweiwöchige Frist für seine Ausreise zugestanden.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben, welches nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, mit dem im Spruch angeführten Erkenntnis vollumfänglich abwies. In der Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht - sofern hier wesentlich - in Bezug auf die Nichtgewährung von Asyl aus, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelang, glaubhaft nachzuweisen dass ihm mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung oder eine Gefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anhaftet. Der Beschwerdeführer legte in dem Verfahren vermeintliche Drohbriefe der Taliban vor und behauptete, dass seine beiden Brüder bei der Armee gearbeitet hätten. Die Rechtsvertretung stellte in der mündlichen Verhandlung am 20.04.2017 den Antrag diesbezüglich Erhebungen in Afghanistan zu stellen. Daraufhin wurde mit Beschluss vom 26.04.2017 Mag. Mahringer als Amtssachverständige bestellt und in Afghanistan eine örtliche Erhebungen durchgeführt. Es wurden zudem die Drohbriefe auf Authentizität geprüft.
In dem Gutachten vom 15.05.2017 wurde festgestellt, dass die Brüder nicht in der Armee gedient haben, die Drohbriefe mit hoher Wahrscheinlichkeit Fälschungen sind, und für die lokale Bevölkerung im Heimatgebiet des Beschwerdeführers keine Bedrohung besteht.
Das Ergebnis wurde den Beschwerdeführer übermittelt und um eine Stellungnahme ersucht. Diese Stellungnahme des Beschwerdeführers langte 26.05.2017 bei Gericht ein, indem die Qualität des Gutachtens bemängelt wurde.
Die Nichtgewährung des subsidiären Schutzes begründet das Gericht damit, dass dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Flucht- und Schutzalternative in Kabul offenstand. Die erhobenen Mängel hinsichtlich des Gutachtens wurden beweiswürdigend dargelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof wies am 20.09.2017, Zahl: Ra 2017/19/0290-6, die dagegen erhobene außerordentliche Revision zurück. In Rz 5 führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass Teile der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses im Zusammenhang mit der Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative Widersprüche aufweise, letztlich dennoch hinreichend nachvollziehbar sei, aus welchen Grund das Bundesverwaltungsgericht von der fehlenden Glaubhaftmachung des Fluchtvorbringens und dem Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative ausgingt.
Am 26.02.2018 langte der vorliegende Antrag auf Wiederaufnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, das Bundesverwaltungsgericht habe die Abweisung im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten tragend auf das Gutachten von Mag. Mahringer bezogen (Seite 5).
Am 12.02.2018 sei der Rechtsvertretung des Aufnahmewerbers ein Gutachten von Doz. Dr. Stefan Weber übermittelt worden, welches sich mit der Wissenschaftlichkeit des Gutachten von Mag. Mahringer auseinandergesetzt und dessen Ungeeignetheit festgestellt habe. Das Gutachten von Dr. Weber stelle ein neues Beweismittel dar, welches jene Tatsachen in Zweifel ziehe, auf welche sich das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative tragend gestützt habe. Es liege daher ein tauglicher Wiederaufnahmegrund vor, der geeignet sei, im Hauptinhalt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes ein anders lautendes Erkenntnis herbeizuführen.
Das Gutachten des Dr. Weber vom 08.02.2018 bezieht sich allerdings nicht auf das Gutachten des Mag. Mahringer vom 15.05.2017, welche dem Verfahren zugrunde gelegt wurde, sondern auf das Gutachten mit der Gz.: BwVG-160000/0001-Kammer A/2017.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweismittel:
Das Gericht nahm Einsicht in den Antrag und dem abgeschlossenen Verfahren vor dem Gericht (W257 2144344-1).
2. Rechtliche Beurteilung:
Der vom Aufnahmewerber geltend gemachte Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) setzt unter anderem voraus, dass neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG rechtfertigen neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen; gleiches gilt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für neu entstandene Beweismittel, sofern sie sich auf "alte" - d.h. nicht erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstandene - Tatsachen beziehen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 2015, Ra 2014/18/0089, mwN).
Die Wiederaufnahme des Verfahrens setzt weiters die Eignung der neuen Tatsachen oder Beweismittel voraus, dass diese allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Ergebnis herbeigeführt hätten. Ob diese Eignung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, die im Wiederaufnahmeverfahren zu beantworten ist; ob tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zustande kommt, ist sodann eine Frage, die im wiederaufgenommenen Verfahren zu klären ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. April 2007, 2004/09/0159).
