TE Bvwg Beschluss 2018/3/19 W152 2017161-1

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Veröffentlicht am 19.03.2018
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Entscheidungsdatum

19.03.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §88 Abs2a
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W152 2017161-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter KOPP als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2014, Zl. 752153904-140043341, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben

und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG idgF zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer beantragte am 07.10.2014 gemäß § 88 Abs. 2a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) die Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte.

1.2. Im Zuge seines Rechtsganges verwies der Rechtsmittelwerber in seinem Antragsformular zunächst auf die ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis 01.06.2016 verlängerte befristete Aufenthaltsberechtigung.

Hiebei blieb das Textfeld mit der Bezeichnung "Begründung, warum kein eigener Reisepass erlangt werden kann" leer.

1.3. In weiterer Folge übermittelte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer am selben Tag einen "Verbesserungsauftrag", in dem dieser dazu aufgefordert wurde, einen schriftlichen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses bei der afghanischen Botschaft ebenso binnen vier Wochen vorzulegen, wie auch das entsprechende Antwortschreiben; beides im Original sowie in beglaubigter Übersetzung. Darüber hinaus bedürfe es der Aufgabebestätigung bei der Post sowie der Begründung, weshalb es dem Antragsteller nicht möglich sein sollte, selbiges Reisedokument über die Auslandsvertretung seines Herkunftslandes zu beschaffen.

1.4. Als Reaktion des Beschwerdeführers präsentierte dieser am 08.10.2014 eine Bestätigung der afghanischen Botschaft in Wien vom 08.10.2014, zum Beleg, dass ihm aufgrund mangelnder Dokumentenvorlage kein Reisepass seines Heimatstaates ausgestellt werden könne. Bei Vorlage der erforderlichen Dokumente zu einem späteren Zeitpunkt wäre die Botschaft dann in der Lage, einen Reisepass auszustellen.

1.5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.11.2014, Zl. 752153904-140043341, wurde der Antrag gemäß § 88 Abs. 2a FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, abgewiesen.

Sachverhaltsfeststellungen, inwiefern der Beschwerdeführer in der Lage sei, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen, fehlen jedoch zur Gänze.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, wonach aus der als Beweismittel vorgelegten Bestätigung der afghanischen Botschaft vom 08.10.2014 eindeutig hervorgehe, dass bei entsprechender Vorlage geeigneter Dokumente ein gültiger Reisepass des Heimatstaates beschafft werden könne. Daraus resultierend liege aber aus Sicht der Erstinstanz in casu kein objektiver Hinderungsgrund für das erfolgreiche Erlangen eines solchen Dokuments vor. Des Weiteren habe es der Antragsteller verabsäumt, darzulegen, welche Art von Urkunden zur Reisepassausstellung erforderlich wäre respektive weshalb ihm die Vorlage der selbigen nicht möglich oder zumutbar sei.

1.6. In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchzuführen. Bei Abhaltung eines solchen wäre sonst festgestellt worden, dass es dem Beschwerdeführer aus faktischen Gründen unmöglich sei, jene für die Ausstellung des gewünschten Reisedokuments unabdingbaren Dokumente aus Afghanistan beizuschaffen.

In diesem Zusammenhang habe die Erstinstanz die Ausführungen im Asylakt des Rechtsmittelwerbers völlig unberücksichtigt gelassen, aus denen die faktische Unmöglichkeit der Beschaffung der erforderlichen Unterlagen aus Afghanistan hervorgehe. So sei der Beschwerdeführer im Alter von sieben Jahren von seinem Vater in den Iran gebracht und dort seinem Schicksal überlassen worden. Folgerichtig sei er zu keinem Zeitpunkt je in der Lage gewesen, sich Personaldokumente von den jeweils zuständigen Behörden zu organisieren. Darauf basierend werde daher der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Ausstellung eines Fremdenpasses an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A):

Mit dem BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G), wurde im Rahmen der Fremdenbehördenneustrukturierung (FNG), BGBl. 87/2012, mit Wirksamkeit 01.01.2014 das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als die für die Vollziehung des BFA VG, des AsylG, des 7., 8. und 11. Hauptstückes des FPG, des GVG-B und der Dublin VO zuständige Behörde geschaffen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. Gemäß Abs. 3 sind auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Obwohl gemäß § 17 iVm § 58 VwGVG seit 01.01.2014 der § 66 Abs. 2 AVG in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr anzuwenden ist und gemäß § 58 VwGVG stattdessen § 28 Abs. 3 VwGVG mit genanntem Datum in Kraft trat, womit das Erfordernis des § 66 Abs. 2 leg. cit, wonach die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, weggefallen ist, und sich die Regelungsgehalte beider Normen nicht somit gänzlich decken, findet die einschlägige höchstgerichtliche Judikatur zu § 66 Abs. 2 AVG grundsätzlich weiterhin Anwendung.

