TE Vwgh Beschluss 2018/3/8 Ra 2016/10/0045

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Veröffentlicht am 08.03.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
72/01 Hochschulorganisation;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
UniversitätsG 2002 §103 Abs2;
UniversitätsG 2002 §103 Abs9;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision der E S in S, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17. März 2016, Zl. W227 2001615-2/19E, betreffend Erteilung der Lehrbefugnis (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Rektorat der Universität Salzburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 17. März 2016 wies das Bundesverwaltungsgericht - im Säumnisbeschwerdeverfahren -

einen Antrag der Revisionswerberin aus dem Jahr 2009 auf Verleihung der Lehrbefugnis für das Fach "Mikrobiologie mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik der Mikrobiologie" gemäß § 103 Abs. 2 und 9 Universitätsgesetz 2002 - UG ab, wobei das Verwaltungsgericht die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuließ.

2 Dem legte das Verwaltungsgericht - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Interesse - zugrunde, die eingesetzte Habilitationskommission habe (nach etlichen Verfahrensschritten vor dieser, vor der belangten Behörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht) in ihrer sechsten Sitzung am 18. Mai 2015 mit 6:1 Stimmen beschlossen, den Antrag der Revisionswerberin abzulehnen, weil die hervorragende wissenschaftliche Qualifikation in der Mikrobiologie nicht in der gebotenen Breite und Qualität gegeben sei.

3 1.2. Dazu habe sich die Habilitationskommission näher begründend mit den verschiedenen zu den wissenschaftlichen Veröffentlichungen der Revisionswerberin eingeholten Gutachten wie folgt auseinandergesetzt:

4 Der Gutachter Prof. Dr. H. habe nur drei Publikationen aus den Jahren 2005 bis 2009 als für die Habilitation relevant eingestuft und die "Publikationslage als eher schwach" bezeichnet; er habe lediglich unter Hinweis darauf, dass die Revisionswerberin für die Lehre in Mikrobiologie an einer bestimmten Universität benötigt werde, die Annahme der vorgelegten Habilitationsschrift als Grundlage für die Verleihung der Lehrbefugnis empfohlen. Die vom Gutachter angenommene Notwendigkeit für die Unterstützung in der Lehre sei allerdings nach Auffassung der Kommission für die Voraussetzung einer hervorragenden wissenschaftlichen Qualifikation nach § 103 UG nicht relevant. Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder sehe sich durch das Gutachten von Prof. H. darin bestätigt, dass die mit dem Antrag vorgelegten Publikationen nicht geeignet seien, die hervorragende wissenschaftliche Qualifikation in der geforderten Breite nachzuweisen.

5 Nach dem Gutachten von Prof. F. komme den drei Publikationen der Revisionswerberin aus 2005 bis 2009 zwar sehr hohe wissenschaftliche Qualität zu, allerdings sei deren wissenschaftliche Kernleistung "nach den üblichen Kriterien für biowissenschaftliche Habilitationen im Bereich der Grundlagenforschung als nicht ausreichend einzustufen". Die Kommission habe mehrheitlich die vom Gutachter ausgesprochenen Bedenken einer (noch nicht) nachgewiesenen hervorragenden wissenschaftlichen Qualifikation und wissenschaftlichen Eigenständigkeit geteilt. Soweit Prof. F. in seinem Gutachten abschließend feststelle, die wissenschaftliche Beherrschung des Habilitationsfaches und die eigenständige Förderung könne er nur für das Fach "Didaktik der Mikrobiologie" oder "Didaktik der Biologie" erkennen, sofern ein entsprechendes Fachgutachten diesen Teil der Habilitationsschrift ausdrücklich positiv bewerte, sei damit für die Mehrheit der Kommissionsmitglieder eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Mikrobiologiedidaktik in den vorgelegten Publikationen in exzellenter Weise nicht gegeben, weshalb für die Mehrheit der Kommissionsmitglieder der Gutachter die wissenschaftliche Leistung der Revisionswerberin im Fach Mikrobiologie als nicht ausreichend angesehen habe.

