TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/19 W192 2188914-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.2018
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Entscheidungsdatum

19.03.2018

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W192 2163510-1/13E

W192 2163507-1/7E

W192 2163513-1/7E

W192 2188914-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. RUSO über die Beschwerden von 1.) XXXX , 2.) XXXX , 3.) XXXX 4.) XXXX , StA. Kasachstan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.06.2017 bzw. 17.06.2017 und 21.02.2018, Zl. 1.) 622284501-170277611, 2.) 1144609406-170277646, 3.) 1144609504-170277675, 4.) 1180106608-180097831 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als

unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin gelangte gemeinsam mit ihren minderjährigen Töchtern, der Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführerin illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 03.03.2017 für sich und ihre Kinder einen Antrag auf internationalen Schutz. Zur Person der Erstbeschwerdeführerin liegen jeweils eine EURODAC-Treffermeldung über eine Asylantragstellung am 26.01.2013 in Polen, am 02.02.2013 in Österreich und am 13.12.2013 in Deutschland vor.

Im Verlauf der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 03.03.2017 brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass sie durch keine Krankheiten an der Einvernahme gehindert werde und keine Medikamente benötige. Die Erstbeschwerdeführerin habe in Polen und in Deutschland jeweils Asylanträge gestellt, über welche negativ entschieden worden sei. Sie habe sich etwa acht Monate lang in Polen und dreieinhalb Jahre lang in Deutschland aufgehalten. 2013 sei sie nach einem einmonatigen Aufenthalt aus Österreich nach Polen überstellt worden.

Die Beschwerdeführerin befürchte im Falle einer Überstellung nach Polen oder Deutschland nach Kasachstan abgeschoben zu werden.

Die Beschwerdeführerin habe während ihres Aufenthaltes in Deutschland ihren Lebensgefährten kennengelernt, der in Österreich anerkannter Flüchtlinge sei. Er sei der Vater ihrer beiden Kinder. Deshalb seien die Beschwerdeführer nach Österreich gereist.

Bei einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 27.03.2017 gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie und ihre Kinder gesund seien. Ihre Eltern und vier Geschwister würden sich in Deutschland aufhalten, die Erstbeschwerdeführerin lebe mit ihren beiden Kindern in Österreich im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Lebensgefährten und Vater ihrer Kinder. Die Beschwerdeführerin habe ihren Lebensgefährten 2014 in Deutschland kennengelernt und mit ihm dort nach traditionellem Ritus eine Ehe geschlossen. Der Lebensgefährte habe die Erstbeschwerdeführerin ein bis zweimal im Monat in Deutschland besucht, dies sei etwa zwanzig Mal und zuletzt im November 2016 erfolgt, als er gekommen sei, um die Vaterschaftsanerkennung zu unterschreiben. Die Erstbeschwerdeführerin beabsichtige mit ihrem Lebensgefährten standesamtlich die Ehe zu schließen, dies sei aufgrund fehlender Dokumente bisher nicht möglich gewesen.

Am 10.04.2017 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Lebensgefährten der Erstbeschwerdeführerin als Zeuge, wobei dieser im Wesentlichen die Angaben der Erstbeschwerdeführerin über das Zustandekommen und die Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft bestätigte.

Das BFA richtete am 14.04.2017 jeweils ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: "Dublin III-VO") gestützte Wiederaufnahmeersuchen an Polen und an Deutschland. Die polnischen Behörden teilten mit Schreiben vom 21.04.2017 mit, dass dem Ersuchen nicht entsprochen werde, da Deutschland wegen des 2014 erfolgten Ablaufes der Überstellungsfrist für die Wiederaufnahme in Polen zur Prüfung der Asylanträge der Beschwerdeführer zuständig geworden sei.

Mit Schreiben vom 20.04.2017, beim BFA am selben Tag eingelangt, stimmten die deutschen Behörden diesem Ersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Bei einer unter Mitwirkung eines Rechtsberaters durchgeführten weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 17.05.2017 gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie schwanger sei, sich nicht so gut fühle und sie Medikamente benötige. Ihre Kinder hätten keine lebensbedrohlichen Erkrankungen, sie hätten eine Augenentzündung bzw. eine Verkühlung.

Zum Hinweis, dass Deutschland einer Überstellung der Beschwerdeführer zugestimmt habe und beabsichtigt sei, die Beschwerdeführer nach Deutschland auszuweisen, brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass sie mit ihrem Ehemann zusammen lebe. Sie könne sich nicht allein um ihre Kinder kümmern, sei derzeit schwanger und vertrage die Schwangerschaft schwer. Auch bei den ersten beiden Schwangerschaften sei dies so gewesen, dass ihr Mann nach Deutschland gereist sei, um sie zu unterstützen. Sie wolle nicht nach Deutschland zurückkehren.

