TE Vwgh Erkenntnis 2000/4/26 2000/04/0028

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Veröffentlicht am 26.04.2000
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde der Mag. G in I, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 7. Jänner 2000, Zl. IIa 53.037/1-99, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides hat der Landeshauptmann von Tirol mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 ergangenen Bescheid vom 7. Jänner 2000 der Beschwerdeführerin die ihr zustehenden Gewerbeberechtigungen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 entzogen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann nach Darstellung des Verfahrensganges aus, die Beschwerdeführerin sei seit dem Jahr 1996 zehnmal rechtskräftig wegen diverser Verwaltungsübertretungen bestraft worden. Es handle sich dabei um Übertretungen nach dem Bazillenausscheidergesetz, dem Lebensmittelgesetz, dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sowie dem Arbeitsinspektionsgesetz. Wie den zugehörigen Verwaltungsstrafakten zu entnehmen sei, handelt es sich weiters bei allen diesen Übertretungen um solche, die im Zusammenhang mit der Ausübung des Gastgewerbes - in welcher Betriebsart auch immer - stünden. Darüber hinaus sei die Beschwerdeführerin zweimal rechtskräftig vom Bezirksgericht Innsbruck für schuldig erkannt worden, Vergehen nach dem Lebensmittelgesetz begangen zu haben. Auch diese Verurteilungen bezögen sich auf Tätigkeiten, die die Beschwerdeführerin in ihrer Funktion als Verantwortliche eines Hotels gesetzt habe. Dem Einwand der Beschwerdeführerin, es handle sich bei diesen Übertretungen nicht um schwer wiegende Verstöße im Sinne des § 87 GewO 1994, sei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen zu halten, wonach das Tatbestandselement der schwer wiegenden Verstöße auch durch eine Vielzahl geringfügiger Übertretungen erfüllt werden könne. Es könne wohl nicht ernsthaft bestritten werden, dass 12 rechtskräftige Bestrafungen als eine Vielzahl von Übertretungen anzusehen sei. Bei der Prüfung des Gewichtes dieser Verurteilungen habe sie selbstständig vorzugehen und bei der Prüfung der erforderlichen Zuverlässigkeit auf das Persönlichkeitsbild des Gewerbeinhabers Bedacht zu nehmen. In Berücksichtigung dieses Aspektes könnten auch erst anhängige Verfahren - so etwa im konkreten Fall die derzeit anhängigen drei Verwaltungsstrafverfahren, bei denen es sich wiederum um Übertretungen nach dem Lebensmittelgesetz handle - heran gezogen werden. Mangelnde Zuverlässigkeit des Gewerbeinhabers sei insbesondere dann anzunehmen, wenn das Persönlichkeitsbild erwarten lasse, dass er auch bei der künftigen Ausübung der gewerblichen Tätigkeit gegen die im Zusammenhang mit dem Gewerbe zu beachtenden öffentlichen Interessen verstoßen werde. Von einer günstigen Zukunftsprognose könne im vorliegenden Fall nun schon auf Grund der Summe der bisherigen Verstöße nicht ausgegangen werden. Zu einem ähnlichen Ergebnis sei auch der Amtsarzt gekommen. Auch aus (wiedergegebenen) Passagen in den gegen die Beschwerdeführerin ergangenen gerichtlichen Urteilen müsse dies abgeleitet werden. Dass Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer im vorliegenden Verfahren keine Stellungnahme erstattet hätten, lasse den Schluss zu, dass diese beiden Kammern keinen Einwand gegen den Entzug der Gewerbeberechtigung erheben, da sie ansonsten von ihrer Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme Gebrauch gemacht hätten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Ausübung der in Rede stehenden Gewerbeberechtigungen verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes rügt sie, im erstbehördlichen Bescheid seien Feststellungen zu ihrer Zuverlässigkeit enthalten, die auf Ermittlungsergebnissen basierten, zu denen ihr kein Parteiengehör gewährt worden sei. Auch sei im erstbehördlichen Verfahren auf anhängige Verwaltungsstrafverfahren Bezug genommen worden, wozu der Beschwerdeführerin ebenfalls keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden sei. Sie habe dies in der Berufung gerügt, dennoch sei die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf in keiner Weise eingegangen. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass nach der Bestimmung des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 Voraussetzung für die Gewerbeentziehung schwer wiegende Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften seien. Tatsächlich handle es sich bei den der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen lediglich um Ordnungswidrigkeiten, weil in keinem einzigen Fall Personen zu Schaden gekommen seien. Es habe auch gar keine unmittelbare Gefahr bestanden, weil die als verdorben beanstandeten Lebensmittel nie an Personen verabreicht oder zum Essen angeboten worden seien. Bei den Vorwürfen nach dem Bazillenausscheidergesetz handle es sich um geringfügige Verstöße, die darüber hinaus auch schon Jahre zurücklägen und daher auch nicht mehr in einem "virtuellen" Verhältnis zwischen Tat und nunmehriger Gewerbeentziehung verstanden werden könnten. Das selbe gelte für den Verstoß nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Auch die Beschäftigung der Jugendlichen sei bereits im August 1997 und überdies mit deren Willen und mit Zustimmung der Eltern erfolgt. Die Jugendlichen hätten als Pflichtpraktikanten möglichst viel arbeiten wollen, um mit dem verdienten Geld eine Urlaubsreise genießen zu können. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sei auch eine Vielzahl geringfügiger Übertretungen nicht geeignet, eine ungünstige Zukunftsprognose auszulösen. Wesentlich günstiger wäre es unter diesem Aspekt, nicht sofort mit der Gewerbeentziehung vorzugehen. Zukunftsprognosen könnten nur dann zutreffend beurteilt werden, wenn demjenigen, dem die Gewerbeberechtigung entzogen werden soll, auch wisse, dass man es mit der Durchsetzung der Bestimmung des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO ernst meine. Unter dem Gesichtspunkt des Erziehungseffektes wäre es viel zweckmäßiger gewesen, die Androhung des Gewerbeentzuges als Rute ins Fenster zu stellen und vom künftigen Wohlverhalten abhängig zu machen. Bei der Fülle der täglich zu verrichtenden Tätigkeiten könne es, was in der Natur der menschlichen Unvollkommenheit liege, hier und dort zu Schlampereien kommen. Die Beschwerdeführerin habe sich bei der Führung ihres Betriebes allzu sehr auf ihre Leistungsfähigkeit, einen 12 bis 14 Stunden-Tag durchzuhalten, verlassen. Hier liege aber ein Fehler in der Organisation vor, keineswegs aber eine kriminelle Charaktereigenschaft.

