Index
L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §13 Abs8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision des Mag. Dr. M W in P, vertreten durch die Dr. Wolfgang Schimek Rechtsanwalt GmbH in 3300 Amstetten, Graben 42, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 14. November 2017, Zl. LVwG-AV-393/001-2016, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde P; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. G-Aktiengesellschaft in K, vertreten durch Mag. Franz Müller, Rechtsanwalt in 3470 Kirchberg am Wagram, Georg Ruck Straße 9, und 2. S GmbH in P), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 27.6.2017, Ra 2017/05/0096, mwN).
5 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
6 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde P. (im Folgenden: Bürgermeister) vom 24. Jänner 2014 wurde den mitbeteiligten Parteien die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage (33 Wohnungen) und von fünf Geschäftslokalen auf näher bezeichneten Grundstücken erteilt.
7 Aufgrund des Bauansuchens vom 29. Juli 2015 wurde den mitbeteiligten Parteien mit Bescheid des Bürgermeisters vom 24. November 2015 die baubehördliche Bewilligung zur Abänderung des mit dem genannten Bescheid genehmigten Bauvorhabens durch Teilabrückung in einem näher genannten Bauteil im ersten Obergeschoss zur Schaffung einer Belichtung "zu bestehenden Glasbaustein - Nebenfenster (WC)" sowie zur Abänderung bzw. Verkleinerung der Tiefgarage durch Teilabrückung zu einem näher benannten Grundstück erteilt. Die vom Revisionswerber als Nachbar dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde P. vom 8. März 2016 teils zurückgewiesen und teils abgewiesen.
8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (unter Spruchpunkt 1.) die vom Revisionswerber gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Beschwerde abgewiesen und (unter Spruchpunkt 2.) eine ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.
9 In ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) bringt die Revision im Wesentlichen vor, dass der Revisionswerber die mit Bescheid des Bürgermeisters vom 24. Jänner 2014 erteilte Baubewilligung umfassend bekämpft und diesbezüglich zuletzt, weil ihm die Parteistellung zu Unrecht aberkannt worden sei, eine außerordentliche Revision erhoben habe. Gegenständlich seien in weiterer Verkennung der Rechtslage durch die belangte Behörde - nach erfolgter Revidierung des Gutachtens des im Bauverfahren beigezogenen Amtssachverständigen "im Rahmen" des unter anderem auch aufgrund der Einwendungen des Revisionswerbers abgeänderten Projektes - dessen Einwendungen teilweise abgewiesen und teilweise zurückgewiesen worden. Das Landesverwaltungsgericht übersehe in diesem Zusammenhang jedoch, dass eine erhebliche Projektänderung vorliege, welche es nötig mache, das Gesamtprojekt als Ganzes einer neuerlichen Betrachtung zu unterziehen, zumal die Projektänderung nicht nur die "subjektiv öffentlichen Interessen des Revisionswerbers" erheblich beeinträchtige, sondern darüber hinaus erhebliche Auswirkungen insbesondere auch in statischer Hinsicht habe. In diesem Punkt fehle jedenfalls höchstgerichtliche Rechtsprechung, dies insbesondere zur gegenständlich relevanten Frage, ob bei einer derart gravierenden Projektänderung es ausreichend sei bzw. sein könne, ausschließlich und isoliert die Abänderung zu betrachten, ohne auf die Auswirkungen im Hinblick auf das Gesamtprojekt Bezug zu nehmen.
10 Dazu ist Folgendes auszuführen:
11 Wenn die Revision in der Zulässigkeitsbegründung vorbringt, dass der Revisionswerber die mit Bescheid des Bürgermeisters vom 24. Jänner 2014 erteilte Baubewilligung umfassend bekämpft und diesbezüglich zuletzt, weil ihm die Parteistellung zu Unrecht aberkannt worden sei, eine außerordentliche Revision erhoben habe, so wird auf den diese zurückweisenden hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2018/05/0011, verwiesen.