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm. 11).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:

Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.

Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.

Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung respektive der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zuletzt weitere Entscheidungen getroffen, in denen er diese Grundsätze weiter ausgebildet hat. So hat er im Erkenntnis vom 19.04.2016, Zl. Ra 2015/01/0010, ausgesprochen, dass auch wenn das Verwaltungsgericht die beweiswürdigenden Erwägungen einer Verwaltungsbehörde nicht teilt, dies allein noch nicht dazu führt, dass von einem Unterlassen gebotener Ermittlungsschritte im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGVG gesprochen werden könnte (vgl. etwa auch das Erkenntnis vom 20.05.2015, Zl. Ra 2014/20/0146).

Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung auch eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389).

Der Verwaltungsgerichtshof hat nun zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des asylrechtlich relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist.

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof, zuletzt in seinem Erkenntnis vom 7.11.2008, Zl. U 67/08-9, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 m. w. N., 14.421/1996, 15.743/2000).

Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist in casu unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichts ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren in qualifizierter Weise unterlassen worden, dies aus folgenden Erwägungen:

Gemäß § 5 Abs. 1a Z 3 FPG idgF sowie § 3 Abs. 2 Z 5 BFA-VG obliegt nunmehr dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG. Für das gegenständliche Verfahren ist somit das mit 01.01.2014 eingerichtete Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zuständig.

Laut § 88 Abs. 1 FPG idgF können Fremdenpässe, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für

1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;

2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;

3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" (§ 45 NAG) gegeben sind;

4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder

5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.

(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

(3) Die Gestaltung der Fremdenpässe wird entsprechend den für solche Reisedokumente international üblichen Anforderungen durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. Im Übrigen hat die Verordnung den für Reisepässe geltenden Regelungen des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, zu entsprechen.

(4) Hinsichtlich der weiteren Verfahrensbestimmungen über die Ausstellung eines Fremdenpasses, der Bestimmungen über die Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten und der weiteren Bestimmungen über den Dienstleister gelten die Bestimmungen des Paßgesetzes entsprechend.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stützte sich in der Bescheidbegründung im Rahmen der rechtlichen Beurteilung auf eine "Bestätigung der Afghanischen Botschaft in Wien vom 08.10.2014" sowie das angebliche Fehlen der Namhaftmachung der notwendigen Dokumente respektive der Darstellung potentieller objektiver Hinderungsgründe für deren Beschaffung. Das vermag jedoch die angefochtene Entscheidung nicht zu tragen: So hat der Beschwerdeführer im Rahmen seines Asylverfahrens Aussagen zu diesem Themenkreis getroffen, welche hinsichtlich der abschließenden Beurteilung der Frage, inwiefern ihm die Beschaffung von Personaldokumenten objektiv möglich ist, relevant sein können. Je nach Qualität und Glaubwürdigkeit der seinerzeitigen Angaben des Beschwerdeführers verfügt somit die belangte Behörde über ein Vorbringen zu dem in Rede stehenden Themenkreis, dessen Kenntnis der Rechtsmittelwerber jedenfalls als hinreichend amtsbekannt voraussetzen durfte und welches für die abschließende Beurteilung des zugrunde liegenden Sachverhalts die argumentative Basis bilden muss.

Aufgrund dieser Basis wäre in der Folge - auch im Rahmen einer diesbezüglichen Einvernahme - zu klären gewesen, ob es dem Beschwerdeführer tatsächlich möglich gewesen wäre, die dafür notwendigen Dokumente beizuschaffen.

Dem angefochtenen Bescheid ist keine Auseinandersetzung mit den richtigerweise in Prüfung zu ziehenden Angaben des Beschwerdeführers während seines Asylverfahrens im Hinblick auf die vorgelegte Botschaftsbestätigung zu entnehmen. Schon aus diesem Umstand geht zweifelsfrei hervor, dass die belangte Behörde die notwendigen Ermittlungen des tatsächlich entscheidungswesentlichen Sachverhalts unterlassen hat.

Es ist somit klar ersichtlich, dass es die Erstinstanz in ihrer Entscheidung verabsäumt hat, sich mit dem vorliegenden Parteivorbringen inhaltlich auseinanderzusetzen.

Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die notwendige Ermittlung des Sachverhalts und dessen Feststellung unterlassen hat, ist der Beschwerde stattzugeben und der Bescheid zu beheben.

Ein Nachholen des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.

Da also der maßgebliche Sachverhalt im gegenständlichen Fall noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.

Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Es fehlt auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W152.2017161.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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