Tauglich ist ein Beweismittel als Wiederaufnahmegrund (ungeachtet des Erfordernisses der Neuheit) also nur dann, wenn es nach seinem objektiven Inhalt und unvorgreiflich der Bewertung seiner Glaubwürdigkeit die abstrakte Eignung besitzt, jene Tatsachen in Zweifel zu ziehen, auf welche das Bundesverwaltungsgericht entweder die den Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens bildende Entscheidung oder zumindest die zum Ergebnis dieser Entscheidung führende Beweiswürdigung tragend gestützt hat (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 19. April 2007).
I.
Im vorliegenden Fall stützte sich das Gericht hinsichtlich des Fluchtvorbringens auf das Gutachten von Mag. Mahringer vom 15.05.2017. Das Gutachten von Dr. Weber stützt sich allerdings auf ein anderes Gutachten des Herrn Mag. Mahringer, nämlich jenes mit der Geschäftszahl BwVG-160000/0001-Kammer A/2017. Es liegt somit kein Gutachten des Dr. Weber für das dem Verfahren zugrundeliegenden Gutachten vom 15.05.2017 vor. Das Gutachten des Dr. Weber ist per se nicht geeignet, das Gutachten vom 15.05.2017 anzuzweifeln.
In Punkt 3.4. wird beweiswürdigend dargelegt, warum das Gericht dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in sein Heimatdorf zumutet. Dabei stützt sich das Gericht abermals auf das Gutachten vom 15.05.2017. Der Aufnahmewerber vermeinte, dass sich das Gericht in Hinblick auf die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative auf die angebliche Unglaubwürdigkeit des BF sich tragend auf das inkriminierte Gutachten gestützt habe (Seite 9 des Antrages). Dies entspricht nicht den Tatsachen.
Richtig ist vielmehr, dass das Gericht von einer Rückkehr in seine Heimatregion ausgeht (3.4.) Eine innerstaatliche Fluchtalternative nahm zwar die Behörde (sh Punkt 1.1.11.2.) an, nicht aber das Gericht.
Zudem stützt sich das Gericht hierbei auf das Gutachten vom 15.05.2017 und nicht jenes, welches Dr. Weber untersuchte.
II.
Jedoch selbst wenn Dr. Weber auf das Gutachten vom 15.05.2017 in die Beurteilung miteingeschlossen hätte und zu demselben Ergebnis käme wie in seinem Gutachten vom 08.02.2018 ist Folgendes anzuführen:
Die mangelnde Qualität des Gutachtens wurde bereits in dem Verfahren seitens des Aufnahmewerbers eingebracht. Das Gericht befasst sich mit dem Vorbringen in der Beweiswürdigung und legte seine Überlegungen zu dem Gutachten ganz klar offen. Der Revisionswerber bemängelte in der Revision abermals das Gutachten, wobei der Verwaltungsgerichtshof dem Bundesverwaltungsgericht folgen konnte. Die zentrale Frage der "Qualität des Gutachtens" wurde in dem Verfahren ausreichend behandelt.
III.
Zudem wurde dem Aufnahmewerber zu dem vorgelegten Gutachten ausreichend Zeit einräumt dazu Stellung zu nehmen. Dem Antrag ist nicht zu entnehmen, warum das Gutachten des Dr. Weber nicht schon bis zur mündlichen Verhandlung eingeholt werden konnte um es dem Verfahren zugrunde zu legen. Es lag in seiner Sphäre das Gutachten entsprechend frühzeitig einzuholen und als Beweismittel vorzulegen. Dies wurde verabsäumt.
Es kann daher im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass das vom Aufnahmewerbers ins Treffen geführte Gutachten im abgeschlossenen Asylverfahren nicht ohne sein Verschulden im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG geltend gemacht werden konnte, weshalb auch aus diesen Erwägungen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiederaufnahme nicht vorlagen (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 2012, 2010/08/0165 und vom 16. September 2009, 2005/10/0107 zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG u.v.m.).
IV.
Eine nähere Auseinandersetzung damit, ob es sich beim vorliegenden Gutachten überhaupt um ein zur Wiederaufnahme taugliches neues Beweismittel handelt, konnte aufgrund der obigen Erwägungen daher unterbleiben (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. November 2016, Ra 2016/12/0096 m.w.H.).
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte vor dem Hintergrund, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen war, gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.
Damit erübrigt sich auch die Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht, wie der Wiederaufnahmewerber in Punkt 3 des Antrages vorbringt.
Zu Spruchpunkt B.
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder mangelt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die oben angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; diese ist auch nicht uneinheitlich.
Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.
Schlagworte
Gutachten, Verschulden, Voraussetzungen, Wiederaufnahme,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W257.2144344.2.00Zuletzt aktualisiert am
29.03.2018