Durch den Rechtsberater wurde ergänzt, dass die Erstbeschwerdeführerin bei der Rechtsberatung vorgebracht habe, sie werde durch die Deutschkenntnisse ihres Ehegatten entscheidend unterstützt und entlastet, während sie in Deutschland niemanden habe, der sie sprachlich unterstütze.

Die Beschwerdeführer legten am 29.05.2017 eine Heiratsurkunde eines österreichischen Standesamtes vor, woraus sich ergibt, dass die Erstbeschwerdeführerin an diesem Tag mit ihrem Lebensgefährten eine Ehe geschlossen hat. Weiters wurden Ablichtungen relevanter Seiten eines Mutter-Kind-Passes vorgelegt, woraus sich ergibt, dass bei der Erstbeschwerdeführerin eine Schwangerschaft mit errechneten Geburtstermin im Jänner "2017" (offensichtlich gemeint: 2018) vorliege.

Aus einer gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren einer Ärztin für allgemeine Medizin mit Diplom für psychosomatische und psychotherapeutische Medizin, Psychotherapeutin, vom 06.06.2017 ergibt sich, dass auf Grundlage einer am 31.05.2017 durchgeführten Untersuchung der Erstbeschwerdeführerin festgestellt wurde, dass eine unauffällige intakte Schwangerschaft vorliege. Es lägen keine belastungsabhängige krankheitswerte psychische Störung und auch keine sonstigen psychischen Krankheitssymptome vor.

2. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 10.06.2017 bzw. 17.06.2017 wurde I. der jeweilige Antrag der Erstbeschwerdeführerin, der Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist, sowie II. gegen die beschwerdeführenden Parteien gemäß § 61 Abs. 1 FPG die die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der beschwerdeführenden Parteien nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Deutschland wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

Allgemeines zum Asylverfahren

In Deutschland existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 16.11.2015; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle). Im Jahr 2016 hat das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 695.733 Asylanträge entschieden. Das ist ein Anstieg von ca. 146% gegenüber 2015 (282.726 Entscheidungen). 2016 wurden 745.545 Asylanträge entgegengenommen, 268.869 mehr als im Vorjahr. Insgesamt 256.136 Personen erhielten 2016 internationalen Schutz (36,8% der Antragsteller), 153.700 Personen (22,1%) erhielten subsidiären Schutz und 24.084 Personen (3,5%) Abschiebeschutz (BAMF 11.1.2017).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 3.2.2017

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (11.1.2017):

Jahresbilanz 2016,

http://www.bamf.de/SharedDocs/Meldungen/DE/2017/20170111-asylgeschaeftsstatistik-dezember.html, Zugriff 6.2.2017

Dublin-Rückkehrer

Es gibt keine Berichte, dass Dublin-Rückkehrer in Deutschland Schwierigkeiten beim Zugang zum Asylverfahren hätten (AIDA 16.11.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 3.2.2017

Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Gemäß Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher werden unbegleitete Kinder und Jugendliche auf Grundlage einer bundes- und landesweiten Aufnahmepflicht gleichmäßig in Deutschland verteilt. Das Mindestalter zur Begründung der Handlungsfähigkeit im Asylverfahren wurde von 16 auf 18 Jahre hinaufgesetzt (BR 26.10.2015).

