TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/20 L515 2178288-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.03.2018
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Entscheidungsdatum

20.03.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
VwGVG §28 Abs1

Spruch

L515 2128052-1/29E

L515 2178288-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch RAe Dr. DELLASEGA Martin & Dr. KAPFERER Max, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2016, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF,§§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, vertreten durch die Mutter, XXXX , geb. XXXX , diese vertreten durch RAe Dr. DELLASEGA Martin & Dr. KAPFERER Max, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.10.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über

das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF,§§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, §§ 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm §§ 9 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" bis "bP2" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Georgien und brachten nach rechtswidriger Einreise (bP1) bzw. nach Geburt (bP2) am 5.6.2015 (bP1) bzw. am 18.9.2017 (bP2) bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.

I.1.2. Die männliche bP1 ist der Vater von bP2.

I.1.3. Die Mutter der bP2 ist die Lebensgefährtin der bP1. Diese reiste mit ihrem Sohn ebenfalls rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und brachten beide einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Diese Verfahren sind in der Gerichtsabteilung L523 anhängig und wurden mit Erkenntnissen vom heutigem Tage deren Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde in Bezug auf sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgiengemäß § 46 FPG zulässig sei. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen festgelegt.

In Bezug auf das bisherige verfahrensrechtliche Schicksal bzw. das Vorbringen der bP im Verwaltungsverfahren wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, welche wie folgt wiedergegeben werden (Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1):

"...

Bei der niederschriftlichen Befragung bei der Polizeiinspektion XXXX , XXXX , am 30.03.2016, gaben Sie vor einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes Folgendes an:

Sie haben keine Beschwerden oder Krankheiten, die Sie an der Einvernahme hindern oder beeinträchtigen. Erforderliche Medikamente wurden keine angeführt.

Ihre Lebensgefährtin, XXXX , geb.: XXXX , befindet sich in Österreich.

Am 01.03.2014 hatten Sie erstmals den Entschluss gefasst Ihren Herkunftsstaat zu verlassen.

Sie wollten nun nach Österreich reisen, zu Ihrer Lebensgefährtin.

Sie haben bereits in Lettland im Jahr 2015 und auch in Finnland im Jahr 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, jedoch beide Länder wieder freiwillig verlassen.

Sie reisten nun von Georgien in die Türkei, Aufenthalt 4 Stunden in Istanbul, und flogen dann nach Österreich weiter.

Der Exmann Ihrer Lebensgefährtin hat Ihnen das Leben zur Hölle gemacht. Dieser ließ Sie mehrmals schlagen und hat Sie auch immer wieder verfolgt. Sie haben sich an die Polizei gewandt, jedoch vergeblich. Ihre gesamte Familie wurde terrorisiert. Sie versteckten sich auf dem Land, wurde aber auch dort gefunden. Dies dauerte fast 2 Jahre lang. Ihre Lebensgefährtin reiste vor Ihnen aus. Sie verkauften nun Ihr Grundstück um so das Visum zu finanzieren.

Sie wurden vom Exmann Ihrer Lebensgefährtin, XXXX , mit dem Umbringen bedroht.

Von staatlicher Seite gibt es keine konkreten Hinweise, dass Sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätten. Sie werden jedoch vom Staat nicht beschützt.

Am 28.04.2016 wurden Sie bei der Erstaufnahmestelle West einvernommen. Die wesentlichen Passagen dieser Einvernahme gestalten sich dabei wie folgt:

...

F: Haben Sie irgendwelche Krankheiten oder nehmen Sie Medikamente ein?

A: Nein, keine Krankheiten. Medikamente nehme ich auch keine ein. Ich bin gesund.

F: Sie werden aufgefordert, selbstständig und unverzüglich medizinische Unterlagen, Befunde, Gutachten, usw. unaufgefordert dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzulegen. (AW wird über die Möglichkeiten der Befundvorlage aufgeklärt.)

A: Gut, das werde ich machen.

...

F: Gem. § 14 Abs. 2 AsylG 2005 werden Sie darüber belehrt, dass Sie sich für Zustellungen im Asylverfahren eines Zustellbevollmächtigten bedienen können.

A: Ich habe verstanden, werde jedoch nicht vertreten.

...

F: Sie sind georgischer Staatsbürger, gehören der georgischen Volksgruppe an, sind orthodoxen Glaubens, sind ledig, haben keine Kinder und zwei Geschwister. Ist das so richtig?

A: Richtig. Standesamtlich bin ich nicht verheiratet, aber ich habe eine Lebensgefährtin.

F: Sind Ihre Angaben die Sie bei der Erstbefragung am 30.03.2016 bei der Polizeiinspektion XXXX gemacht haben richtig?

A: Ja.

F: Wollen Sie zu der durchgeführten Erstbefragung Ergänzungen oder Berichtigungen angeben?

A: Ich glaube, dass bei der Erstbefragung ich gesagt habe, dass ich Finnland verlassen habe, ohne einen Bescheid zu bekommen. Das war aber nicht so, ich habe dort einen negativen Bescheid bekommen und danach das Land verlassen. Ich möchte noch hinzufügen, dass ich mit meinem Vater telefoniert habe. Laut meinem Vater waren schon zwei Mal georgische Polizisten bei ihm und diese fragten nach mir. Mein Vater ist krank. Es sind die Polizisten, die bekannten Polizisten jener Person, mit welcher ich Probleme habe.

F: Gab es Probleme bei der Ausstellung des Reisepasses?

A: Nein, keine Probleme. Das war problemlos.

F: Waren Sie im Herkunftsstaat jemals in medizinischer Behandlung?

A: Nein.

F: Wie haben Sie sich im Herkunftsstaat den Lebensunterhalt finanzieren können, damit meine ich Miete, Kleidung, Lebensmittel, usw.?

A: Ich habe zuerst gearbeitet. Aber auf Grund meiner Probleme musste ich auf das Land fahren. Dort haben mich meine Verwandten unterstützt.

F: Wie viel haben Sie für die Reise nach Österreich bezahlt und woher hatten Sie das Geld für die Reise nach Österreich?

