RS Vfgh 2018/3/14 V114/2017 (V114/2017-13)

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Veröffentlicht am 14.03.2018
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Index

90/01 Straßenverkehrsrecht

Norm

B-VG Art18 Abs1, Abs2
B-VG Art89 Abs1
B-VG Art139 Abs1 Z1
B-VG Art139 Abs3 Z3
StVO 1960 §43, §44, §52
V des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 23.11.2006 betr eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Haller Straße

Leitsatz

Teilweise Gesetzwidrigkeit einer Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung betreffend eine 60 km/h-Zone auf der Haller Straße mangels hinreichender Determinierung des örtlichen Geltungsbereiches der verordneten verkehrsbeschränkenden Maßnahme; keine ordnungsgemäße Kundmachung infolge signifikanter Abweichung des Aufstellungsortes der Straßenverkehrszeichen vom (behördlich angenommenen) räumlichen Geltungsbereich der Geschwindigkeitsbeschränkung; teilweise Zurückweisung des Antrages mangels Präjudizialität

Rechtssatz

Aufhebung von Punkt 1 litb der Verordnung des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 23.11.2006, Z II-1723/2006-1, kundgemacht durch Aufstellen der entsprechenden Verkehrszeichen am 29.11.2006.

Zulässigkeit des Antrages des Landesverwaltungsgerichtes Tirol im Umfang des ersten Eventualantrages; im Übrigen Zurückweisung des Antrages.

Der Hauptantrag umfasst, soweit er die Aufhebung des Punktes 1 lita (Geschwindigkeitsbeschränkung für die entgegengesetzte Fahrtrichtung der vierspurigen Haller Straße) sowie des Punktes 2 (Aufhebung von entgegenstehenden Anordnungen, insbesondere einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h) betrifft, Bestimmungen, die im Anlassfall offenkundig nicht präjudiziell und offensichtlich trennbar sind, weil die Verordnung zwei Verkehrsbeschränkungen für unterschiedliche Fahrtrichtungen auf derselben Straße sowie die Aufhebung früherer Anordnungen enthält.

Der Verordnungsgeber ist verpflichtet, den örtlichen Geltungsbereich einer auf §43 Abs1 litb Z1 StVO 1960 gestützten verkehrsbeschränkenden Maßnahme möglichst genau zu umschreiben. Die Verordnung muss so bestimmt sein, dass für den Normunterworfenen bereits anhand des Verordnungstextes selbst - und einer allenfalls von der Verordnung mitumfassten planlichen Darstellung oder dergleichen - zweifelsfrei zum Ausdruck kommt, für welche Bereiche bzw welche Strecke diese Anordnung bzw Verkehrsbeschränkung gilt, sodass er sich danach richten kann.

Der durch die Wortfolge "und dem Haus Haller Straße 21" bestimmte Endpunkt der verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung ist - zumal der Verordnung auch keine planliche Darstellung zugrunde liegt - nicht hinreichend konkretisiert. Unbestrittener Weise handelt es sich bei diesem Gebäude (Haller Straße Nr 21) um ein etwa 21 m breites Haus. Aus dem Verordnungstext selbst ergibt sich nicht, ab welchem Punkt des Hauses die Geschwindigkeitsbeschränkung gelten soll.

Die vorgenommene Aufstellung des Verkehrszeichens entspricht auch nicht den Anforderungen des §44 Abs1 StVO 1960 an eine ordnungsgemäße Kundmachung:

Zwar ist zur Kundmachung von Verkehrsbeschränkungen keine "zentimetergenaue" Aufstellung der Verkehrszeichen erforderlich, jedoch wird dieser Vorschrift nicht Genüge getan und liegt ein Kundmachungsmangel vor, wenn der Aufstellungsort vom Ort des Beginns bzw Endes des verordneten Geltungsbereiches einer Geschwindigkeitsbeschränkung signifikant abweicht.

Wie sich aus der Stellungnahme der verordnungserlassenden Behörde und dem Akteninhalt eindeutig ergibt, wurde das Verkehrszeichen an der vierspurigen Haller Straße ca in der Mitte des Hauses Haller Straße Nr 21 anstatt am östlichsten Ende angebracht; dies stellt eine signifikante Abweichung dar.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Straßenpolizei, Geschwindigkeitsbeschränkung, Verordnungserlassung, Verordnung Kundmachung, Straßenverkehrszeichen, Determinierungsgebot, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Verwerfungsumfang, VfGH / Präjudizialität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:V114.2017

Zuletzt aktualisiert am

30.07.2019
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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