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L34004 Abgabenordnung Oberösterreich;Norm
ABGB §1045;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des B, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in O, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. Dezember 1993, Zl. BauR - 011097/1 - 1993 Ki/En, betreffend Beitrag zu den Kosten der Erwerbung von Grundflächen (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines Grundstücks der KG Linz, welches er von den Österreichischen Bundesbahnen mit Kaufvertrag vom 19. und 20. April 1989 erworben hat. Mit Bescheid des Magistrats Linz vom 30. November 1992 wurde dem Beschwerdeführer die Bewilligung als Bauplatz für dieses Grundstück erteilt. In der Folge wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Magistrats der Stadt Linz vom 8. Juni 1993 (aus Anlass der Bauplatzbewilligung) ein Beitrag zu den Kosten der Erwerbung von Grundflächen gemäß § 19 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1976 in der Höhe von S 1,473.844,-- vorgeschrieben. Die Behörde erster Instanz ging insbesondere davon aus, dass die Landeshauptstadt Linz die in Rede stehende Fläche im Umfang von 336 m2 im Jahre 1973 auf Grund eines Tauschvertrages mit den Österreichischen Bundesbahnen erworben hatte und im Vertrag zwischen der Stadt und den Österreichischen Bundesbahnen ein Grundstückspreis von S 2.100,-- pro m2 festgehalten worden sei. Auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers wurde dieser Beitrag mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 16. September 1993 zwar auf S 1,414.605,-- reduziert, die Berufung jedoch im Übrigen als unbegründet abgewiesen.
Die Herabsetzung des Beitrags ergab sich aus einer im Zuge des Berufungsverfahrens eingetretenen Senkung der Bankrate, wodurch die Berechnung der Zinsen gemäß § 19 Abs. 1 O.ö. BauO 1976 einen anderen Betrag ergab. Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des wesentlichen Inhalts des § 18 Abs. 3 und 19 O.ö. Bauordnung 1976 aus, dass aus den Verfahrensunterlagen - wie auch nicht bestritten werde - hervorgehe, dass die in Rede stehende Grundfläche nach dem Bebauungsplan der Landeshauptstadt Linz zu der durch Straßenfluchtlinien ausgewiesenen öffentlichen Verkehrsfläche gehöre und überdies im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 O.ö. Bauordnung entschädigungslos abzutreten wäre. Dem Einwand des Beschwerdeführers, dass die in Rede stehende Grundfläche im Wege eines Tauschvertrages in das Eigentum der Landeshauptstadt Linz gekommen sei und daher § 19 O.ö. Bauordnung nicht anwendbar sei, sei entgegenzuhalten, dass für Kauf und Tausch die gleichen zivilrechtlichen Regelungen gälten. Auch ein Kaufvertrag stelle nur eine Sonderform eines Tauschvertrages dar. Maßgeblich sei, dass für die Veräußerung einer Sache eine andere als Gegenleistung gegeben werden solle. Dadurch, dass der Wert der Grundflächen in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Tauschvertrag ausdrücklich festgelegt worden sei, seien die der Stadt Linz erwachsenen Kosten eindeutig bestimmbar. Die Auffassung des Beschwerdeführers, die im Wege eines Tauschvertrages erbrachte Leistung der Landeshauptstadt Linz stelle keine Kosten im Sinne des § 19 O.ö. Bauordnung dar, sei unzutreffend. Es seien somit der Landeshauptstadt Linz anlässlich des Erwerbs des Grundstückes Kosten im Sinne des § 19 O.ö. Bauordnung erwachsen. Eine Prüfung der Angemessenheit der Kosten sei in der genannten Bestimmung nicht vorgesehen. Zu verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers wird ausgeführt, dass die Verwaltungsbehörden im Rahmen des verfassungsgesetzlich festgelegten Legalitätsprinzipes an die Normen - bis zu ihrer Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof - gebunden seien. Im Zusammenhang mit verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die in § 19 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1976 vorgesehene Berechnung von Zinsen bis zum Zeitpunkt der Vorschreibung des Kostenbeitrages wird unter dem Gesichtspunkt der sachlichen Rechtfertigung ausgeführt, dass die Gemeinde in diesem Falle vorschussweise öffentliche Mittel zur Verfügung stelle und so einen Entfall der Zinserträge für diese Mittel hinnehmen müsse. Es erscheine daher gerechtfertigt, dass auch diese Belastung letztendlich der Bewilligungswerber zu tragen habe. Zur Rechtsauffassung des Beschwerdeführers, dass die Möglichkeit der Verzinsung verjährt sei, wird ausgeführt, dass aus dem eindeutigen Wortlaut des § 19 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1976 hervorgehe, dass eine jährliche Verzinsung der der Gemeinde erwachsenen Kosten vorzunehmen sei. Eine allfällige Verjährung sei in der Norm nicht vorgesehen. Da die Beiträge gemäß § 19 O.