A: Das hat mir ungefähr Euro 1.500,-- gekostet und ich habe ein Grundstück verkauft um zum Geld zu kommen.

F: Welches Land war Ihr Reiseziel?

A: Hierher nach Österreich. Weil meine Lebensgefährtin, mit der ich mein Leben verbringen möchte, sich in Österreich befindet.

F: Geben Sie bitte alle Ihre Wohnadressen, beginnend mit Ihrer Geburt bis zur Einreise nach Österreich, mit von bis Angaben an.

A: Ich lebte von Geburt an in XXXX . Dort lebte ich bis 2015. Dann ab 2015 lebte ich im Gebiet XXXX . Dort gibt es keine Straßennamen.

F: Haben Sie im Bereich der EU, Norwegen oder Island, Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis, bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

A: Nein.

F: Haben Sie Verwandte oder Bekannte in Österreich?

A: Meine Lebensgefährtin ist in Österreich.

F: Geben Sie bitte nochmals die Personalien, Wohnadresse und Aufenthaltstitel Ihrer Lebensgefährtin in Österreich an.

A: XXXX , geb.: XXXX . Sie wohnt in XXXX . Sie hat eine weiße Karte.

F: Wann, wo und wie lernten Sie Ihre Lebensgefährtin kennen?

A: Wir kennen uns seit 5 oder 6 Jahren. Aber als Familie leben wir schon seit den letzten 2 Jahren, seit 2013. In XXXX habe ich sie kennengelernt. Sie ist meine Nachbarin gewesen. Bei einem Geburtstag unserer gemeinsamen Freundin lernte ich sie kennen.

F: Seit wann ist Ihnen bekannt, dass Ihre Lebensgefährtin in Österreich aufhältig ist?

A: Das habe ich von Anfang an gewusst. Wir haben das alles gemeinsam geplant. Aber es ist so, dass ich nicht mitreisen konnte, sie ist früher ausgereist und ich bin nachgekommen. Wir haben ein gemeinsames Problem.

F: Nochmals, seit wann ist Ihnen bekannt, dass Ihre Lebensgefährtin in Österreich aufhältig ist?

A: Seit Mai 2015, als Sie ausgereist ist.

F: Warum reisten Sie nicht mit Ihrer Lebensgefährtin nach Österreich?

A: Sie hat eine Chance dazu bekommen und sie wollte möglichst schnell ausreisen wegen des Kindes. Sie hat auf mich nicht mehr warten können. Es war eine spontane Ausreise.

F: Lebten Sie mit Ihrer Lebensgefährtin jemals in einem gemeinsamen Haushalt?

A: Von 2014 bis 2015.

F: Wo lebten Sie zu diesem Zeitpunkt mit Ihrer Lebensgefährtin zusammen?

A: Unterschiedlich. Manchmal waren wir bei mir, manchmal bei ihr, manchmal im Hotel. Wir haben versucht unsere Beziehung zu verheimlichen. Aus Angst vor ihrem Exmann.

F: Wo lebte Ihre Lebensgefährtin im Herkunftsstaat vor deren Ausreise?

A: In XXXX Aber die Wohnungsnummer weiß ich nicht mehr.

F: Mit wem lebte Ihre Lebensgefährtin zusammen in XXXX ?

A: Mit Ihrem Kind.

F: Wurden Sie von Ihrer in Österreich aufhältigen Lebensgefährtin jemals unterstützt, egal finanziell oder anders?

A: Sie hat mich unterstützt und unterstützt mich jetzt auch mit allen Mitteln die es gibt. Wir lieben uns und wir möchten zusammen sein.

F: Von wann bis wann wurden Sie wie von Ihrer Lebensgefährtin im Herkunftsstaat unterstützt?

A: Als ich auf dem Lande war, hat Sie mir ein oder zwei Mal Euro 100,-- geschickt.

F: Wann haben Sie das Geld bekommen?

A: Jänner und Februar 2016.

F: Wie haben Sie das Geld erhalten?

A: Es war ein Moneygramm.

F: Woher hat Ihre Lebensgefährtin das Geld? Ihre Lebensgefährtin ist Asylwerberin in Österreich?

A: Sie hat jeden Monat Euro 10,-- gespart um mich zu unterstützen. Sie hat zwar auch finanzielle Probleme aber ich war auch in Not und sie wollte mir helfen.

F: Wie werden Sie jetzt von Ihrer Lebensgefährtin unterstützt, seit Sie sich in Österreich befinden?

A: Dort, wo sie wohnt, durfte ich nicht angemeldet werden. Deswegen habe ich eine Anmeldung in der XXXX . Aber in Wirklichkeit wohne ich bei ihr. Sie unterstützt mich moralisch und seelisch. Der Wohnungsbesitzer hat sich geweigert mich dort anzumelden, denn dort sind schon 7 Personen gemeldet. Eine achte Person ging nicht mehr. Wir hoffen, dass wir irgendwann eine richtige Familie werden können.

F: Wusste Ihre Lebensgefährtin, dass Sie jetzt den Herkunftsstaat verlassen haben?

A: Ja, sie hat es gewusst. Sie wusste auch über meine Probleme bescheid.

F: Woher hatte Ihre Lebensgefährtin davon Kenntnis?

A: Das habe ich ihr immer erzählt. Sie hat in Georgien immer Schwierigkeiten mit ihrem Exmann gehabt. Nach ihrer Ausreise war dann ich das Opfer ihres Exmannes, sozusagen.

F: Wie hat Ihre Lebensgefährtin davon erfahren, dass Sie jetzt den Herkunftsstaat verlassen haben?

A: Per Internet. Ich habe Kontakt mit ihr über das Internet gehabt.

F: Welche weitere Verwandte haben Sie im Herkunftsstaat?

A: Ich habe meinen Vater in Georgien, die Mutter ist verstorben. Bruder und Schwester habe ich auch noch. Sie haben alle eine eigene Familie. Ich habe auch noch Tanten, aber mit denen habe ich nicht so oft Kontakt.

