TE Vwgh Beschluss 2018/3/1 Ra 2017/19/0454

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Veröffentlicht am 01.03.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §11;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, in der Revisionssache des T Q in S, vertreten durch Dr. Franz Lima, Rechtsanwalt in 2320 Schwechat, Wiener Straße 30/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. September 2017, Zl. W123 2133357-1/21E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2 Der Revisionswerber bringt zur Begründung der Zulässigkeit zusammengefasst vor, das Bundesverwaltungsgericht sei seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen, weil es seiner Entscheidung veraltete sowie teilweise unzutreffende und unvollständige Länderfeststellungen zu Grunde gelegt habe. Sohin sei die Beweiswürdigung nicht hinreichend begründet. Das Bundesverwaltungsgericht habe zudem die vorgelegten Beweise nicht entsprechend verwertet. Es wäre ansonsten zum Ergebnis gekommen, dass der Revisionswerber in einer Madrassa gewesen sei und nunmehr bei einer Rückkehr von den Taliban verfolgt werde, weil er sich der weiteren Rekrutierung entzogen habe. Außerdem hätte das Bundesverwaltungsgericht, wäre es seiner Ermittlungs- und Begründungspflicht nachgekommen, zum Ergebnis kommen müssen, dass keine innerstaatliche Fluchtalternative für den Revisionswerber bestehe. Schließlich habe das Bundesverwaltungsgericht nicht dargelegt, inwiefern ein Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung im Vergleich zu den Interessen des Revisionswerbers am Schutz durch den Zufluchtsstaat bestehen würden, weshalb insofern davon auszugehen sei, dass kein Asylausschlussgrund vorliege.

3 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

4 Das angefochtene Erkenntnis stützt sich - neben der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Revisionswerbers - auf das Bestehen von innerstaatlichen Fluchtalternativen in Mazar-e Sharif und Kabul. Soweit der Revisionswerber in Bezug auf diese Fluchtalternativen unsubstantiiert Ermittlungs- und Begründungsmängel geltend macht, zeigt er insbesondere nicht die Relevanz der Verfahrensmängel auf. Insbesondere verabsäumt es der Revisionswerber konkret darzulegen, warum er - nachdem er sich der Rekrutierung durch die Taliban entzogen habe - auch in Mazar-e Sharif und Kabul einem erhöhten Risiko von Gewaltakten ausgesetzt wäre.

Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel hinsichtlich der Annahme von innerstaatlichen Fluchtalternativen - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0170, mwN). Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die bloße Rechtsbehauptung, es hätte sich das Fehlen einer innerstaatlichen Fluchtalternative herausgestellt, genügt dem nicht. Demnach kann sich das angefochtene Erkenntnis auf eine tragfähige Alternativbegründung stützen. Damit hängt die Revision nicht entscheidungswesentlich von den weiteren geltend gemachten Rechtsfragen (etwa hinsichtlich der behaupteten Nichtberücksichtigung von vorgelegten Beweisen) ab (vgl. VwGH 17.1.2017, Ra 2016/19/0357, mwN).

5 Insoweit sich der Revisionswerber gegen die Rückkehrentscheidung richtet, ist anzumerken, dass eine Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde, nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist (vgl. VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0279, mwN). Vor diesem Hintergrund gelingt es der Revision nicht aufzuzeigen, dass fallbezogen eine unzutreffende Gewichtung der widerstreitenden Interessen erfolgt wäre.

6 Die Revision war sohin gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Wien, am 1. März 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017190454.L00

Im RIS seit

23.03.2018

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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