ö. Bauordnung als Interessentenbeiträge ausschließliche Gemeindeabgaben im Sinne des § 6 Z 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948 seien (§ 22 O.ö. Bauordnung), richte sich die Verjährung ausschließlich nach den Bestimmungen der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 30/1984 idgF. Die Voraussetzungen für die Vorschreibung des angefochtenen Anliegerbeitrages seien daher gegeben. Die Vorschreibung sei zu Recht erfolgt, die Vorstellung habe mangels Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers abgewiesen werden müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung im Recht, einen Anliegerbeitrag nur in gesetzlich gedeckter Form vorgeschrieben zu erhalten, geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die Landeshauptstadt Linz eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 18 Abs. 1 und 3 O.ö. Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 35/76 idF 82/1983, lautete:
"§ 18
Grundabtretung
(1) Anlässlich der Bewilligung von Bauplätzen (§ 4) und von Änderungen von Bauplätzen und bebauten Liegenschaften (§ 7) sind die nach Maßgabe der Straßenfluchtlinien des Bebauungsplanes zu den öffentlichen Verkehrsflächen fallenden, an den Bauplatz bzw. an den von der Änderung betroffenen Teil des Bauplatzes oder der bebauten Liegenschaft (§ 7 Abs. 1 lit. b) angrenzenden Grundflächen, und zwar bei beiderseitiger Bebaubarkeit bis zur Achse der Verkehrsfläche, bei einseitiger Bebaubarkeit bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, in beiden Fällen im rechten Winkel auf die Straßenfluchtlinie, abzutreten. Bei Bruchpunkten in der Straßenfluchtlinie und bei Eckbildungen erstreckt sich die Verpflichtung auch auf die zwischen den Senkrechten gelegenen Flächen. Die abzutretenden Grundflächen sind gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung der Teilung in das Eigentum der Gemeinde zu übertragen. Sie sind über Auftrag der Gemeinde frei von baulichen Anlagen in den Besitz der Gemeinde zu übergeben. Mit der bücherlichen Übertragung des Eigentumsrechtes an die Gemeinde erlöschen die auf den abgetretenen Grundflächen allenfalls verbücherten dinglichen Rechte.
...
(3) Für die gemäß Abs. 1 abzutretenden Grundflächen hat die Gemeinde Entschädigung zu leisten, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt. Wenn eine unbebaute Grundfläche als Bauplatz bewilligt (§ 4) oder einem Bauplatz oder einer bebauten Liegenschaft (§ 7 Abs. 1 lit. b) zugeschrieben wird (§ 7), so hat die Grundabtretung gemäß Abs. 1 bis zu 8 Meter, von der Straßenfluchtlinie aus gemessen und senkrecht auf diese, ohne Entschädigung zu erfolgen; beträgt jedoch die abzutretende Fläche mehr als ein Viertel des Bauplatzes bzw. der bebauten Liegenschaft, so ist für das darüber hinausgehende Ausmaß von der Gemeinde Entschädigung zu leisten. Als unbebaut ..."
§ 19 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1976 lautete:
"§ 19
Beitrag zu den Kosten der Erwerbung von Grundflächen
(1) Hat die Gemeinde für eine im Bebauungsplan ausgewiesene öffentliche Verkehrsfläche Grundflächen erworben oder zu den Kosten der Erwerbung solcher Grundflächen beigetragen, so hat sie anlässlich der Bewilligung eines Bauplatzes (§ 4) und der Bewilligung der Änderung eines Bauplatzes oder einer bebauten Liegenschaft (§ 7) einen Beitrag zu den ihr erwachsenen Kosten des Grunderwerbes vorzuschreiben, wenn die erworbenen Grundflächen bei Zutreffen der Voraussetzungen nach § 18 Abs. 1 ohne Entschädigung abzutreten gewesen wären. Der Beitrag hat die auf diese Grundflächen entfallenden, der Gemeinde erwachsenen Kosten sowie eine jährliche Verzinsung dieser Kosten nach der von der Oesterreichischen Nationalbank zur Zeit der Beitragsvorschreibung festgesetzten Bankrate zu umfassen."
2. Der Beschwerdeführer wendet sich unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit zunächst dagegen, dass die belangte Behörde sich der Rechtsauffassung der Gemeindebehörden angeschlossen hat, § 19 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1976 sei auch im vorliegenden Fall anzuwenden, in dem die in Rede stehende Grundfläche, die nach dem Bebauungsplan eine öffentliche Verkehrsfläche darstellt, von der Landeshauptstadt Linz nicht durch Kauf, sondern im Wege eines Tauschvertrages erworben wurde.
Der belangten Behörde kann jedoch nicht entgegengetreten werden, wenn sie auch in der Gegenleistung, die auf Grund des Tauschvertrages von der Gemeinde erbracht wurde, "Kosten" im Sinne des § 19 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1976 erblickt hat (vgl. z.B. Koziol/Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, Band I,
10. Auflage, 347: "Der Kaufvertrag ist also nur eine Sonderform des Tauschvertrages. Dementsprechend gelten für Kauf und Tausch die gleichen Regeln.").