F: Wann hatten Sie letztmals Kontakt mit Ihren Familienmitgliedern oder Verwandten, Bekannten, im Herkunftsstaat?

A: Vor ca. einer Woche habe ich mit meinem Vater gesprochen.

F: Wo sind diese Familienmitglieder, bzw. Verwandten im Herkunftsstaat aufhältig?

A: In XXXX und XXXX . In XXXX habe ich niemanden.

F: Haben Ihre Familienmitglieder oder Verwandten im Herkunftsstaat irgendwelche Probleme?

A: Ich habe keine engen Verhältnisse mit meinem Verwandten, daher habe ich keine Ahnung, ob diese Probleme haben oder nicht.

F: Für welche Länder haben Sie bereits Visa erhalten?

A: Als Kind habe ich in einem Ensemble getanzt und hatte ein spanisches Visum. Das war, glaublich 2005. Ich hatte auch ein bulgarisches Visum und jetzt ein griechisches Visum. Das war das letzte.

F: Wie langte mussten Sie auf die Ausstellung des griechischen Visums warten?

A: Ca. 20 Tage lang.

F: Gab es jemals Probleme bei der Ausstellung einer der angeführten Visa?

A: Nein, niemals.

F: Welche Unterlagen zur griechischen Visumserteilung legten Sie vor?

A: Ich habe eine Hotelbuchungsbestätigung vorlegen müssen, einen Bankauszug. Reiseversicherung. Und die Tickets.

F: Stellten Sie je in Österreich oder einem anderen Land einen Antrag auf internationalen Schutz?

A: Ja, in Lettland, voriges Jahr. Und im gleichen Jahr auch in Finnland.

F: Von wann bis wann waren Sie in diesen Ländern?

A: In Lettland seit Ende Dezember 2014 bis März 2015. Dort war ich 2 Monate in Schubhaft. Dann wurde ich freigelassen. Dort waren die Bedingungen unerträglich, menschenunwürdig, schrecklich. Ich wollte auch meine Lebensgefährtin zu mir kommen lassen, aber in Lettland gab es keine Möglichkeit dafür. Deswegen reiste ich nach Finnland. Das war im März 2015. Auch mein Rechtsanwalt in Lettland hat mir empfohlen das Land zu verlassen. Von März 2015 bis Mitte April 2015 war ich in Finnland. Dort war ich ebenfalls im Gefängnis. Ich habe in Finnland auch um Asyl angesucht, wurde jedoch in Haft genommen. Ich bekam einen Negativbescheid und hatte keine Möglichkeit außer auszureisen.

F: Woher hatten Sie das Geld für die Reise vom Herkunftsstaat nach Lettland?

A: Zum damaligen Zeitpunkt habe ich gearbeitet und hatte Geld. Weiters bin ich ohne Visum über Weißrussland gereist.

F: Woher hatten Sie das Geld für die Reise von Lettland nach Finnland?

A: Ich habe meinen Vater um Hilfe gebeten und er hat mir das Geld geschickt.

F: Wohin reisten Sie von Finnland aus und wie haben Sie diese Reise vollzogen?

A: Durch eine Organisation namens IOM, welche die Ausreise finanziert. Ich habe ein Flugticket von Helsinki nach Tiflis bekommen.

F: Bitte geben Sie kurz an, wie Sie Ihre Asylanträge in Lettland und in Finnland begründet haben, weswegen Sie Georgien verlassen haben.

A: Damals habe ich die gleichen Probleme gehabt wie jetzt. Die Probleme mit dem Exmann meiner Lebensgefährtin, welcher mich mit dem Umbringen bedroht hat.

F: In welchen Ländern sind Sie bereits gewesen und von wann bis wann waren Sie dort?

A: In Spanien war ich 2 Wochen lang, im Juni 2005 oder 2006. Als Tänzer war ich auch drei Mal in der Türkei. In Bulgarien und Rumänien war ich auch, das war vor Spanien, somit 2004. Und Lettland war Ende 2014 bis März 2015 und von März 2015 bis Mitte April 2015 in Finnland.

F: Von wann bis wann waren Sie jetzt wieder im Herkunftsstaat aufhältig?

A: Von Ostern, Mitte April 2015 bis 24.03.2016.

F: Wann haben Sie jetzt erstmals den Gedanken gehabt Ihren Herkunftsstaat zu verlassen?

A: Ich habe immer daran gedacht auszureisen. Ich hatte die ganze Zeit diese Probleme, ich möchte jedoch in Ruhe mein Leben genießen mit meiner Lebensgefährtin.

F: Sind Sie jetzt legal aus Ihrem Herkunftsstaat ausgereist und wurden Sie bei der Ausreise aus dem Herkunftsstaat von Sicherheitswacheorganen kontrolliert?

A: Ja.

F: Haben Sie im Herkunftsstaat bis zur Ausreise gearbeitet?

A: Offiziell nicht. Inoffiziell habe ich auf der Landwirtschaft bis zur Ausreise gearbeitet und habe ein bisschen Geld von den Landwirten bekommen.

F: Lebten Sie bis zum Verlassen Ihres Herkunftsstaates an Ihrer gemeldeten Adresse?

A: Nein, ich lebte im Dorf.

F: Geben Sie mir bitte nochmals Ihre jetzige Reiseroute, beginnend mit dem Verlassen des Wohnsitzes im Herkunftsstaat bis zur jetzigen Antragstellung auf internationalen Schutz in Österreich bekannt, unter Anführung der Grenzübergänge, durchreisten Länder, verwendete Transportmittel, Aufenthaltszeiten, usw.

A: Am 24.03.2016 bin ich mit dem Taxi von XXXX nach XXXX gefahren, zum Flughafen. Von dort bin ich mit dem Flugzeug in die Türkei, Istanbul, geflogen und von Istanbul direkt nach Wien.

F: Wie viel haben Sie für den Grundstücksverkauf erhalten?

A: Euro 2.000,--.

F: Wem haben Sie das Grundstück verkauft?

A: Meinem Nachbarn auf dem Lande in XXXX habe ich das verkauft.

F: Wie lange mussten Sie warten, bis Sie das Grundstück verkaufen konnten?

A: So ca. 10 Tage, 2 Wochen.

F: Wo befand sich das Grundstück, seit wann ist es in Ihrem Besitz und wie groß ist es?

A: Außerhalb von XXXX , aber in der Nähe, es gehört zum Dorf. Seit dem Jahr 2007, als meine Großmutter gestorben ist, ich habe es geerbt. Es ist ein Viertel Hektar groß.

F: Wie haben Sie bekannt gemacht, dass Sie das Grundstück verkaufen möchten?

A: Das habe ich im Dorf verbreitet diese Information. Außerdem wusste ich, dass diese Person das Grundstück kaufen wollte.

F: Warum verließen Sie Ihren Herkunftsstaat? Erzählen Sie nun unter Anführung aller Fakten, Daten und Ihnen wichtig scheinenden Ereignissen den Sachverhalt.

A: Als ich und meine Lebensgefährtin angefangen haben uns zu treffen hat anscheinend ihr Exmann, welcher ein russischer Staatsbürger ist aber in Georgien Beziehungen bei der Polizei hat, erfahren und gleich danach hatte meine Lebensgefährtin, dann Ihr Kind und letztendlich ich Probleme bekommen. Ein Mal wurde ich um 04:00 Uhr in der Nacht von der Polizei zur Polizeistation gebracht, wo sich auch diese Person befand. Dort wurde ich geschlagen und gequält. Er hat mich aufgefordert, dass ich mich nicht mehr mit meiner Lebensgefährtin treffe, sie in Ruhe zu lassen, mich nicht mehr mit ihr zu treffen. Hätte er uns noch ein Mal zusammen gesehen, hätte er mich auf der Stelle umgebracht. So waren seine Drohungen. Wir haben immer versucht unsere Beziehung zu verheimlichen. Diese Person hat zwar in Russland gelebt, aber er hat anscheinend viele Freunde in Georgien. Von denen hat er immer Informationen bekommen. Er ist auch oft nach Georgien gereist. Oft musste mich mein Vater auch verstecken. Er hat sogar sein eigenes Kind in Angst und Schrecken versetzt, hat vor der Schule dem Kind aufgelauert. Er hat sich selbst nie selbst präsentiert, aber er hat die Polizei zB zu meinen Geschwistern, Schwester und Bruder, geschickt. Er hat mit allen Mitteln versucht uns einzuschüchtern, Angst einzujagen. Die Situation war aussichtslos. Dann habe ich schon angefangen mit dem Gedanken zu spielen, Georgien zu verlassen und irgendwo ein ruhiges Leben mit meiner Lebensgefährtin zu führen. Kein Mensch möchte sein eigenes Zuhause verlassen. Nur die Probleme haben uns gezwungen diesen Schritt zu gehen. Voriges Jahr ist mein Versuch gescheitert, ich hatte Pech und musste wieder nach Georgien zurückkehren. Dann hat, wie gesagt, meine Lebensgefährtin eine Möglichkeit bekommen und sie dachte nur an das Leben ihres Kindes und ist ohne viel nachzudenken mit ihrem Kind geflüchtet. Dann habe ich auch das Grundstück verkauft und bin nachgekommen.

F: Sind das alle Ihre Fluchtgründe?

A: Ja.

F: Gab es ein spezielles fluchtauslösendes Ereignis?

A: Nachdem meine Lebensgefährtin ausgereist ist, hat er mich ins Visier genommen und es gab mehrere Vorfälle im Juli und August 2015. Er hat mich im Dorf gefunden, wo ich mich versteckt habe. Er hat dann von mir wissen wollen, wo sich XXXX befindet. Ich musste mich immer wieder verstecken, mal da, mal bei meinem Freunden, bis zu meiner Ausreise. Ich war ständig im Stress, habe immer daran gedacht Georgien zu verlassen. Dass es mir gelungen ist das Grundstück zu verkaufen, war Glück für mich. Ich hatte Geld für die Ausreise und bin unverzüglich ausgereist.

F: Wie lauten die Personalien des Exlebensgefährte Ihrer Lebensgefährtin und wo ist dieser nun aufhältig?

A: XXXX , er ist ca. XXXX Jahre alt. Er wohnt in Russland, irgendwo in Sibirien.

F: Von wann bis wann war Ihre Lebensgefährtin mit XXXX liiert?

A: Sie war 15 Jahre alt, als er sie entführt hat. Er hat sie nach XXXX , nach XXXX gebracht. Ungefähr 1 Jahr hat sie dann zwangsweise sich bei ihm aufgehalten. Sie möchte mit mir über diese Zeit gar nicht reden und ich zwinge sie auch nicht dazu.

F: Wie lange war Ihre Lebensgefährtin mit XXXX nun zusammen?

A: Ein Jahr lang. Genau weiß ich es nicht, es ist meine Vermutung. Es war aber nicht lange.

F: War Ihre Lebensgefährtin mit XXXX verheiratet?

A: Nein, weder traditionell noch standesamtlich. Soweit es mir bekannt ist.

F: Wann wurden Sie erstmals, wann letztmals und wie oft in Summe bedroht?

A: Zum ersten Mal so gegen Frühjahr 2014. Letztmals Februar 2016. Und in Summe sehr oft.

F: Was für Vorfälle hat es konkret im Juli, August 2015 gegeben?

A: Er ist zu mir nach Hause mit der Polizei gekommen. Beide Male wurde ich zu einer Polizeistation gebracht. Vermutlich hat dort ein Verwandter von ihm gearbeitet. Dort wurde ich auch geschlagen. Ein Mal wurde ich auf den Kopf geschlagen und hatte auch eine Kopfverletzung.

F: Wann genau wurden Sie zur Polizei gebracht?

A: Am 27.08.2015 und auch im September 2015. Im Oktober 2015.

F: Wurden Sie immer in dasselbe Wachzimmer gebracht?

A: Ja.

F: Geben Sie genau an, wann, was, wie, warum Sie am 27.08.2015 ins Wachzimmer gebracht wurden.

A: Mitternacht, 02:00 Uhr, hat jemand an die Tür geklopft. Mein Vater hat die Tür geöffnet. Und weil die Personen nach mir gefragt haben, hat mein Vater mich aufgeweckt. Es wurde mir gesagt, dass ich zur Polizeistation gehen sollte. Es waren Polizeibeamte. Ich habe mich angezogen und bin natürlich mitgegangen. Als ich die Polizeistation betreten habe, habe ich diese Person auch gesehen. Ich wurde in einen Raum gebracht, wo ich brutal geschlagen wurde.

F: Welche Person haben Sie im Raum der Polizeistation gesehen?

A: XXXX .

F: Wie lange waren Sie auf der Polizeistation?

A: Bis zum Morgengrauen, ca. 06:00 Uhr morgens wurde ich wieder freigelassen.

F: Was machten Sie, nachdem Sie freigelassen wurden?

A: Ich habe mich an meinen Cousin gewandt, welcher als Rechtsanwalt tätig ist. Ich habe ihm alles erzählt und erklärt. Und ich habe um kompetenten Rat gebeten. Er sagte mir, dass ich, weil diese Person mein Rivale und Feind mit der Polizei zusammen zu mir gekommen ist, somit Bekannte bei der Polizei hat, ich keine Chance hätte gegen ihn zu kämpfen. Es könnte noch schlimmer werden und die Situation verschärfen, weil mein Cousin oft über solche Fälle hörte. Er konnte mir leider nicht helfen.

F: Geben Sie genau an, wann, was, wie, warum Sie im September 2015 ins Wachzimmer gebracht wurden.

A: Es war am 16. oder 17.09.2015. Es passierte eigentlich das gleiche, die gleichen Drohungen, Forderungen und Fragen, wo XXXX und das Kind aufhältig sind. Das waren von XXXX die Fragen.

F: Wie lange waren Sie auf der Polizeistation?

A: 3 oder 4 Stunden lang.

F: Von wann bis wann waren Sie auf der Polizeistation?

A: Es geschah immer in der Nacht. Wahrscheinlich war die Polizei informiert wann ich zu Hause bin.

F: Wie wurden Sie am 16. oder 17.09.2015 von der Polizei mitgenommen?

A: Sie waren mit Autos der Kriminalpolizei gekommen, haben mich aufgeweckt und mit dem Auto zur Polizeistation gebracht.

F: Was machten Sie, nachdem Sie entlassen wurden?

A: Ich wollte mich an die Polizei wenden, aber das hätte keinen Sinn gehabt. Die Polizei konnte mich selbst nicht von der Polizei schützen. Ich habe mich dann ein paar Mal an den Arzt gewandt, weil ich zum Beispiel Kopfverletzungen gehabt habe.

F: Geben Sie genau an, wann, was, wie, warum Sie im Oktober 2015 ins Wachzimmer gebracht wurden.

A: Im Oktober 2015 war ich bei meinem Freund und von dort wurde ich abgeholt. Das war auch in der Nacht gewesen. Ich glaube am 09.10.2015, um 02:00 Uhr Mitternacht, war das. Ich wurde zur gleichen Polizeistation gebracht. Sie haben einen bestimmten Raum gehabt um Menschen zu quälen. Sie haben mich immer wieder dorthin gebracht.

F: Wie lange waren Sie am 09.10.2015 auf der Polizeistation?

A: So ungefähr die gleiche Zeit. Ich glaube sie wollten von den anderen nicht gesehen werden. Bevor sie von der anderen Schicht abgelöst wurden, haben sie mich freigelassen. Sie haben versucht, dass die anderen das nicht erfahren was sie mit mir machten.

F: Nochmals, wie lange waren Sie am 09.10.2015 auf der Polizeistation?

A: 4, 5 Stunden lang.

F: Was machten Sie, nachdem Sie entlassen wurden?

A: ich ging direkt zum Arzt, ich hatte Wirbelsäulenverletzungen. Ich musste mich an den Arzt wenden. Als ich auf dem Boden lag, wurde ich mit Füßen getreten. Mindestens ein Monat ging es mir nicht gut, ich hatte Schmerzen, konnte kaum laufen.

F: Sind immer dieselben Personen zu Ihnen gekommen und haben sie mitgenommen?

A: Ja.

F: Sind immer dieselben Personen im Wachzimmer gewesen?

A: Ja.

F: Was war der 16. oder 17.09.2015 für ein Wochentag?

A: Nein, ich kann mich nicht daran erinnern.

F: Was war der 09.10.2015 für ein Wochentag?

A: Das kann ich nicht sagen. Ich habe damals nicht mehr gearbeitet und habe auf die Wochentage nicht so geachtet.

F: Was war der 27.08.2015 für ein Wochentag?

A: Weiß ich nicht.

F: Wo befindet sich das Wachzimmer, in welches Sie immer wieder gebracht wurden?

A: In XXXX .

F: Wie weit ist XXXX vom Dorf XXXX entfernt?

A: 100 Kilometer.

F: Wann wurden Sie im Dorf XXXX gefunden, in welchem Sie sich versteckt haben?

A: Ziemlich schnell hat er mich dort gefunden.

F: Wie lange haben Sie sich, als Sie gefunden worden, in dem Dorf bereits aufgehalten?

A: Ungefähr ein Jahr hat es gedauert. Ich habe zeitweise in XXXX gelebt und konnte meinen Vater in XXXX auch nicht alleine lassen, deswegen musste ich immer wieder nach XXXX zu meinem Vater reisten.

F: Nochmals. Wie lange lebten Sie bereits im Dorf XXXX , als Sie gefunden wurden?

A: So ungefähr 2 Wochen lang war ich dort, als ich dort gefunden wurde.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat Probleme mit Privatpersonen?

A: Nur mit den Polizisten.

F: Hatten Sie im Herkunftsstaat bei der Ausübung Ihrer Religion Probleme?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat je Probleme mit der Polizei, dem Militär oder den staatlichen Organen?

A: Die schon erwähnten Probleme.

F: Ist bei den erwähnten Fällen die Polizei offiziell aufgetreten oder inoffiziell?

A: Sie sind in Uniform gewesen und mit Polizeiautos. Sie haben es so gemacht, als ob ich ein Verdächtiger wäre und haben mich als Verdächtigen zur Polizeistation zwecks Befragung mitgenommen.

F: Wurden Sie im Herkunftsstaat von der Polizei oder anderen staatlichen Organen jemals verfolgt, bedroht, geschlagen, misshandelt, gefoltert oder ähnliches?

A: Ich habe en ruhiges Leben geführt, ich bin unbescholten. Ich habe nichts Gesetzwidriges begangen. Deswegen hatte ich, außer den bereits genannten Problemen, keine anderen.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit Probleme?

A: Nein.

F: Sind oder waren Sie jemals politisch tätig?

A: Eine Zeit lang. Ich war kein Parteimitglied der "Nationalen Bewegung", aber ich hatte Interesse für die Partei und war ein Anhänger.

F: Hatten Sie einen Parteiausweis?

A: Nein, ich war kein Mitglied.

F: Waren Sie jemals in Haft?

A: Nein.

F: Haben oder hatten Sie sonstige Probleme auf Grund eines Naheverhältnisses zu einer Organisation?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat auf Grund Verfolgung durch Dritte Probleme?

A: Diese Person hat mit der Polizei zu tun, hat Beziehungen zu tun und ist ein Krimineller. Genau kann ich es auch nicht erklären.

F: Wen meinen Sie damit?

A: XXXX .

F: Bestehen gegen Sie aktuelle Fahndungsmaßnahmen wie Aufenthaltsermittlung, Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbriefe oder ähnliches?

A: Nein.

F: Was würde mit Ihnen passieren, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

A: Ich bin überzeugt, dass ich von XXXX gefunden und umgebracht werde. Oder von jemandem aus seiner Umgebung.

F: Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei der Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen? Hätten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen?

A: Das kann ich nicht so richtig beantworten.

F: Gibt es Beweismittel für Ihr Vorbringen, können Sie uns jemanden nennen, der uns Ihre Angaben bestätigen kann?

A: Ich habe in Georgien Arztbestätigungen über meine Verletzungen.

F: Wäre es für Sie möglich gewesen, in einem anderen Teil Ihres Herkunftsstaates Schutz vor Verfolgung zu erlangen?

A: Ich habe es versucht, aber vergeblich.

F: Tätigten Sie jemals eine Anzeige bei der Polizei oder bei der Staatsanwaltschaft?

A: Mein Cousin, welcher als Rechtsanwalt arbeitet, hat einen bekannten Polizisten und dort habe ich versucht eine Anzeige zu erstatten. Aber meine Anzeige wurde nicht entgegengenommen. Zuerst wurde mir gesagt, dass sie ermitteln werden, aber dann haben sie zu meinem Cousin gesagt, dass sie es nicht machen werden.

F: Haben Sie sich jemals anonym an das Innenministerium gewandt?

A: Nein.

F: Haben Sie jemals um Hilfe und Unterstützung bei Menschenrechtsorganisationen oder beim Ombudsmann angesucht?

A: Nein. Der Rechtsanwalt hat mir Empfehlungen gegeben und ich habe auch so gehalten.

F: Sind Sie mit amtswegigen Erhebungen vor Ort unter Wahrung Ihrer Anonymität, eventuell unter Beiziehung der österreichischen Botschaft und eines Vertrauensanwaltes einverstanden?

A: Ja, ich stimme einer Recherche in meinem Herkunftsstaat zu.

F: Sind Sie oder Ihre mitgereisten Angehörigen je von einer gerichtlichen Untersuchung als Zeuge oder Opfer in Österreich betroffen gewesen?

A: Nein.

F: Sind Sie oder Ihre mitgereisten Angehörigen je von einem zivil- oder strafrechtlichen Gerichtsverfahren oder eine (einstweiligen) gerichtlichen Verfügung in Österreich betroffen gewesen?

A: Nein.

F: Haben Sie in Österreich Kurse besucht, sind Sie Mitglied in einem Verein oder sind Sie ehrenamtlich tätig?

A: Nein, nichts davon.

L.d.A.: Sie werden über die Möglichkeit informiert, dass Sie Einsicht in die Quellen der Berichte zum Mitgliedstaat Georgien nehmen können, aus welchen sich das Amtswissen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur dortigen Lage ableitet.

F: Möchten Sie Einsicht nehmen?

A: Ja bitte.

Dem AW werden die Länderfeststellungen zu Georgien übergeben und eine Stellungnahmefrist bis 09.05.2016 ha. einlangend vereinbart.

Der AW gibt dazu an: Das ist in Ordnung.

F: Wollen Sie freiwillig in den Herkunftsstaat zurück?

A: Nein.

F: Hat Ihre Lebensgefährtin XXXX vor Ihnen bereits andere Freunde, Lebensgefährten gehabt, seitdem ihre Lebensgefährtin XXXX verlassen hat?

A: Nein.

F: Hat Ihre Lebensgefährtin im Herkunftsstaat bezüglich des Kindes finanzielle Unterstützung erhalten?

A: Ich glaube sie hat keine Unterstützung bekommen.

F: Sie werden nochmals auf das Neuerungsverbot aufmerksam gemacht. Ich frage Sie daher jetzt nochmals ob Sie noch etwas Asylrelevantes angeben möchten oder etwas angeben möchten, was Ihnen wichtig erscheint, ich jedoch nicht gefragt habe?

A: Nein, mit fällt nichts mehr ein.

F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben Ihren Herkunftsstaat zu verlassen, vollständig geschildert?

A: Ja.

F: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt Ihre Probleme vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu schildern?

A: Ja.

F: Haben Sie alles verstanden was Sie gefragt wurden, sowohl von der Sprache als auch vom Verständnis her und konnten Sie auch alles angeben was Sie wollten?