Im deutschen Asylverfahren gelten Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ohne Begleitung als Unbegleitete Minderjährige. Unbegleitete Minderjährige, die nach dem 1. November 2015 in Deutschland eingereist sind, werden zunächst durch das vor Ort zuständige Jugendamt in Obhut genommen. Im Rahmen dieser vorläufigen Inobhutnahme werden sie bei einer geeigneten Person (Verwandte oder Pflegefamilien) oder in einer geeigneten Einrichtung (sogenannte Clearinghäuser, die auf die Betreuung von Unbegleiteten Minderjährigen spezialisiert sind, oder Jugendhilfeeinrichtungen) untergebracht. Im Zuge der vorläufigen Inobhutnahme findet auch das sogenannte Erstscreening des Gesundheitszustands statt und stellt auch das Alter der Minderjährigen fest. Die dafür verwendeten Methoden reichen von einer reinen Altersschätzung über körperliche Untersuchungen bis hin zu radiologischen Untersuchungen, der Handwurzel, des Gebisses oder des Schlüsselbeins. Darüber hinaus schätzt das zuständige Jugendamt ein, ob die Durchführung des späteren Verteilungsverfahrens in physischer oder psychischer Hinsicht das Kindeswohl gefährden könnte. In diesem Zusammenhang wird auch die Möglichkeit einer Familienzusammenführung mit in Deutschland lebenden Verwandten geprüft. Bestehen enge soziale Bindungen zu anderen Unbegleiteten Minderjährigen, prüft das Jugendamt, ob eine gemeinsame Unterbringung sinnvoll ist. Um eine dem Kindeswohl entsprechende Unterbringung, Versorgung, Betreuung und Unterstützung der Unbegleiteten Minderjährigen sicherzustellen, gibt es ein bundesweites Verteilungsverfahren, das innerhalb von 14 Tagen durchgeführt wird. Nach dieser Verteilung ist neue Jugendamt für die weitere Inobhutnahme zuständig. Die Unterbringung erfolgt wieder bei einer geeigneten Person oder in einer geeigneten Einrichtung (siehe oben). Im Anschluss daran werden die Beantragung einer Vormundschaft, weitere medizinische Untersuchungen, die Ermittlung des Erziehungsbedarfs sowie eine Klärung des Aufenthaltsstatus veranlasst. Für Unbegleitete Minderjährige muss vom Familiengericht ein Vormund oder Pfleger bestellt werden. Eine Vormundschaft besteht in der Regel bis zur Volljährigkeit. Dabei orientiert sich die Volljährigkeit an dem Recht im Herkunftsland des Minderjährigen und nicht am deutschen Recht. Tritt also nach diesem Recht die Volljährigkeit erst nach Vollendung des 18. Lebensjahrs ein, endet die Vormundschaft auch erst zu diesem Zeitpunkt. Im anschließenden Clearingverfahren werden weitere Schritte im Bereich des Jugendhilferechts oder des Aufenthaltsrechts eingeleitet. Es umfasst unter anderem die Klärung des Aufenthaltsstatus. Auf dessen Basis wird entschieden, ob ein Asylantrag gestellt wird. Ist ein Asylverfahren nicht erfolgversprechend, kann die zuständige Ausländerbehörde auch eine Duldung ausstellen. Kommt auch dies nicht in Frage, berät die Ausländerbehörde über andere aufenthaltsrechtliche Möglichkeiten. Falls ein Asylantrag gestellt werden soll, ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BMF) die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Innerhalb des Asylverfahrens gelten für die Bestimmung der Volljährigkeit die nationalen Vorschriften. Das heißt: Asylwerber müssen mit Vollendung des 18. Lebensjahrs ihren Asylantrag selbst stellen. Ein etwaiger Vormund kann in diesem Fall aber weiterhin das Asylverfahren begleiten. Asylwerber unter 18 Jahren sind im Asylverfahren nicht handlungsfähig und ein Asylantrag muss vom Jugendamt oder Vormund schriftlich gestellt werden. Da Unbegleitete Minderjährige als besonders schutzbedürftige Personengruppe mit besonderen Garantien für ihr Asylverfahren gelten, werden ihre Asylverfahren von Sonderbeauftragten betreut, die für eine sensibilisierte Herangehensweise geschult wurden. Anhörungen finden grundsätzlich in Anwesenheit des Vormunds statt. Zusätzlich kann auch ein Beistand, z. B. eine Betreuerin oder ein Betreuer bei den Anhörungen anwesend sein. Unterbringung, Versorgung - hierzu gehört auch die sozialpädagogische Begleitung und Betreuung, Gesundheitsversorgung sowie Rechtsberatung - sind gesetzlich sichergestellt (BAMF 1.8.2016a; vgl. IAM 30.5.2016).

In Deutschland wurden 2015 42.309 UM in staatliche Obhut genommen,

22.255 davon stellten Asylanträge. 2016 gab es rund 50.300 Inobhutnahmen und 35.939 Asylanträge von UM (BAMF 31.12.2016; vgl. FRA 1.2017). Vergleicht man die Zahl der Inobhutnahmen von UM mit der Anzahl der von ihnen gestellten Asylanträge, wird deutlich, dass ein relevanter Teil der Minderjährigen auf einen Asylantrag verzichtet und sie (bzw. ihre gesetzlichen Vertreter) einen anderen aufenthaltsrechtlichen Weg suchen (BAMF 31.12.2016).