6 Der Gutachter Prof. Dr. D. habe den wissenschaftlichen Teil der begutachteten Publikationen mit lediglich drei zugrunde liegenden Publikationen als "sehr dünn" bewertet und darüber hinaus kritisiert, dass der wissenschaftliche Beitrag bei den beiden Publikationen, bei denen die Revisionswerberin Co-Autorin sei, nicht klar ersichtlich sei. Ausgehend davon, dass in der Biologie dem Erstautor der wichtigste Anteil an der Publikation zukomme und für alle drei gegenständlichen Publikationen die Verantwortung der Publikation ("corresponding author") beim Postdoc Mentor Prof. B. liege (und nicht bei der Revisionswerberin) habe die Kommission die Auffassung vertreten, dass es unter den Biowissenschaftlern/innen einen deutlichen Konsens für höhere Mindestanforderungen an Habilitationen gebe, welche die Revisionswerberin "bei weitem nicht" erfülle. Der Gutachter Prof. D. stelle schließlich fest, dass die wissenschaftliche Beherrschung des Faches Mikrobiologie bislang nicht durch unabhängige Forschung (Publikationen) der Revisionswerberin belegt sei, und vergleiche deren eingereichte Arbeiten mit einer "wirklich guten Promotion".

7 Was das Gutachten von Prof. Dr. S. anlange, so liege ein "früheres Abhängigkeitsverhältnis" vor, weil diese die Betreuerin der "Promotion" der Revisionswerberin gewesen sei. Die zusammenfassende Empfehlung des ersten Teiles des Gutachtens, Prof. S. könne "der Kandidatin uneingeschränkt die Erfüllung sämtlicher Forderungen bescheinigen", sei darüber hinaus kaum nachvollziehbar begründet. Der zweite Teil des Gutachtens, welcher die Beteiligung der Revisionswerberin an Lehre und an Aktivitäten an Schulen in den USA betreffe, handle nicht von der wissenschaftlichen Forschungsleistung im engeren Sinne.

8 Zu den beiden von der Revisionswerberin selbst beigebrachten Gutachten habe die Kommission einerseits zum Gutachten von Prof. B. ausgeführt, dieser sei in allen drei virologischen Publikationen der verantwortliche Autor ("corresponding author") und außerdem Postdoc Mentor der Revisionswerberin; Prof. B. beurteile somit, wenn er über die Publikationen der Revisionswerberin spreche, seine eigene wissenschaftliche Leistung, was die Kommission mehrheitlich sehr kritisch sehe. Aus diesen Gründen messe die Kommission dem "positiven Gesamteindruck des Gutachtens" von Prof. B. nur geringe Bedeutung zu.

9 Das weiters beigebrachte Gutachten von Assoc. Prof. T. beziehe sich wesentlich auf Seminarvorträge innerhalb eines bestimmten Departments, über welche der Gutachter, der an der gleichen Einrichtung wie Prof. B. tätig sei, sehr positiv berichte. Eine Bewertung der wissenschaftlichen Forschungsleistung erfolge "eher indirekt und ohne direkten Bezug zu den Publikationen". Die Kommission messe dem Gutachten eine geringere Bedeutung bei.

10 Die Mehrheit der Kommission sei zusammenfassend den drei von vier Gutachtern gefolgt, welche die hervorragende wissenschaftliche Qualifikation der Revisionswerberin als nicht gegeben angesehen hätten.

11 1.3. Aufgrund dieses Beschlusses der Habilitationskommission vom 18. Mai 2015, welchen das Verwaltungsgericht als nachvollziehbar erachtete, stellte das Verwaltungsgericht fest, die Revisionswerberin habe die hervorragende wissenschaftliche Qualifikation im Fach "Mikrobiologie" nicht erbracht.

12 Mit Blick auf die Co-Autorenschaft der Revisionswerberin bei bestimmten vorgelegten Arbeiten führte das Verwaltungsgericht weiters aus, dass sich aus der Erklärung der Revisionswerberin selbst in ihrem Antrag ergebe, dass sie nicht die primäre Verfasserin der Gemeinschaftsarbeiten gewesen sei und die übrigen Autoren in nur untergeordneter Weise dazu beigetragen hätten. Auch aus diesem Grund habe die hervorragende wissenschaftliche Qualifikation der Revisionswerberin nicht bewiesen werden können (Hinweis auf VwGH 28.5.2010, 2008/10/0161).

13 Mangels Nachweises einer hervorragenden wissenschaftlichen Qualifikation sei der Antrag der Revisionswerberin abzuweisen; auf die kumulative weitere Voraussetzung gemäß § 103 Abs. 2 UG (nämlich den Nachweis der didaktischen Fähigkeiten; Hinweis auf VwGH 28.10.2015, 2013/10/0160) komme es somit nicht an.