3. Der Beschwerdeführer wendet sich weiters gegen die Übernahme des von den Parteien des Tauschgeschäftes im Jahre 1973 vertraglich zu Grunde gelegten Quadratmeterpreises für die zu tauschenden Grundstücke als Grundlage für die Berechnung der Abgabenhöhe. Die Beschwerde ist in diesem Zusammenhang im Ergebnis berechtigt.
Es ist dem Beschwerdeführer dahingehend zu folgen, dass - ungeachtet des Wortlauts des § 19 Abs. 1 O.ö. Bauordnung, auf welchen sich die belangte Behörde allein stützen möchte - die der Gemeinde "erwachsenen Kosten des Grunderwerbes" nicht schlechthin und in jedem Falle der Berechnung der Abgabe zu Grunde gelegt werden können, da die privatrechtliche Rechtsgestaltung der Gemeinde nicht ohne Weiteres zu Lasten der Abgabepflichtigen gehen kann. Die gegenteilige Auffassung der belangten Behörde würde dazu führen, dass es der privatrechtlichen Gestaltung der Gemeinde und ihres Vertragspartners überlassen wäre, endgültig über die Höhe von Kostenbeiträgen der abgabepflichtigen Anrainer zu disponieren. Eine derartige Auslegung würde dem Gesetz einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellen und scheidet daher aus. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass sowohl die konkret von der Gemeinde für den Kauf eines Grundstücks als auch - wie im Beschwerdefall - die im Rahmen eines Tauschvertrages getroffene Bewertung der Tauschobjekte einer Angemessenheitsprüfung zu unterziehen ist, um eine unsachliche Ungleichbehandlung der Abgabepflichtigen auf Grund einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht überprüfbaren Disposition des Abgabengläubigers hintanzuhalten. Dies umso mehr, als der entsprechende Betrag, der sich als Kosten für den Grunderwerb ergibt, nach § 19 Abs. 1 O.ö. BauO 1976 überdies bis zum Zeitpunkt der Vorschreibung des Kostenbeitrags an den Abgabepflichtigen zu verzinsen ist; damit eine derartige Regelung verfassungsrechtlich unbedenklich ist, darf jedenfalls kein unangemessener Betrag für die Kosten des Grunderwerbs in die Berechnung einfließen, zumal im Falle des Erwerbs im Tauschwege auch das Argument betreffend das Invorlage-Treten der Gemeinde relativiert wird und die Abgabenvorschreibung insoweit nur mit der auch von der belangten Behörde angesprochenen Gleichheitsüberlegung rechtfertigt werden kann, dass Abgabepflichtige, bei denen die Stadt das entsprechende Grundstück durch Kaufvertrag erworben hat, nicht anders behandelt werden dürften als jene, bei welchen der Erwerb im Tauschwege erfolgte.
Im Beschwerdefall haben sowohl die Behörden der Stadt Linz als auch die belangte Behörde, ausgehend von der verfehlten Rechtsansicht, die vertraglich festgelegte Bewertung sei für die Abgabenberechnung bindend, keinerlei Feststellungen zur Frage der Angemessenheit des zugrunde gelegten Quadratmeterpreises getroffen. Es kann auch nicht gesagt werden, dass der entsprechende, 1973 für Grundstücke in vergleichbarer Lage in der Stadt Linz übliche Preis derart offenkundig sei, dass die Gemeindebehörden auch bei Vermeidung des Verfahrensmangels zu keinem anderen Ergebnis kommen hätten können (bei einem angenommenen Preis von S 2.100,-- pro m2 im Jahr 1973 ist nicht von vornherein einsichtig, dass der Preis keinesfalls überhöht sein konnte). Die belangte Behörde hätte diesen Verfahrensmangel wahrzunehmen gehabt oder aber selbst entsprechende Feststellungen treffen müssen, um eine ausreichende Begründung für die Höhe der vorgeschriebenen Abgabe zu geben (sodass sie als Vorstellungsbehörde in der Lage gewesen wäre festzustellen, dass keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers erfolgt sei).
Dadurch, dass die belangte Behörde dies unterlassen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
4. Abschließend ist zu den Ausführungen in der Beschwerde betreffend die Zinsenberechnung und die Rechtsnatur der vorliegenden Abgabe darauf hinzuweisen, dass - worauf schon die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat - gemäß § 22 O.ö. Bauordnung 1976 der Beitrag gemäß § 19 als Interessentenbeitrag eine ausschließliche Gemeindeabgabe im Sinn des § 6 Z 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948 darstellt. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde gehen daher ins Leere. Eine Verjährung des Anspruches hätte - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - nur nach den Voraussetzungen der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung ab dem Zeitpunkt des Entstehens des Anspruches eintreten können.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Wien, am 17. April 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000170025.X00Im RIS seit
08.02.2002