Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. M***** E***** und 2. A***** E*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Kurt Kozak, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, und deren Nebenintervenientin ***** Co KG, *****, vertreten durch Dr. Christian Adam, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 8. Juni 2017, GZ 53 R 44/17b-19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 5. Jänner 2017, GZ 15 C 6/16d-13, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei und deren Nebenintervenientin binnen 14 Tagen die mit jeweils 917,02 EUR (darin 152,84 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil „zu den behandelten Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Gewährung der Zufahrt zu Flughäfen für Kraftfahrzeuge im Rahmen des Taxigewerbes (…) bislang keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (bestehe), wobei dies auch für Aspekte des Kontrahierungszwangs und des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Bereich öffentlicher Unternehmer als Monopolisten (gelte)“.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen diesem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):
1. Ob die Beklagte betreffend die strittige Bereitstellung der Taxispur P9 wie eine Monopolistin zu behandeln ist, bedarf keiner Erörterung, weil die Beklagte diese Stellung in ihrer Revisionsbeantwortung im Grundsatz zugesteht (vgl VfGH V23/07 = VfSlg 18.708). Es entspricht dann gesicherter Rechtsprechung, dass für einen Monopolisten Kontrahierungszwang zu angemessenen Bedingungen besteht (vgl RIS-Justiz RS0030805). Der Inhaber einer Monopolstellung muss, wenn ihm ein Vertragsabschluss zumutbar ist, einen guten (sachlichen) Grund für die Verweigerung eines Vertragsabschlusses haben (RIS-Justiz RS0016745 [T10]). Diese durch bereits vorliegende Judikatur gesicherten Grundsätze hält die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung ebenfalls für zutreffend.
2.1. Die Vorinstanzen waren der Ansicht, die Beklagte habe die sie als kontrahierungspflichtiges Unternehmen treffende Pflicht zur Gleichbehandlung bei Abschluss des Unterbestandvertrags mit der Nebenintervenientin als Unterbestandnehmerin dieser inhaltlich entsprechend den dazu vorliegenden Judikaturgrundsätzen überbunden.
2.2. Diese Rechtsansicht der Vorinstanzen stützt sich auf bestimmte Regelungen in dem von der Beklagten mit der Nebenintervenientin abgeschlossenen Unterbestandvertrag, in welchem die Beklagte der Nebenintervenientin abverlangt hat, „sämtlichen Taxilenkern, die die gesetzlichen Bestimmungen wie insbesondere die LBO einhalten, die Nutzung der vertragsgegenständlichen Taxispur P9 entsprechend den Bestimmungen dieses Vertrages – nach Abschluss einer gesonderten Vereinbarung mit (der Nebenintervenientin) zu ermöglichen, sofern nicht sachlich gerechtfertigte Ausschlussgründe vorliegen“. Zur Klarstellung wurde festgehalten, „dass (die Nebenintervenientin) die Nutzung der Taxispur P9 auch jenen Taxilenkern, die nicht dem Verein 'S*****' als unbeschränkt haftender Gesellschafter (der Nebenintervenientin) angeschlossen sind, zu den gleichen Bedingungen ermöglichen muss“. Nach dem Unterbestandvertrag darf auch eine allfällige Erhöhung des für die Einfahrt in die Taxispur zu leistenden „Infrastrukturbeitrages (...) nur unter dem Aspekt der Angemessenheit unter Berücksichtigung der Lage und des Standortes des Flughafens (…) erfolgen“.
2.3. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die Beklagte habe mit den näher bezeichneten Regelungen des Unterbestandvertrags die Nebenintervenientin zum Kontrahieren unter Gleichbehandlung, zu angemessenen Bedingungen und ohne Ausschluss von Interessenten aus nicht sachlich gerechtfertigten Gründen verpflichtet, ist Ergebnis einer vertretbaren – und daher keine erhebliche Rechtsfrage begründenden – Vertragsauslegung im Einzelfall (vgl RIS-Justiz RS0042936; RS0042776).