12 Nach der hg. Judikatur (vgl. etwa VwGH 18.11.2014, 2013/05/0178, mwN) kann der Nachbar in einem Planwechselverfahren nur Einwendungen gegen die in diesem Verfahren gegenständlichen Planwechselmaßnahmen erheben, nicht aber gegen solche Baumaßnahmen, die von diesem Planwechsel nicht umfasst, sondern Gegenstand der ursprünglichen Baubewilligung gewesen sind. Die Rechtsfolge der Präklusion nach § 42 AVG in Bezug auf alle nicht erhobenen Einwendungen bezieht sich grundsätzlich nur auf jenes Vorhaben, welches Gegenstand der Kundmachung bzw. der Verständigung von der Bauverhandlung war. Eine nach der Verhandlung vorgenommene oder nach rechtskräftiger Bewilligung beantragte Projektänderung ermöglicht neue Einwendungen aber nicht in den Bereichen, in denen das bisherige Projekt überhaupt nicht geändert worden ist. Bei einer Einschränkung des Vorhabens oder bei einer Projektänderung ausschließlich im Interesse des Nachbarn oder bei solchen Änderungen des Gegenstandes, bei welchen eine Berührung subjektiv-öffentlicher Rechte des Nachbarn von vornherein ausgeschlossen ist bzw. eine Verbesserung der Nachbarstellung offenkundig eintritt, ist die bereits früher eingetretene Präklusion weiter als gegeben anzunehmen (vgl. etwa VwGH 29.9.2016, 2013/05/0193, Rn. 38). Liegt eine zulässige Projektänderung und kein rechtliches "aliud" im Sinne der hg. Judikatur (vgl. dazu etwa auch VwGH 21.9.2000, 99/06/0027) vor, können Nachbareinwendungen nicht mehr erhoben werden, die sich auf bereits rechtskräftig bewilligte und von der Änderung unberührt bleibende Gebäudeteile beziehen (vgl. in diesem Zusammenhang etwa auch VwGH 26.9.2017, Ra 2017/05/0087, Rn. 43).
13 Das Landesverwaltungsgericht begründet die Abweisung der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Berufungsbescheid vom 8. März 2016 im angefochtenen Erkenntnis im Wesentlichen damit, dass sich die Beschwerde inhaltlich gegen den rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters vom 24. Jänner 2014 richte, Gegenstand des Beschwerdeverfahrens lediglich Reduzierungen (Verkleinerung der Tiefgarage) bzw. bauliche Maßnahmen (Schaffung einer Belichtung) seien und diese im Vergleich zu dem mit Bescheid vom 24. Jänner 2014 rechtskräftig erteilten baurechtlichen Konsens eine Verbesserung für den Revisionswerber darstellten. Vom Revisionswerber sei darüber hinaus - ab Erlassung des Berufungsbescheides - nicht dargelegt worden, worin nun eine Beeinträchtigung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte durch dieses konkrete Änderungsvorhaben liegen solle.
14 Mit ihrem nur allgemein gehaltenen Zulässigkeitsvorbringen, dass eine erhebliche Projektänderung vorliege, welche es nötig mache, das Gesamtprojekt als Ganzes einer neuerlichen Betrachtung zu unterziehen, zumal die Projektänderung nicht nur die "subjektiv öffentlichen Interessen des Revisionswerbers" erheblich beeinträchtige, sondern darüber hinaus erhebliche Auswirkungen insbesondere auch in statischer Hinsicht habe, geht die Revision auf die vorgenannte Erkenntnisbegründung des Landesverwaltungsgerichtes nicht substantiiert ein. Aus diesem Vorbringen ergibt sich nicht, welche konkrete Rechtsfrage, von der die Entscheidung über die vorliegende Revision abhängt, vom Verwaltungsgerichtshof beantwortet werden soll bzw. dass die Annahme des Landesverwaltungsgerichtes, die nunmehr bewilligten Baumaßnahmen stellten im Vergleich zu dem mit Bescheid vom 24. Jänner 2014 rechtskräftig erteilten baurechtlichen Konsens eine Verbesserung für den Revisionswerber dar, auf einer Verkennung der Rechtslage beruhe.
15 Mangels Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 27. Februar 2018
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar Diverses BauRallg5/2Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050010.L00Im RIS seit
27.03.2018Zuletzt aktualisiert am
28.03.2018