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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §129 Abs10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision des Dr. P D in W, vertreten durch DDr. Gebhard Klötzl, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Leegasse 7/7, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 30. November 2017, Zl. VGW-011/017/12802/2016-9, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 27.6.2017, Ra 2017/05/0096, mwN).
5 Ferner muss die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG für die Entscheidung über die Revision präjudiziell und nach dem Vorbringen des Revisionswerbers vom Verwaltungsgericht unrichtig gelöst worden sein (vgl. etwa VwGH 20.9.2017, Ra 2017/17/0035, mwN).
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde über den Revisionswerber wegen Übertretung des § 135 Abs. 1 iVm § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) eine Geldstrafe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Stunden) verhängt, weil er als Miteigentümer einer näher bezeichneten Baulichkeit zu verantworten habe, dass in der Zeit von 7. Juli 2015 bis 4. April 2016 insofern Abweichungen von den Bauvorschriften nicht behoben worden seien, als eine gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO bewilligungspflichtige bauliche Änderung des äußeren Ansehens des Gebäudes - die Tür im ehemals als Gewölbe gewidmeten Raum einer näher bezeichneten Wohnung straßenseitig sei zugemauert und ein Fenster eingebaut worden - nicht beseitigt worden sei, obwohl diese bewilligungsbedürftige bauliche Änderung weder gemäß § 70 oder § 71 BO rechtskräftig bewilligt gewesen sei, noch nach einer Einreichung gemäß § 70a BO infolge der Nichtuntersagung des Bauvorhabens oder durch das Unterbleiben von Einwendungen durch Nachbarn gemäß § 70a Abs. 8 BO als gemäß § 70 BO bewilligt gegolten habe und für diese Abweichung auch kein Ansuchen um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung bei der Baubehörde eingebracht worden sei.
7 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, es habe keine einschlägige hg. Entscheidung aufgefunden werden können, in denen sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage beschäftigt habe, ob die Verweigerung der Unterschrift unter einen "sanierenden" Antrag auf nachträgliche Konsenserteilung strafbar sein könne oder nicht, wenn demgegenüber das Bemühen der Partei stehe, die Herstellung des konsensgemäßen Zustandes in der Natur zu erreichen. Das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) verkenne, dass es keine Rechtspflicht gebe, einer nachträglichen Legalisierung eines baukonsenswidrigen Zustandes zuzustimmen, wie es der angefochtene "Bescheid" unterstelle, wobei das Verwaltungsgericht die Nichtzustimmung zur Legalisierung sogar als grobe Fahrlässigkeit qualifiziere. Es stelle sich demnach die Grundsatzfrage, ob es dem Revisionswerber zum Schuldvorwurf gemacht werden könne, dass er nicht einem Antrag um nachträgliche Pardonierung einer Baukonsenswidrigkeit zugestimmt, sondern die tatsächliche Beseitigung der Letzteren betrieben habe.
8 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen es im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
9 Nach der hg. Judikatur trifft die in § 129 Abs. 2 BO geregelte Erhaltungspflicht (danach sind u.a. Bauwerke in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der BO entsprechenden Zustand sowie Gebäude in Schutzzonen darüber hinaus in stilgerechtem Zustand und nach den Bestimmungen des Bebauungsplanes zu erhalten) jeden einzelnen Miteigentümer und bei Gebäuden, an denen - wie hier - Wohnungseigentum begründet wurde, jedenfalls hinsichtlich deren allgemeinen Teile jeden einzelnen Wohnungseigentümer; dies gilt auch für Aufträge gemäß § 129 Abs. 10 BO. Für die Beseitigung eines vorschriftswidrigen Bauwerkes - oder vorschriftswidriger Veränderungen baulicher Art - sind ebenso stets die (Mit-)Eigentümer verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich (vgl. etwa VwGH 21.11.2017, Ra 2017/05/0259, mwN).
10 Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 135 Abs. 1 iVm § 129 Abs. 10 BO handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG; der Täter kann zufolge dieser Bestimmung nur dann straflos bleiben, wenn er glaubhaft macht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist, bzw. wenn er aufzuzeigen vermag, dass er während des ihm angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende (Ausschöpfung der tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten) unternommen hat, um die Konsenswidrigkeit innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen (vgl. nochmals VwGH 21.11.2017, Ra 2017/05/0259, mwN).
11 Das Verwaltungsgericht führt im angefochtenen Erkenntnis (u.a.) aus, dass eine (tatsächliche) Beseitigung der Konsenswidrigkeit dem Revisionswerber dadurch möglich gewesen wäre, dass er "primär" Maßnahmen zur Erzwingung der Zustimmung sämtlicher Miteigentümer zur Beseitigung des bauordnungswidrigen Zustandes zu setzen gehabt hätte. "Eine Bestrafung wäre ... allerdings auch dann nicht möglich gewesen, hätte der Miteigentümer von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine nachträgliche Baubewilligung ... zu ‚erwirken'", das heiße, ein die gegenständlichen Konsenswidrigkeiten umfassendes Bauansuchen anhängig zu machen. Der Revisionswerber habe den für die Einreichung des Bauansuchens (zur Erwirkung einer nachträglichen Baugenehmigung) erforderlichen Umlaufbeschluss nicht unterfertigt, weil er dies als Eingriff in sein Eigentumsrecht angesehen habe. Er habe jedoch auch eine Klage auf Beseitigung der - allgemeine Teile der Liegenschaft betreffenden - Konsenswidrigkeit nicht eingebracht, weshalb er nicht sämtliche rechtlichen und faktischen Möglichkeiten zur möglichst raschen Beseitigung der Konsenswidrigkeit unternommen habe.
12 Das Verwaltungsgericht hat somit im angefochtenen Erkenntnis zwar die "alternative" Möglichkeit, durch Zustimmung zu einem Bauansuchen um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung die Behebung der Konsenswidrigkeit zu erreichen, angesprochen, jedoch auch darauf hingewiesen, dass der Revisionswerber "primär" Maßnahmen zur Erzwingung der Zustimmung sämtlicher Miteigentümer zur Beseitigung des bauordnungswidrigen Zustandes zu setzen gehabt hätte, und ihm vorgeworfen, nicht sämtliche möglichen Maßnahmen zur Beseitigung dieser Konsenswidrigkeit, wie die Einbringung einer Klage auf deren Beseitigung, ergriffen zu haben.
13 Auf diesen Vorwurf geht die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht substantiiert ein. Damit stellt sie nicht dar, dass der Revisionswerber innerhalb des angelasteten Tatzeitraumes alles in seinen Kräften Stehende unternommen habe, um diese Konsenswidrigkeit zu beseitigen. Eine nicht im Einklang mit der hg. Judikatur stehende Beurteilung im angefochtenen Erkenntnis ist somit aufgrund des Zulässigkeitsvorbringens insoweit nicht zu erkennen.
14 In Anbetracht der vorstehend dargestellten "Alternativbegründung", auf der das angefochtene Erkenntnis beruht, kommt der in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfenen Frage, ob für einen Mit- bzw. Wohnungseigentümer eine Verpflichtung bestehe, einem Bauansuchen um nachträgliche Legalisierung eines baukonsenswidrigen Zustandes zuzustimmen, keine hier entscheidungswesentliche Bedeutung zu und ist diese Rechtsfrage für die Entscheidung über die Revision nicht präjudiziell. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG jedoch nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 27.6.2017, Ra 2017/05/0097, mwN).
15 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 27. Februar 2018
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050030.L00Im RIS seit
23.03.2018Zuletzt aktualisiert am
27.08.2018