Es gibt keine gesetzliche Vorschrift zur Identifizierung Vulnerabler, mit Ausnahme von unbegleiteten Minderjährigen. Alle AW durchlaufen eine medizinische Untersuchung, die aber mehr dem Aufspüren ansteckender Krankheiten dient. Manchmal melden medizinisches Personal oder andere Mitarbeiter in den Unterbringungszentren, dass sie Anzeichen von Traumata entdeckt haben, das ist aber keine systematische Prüfung. Einige Bundesländer haben Pilotprojekte für die Identifizierung vulnerabler Asylwerber eingeführt. Vom BAMF erlassene Richtlinien sehen vor, dass insbesondere UM, Opfer geschlechtsspezifischer Verfolgung sowie Opfer von Folter und traumatisierte Asylwerber besonders sensibel und bei Bedarf von speziell ausgebildeten Referenten behandelt werden sollen. Die Einführung dieser Spezialisten (80 für UMA, 40 für Traumatisierte und 40 für Opfer geschlechtsspezifischer Verfolgung) hat die Handhabung derartiger Verfahren etwas verbessert, wobei es aber auch Beispiele gibt, wonach Hinweise auf Traumata bzw. sogar Folter nicht zur Konsultierung solcher Spezialisten geführt haben (AIDA 16.11.2015; vgl. FRA 1.2017).

Medizinische Spezialbehandlung für Traumatisierte und Folteropfer kann durch einige Spezialisten und Therapeuten in verschiedenen Behandlungszentren für Folteropfer gewährleistet werden. Da die Plätze in diesen Zentren begrenzt sind, ist der Zugang nicht immer garantiert. Da die Behandlungskosten von den Behörden nur teilweise übernommen werden (Übersetzerkosten werden etwa nicht gedeckt), sind die Zentren zu einem gewissen Grad auf Spenden angewiesen. Große geographische Distanzen zwischen Unterbringung und Behandlungszentrum sind in der Praxis auch oft ein Problem (AIDA 16.11.2015).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 3.2.2017

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016a):

Unbegleitete Minderjährige,

http://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/UnbegleiteteMinderjaehrige/unbegleitete-minderjaehrige-node.html, Zugriff 26.1.2017

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (31.12.2016):

Unbegleitete Minderjährige (UM), http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Asyl/um-zahlen-entwicklung.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 26.1.2017

-

BR - Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland (26.10.2015):

Effektive Verfahren, frühe Integration, http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/10/2015-10-15-asyl-fluechtlingspolitik.html, Zugriff 3.2.2017

-

FRA - European Union Agency for Fundamental Rights (1.2017):

Monthly data collection: January 2017, http://fra.europa.eu/en/theme/asylum-migration-borders/overviews/january-2017, Zugriff 3.2.2017

-

IAM - Informationsverbund Asyl und Migration (30.5.2016): Die Rechte und Pflichten von Asylsuchenden. Aufenthalt, soziale Rechte und Arbeitsmarktzugang während des Asylverfahrens, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1464681466_basisinf-3-160415fin.pdf, Zugriff 26.1.2017

Non-Refoulement

Im Oktober 2015 wurden Albanien, Montenegro und Kosovo der Liste sicherer Herkunftsstaaten hinzugefügt, was auch Kritik hervorrief, besonders im Hinblick auf Personen aus der Gruppe der Roma. Deutschland gewährt Personen, die sich nicht für internationalen Schutz qualifizieren mitunter auch subsidiären oder humanitären Schutz. Freiwilligen Rückkehrern wird Hilfe gewährt (USDOS 13.4.2016).

Kann weder Asyl noch Flüchtlingsschutz gewährt werden, dann prüft das BAMF im Asylverfahren auch, ob subsidiärer Schutz gewährt wird oder ein Abschiebungsverbot vorliegt. Außerhalb eines Asylverfahrens werden mögliche Abschiebungsverbote durch die zuständige Ausländerbehörde, die eine fachliche Stellungnahme des BAMF einholt, geprüft (BMdI o.D.).

Quellen:

-

BMdI - Bundesministerium des Innern (o.D.): Asyl- und Flüchtlingspolitik in Deutschland, http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Migration-Integration/Asyl-Fluechtlingsschutz/Asyl-Fluechtlingspolitik/asyl-fluechtlingspolitik_node.html, Zugriff 1.2.2017

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Germany, http://www.ecoi.net/local_link/322521/461998_de.html, Zugriff 1.2.2017

Versorgung

Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen erhalten AW Verpflegung, Unterkunft, Krankenversorgung und Verbrauchsartikel. Der notwendige Bedarf wird durch Sachleistungen gedeckt. Wenn das nicht möglich ist werden Wertgutscheine oder ähnliches bis hin zu Geldleistungen gewährt. Werden alle notwendigen persönlichen Bedarfe durch Geldleistungen gedeckt, so beträgt der Geldbetrag zur Deckung aller notwendigen persönlichen Bedarfe monatlich:

Bezieher

Betrag

Für alleinstehende Leistungsberechtigte

135 €

Für zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen

je 122 €

Für weitere erwachsene Leistungsberechtigte ohne eigenen Haushalt

je 108 €

Für sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres

76 €

Für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres

83 €

leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres

79 €

Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen werden vorrangig Geldleistungen gewährt. Der notwendige Bedarf beträgt monatlich:

Bezieher

Betrag

Für alleinstehende Leistungsberechtigte

216 €

Für zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen

je 194 €

Für weitere erwachsene Leistungsberechtigte ohne eigenen Haushalt

je 174 €

Für sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres

198 €

Für leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres

157 €

leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres

133 €

Anstelle der Geldleistungen können auch Leistungen in Form von unbaren Abrechnungen, Wertgutscheinen oder Sachleistungen gewährt werden. Der Bedarf für Unterkunft, Heizung und Hausrat wird gesondert als Geld- oder Sachleistung erbracht. Es gibt Leistungen für Bildung etc. (AsylbLG 23.12.2016, §3).

In Deutschland gibt es grundsätzlich 3 verschiedene Arten der Unterbringung: Erstaufnahmezentren, Gemeinschaftsunterkünfte und dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen. Der Betrieb dieser Einrichtungen ist Ländersache. In den Jahren 2014 und 2015 waren aufgrund der zahlreichen Migranten auch Notunterkünfte gebräuchlich (AIDA 16.11.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Zum Teil sind Notunterkünfte immer noch in Verwendung (Pro Asyl 10.1.2017).

Asylwerber müssen bis zu 6 Monate in den Erstaufnahmezentren bleiben. Wenn die Pflicht zum Aufenthalt im Erstaufnahmezentrum endet, werden AW normalerweise in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, das sind generell Unterbringungszentren im selben Bundesland. AW müssen während des gesamten Asylverfahrens in der Gemeinde aufhältig sein, die von der Behörde festgelegt wurde. Die Verantwortung für diese Art der Unterbringung wurde von den Bundesländern oftmals den Gemeinden und von diesen wiederum auf NGOs oder Privatunternehmen übertragen. Manche Gemeinden bevorzugen dezentralisierte Unterbringung in Wohnungen (AIDA 16.11.2015; vgl. auch BAMF 10.2016)

Deutschland verfügt mittlerweile bundesweit über 24 Ankunftszentren. Dort werden viele, bis dahin auf mehrere Stationen verteilte Schritte im Asylverfahren, gebündelt. Nach Möglichkeit findet das gesamte Asylverfahren unter dem Dach des Ankunftszentrums statt - von der ärztlichen Untersuchung, über die Aufnahme der persönlichen Daten und der Identitätsprüfung, der Antragstellung und Anhörung bis hin zur Entscheidung über den Asylantrag. Bei Menschen mit sehr guter Bleibeperspektive sowie Antragstellenden aus sicheren Herkunftsländern mit eher geringen Bleibeaussichten kann in der Regel vor Ort innerhalb von 48 Stunden angehört und über den Asylantrag entschieden werden (BAMF o.D,a). Neben der Bearbeitung von neuen Anträgen, werden in den Ankunftszentren seit Sommer 2016 auch ältere Verfahren bearbeitet und Anhörungen durchgeführt. Somit werden die BAMF-Außenstellen in der jeweiligen Region entlastet. Asylsuchende werden schon während der Bearbeitung ihres Antrags über die Teilnahme an Integrationskursen des Bundesamtes am jeweiligen Wohnort informiert. Sie erhalten ebenfalls eine Beratung zum möglichen Arbeitsmarktzugang durch die örtliche Bundesagentur für Arbeit (BAMF 1.8.2016b).

Quellen:

-

AIDA - Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 10.01.2017

-

AsylbLG - Asylbewerberleistungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022), das durch

Artikel 20 Absatz 6 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3324) geändert worden ist (23.12.2016): § 3 Grundleistungen, https://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/BJNR107410993.html, Zugriff 2.2.2017

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (10.2016): Ablauf des deutschen Asylverfahrens,

http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/das-deutsche-asylverfahren.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 2.2.2017

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (o.D.a):

Ankunftszentren,

http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Aufbau/Standorte/Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html, Zugriff 2.2.2017

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (1.8.2016b):

Ankunftszentren,

http://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html, Zugriff 2.2.2017

