TE Bvwg Beschluss 2018/3/12 W134 2187887-1

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Veröffentlicht am 12.03.2018
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Entscheidungsdatum

12.03.2018

Norm

BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §321 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs1
BVergG 2006 §328 Abs2
BVergG 2006 §329 Abs1
BVergG 2006 §329 Abs3
BVergG 2006 §329 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W134 2187887-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas Gruber im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "Fertigung und Lieferung von Lärmschutzwänden mit Träger- und Absorptionskörpern aus Beton, optional das Versetzen - Auftragstype A (Ausführung bis Vmax < 160 km/h)" der Auftraggeberin ÖBB-Infrastruktur AG, vertreten durch die XXXX , aufgrund des Antrages der XXXX , vertreten durch die XXXX , vom 02.03.2018 das Bundesverwaltungsgericht möge für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher der Auftraggeberin "für die Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen über die Herstellung und Lieferung von Lärmschutzwandelementen mit Träger-und Absorptionskörper aus Beton (Ausführung Vmax<160 km/h), optional das Versetzen (EK-VERG-0003/17-RHO) die Zuschlagserteilung und der Abschluss der Rahmenvereinbarung untersagt wird" folgenden Beschluss:

A)

Der Auftraggeberin wird gemäß § 328 BVergG 2006 für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens der Abschluss der Rahmenvereinbarung im gegenständlichen Vergabeverfahren untersagt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Vorbringen der Parteien:

Mit Schreiben vom 02.03.2018, beim BVwG eingelangt am gleichen Tag, begehrte die Antragstellerin die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin bzw. der Mitteilung vom 22. Februar 2018, mit welchem Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Akteneinsicht, die Erlassung der im Spruch genannten einstweiligen Verfügung und den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin.

Begründend wurde von der Antragstellerin im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Die Auftraggeberin sei Sektorenauftraggeberin und benötige die ausgeschriebenen Leistungen zur Aufstellung von Lärmschutzwänden entlang von Bahnstrecken. Leistungsgegenstand sei die Lieferung von Lärmschutzwandelementen. Mit Telefax vom 20. Februar 2018 (sic!) habe die Auftraggeberin der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie den Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren an die XXXX und die XXXX zu erteilen beabsichtige. Die Antragstellerin bekämpfe diese Entscheidung.

1. Der Gesamtpreis der erstgereihten Leier Baustoffe GmbH & Co. KG liege ca. 17 % unter dem Gesamtpreis der zweitgereihten XXXX und 20 % unter dem Gesamtpreis der Antragstellerin. Die Auftraggeberin hätte daher schon aufgrund dieser gravierenden Abweichung des Angebotes der erstgereihten Bieterin von den Angeboten der zweit- und drittgereihten Bieter das Angebot der erstgereihten Bieterin als ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis werten und Aufklärung über die Positionen dieses Angebotes verlangen müssen. Im Zuge der "vertiefenden Prüfung" (gemeint wohl: vertieften Angebotsprüfung) hätte die Antragstellerin (gemeint wohl: Auftraggeberin) feststellen müssen, dass mit dem sich aus dem Gesamtpreis der erstgereihten Bieterin ergebenden Quadratmeterpreis eine kostendeckende Lieferung durch dieses Unternehmen nicht möglich sei, deren angebotener Gesamtpreis daher nicht als angemessener Preis zu werten sei und deren Angebot schon aus diesem Grund auszuscheiden gewesen wäre.

2. Es hätte die Auftraggeberin im Zuge der vertieften Angebotsprüfung feststellen müssen, dass die von der erstgereihten Bieterin angebotenen Mantelbetonwände die geforderten Schalldämmwerte von 27 dB nicht erfüllen würden.

3. Weiters hätte die Auftraggeberin im Zuge der vertieften Angebotsprüfung feststellen müssen, dass die Montage der Schallschutzwände des Systems Durisol nur unter Verwendung von Distanzschrauben möglich sei und die dadurch bedingten erhöhten Montagekosten im Angebot der erstgereihten Bieterin nicht ausgewiesen seien. Darüber hinaus sei der Auftraggeberin bekannt, dass durch diese Art der Montage der Korrosionsschutz der Befestigungsprofile beschädigt werde und daher die von der erstgereihten Bieterin angebotene Leistung als technisch ungeeignet auszuscheiden gewesen wäre.

Die Antragstellerin habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihr ein Schaden und ihre Rechte würden verletzt.

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 06.03.2018 gab diese bekannt, dass Auftraggeberin die ÖBB-Infrastruktur AG sei. Bei dem gegenständlichen Vergabeverfahren handle es sich um einen Lieferauftrag im Oberschwellenbereich, der in einem Verhandlungsverfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb unter Einrichtung eines Prüfsystems (Verhandlungsverfahren mit jenen Unternehmen, die sich im Rahmen des Prüfsystems qualifiziert haben) gemäß § 192 Abs 5 iVm § 213 Abs 1 Z 3 iVm § 232 Abs 11 BVergG nach dem Billigstbieterprinzip vergeben werden solle. Die Bekanntmachung in Österreich sei am 14.07.2016, in der EU am 13.07.2016 erfolgt. Die Entscheidung mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, sei mit Fax vom 22.02.2018 erfolgt.

Die Auftraggeberin hat auf eine inhaltliche Stellungnahme zu dem Antrag auf Erlassung einer einstwilligen Verfügung verzichtet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)

Die ÖBB-Infrastruktur AG hat einen Lieferauftrag im Wege eines Verhandlungsverfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb unter Einrichtung eines Prüfsystems im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Die Bekanntmachung in Österreich ist am 14.07.2016, in der EU am 13.07.2016 erfolgt. Die Entscheidung mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll ist mit Fax vom 22.02.2018 zugunsten der XXXX und XXXX erfolgt (Schreiben der Auftraggeberin vom 06.03.2018).

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus der in Klammer genannten Quelle, deren Echtheit und Richtigkeit außer Zweifel steht.

2. Zulässigkeit des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung:

Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation der Antragstellerin zur Stellung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2006 zu prüfen, ob der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG 2006 nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass sich das Verfahren in einem Stadium vor der Entscheidung mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen wird befindet, dass die Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung - nämlich der Entscheidung mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll - behauptet wurde, dass die Antragstellerin ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG unterliegenden Vertrages behauptet hat, sowie dass der Antragstellerin durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 BVergG ist somit nicht gegeben.

Gemäß § 321 Abs. 1 BVergG 2006 sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax im Oberschwellenbereich binnen 10 Tagen einzubringen. Die Bekanntgabe der Entscheidung mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll erfolgte per Telefax am 22.02.2018. Der Nachprüfungsantrag ist am 02.03.2018 beim BVwG eingelangt und somit rechtzeitig eingebracht worden. Der Antrag wurde auch vergebührt und erfüllt - soweit im Provisorialverfahren ersichtlich - auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

3. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

Gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 329 Abs. 1 BVergG 2006 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 329 Abs. 3 BVergG 2006 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Die Antragstellerin hat als vorläufige Maßnahme beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher der Auftraggeberin "für die Ausschreibung von Rahmenvereinbarungen über die Herstellung und Lieferung von Lärmschutzwandelementen mit Träger-und Absorptionskörper aus Beton (Ausführung Vmax<160 km/h), optional das Versetzen (EK-VERG-0003/17-RHO) die Zuschlagserteilung und der Abschluss der Rahmenvereinbarung untersagt wird".

Da seitens der Auftraggeberin auf Grund der Entscheidung vom 22.02.2018 mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll die Vergabe an die XXXX und die XXXX beabsichtigt ist, diese aber bei Zutreffen der Behauptungen der Antragstellerin rechtswidrig sein könnte und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Antragstellerin für den Zuschlag in Betracht kommen könnte, droht der Antragstellerin durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten möglicherweise der Entgang des Auftrages sowie ein Schaden, der nur durch die Verhinderung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Zuschlagserteilung nur wirksam gesichert werden kann, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht.

Die hat auf eine inhaltliche Stellungnahme zu dem Antrag auf Erlassung einer einstwilligen Verfügung verzichtet.

Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Bieter und des Auftraggebers, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter (VfGH 15.10.2001, B 1369/01) erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens einzukalkulieren.

Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 329 Abs 4 BVergG verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).

Über den Antrag auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.

B) Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;

30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;

29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschlussverbot, Dauer der Maßnahme, einstweilige Verfügung,
Entscheidungsfrist, Frist, Interessenabwägung, Kalkulation,
Lieferauftrag, Nachprüfungsantrag, Nachprüfungsverfahren,
Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, öffentliche Interessen,
Provisorialverfahren, Rahmenvereinbarung, Schaden, technische
Gleichwertigkeit, Untersagung, Vergabeverfahren,
Verhandlungsverfahren, vertiefte Angebotsprüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W134.2187887.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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