Nach § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwer wiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Nach dem Schlusssatz des § 87 Abs. 1 leg. cit. sind Schutzinteressen gemäß Z. 3 insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornografie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung.

Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt, dass das im § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 enthaltene Tatbestandselement der "schwer wiegenden Verstöße" nicht nur durch an sich schwer wiegend zu beurteilende Verstöße erfüllt werden kann, sondern auch durch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen der im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften. Im Gegensatz zur Ansicht der belangten Behörde bedarf es aber - anders als beim Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 - bei der Prüfung, ob der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z 3 leg. cit. erfüllt ist, keiner Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Gewerbeinhabers, weil nach der Regelung dieser Gesetzesstelle sich die mangelnde Zuverlässigkeit für die Ausübung des Gewerbes als zwingende Rechtsvermutung aus den dort genannten schwer wiegenden Verstößen ergibt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1999, Zl. 99/04/0001).

Die Beschwerdeführerin wurde nach den diesbezüglich von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Feststellungen der belangten Behörde insgesamt 12 mal rechtskräftig wegen diverser gerichtlich oder durch die Verwaltungsbehörden zu ahndender Übertretungen, die auch unbestrittener Maßen im Zusammenhang mit der Ausübung der in Rede stehenden Gewerbeberechtigungen standen, verurteilt. In der Rechtsansicht der belangten Behörde, durch diese Übertretungen werde in Summe das Tatbestandselement der schwer wiegenden Verstöße im Sinn des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 erfüllt, vermag der Verwaltungsgerichtshof unabhängig davon, wie das Gewicht der einzelnen Straftaten zu bewerten sein mag, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen.

Da die Prüfung des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen der genannten Gesetzesstelle eine Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Gewerbeinhabers und eine darauf gegründete Zukunftsprognose nicht erfordert, ist es im gegebenen Zusammenhang bedeutungslos, ob die belangte Behörde mit den von ihr getroffenen Feststellungen zum Persönlichkeitsbild der Beschwerdeführerin, insbesondere über die gegen sie weiter anhängigen Verwaltungsstrafverfahren, gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat.

Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. April 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000040028.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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