A: Ja.

V: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag abzuweisen und Sie nach Georgien abzuschieben. Weiters wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung erlassen.

F: Wollen Sie konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?

A: Warum nicht, was habe ich angestellt.

Nach erfolgter Rückübersetzung:

F: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?

A: Ja.

F: Hat Ihnen der Dolmetscher alles rückübersetzt was Sie gesagt haben?

A: Ja.

F: Möchten Sie eine Ablichtung der Niederschrift?

A: Ja.

Die Niederschrift wurde mir rückübersetzt. Der Inhalt ist richtig und ich bestätige dies mit meiner Unterschrift.

Ich bestätige auch mit meiner Unterschrift, dass ich eine Kopie der Niederschrift und des Ländervorhaltes erhalten habe.

..."

bP2 berief sich auf den Familienverband ihrer Eltern bzw. deren Gründe.

I.2. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgiengemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Beschwerde wurde gem. § 18

(1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt.

In Bezug auf sämtliche bP wurde ein im Spruch inhaltlich gleichlautender Bescheid erlassen, weshalb sich aus dem Titel des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG ebenfalls kein anderslautender Bescheid ergab.

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu Folgendes aus(Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1) :

"...

Im Verfahren nach dem Asylgesetz ist es unabdingbare Voraussetzung für die Bewertung des Vorbringens eines Asylwerbers zu den Fluchtgründen als glaubhaft, dass der Antragsteller nicht bloß eine "leere" Rahmengeschichte im Zuge der Einvernahme vorbringt, ohne diese durch das Vorbringen von Details, Interaktionen, glaubhaften Emotionen etc. zu substantiieren bzw. "mit Leben zu erfüllen". Da in einem Asylverfahren unzweifelhaft die niederschriftliche Aussage eines Antragstellers vor den Asylbehörden die zentrale Erkenntnisquelle für die Entscheidung darstellt, reicht es keinesfalls aus, dass der Asylwerber lediglich nicht zu widerlegende Behauptungen aufstellt, welche - oftmals aufgrund zu geringer "Öffentlichkeitswirksamkeit" oder "Drittwirkung" - einer Verifizierung nicht zugänglich sind. Vielmehr sind die Aussagen des Antragstellers zu seinen Fluchtgründen und zum Fluchtweg daran zu messen, wie eine durchschnittliche "Maßfigur" über tatsächlich persönlich erlebte Sachverhalte berichten würde. Die Wiedergabe von tatsächlich selbst erlebten Umständen bzw. Ereignissen zeichnet sich jedoch gerade dadurch aus, dass man nicht lediglich objektive Rahmenbedingungen darlegt, sondern entspricht es vielmehr der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Menschen über persönlich Erlebtes detailreich, oft weit schweifend unter Angabe der eigenen Gefühle bzw. unter spontaner Rückerinnerung an auch oft unwesentliche Details oder Nebenumstände berichten. Weiters ist die Darlegung von persönlich erlebten Umständen dadurch gekennzeichnet, dass man beim Vorbringen der eigenen "Lebensgeschichte" vor allem sich selbst in die präsentierte Rahmengeschichte dergestalt einbaut, dass man die eigenen Emotionen bzw. die eigene Erlebniswahrnehmung zu erklären versucht, sich allenfalls selbst beim Erzählen emotionalisiert zeigt, bzw. jedenfalls Handlungsabläufe bzw. die Kommunikation und Interaktion zwischen den handelnden Personen der Geschichte darlegt. Dies gilt insbesonders dann, wenn es sich um wichtige Ereignisse im Leben eines Menschen handelt, die oftmals das eigene Schicksal oder einen Lebensweg dergestalt verändern, dass man sich letztendlich dazu veranlasst sieht, sein Heimatland oder das Land des letzten Aufenthaltes deshalb "fluchtartig" zu verlassen.

Sie wurden eingangs der Einvernahme zu ihren Fluchtgründen aufgefordert, alle Gründe anzuführen, weshalb Sie Ihr Heimatland verlassen hätten und weshalb Sie in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellten. Allein diese Aufforderung erfordert wohl ein wie bereits oben angeführtes erwartetes Verhalten und Vorbringen eines Asylwerbers.

Aus vagen und unpräzisen Angaben zum Sachverhalt kann zwar nicht in jedem Fall auf die Unglaubwürdigkeit des Asylwerbers geschlossen werden. Völlig vage und unpräzise Angaben können jedoch als weiteres Indiz für die mangelnde Glaubwürdigkeit des Asylantragstellers herangezogen werden (Erkenntnis des VwGH vom 17.12.1997, Zahl 96/01/1085).

Im konkreten Fall vermochten Sie jedoch diesen Voraussetzungen für die Qualifizierung eines Erlebnisberichtes nicht entsprechen. Vor dem Hintergrund dieser Prämissen und insbesondere durch den persönlichen Eindruck den Sie bei der Einvernahme hinterließen, ist die von ihnen vor der Asylbehörde präsentierte "Fluchtgeschichte" tatsächlich als zu "blass", wenig detailreich und zu oberflächlich und daher in Folge - unter Berücksichtigung der aktuellen Länderfeststellung - als keinesfalls glaubhaft zu qualifizieren.

Im gegenständlichen Fall gaben Sie auf Befragung, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben, an, dass Sie vom Exlebensgefährten Ihrer jetzigen Lebensgefährtin bedroht wurden. So hat diese Person Beziehungen zur Polizei, welche sie bereits mehrmals mitgenommen und geschlagen hat.

Dass Ihrem Vorbringen jedoch die Glaubwürdigkeit gänzlich abgesprochen werden musste, wird wie folgt begründet:

So ist zuvor anzuführen, dass zwar davon ausgegangen wird, dass Sie Fr. XXXX (GF: XXXX ) bereits im Herkunftsstaat gekannt haben, jedoch nicht, dass Fr. XXXX Ihre Lebensgefährtin gewesen ist. Begründet wird dies wie folgt:

1. Fr. XXXX führte in deren Erstbefragung am 05.06.2015 zu keinem Zeitpunkt an mit Ihnen liiert zu sein. So führte Fr. XXXX an, dass Sie bislang keine Ehe geschlossen hat, sie ledig ist. Auch beim Fluchtgrund von Fr. XXXX wurde niemals angegeben, dass Sie wegen des Exlebensgefährten von Fr. XXXX Probleme hatten, bzw. wurden Sie, wie bereits angeführt, auch im angegebenen Fluchtgrund niemals von Fr.