-

Pro Asyl (10.1.2017): Ein Leben ohne Privatsphäre? Sammelunterbringung darf nicht zum Dauerzustand werden, https://www.proasyl.de/news/ein-leben-ohne-privatsphaere-sammelunterbringung-darf-nicht-zum-dauerzustand-werden/, Zugriff 2.2.2017

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Germany, http://www.ecoi.net/local_link/322521/461998_de.html, Zugriff 1.2.2017

Medizinische Versorgung

NGOs kritisieren dass die medizinische Versorgung von Asylwerbern nur bei akuten Erkrankungen oder Schmerzen kostenlos ist. Einige Gemeinden und private Gruppen initiierten zusätzliche Gesundheitsprojekte. Einige Bundesländer stellen Krankenversicherungskarten zur Verfügung (USDOS 13.4.2016).

Die Gesetze sehen medizinische Versorgung für AW in Fällen akuter Erkrankung oder Schmerzen vor, welche Behandlung (auch Zahnbehandlung), Medikation etc. umfasst. Schwangere und Wöchnerinnen sind eigens im Gesetz erwähnt. Deutsche Gerichte haben sich in verschiedenen Fällen der Sichtweise angeschlossen, dass von diesen Bestimmungen auch chronische Erkrankungen abgedeckt werden, da auch diese Schmerzen verursachen können. Krankenscheine bekommen AW beim medizinischen Personal der Erstaufnahmeeinrichtung oder später auf dem zuständigen Sozialamt. Bei letzteren wird von Problemen aufgrund von Inkompetenz des Personals berichtet. Unabdingbare medizinische Behandlung steht auch Personen zu, die - aus welchen Gründen auch immer - kein Recht auf Sozialunterstützung mehr haben. Nach 15 Leistungsmonaten im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes haben AW Zugang zu Versorgung nach dem Sozialgesetzbuch. Das beinhaltet auch Zugang zu Gesundheitsversorgung nach denselben Bedingungen wie für deutsche Staatsbürger (AIDA 16.11.2015).

Deutschland garantiert allen AW ein Mindestmaß an Gesundheitsversorgung. Das gilt auch für zurückgewiesene AW bis zum Tag ihres Transfers. Die Bundesländer können autonom die elektronische Gesundheitskarte für Asylwerber einführen. Die gesetzlichen Krankenkassen können demnach von den Ländern verpflichtet werden, gegen Kostenerstattung die Krankenbehandlungen bei Asylwerbern zu übernehmen. Der Leistungsumfang und die Finanzierung der medizinischen Versorgung erfolgt unverändert im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes (BMdI 29.9.2015; vgl. BMG 3.11.2015).

Die medizinische Versorgung von Asylwerbern ist zwischen den verschiedenen Kommunen und Bundesländern unterschiedlich organisiert. Während in manchen Ländern fast alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für Antragsteller zur Verfügung stehen, muss in anderen Ländern vor vielen Untersuchungen beim Amt um Kostenübernahme angefragt werden. In dringenden Notfällen dürfen Ärzte immer behandeln, unabhängig von den Papieren. Meistens aber müssen Asylsuchende ins zuständige Sozialamt, bevor sie einen Arzt aufsuchen dürfen. Dort erhalten sie einen Behandlungsschein, mit dessen Hilfe Ärzte ihre Kosten abrechnen können. Hinzu kommt, dass der Behandlungsschein in manchen Kommunen nur für den Hausarzt gültig ist. Wollen die Betroffenen zum Facharzt, müssen sie vor jeder Überweisung die Zustimmung des Amts einholen. In manchen Ländern erhalten Asylwerber eine elektronische Gesundheitskarte einer Krankenkasse, mit der sie direkt zum Arzt gehen können. Die Krankenkasse organisiert nur die medizinische Versorgung der Antragsteller, die Kosten tragen trotzdem die Behörden. Wenn Asylwerber länger als 15 Monate in Deutschland sind, können sie sich eine gesetzliche Krankenversicherung aussuchen, die Behörden bezahlen die Beiträge. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. freiwillige Zusatzleistungen der Krankenkassen) werden sie dann behandelt wie alle gesetzlich Versicherten. Erst wenn die Antragsteller eine Arbeit finden und selbst einzahlen, klinkt sich der Staat aus ihrer medizinischen Versorgung aus (SO 22.3.2016; vgl. BMG 6.2016).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database (European Council on Refugees and Exiles and Informationsverbund Asyl und Migration) (16.11.2015):

National Country Report Germany, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_de_update.iv__0.pdf, Zugriff 10.01.2017

