TE Vwgh Beschluss 2018/3/6 Ra 2018/02/0074

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Veröffentlicht am 06.03.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VStG §24;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §38;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/02/0075

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revisionen von 1. P und

2. A GmbH, beide in G, beide vertreten durch die SHMP Schwartz Huber-Medek Pallitsch Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Hohenstaufengasse 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 18. Dezember 2017, Zl. LVwG-1-305/2015-R2, betreffend Übertretung des Vorarlberger Wettengesetzes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Dornbirn), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Erstrevisionswerberin als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der zweitrevisionswerbenden Partei nach dem Vorarlberger Wettengesetz bestraft, weil die zweitrevisionswerbende Partei als Wettunternehmerin die Teilnahme an einer verbotenen Wette, nämlich einer Livewette, welcher Fußballspieler das nächste Tor erziele, ermöglicht habe.

5 Als zulässig erachten die revisionswerbenden Parteien im Hinblick auf die Pflicht zur Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems durch die Beschuldigte die Revision zunächst, weil das Verwaltungsgericht die Feststellungen nur auf Basis der Aussage des Geschäftsführers der zweitrevisionswerbenden Partei getroffen hat, während die Erstrevisionswerberin als Beschuldigte nicht einvernommen worden ist.

6 Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbenden Parteien günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (VwGH 4.7.2016, Ra 2016/04/0047).

7 Abgesehen davon, dass es im Rahmen der freien Beweiswürdigung dem Verwaltungsgericht obliegt, welche Beweisergebnisse es für die Feststellungen heranzieht, erschließen sich den Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung weder die Grundsätzlichkeit des Verfahrensmangels noch Umstände, die darlegen, inwiefern die behaupteten Mängel für den Ausgang des Verfahrens von Relevanz sind.

8 Den Ausführungen zum Kontrollsystem ist voranzustellen, dass die Frage, ob ein konkretes Kontrollsystem eines bestimmten Unternehmens ausreichend wirksam gewesen ist, im Prinzip nur den Einzelfall betrifft und als solche keine grundsätzliche Rechtsfrage darstellt (vgl. VwGH 12.12.2017, Ra 2017/05/0286, mwN).

9 Bei dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung zur Wirksamkeit des dargelegten Kontrollsystems sind die revisionswerbenden Parteien auf die dazu vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen zu verweisen, wonach im Unternehmen der zweitrevisionswerbenden Partei zwar verschiedene Kontrollebenen vorhanden sind, jedoch keinerlei konkrete Maßnahmen zur Verhinderung gerade einer solchen Rechtswidrigkeit, wie sie im Revisionsfall vorgekommen ist, vorgesehen wurden. Es werden einerseits Tätigkeiten einzelner Abteilungen abstrakt umschrieben ("getestete Software als funktionstauglich und gesetzeskonform erachten", "Filialen...kontrollieren"), ohne dass ein Bezug auf einen konkreten Kontrollmechanismus zur Verhinderung des Einspielens von verbotenen Livewetten wie der vorliegenden hergestellt worden wäre. Andererseits wird nicht beschrieben, welche Maßnahmen die Erstrevisionswerberin als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufene im Rahmen des Kontrollsystems im Einzelnen ergriffen hat, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die beschriebenen Aufgaben auch tatsächlich erfüllt, was für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems aber erforderlich ist (vgl. arbeitnehmerschutzrechtliche Vorschriften betreffend VwGH 9.6.2017, Ra 2017/02/0068).

10 Wenn das Verwaltungsgericht daher angesichts des festgestellten Sachverhalts von der schuldhaften Verwirklichung des objektiven Tatbestands des § 1 Abs. 6 Vorarlberger Wettengesetz ausgegangen ist und den Nachweis eines wirksamen Kontrollsystems verneint hat, bewegt sich diese im Einzelfall zu treffende Beurteilung im Rahmen der dazu ergangenen zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

11 Dass die Beurteilung der Wirksamkeit des konkreten Kontrollsystems durch das Verwaltungsgericht grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte, ergibt sich aus den Revisionszulässigkeitsgründen nicht (vgl. VwGH 12.12.2017, Ra 2017/05/0286, mwN).

12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 6. März 2018

Schlagworte

Beweisefreie BeweiswürdigungSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018020074.L00

Im RIS seit

03.04.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.04.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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