XXXX namentlich erwähnt. So gab Fr. XXXX auch an, dass Sie keine Verwandte mehr in Georgien hat - somit auch keinen Lebensgefährten!

Es wurde jedoch von Fr. XXXX angeführt, dass deren Lebensgefährte, ein russischer Staatsbürger und Mitglied der georgischen Mafia, sei. Dies ist der Vater des Kindes, Hr. XXXX ! Somit bezeichnete Fr. XXXX nicht Sie, sondern Hr. XXXX als Lebensgefährten!

2. Sie führten an, dass die Ausreise Ihrer "Lebensgefährtin" nach Österreich gemeinsam geplant war. Hier ist jedoch anzuführen, dass Sie zuvor anführten, dass Sie Ihre "Lebensgefährtin" nach Lettland kommen lassen wollten als Sie dort am 07.01.2015 (Eurodactrefferergebnis) einen Asylantrag stellten.

3. Letztendlich versteckten Sie sich knapp 2 Jahre lang im Dorf XXXX , Gebiet XXXX . Dieses Dorf liegt 100 Kilometer von XXXX , wo Fr.

XXXX lebte, entfernt. Daher ist auch hier nicht glaubwürdig, dass Sie mit Fr. XXXX von 2014 bis 2015 zusammenlebten, da Sie sich in diesem Zeitraum im XXXX versteckten, bzw. Sie außer Landes waren (Lettland und Finnland).

Bezüglich des Vorbringens, dass Sie vom Exlebensgefährten von Fr. XXXX bedroht wurden, kann daher ebenfalls nicht von der Glaubwürdigkeit ausgegangen werden. Begründet wird dies wie folgt:

1. Würde tatsächlich eine gemeinsame Beziehung zwischen Ihnen und Fr. XXXX bestehen und Fr. XXXX vom Exlebensgefährten misshandelt werden, ist nicht nachvollziehbar, warum Sie bereits vor Fr. XXXX alleine nach Lettland, bzw. Finnland reisten und Fr. XXXX zurückließen. Denn so führten Sie selbst in der Einvernahme an, dass Sie Probleme bekamen, als Fr. XXXX ausgereist ist. Dies war jedoch erst, nachdem Sie von Finnland wieder in den Herkunftsstaat zurückkehrten. Somit ist hier auch nicht nachvollziehbar, warum Sie bereits bei Ihrem Asylantrag in Lettland, bzw. Finnland als Fluchtgrund die Verfolgung durch den Exlebensgefährten von Fr. XXXX anführten.

2. Laut Angaben von Fr. XXXX hat diese mit deren Sohn am 28.05.2015 den Herkunftsstaat verlassen. Sie sind erst Mitte April 2015 von Finnland wieder in den Herkunftsstaat zurückgekehrt, nachdem Sie bereits im Jänner 2015 einen Asylantrag in Lettland stellten. Somit konnten Sie sich im Jahr 2015 lediglich für maximal 1 Monat im selben Staat aufhalten wie Fr. XXXX . Somit ist auch hier nicht erkennbar, wie der Exlebensgefährte von Fr. XXXX davon ausgehen konnte, dass Sie mit Fr. XXXX liiert sein und deswegen bedrohen sollte.

3. So führten Sie an, dass Sie am 27.08.2015, am 16. oder 17.09.2015, und am 09.10.2015 im Auftrag des Exlebensgefährten von Polizisten immer ins Wachzimmer "entführt" und dort geschlagen wurden. Zu diesem Zeitpunkt war Fr. XXXX bereits seit mehreren Monaten ausgereist. Auch Ihre Angaben, dass die Polizei bereits zwei Mal bei Ihrem Vater war und diese nach Ihnen fragten, ist nicht nachvollziehbar. Denn Sie sind bereits seit 24.03.2016 außer Landes und hätte dies Ihr Vater sicherlich den Polizisten bereits angegeben. Somit gäbe es keinen Grund mehr nach Ihnen, bzw. nach Fr.

XXXX zu suchen.

4. Auch ist unglaubwürdig, dass Sie, obwohl Sie sich im Dorf XXXX seit 2014 versteckten und Sie dort auch aufhältig waren, bei Ihrem Vater, bzw. bei Ihrem Freund von der Polizei abgeholt wurden.

5. Weiters ist nicht glaubwürdig, dass der Exlebensgefährte, nachdem er lediglich ein Jahr mit Fr. XXXX liiert war, und das war im Jahr 1998, somit vor 18 Jahren, immer noch seine Exlebensgefährtin und deren Freunde drangsalieren sollte.

Aus diesen oben angeführten Gründen geht daher die Behörde von der Unglaubwürdigkeit Ihres Vorbringens aus.

Denn obwohl es sicherlich für eine Person ein einschneidendes Erlebnis ist, wenn man mitten in der Nacht von der Polizei abgeholt und ins Wachzimmer gebracht wird, wo man stundenlang geschlagen wird, konnten Sie nur allgemein gehaltene Angaben tätigen.

Auch war Ihnen gänzlich unbekannt an welchem Wochentag sich das Ereignis, bzw. die Ereignisse, denn Sie wurden drei Mal von der Polizei mitten in der Nacht mitgenommen und geschlagen, ereignet haben.

Ebenso deutet der Umstand, dass Sie mit dem Flugzeug an einer offiziellen Grenze den Herkunftsstaat verlassen haben und offenbar keine Bedenken hatten, sich der Passkontrolle auszusetzen, darauf hin, dass Sie Verfolgungshandlungen seitens der Behörden Ihres Heimatlandes

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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