-

BMdI - Bundesministerium des Innern (29.9.2015): Änderung und Beschleunigung von Asylverfahren beschlossen, http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2015/09/kabinett-beschliesst-asylverfahrensbeschleunigungsgesetz.html, Zugriff 3.2.2017

-

BMG - Bundesministerium für Gesundheit (3.11.2015): Verbesserung der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen, http://www.bmg.bund.de/ministerium/meldungen/2015/asylverfahrensbeschleunigungsgesetz.html, Zugriff 3.2.2017

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BMG - Bundesministerium für Gesundheit (6.2016): Ratgeber Gesundheit für Asylwerber in Deutschland, http://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Broschueren/Ratgeber_Asylsuchende_DE_web.pdf, Zugriff 3.2.2017

-

SO - Spiegel Online (22.3.2016): So werden Flüchtlinge medizinisch versorgt,

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/fluechtlinge-so-laeuft-die-medizinische-versorgung-a-1081702.html, Zugriff 3.2.2017

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Germany, http://www.ecoi.net/local_link/322521/461998_de.html, Zugriff 1.2.2017

Der Antrag auf internationalen Schutz sei jeweils zurückzuweisen, weil gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO Deutschland für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Parteien ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Erstbeschwerdeführerin sei schwanger, wobei der errechnete Geburtstermin im Jänner 2018 liege. Die Beschwerdeführer würden an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leiden, die einer Überstellung nach Deutschland entgegenstehen. Die deutschen Behörden hätten der Wiederaufnahme der Beschwerdeführer zugestimmt.

Der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater ihrer minderjährigen Kinder sei in Österreich als Flüchtling anerkannt und die Erstbeschwerdeführerin habe mit ihm nach ihrer illegalen Einreise in Österreich die Ehe geschlossen. Es liege kein Familienverfahren im Hinblick auf die Erstbeschwerdeführerin und ihren nunmehrigen Ehegatten vor, da die Ehe nicht bereits vor der Einreise des nunmehr asylberechtigten Ehegatten geschlossen worden ist. Die Erstbeschwerdeführerin und ihre Kinder seien seit der traditionellen Eheschließung von ihrem Mann längere Zeit getrennt gewesen, da dieser sich in Österreich aufgehalten habe und nach Angaben der Beschwerdeführer lediglich immer wieder zu Besuchsaufenthalten nach Deutschland gereist sei. Die Beschwerdeführer hätten keinen Antrag auf Familienzusammenführung gestellt und eine illegale Einreise vorgenommen. Im Hinblick auf die kurze Dauer des Aufenthaltes der Beschwerdeführer in Österreich und der nur in geringerer Intensität gegebenen Ausprägung der familiären Bindungen zu ihrem Ehegatten bzw. Vater bilde die Anordnung zur Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in deren Recht auf Achtung des Privat-und Familienlebens im Sinne des Art. 8

EMRK.

Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

Der Bescheid wurde den genannten Beschwerdeführern nachweislich am 19.06.2017 durch persönliche Ausfolgung zugestellt.

3. Dagegen richtet sich die mit gleichlautendem Schriftsatz vom 03.07.2017 ausgeführte Beschwerde, in der vorgebracht wurde, dass die Beschwerdeführer auf keinen Fall nach Deutschland wollten. Die Zweitbeschwerdeführerin und die Drittbeschwerdeführerin könnten in Österreich erstmals ein gemeinsames Familienleben mit beiden Elternteilen führen. Die Erstbeschwerdeführerin sei wieder schwanger und wolle das Kind in Österreich zur Welt bringen. In Deutschland drohe den Beschwerdeführern eine Abschiebung nach Kasachstan. Es wurde vorgebracht, dass die Behörde die psychische Situation der Erstbeschwerdeführerin nur unzureichend ermittelt habe. Weiters habe die Behörde ist unterlassen, die Staatsangehörigkeit der Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführerin zu ermitteln. Die Beschwerdeführer seien der Auffassung, dass diese Staatsangehörige der Russischen Föderation seien, abgeleitet von der Staatsangehörigkeit ihres Vaters. Weiters habe die Behörde hinsichtlich der möglichen Verletzung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung keine ausreichende Einzelfallprüfung vorgenommen.

Die angefochtenen Bescheide würden widersprüchliche Angaben über den Umstand enthalten, ob Deutschland im Konsultationsverfahren seine ausdrücklich Zustimmung zur Wiederaufnahme der Beschwerdeführer gegeben habe oder ob eine Zuständigkeit durch Befristung eingetreten sei. Die Behörde habe auch keine ausreichenden Feststellungen über das Vorliegen eines Familienlebens der Beschwerdeführer mit dem Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin und Vater der weiteren Beschwerdeführer getroffen. Zum Beweis für das Bestehen eines aufrechten Familienlebens werde die Einvernahme des Gatten der Erstbeschwerdeführerin in einer Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragt. Die Behörde habe zu Unrecht die Handhabung des Selbsteintrittsrechtes unterlassen und nicht begründet, weshalb im vorliegenden Fall Art. 9 Dublin III VO nicht anzuwenden sei.

