TE Bvwg Beschluss 2018/3/16 W131 2121027-1

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Veröffentlicht am 16.03.2018
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Entscheidungsdatum

16.03.2018

Norm

AVG §66 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §19 Abs7b
MOG 2007 §6
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W131 2121027-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , BNr XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 29.09.2015, AZ XXXX , betreffend Rückerstattung iZm der Haushaltsdisziplin:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid vom 29.09.2015, AZ XXXX aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Feststellungen:

1. Mit dem angefochtenen bescheid hat die AMA dem Beschwerdeführer (= Bf) aus dem Titel der Haushaltsdisziplin (= HHD) 11,28 Euro als Erstattung zuerkannt.

2. Der Bf bezeichnete exakt diesen Bescheid in einer Bescheidbeschwerde als angefochtenen Bescheid und brachte darin Beschwerdegründe vor, die evident auf seinen Standpunkt iZm der Einheitlichen Betriebsprämie 2014 (= EBP) hindeuten; wobei der Bf betreffend die EBP zuletzt einen Bescheid erhalten hatte, mit dem rund 3.400 Euro zurückgefordert worden waren.

3. Auf Seite 2 des angefochtenen Bescheids betreffend HHD finden sich folgende Ausführungen:

Basis für die Berechnung der Erstattung ist die Summe der für das Antragsjahr 2014 gewährten Direktzahlungen, die den Betrag von EUR 2.000,00 je Antragsteller übersteigen. Der Erstattungsfaktor beträgt für Österreich 2,69 %.

4. Feststellungen zu den in Österreich im Antragsjahr 2014 gewährten Direktzahlungen, aus denen sich in Zusammenschau mit insb der VO 1259/2014/EU der Erstattungsfaktor von 2,69 % (- wovon? -) berechnen lässt, finden sich nicht im angefochtenen Bescheid betreffend HHD.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Zuständigkeit und Allgemeines

1.1. Gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art 131 Abs 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

1.2. Gemäß § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl I Nr 55/2007 idgF, ist die AMA zuständige Marktordnungs-, Interventions- und Zahlstelle im Sinne dieses Bundesgesetzes, soweit sich nicht der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Interesse der Wahrung des Gesamtzusammenhangs und der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung durch Verordnung Angelegenheiten der Vollziehung des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts vorbehält.

1.3. Gemäß § 1 AMA-Gesetz, BGBl 376/1992 idgF, können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA - wie eben hier - unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden.

1.4. Das BVwG hatte gegenständliche mangels marktordnungsrechtlicher Sonderverfahrensvorschriften das VwGVG und subsidiär das AVG als Verfahrensrecht anzuwenden.

Da der Bf den Bescheid betreffend die HHD gemäß § 9 Abs 1 Z 1 VwGVG ausdrücklich und exakt als angefochten bezeichnet hat, war gegenständlich nur auf den Bescheid betreffend HHD einzugehen und waren Aspekte der iZm der cross compliance nur reduziert zuerkannten EBP nicht näher zu erörtern.

Dabei waren aber auch amtswegig erkennbare Rechtswidrigkeiten (ohne Parteivorbringen) aufzugreifen, da der VwGH die §§ 9 und 27 VwGVG in dz stRsp dahin auslegt; siehe dazu zB VwGH Zlen Ra 2015/04/0012 oder Ra 2014/07/0077.

2. Zu A) Zurückverweisung

2.1. Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs 2 leg cit hat über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

2.2. Gemäß § 28 Abs 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs 3 2 Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm 11).

2.3. Art 1 der VO 1259/2014/EU lautet:

Im Anhang dieser Verordnung ist die Höhe der Mittel festgesetzt, die gemäß Artikel 169 Absatz 3 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 vom Haushaltsjahr 2014 übertragen werden und die gemäß Artikel 26 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 den Mitgliedstaaten für die Erstattung an die Endempfänger bereitgestellt werden, die im Haushaltsjahr 2015 von dem Anpassungssatz gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1227/2014 der Kommission (2) betroffen sind. Die Mittel, die übertragen werden, unterliegen dem Übertragungsbeschluss der Kommission gemäß Artikel 169 Absatz 3 Unterabsatz 5 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012.

Im Anhang zu dieser EU - Verordnung ist für Österreich für das hier interessierende Jahr ein Gesamtbetrag iHv 13.848.862,00 Euro vorgesehen, der von Östereich erstattet werden konnte.

2.4. Im angefochtenen beschied sind keine entsprechenden Feststellungen erhalten, auf Basis welcher Tatsachen dieser Gesamtbetrag auf die einzelnen Beihilfenemfänger aufgeteilt wird; es fehlen insb Tatsachenangaben, aus denen sich der im Bescheid ersichtliche und auf den Bf angewandte Erstattungsfaktor von 2,69% herleiten würde.

Diese Zurückverweisung dient einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des unvollständigen Sachverhalts, zumal wohl nur die AMA selbst diejenige Stelle in Österreich ist, die das entsprechende Zahlen- und damit Tatsachenwissen hat.

Auch wenn der VwGH mit seiner Grundsatz-Entscheidung vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 der Zurückverweisung von Rechtssachen durch die Verwaltungsgerichte bereits Grenzen gezogen hat, liegt es im hier zu beurteilenden Fall weder im Interesse der Raschheit, noch wäre es mit einer Kostenersparnis verbunden, würde das Bundesverwaltungsgericht hier versuchen wollen, über die Beschwerde betreffend das gegenständliche Erstattungsjahr zu erkennen, zumal das BVwG jedweden rechtserheblichen Sachverhalt gemäß § 19 Abs 7b MOG durch die AMA erheben lassen kann.

Aus diesem Grund war der Bescheid aufzuheben, ohne dass auf das Beschwerdevorringen noch näher einzugehen gewesen wäre.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Grundlage der Zurückweisungsentscheidung sind ausschließlich Tatsachenfragen im Einzelfall.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Berechnung, Direktzahlung, einheitliche
Betriebsprämie, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelhaftes
Ermittlungsverfahren, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,
Rückerstattung, Rückforderung, Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W131.2121027.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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