14 Soweit die Revisionswerberin die Nichtberücksichtigung ihrer jüngeren Publikationen rüge, übersehe sie, dass der Beurteilung, ob im Hinblick auf das beantragte Habilitationsfach eine hervorragende wissenschaftliche (oder künstlerische) Qualifikation des Habilitationswerbers nachgewiesen sei, die von diesem mit dessen Antrag vorzulegenden schriftlichen (oder künstlerischen) Arbeiten zugrunde zu legen seien (Hinweis auf VwGH 29.11.2011, 2010/10/0069).

15 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

18 3. In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargelegt:

19 3.1. Diese wenden sich zunächst gegen die wiedergegebene (Rz 14) Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass die jüngeren Publikationen der Revisionswerberin zu Recht nicht berücksichtigt worden seien, weil die Beurteilung ausschließlich auf Basis der mit dem Antrag vorgelegten Arbeiten zu erfolgen habe. Die Revisionswerberin behauptet, diese Auffassung finde in der einschlägigen Judikatur keine Deckung. Vielmehr sei im Sinn des allgemeinen Grundsatzes, dass die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt maßgeblich sei, die Berücksichtigung des aktuellen Leistungsstandes ein unbedingtes Erfordernis. Soweit ersichtlich, fehle es dazu an einer "expliziten Judikatur des (...) Verwaltungsgerichtshofes".

20 Dieses Vorbringen trifft nicht zu: Der Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass der Beurteilung, ob im Hinblick auf das beantragte Habilitationsfach eine hervorragende wissenschaftliche (oder künstlerische) Qualifikation des Habilitationswerbers nachgewiesen sei, die als Habilitationsschrift eingereichten schriftlichen (oder künstlerischen) Arbeiten - somit die mit dem Habilitationsantrag vorgelegten Arbeiten - zugrunde zu legen sind (vgl. neben dem bereits vom Verwaltungsgericht zitierten Erkenntnis 2010/10/0069 weiters VwGH 31.3.2011, 2009/10/0028, und 14.7.2011, 2009/10/0215).

21 3.2. Mit dem weiteren in den Zulässigkeitsausführungen nicht näher präzisierten Verweis darauf, dass die Habilitationskommission "über Jahre hindurch" keine Entscheidung aufgrund einer tauglichen Entscheidungsbasis getroffen habe, wird eine grundsätzliche Rechtsfrage mit Blick auf das angefochtene, auf den Beschluss der Habilitationskommission vom 18. Mai 2015 gestützte Erkenntnis nicht dargelegt (zum Erfordernis der konkreten Darlegung einer Rechtsfrage vgl. etwa die Judikaturnachweise bei Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017) E 114 ff zu § 28 VwGG).

22 3.3. Schließlich befassen sich die Zulässigkeitsausführungen kritisch mit der von der Habilitationskommission vorgenommenen (und dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegenden) Beweiswürdigung der vorliegenden Gutachten zu den Arbeiten der Revisionswerberin und postulieren für eine derartige wertende Auseinandersetzung mit verschiedenen Gutachten unter anderem eine "komplette übersichtsmäßige Darstellung" der wissenschaftlichen Leistungen der Revisionswerberin "in Form einer Zusammenfassung der Texte (Synopsis)" samt Schlussfolgerungen daraus als "Normalstandard".

23 Dem ist im Sinn der ständigen hg. Rechtsprechung schon entgegenzuhalten, dass die beweiswürdigende Bewertung von Gutachten eine einzelfallbezogene Beurteilung darstellt, welche jedenfalls dann keine Zulässigkeit der Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG begründet, wenn sie zumindest vertretbar ist (vgl. etwa VwGH 21.11.2017, Ra 2017/12/0082, oder 28.6.2017, Ra 2017/02/0038, mwN).

24 Es kann allerdings keine Rede davon sein, dass die von der Habilitationskommission vorgenommene und dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegte Beweiswürdigung der der Kommission vorliegenden Gutachten unvertretbar wäre (zu der entsprechenden Verpflichtung der Habilitationskommission vgl. etwa VwGH 29.1.2009, 2007/10/0136, mwN).

25 4. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 8. März 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016100045.L00

Im RIS seit

03.04.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.04.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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