Es wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

4. In einer Beschwerdeergänzung vom 11.07.2017 legte die Erstbeschwerdeführerin einen ärztlichen Befund vom 04.07.2017 vor, wonach sie sich in der 13. Schwangerschaftswoche befinde und Gefahr auf einen drohenden Abort bestehe. Aus ärztlicher Sicht sei von einer Abschiebung Abstand zu nehmen.

Aufgrund dieses Sachverhalts hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschlüssen vom 11.07.2017 den vorliegenden Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

5. Mit Eingabe vom 31.01.2018 teilten die Beschwerdeführer mit, dass im Jänner 2018 die Viertbeschwerdeführerin als weiteres minderjähriges Kind der Erstbeschwerdeführerin und ihres Ehegatten geboren worden und für sie ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht worden sei.

Die Erstbeschwerdeführerin stellte für die Viertbeschwerdeführerin im Rahmen einer niederschriftlichen Erstbefragung am 30.01.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Verlauf einer am selben Tag erfolgten niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA unter Mitwirkung eines Rechtsberaters und Teilnahme ihres Ehegatten als Vertrauensperson gab sie an, dass sie sich gesund fühle und es der Viertbeschwerdeführerin gut gehe. Die Erstbeschwerdeführerin habe eine chronische Nierenentzündung und sei deshalb auch schon im Herkunftsstaat und in Deutschland behandelt worden. In Österreich habe sie keine Behandlung in Anspruch genommen, weil sie während der Schwangerschaft Angst gehabt habe, zum Arzt zu gehen.

Die Eltern und vier Geschwister der Erstbeschwerdeführerin würden nach wie vor in Deutschland leben. Die Erstbeschwerdeführerin stehe mit ihrer Familie in Kontakt. In Österreich lebe die Erstbeschwerdeführerin bei ihrem Mann und ihren Kindern. Die Erstbeschwerdeführerin wolle nicht nach Deutschland zurückkehren, weil sie dort eine negative Entscheidung bekommen habe und befürchte, nach Kasachstan abgeschoben zu werden.

Das BFA legte eine weitere gutachterliche Stellungnahme der Ärztin für Allgemeinmedizin mit Diplom für psychosomatische und psychotherapeutische Medizin, Psychotherapeutin, vom 10.02.2018 betreffend die Erstbeschwerdeführerin vor, aus welcher sich ergibt, dass bei der Erstbeschwerdeführerin keine belastungsabhängige krankheitswerte psychische Störung und keine sonstigen psychischen Krankheitssymptome vorliegen würden. Die Beschwerdeführerin wolle ihren Mann nicht verlassen und gebe an, sie sei ohne ihren Mann nicht lebensfähig. Die Stimmung sei weinerlich, es seien keine Selbstmordgedanken fassbar. Vegetative Begleitreaktionen seien nicht beobachtbar. Die bestehende Belastung wegen der drohenden Überstellung nach Deutschland sei nicht krankheitswertig.

Die deutschen Behörden wurden seitens des BFA mit Schreiben vom 15.02.2018 über die Geburt der Viertbeschwerdeführerin in Kenntnis gesetzt und aufgefordert, gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin III-V die Verantwortung auch für das Verfahren der Viertbeschwerdeführerin zu übernehmen.

Mit Bescheid vom 21.02.2018 wurde I. der Antrag der Viertbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland gemäß Art. 20 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist, sowie II. gegen die beschwerdeführende Partei gemäß § 61 Abs. 1 FPG die die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der beschwerdeführenden Partei nach Deutschland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.

Der Bescheid wurde der gesetzlichen Vertreterin der Viertbeschwerdeführerin am 22.02.2018 durch persönliche Ausfolgung zugestellt

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Erstbeschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Kasachstan, reiste im Jänner 2013 mit ihren Eltern und Geschwistern über Weißrussland illegal nach Polen und in weiterer Folge im Februar 2013 nach Österreich, wo sie jeweils Asylanträge stellte. Sie wurde nach Zurückweisung ihres Antrages in Österreich nach Polen überstellt, wo sie acht Monate in einem Flüchtlingslager aufhältig war und eine negative Entscheidung über ihren Asylant

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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