3. Dass die Überlassung der Bewirtschaftung der Taxispur an einen anderen Unternehmer unter dem Gesichtspunkt der Wahrung seiner Kontrahierungspflicht ganz generell unzulässig und die Beklagte immer zur Selbstbewirtschaftung, also zu einer ganz bestimmten Bewirtschaftungsform, verpflichtet sei, behaupten selbst die Kläger nicht. Sie meinen allerdings, dass der Unterbestandvertrag mit der Nebenintervenientin „nichtig“ sei, jedenfalls aber der Kontrahierungspflicht deshalb nicht entspreche, weil die Nebenintervenientin interessierten Konzessionsträgern eine Zusammenarbeit nur auf Basis jederzeitiger Widerrufbarkeit anbiete, einen unangemessenen Infrastrukturbeitrag verlange und die mit ihr verbundenen Taxilenker bevorzuge, was bereits im Unterbestandvertrag strukturell angelegt sei. Dem ist Folgendes zu entgegnen:
3.1. Dass die Beklagte den Unterbestandvertrag mit der Nebenintervenientin zur Umgehung ihrer Kontrahierungspflicht oder/und in Kenntnis von angeblichen Malversationen der Nebenintervenientin abgeschlossen habe, ist weder dem erstinstanzlichen Vorbringen der Kläger nachvollziehbar zu entnehmen noch durch die Feststellungen des Erstgerichts gedeckt und dahin gehende Revisionsausführungen sind demnach unzulässige Neuerungen. Zweck des Vertragsabschlusses war es nach dem festgestellten Sachverhalt vielmehr, näher bezeichneten Missständen bei der bisherigen Benützung der Taxispur durch eine professionelle Bewirtschaftung zu begegnen. Ob die Beklagte, etwa bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1295 Abs 2 ABGB, allenfalls selbst (wieder) zum Kontrahieren mit einzelnen Konzessionsträgern verpflichtet sein könnte, ist daher nicht zu untersuchen.
3.2. Eine Bevorzugung von mit der Nebenintervenientin verbundenen Lenkern ist durch den Unterbestandvertrag nicht strukturell angelegt, trifft diese doch die ausdrücklich vereinbarte Gleichbehandlungspflicht und die Pflicht zur Bereitstellung eigener Logistik dient vertraglich allein dem Zweck der Behebung von Versorgungsmängeln. Mit der in diesem Zusammenhang stehenden Annahme des Berufungsgerichts, dass es Fahrgästen nicht zumutbar sein könnte, länger als 20 Minuten auf ein Taxi zu warten, hat das Berufungsgericht – entgegen der Ansicht der Kläger – lediglich die vereinbarte Bereitstellungspflicht der Nebenintervenientin erklärt, aber keine (neuen) Tatsachenfeststellungen (ohne Beweisverfahren) getroffen.
3.3. Soweit sich die Nebenintervenientin nicht an ihre Pflichten aus dem Unterbestandvertrag halten und etwa einen unangemessenen Infrastrukturbeitrag verlangen oder die Gestattungsverträge mit Konzessionsträgern ohne sachlich gerechtfertigte Gründe auflösbar machen sollte, wäre ein solches Verhalten – jedenfalls ohne weiter hinzukommende Gründe (vgl Punkt 3.1.) – nicht (direkt) der Beklagten zuzurechnen. Ob diese in solchen Fällen zu Abhilfemaßnahmen gegenüber der Nebenintervenientin verpflichtet werden könnte, ist nicht zu erörtern, weil das Klagebegehren darauf nicht gerichtet ist.
4. Die Behauptung der Kläger, die Taxispur sei eine öffentliche Straße, widerspricht dem unstrittigen und dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt insofern, als diese ausschließlich einem spezifischen Zweck, nämlich dem Taxitransport, dient und nur über eine, den allgemeinen Zugang gerade verhindernde Schrankenanlage gesichert ist. Im Übrigen könnten die Kläger aus der Qualität einer öffentlichen Straße nichts gewinnen, ist doch unstrittig, dass im Bereich der Taxispur derzeit kein Standplatz für das Taxigewerbe festgelegt ist und diesfalls ein Auffahren unzulässig wäre (§ 34 Abs 1 Salzburger Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-Betriebsordnung iVm § 96 Abs 4 StVO 1960).
5. Letztlich sind die Kläger der Ansicht, die Überlassung der Taxispur zur Bewirtschaftung unterliege dem BVerG, solle der Beklagten doch damit eine Dienstleistung, nämlich die Bereitstellung von Infrastruktur, erbracht werden. Die Qualifikation des von der Beklagten und der Nebenintervenientin abgeschlossenen Vertrags als Unterbestand- und nicht als Dienstleistungsvertrag (iSd § 6 BVerG) ist wiederum das Ergebnis einer vertretbaren – und daher keine erhebliche Rechtsfrage begründenden – Vertragsauslegung im Einzelfall, ist doch die Vereinbarung einer Betriebspflicht für Bestandverträge nicht untypisch und die Kläger zeigen auch nicht auf, welche prioritäre oder nicht prioritäre Dienstleistung (iSd § 6 BVerG) der Beklagten von der Nebenintervenientin konkret erbracht werden soll.
6.1. Da somit die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliegen, ist die Revision unzulässig und zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weitergehenden Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO).
4. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 50, 41 ZPO; die Beklagte und die Nebenintervenientin haben jeweils auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Textnummer
E121000European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00159.17H.0221.000Im RIS seit
30.03.2018Zuletzt aktualisiert am
30.03.2018