TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/22 LVwG-AV-382/001-2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.01.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.01.2018

Norm

SHG NÖ 2000 §37
SHG NÖ 2000 §38 Abs1
ASVG §330a
ASVG §707a Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Eichberger, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde des AK, in ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 27. Februar 2017, Zl. SBJ3-H-14147/004, betreffend den Kostenersatz für die bewilligte Sozialhilfe des JK, zu Recht:

1.   Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben, das Verfahren zur Geltendmachung des Ersatzanspruches wird eingestellt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§§ 330a, 707a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

Mit dem vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich bekämpften Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs den Beschwerdeführer verpflichtet, die Kosten für bewilligte Sozialhilfe für JK (geb. ***) durch Hilfe bei stationärer Pflege im Zeitraum vom 28. Mai 2014 bis 6. August 2016 in der Gesamthöhe von € 33.800,-- dem Land Niederösterreich zu ersetzen.

Begründet wurde der Bescheid dahingehend, dass laut Beschluss des Bezirksgerichts *** vom 27. Jänner 2017, Zl. ***, dem Beschwerdeführer der Nachlass nach Herrn JK ohne die Rechtswohltat des Inventars eingeantwortet wurde. Laut Bewertungsgutachten des Gebietsbauamtes *** vom 25. März 2015 liege der Verkehrswert des Hälfte-Anteils der Liegenschaft EZ ***, KG *** bei € 33.800,--.

Aufgrund der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltenden Rechtslage war der Geschenknehmer zum Ersatz der Sozialhilfekosten verpflichtet und war die Ersatzpflicht mit der Höhe des Geschenkwertes begrenzt.

Die belangte Behörde berechnete den Kostenersatz auf die im Spruch des Bescheides angeführte Höhe.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter fristgerecht Beschwerde erhoben.

Das Landesverwaltungsgericht hat zu diesem Sachverhalt rechtlich erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen; andernfalls zufolge § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.   der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

In seinem Verfahren hat das Verwaltungsgericht – soweit sich nicht aus dem VwGVG anderes ergibt – die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, in Verwaltungsstrafsachen jene des VStG mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§§ 17, 38 VwGVG).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH vom 21. Oktober 2014, Zl. Ro 2014/03/0076, sowie VwGH vom 29. Jänner 2015, Zl. Ro 2014/07/0105) hat das Landesverwaltungsgericht seine Entscheidung an der zu seinem Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten, weshalb das erkennende Gericht der Prüfung des gegenständlichen Falles die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner nunmehrigen Entscheidung zugrunde zu legen hat.

Gemäß § 37 Abs. 1 NÖ SHG 2000 haben für die Kosten von Sozialhilfemaßnahmen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, Ersatz zu leisten:

1.   der Hilfeempfänger,

2.   die Erben des Hilfeempfängers,

3.   die unterhaltspflichtigen Angehörigen des Hilfeempfängers,

4.   Personen, denen gegenüber der Hilfeempfänger Rechtsansprüche zur Deckung jenes Bedarfes besitzt, der die Leistung der Sozialhilfe erforderlich gemacht hat, und

5.   Personen, denen der Hilfeempfänger Vermögen geschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung übertragen hat.

Gemäß § 38 Abs. 1 NÖ SHG 2000 ist der Hilfeempfänger zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn

1.   er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen gelangt;

2.   nachträglich bekannt wird, dass er zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen oder Vermögen hatte;

3.   im Fall des § 15 Abs. 3 und 4 die Verwertung von Vermögen nachträglich möglich und zumutbar wird.

Nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle geht die Verbindlichkeit zum Ersatz der Kosten von Leistungen nach Abs. 1 gleich einer anderen Schuld auf den Nachlass des Empfängers der Hilfe über. Die Erben des Hilfeempfängers haften jedoch für den Ersatz der Kosten der Sozialhilfe nur bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses. Sie können gegen Ersatzforderungen nicht einwenden, dass von dem Sozialhilfeempfänger gemäß Abs. 3 der Ersatz nicht verlangt hätte werden dürfen.

Gemäß § 707a Abs. 2 ASVG (Verfassungsbestimmung) tritt § 330a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 125/2017 mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, laufende Verfahren sind einzustellen. Insoweit Landesgesetze dem entgegenstehen, treten die betreffenden Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt außer Kraft. Nähere Bestimmungen über den Übergang zur neuen Rechtslage können bundesgesetzlich getroffen werden. Die Durchführungsverordnungen zu einem auf Grund dieser Bestimmung ergehenden Bundesgesetz sind vom Bund zu erlassen.

Gemäß § 330a (Verfassungsbestimmung) ist ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig.

Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass Herr JK für den im Sachverhalt dieses Erkenntnisses erwähnten Zeitraum in eine stationäre Pflegeeinrichtung im Sinne der Bestimmung des § 330a ASVG aufgenommen war.

Weiters ist festzuhalten, dass es sich beim gegenständlichen Kostenersatzverfahren nach dem NÖ SHG 2000 um ein laufendes Verfahren im Sinne der Bestimmung des § 707a Abs. 2 ASVG handelt und die beiden vorhin zitierten Bestimmungen des ASVG daher vom erkennenden Gericht in diesem Gerichtsverfahren anzuwenden sind.

Aufgrund der beiden zitierten Bestimmungen des ASVG ist seit dem 1. Jänner 2018 ein Zugriff

?    auf das Vermögen des Hilfeempfängers

?    auf das vom Hilfeempfänger an den Beschwerdeführer vererbte Vermögen

?    auf das vom Hilfeempfänger an den Beschwerdeführer geschenkte Vermögen

zum verfahrensgegenständlichen Ersatz der Kosten für die bewilligte Hilfe bei stationärer Pflege unzulässig und sind die den beiden zitierten ASVG-Bestimmungen widersprechenden landesrechtlichen Bestimmungen darüber hinaus seit dem 1. Jänner 2018 auch außer Kraft getreten.

Da im gegenständlichen Fall für die verfahrensgegenständliche Vorschreibung des Kostenersatzes seit dem 1. Jänner 2018 somit die Rechtsgrundlage weggefallen ist, war der Beschwerde daher Folge zu geben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da auf Grund der Aktenlage bereits feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid der belangten Behörde aufzuheben war.

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil die durchgeführte rechtliche Beurteilung aufgrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung erfolgte und es im Übrigen bloß die Tatsache zu klären galt, ob der Beschwerdeführer die ihm vorgeschriebenen Kosten zu ersetzen hat. Die Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, eine solche Rechtsprechung fehlt auch nicht und werden die zu lösenden Rechtsfragen in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch einheitlich beantwortet. Darüber hinaus liegt hinsichtlich der zu lösenden Rechtsfrage ein eindeutiger Gesetzeswortlaut und somit eine eindeutige Rechtslage vor (vgl. hiezu u.a. VwGH vom 29. Juli 2015, Zl. Ra 2015/07/0095).

Schlagworte

Sozialrecht; Sozialhilfe; Kostenersatz; Pflegeregress;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.382.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

26.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten