TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/12 VGW-101/073/11358/2017

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Veröffentlicht am 12.10.2017
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Entscheidungsdatum

12.10.2017

Index

25/04 Sonstiges Strafprozessrecht
10/10 Datenschutz
27/01 Rechtsanwälte

Norm

StRegG §10 Abs1
StRegG §10 Abs3
DSG 2000 §26 Abs1
RAO §9 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Linkenhöller über die Beschwerde des Herrn A. S., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien - SVA FB 2.2 Strafregisteramt, vom 23.06.2017, Zl. A3/190266/1/2017,

zu Recht e r k a n n t:

I.     Gemäß § 28 Absatz 1 und 2 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und Herrn A. S. gemäß § 10 Abs. 1 Strafregistergesetz 1968 eine Strafregisterbescheinigung ausgestellt.

II.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit angefochtenem Bescheid wies die belangte Behörde den schriftlich, unter Beilage seines Reisepasses eingebrachten Antrag des Beschwerdeführers auf Übermittlung einer Strafregisterbescheinigung an seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter gemäß § 10 Abs. 3 Strafregistergesetz 1968 ab. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, zur Identitätsfeststellung sei – mit Ausnahme einer Antragstellung nach dem e-Governmentgesetz - ein persönliches Erscheinen vor der Behörde nötig.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, dem schriftlichen Antrag sei eine Kopie des Reisepasses des Beschwerdeführers beigelegt worden, der persönliche Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und der Behörde werde durch das Auftrags- und Vollmachtsverhältnis durch seinen Rechtsanwalt substituiert, das Vertretungsrecht eines Rechtsanwaltes erstrecke sich auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich, die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung umfasse alle gerichtlichen und außergerichtlichen in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten und die Berufung auf die Bevollmächtigung ersetze deren urkundlichen Nachweis. Beantragt wurde die Übermittlung der Strafregisterbescheinigung oder Bereithaltung zur persönlichen Abholung durch den Vertreter des Beschwerdeführers, die Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung sowie die Bekanntgabe der Kosten für die Erledigung der Beschwerde zur Direktzahlung.

Das Verwaltungsgericht Wien führte am 21.9.2017 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durch, an der Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Der Beschwerdeführer blieb der Verhandlung trotz Beantragung unentschuldigt fern. Die Behördenvertreter wiederholten im Wesentlichen die Begründung des angefochtenen Bescheides und beantragten dessen Bestätigung.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gegenständlich stellte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer schriftlich unter Vorlage einer Kopie seines Reisepasses den Antrag auf Übermittlung einer Strafregisterbescheinigung an den Rechtsanwalt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Strafregistergesetz 1968, BGBl. Nr. 277/1968 idgF haben die Bürgermeister, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion, sowie die österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland, auf Antrag auf Grund der bei der Landespolizeidirektion Wien gesammelten Unterlagen Bescheinigungen über die im Strafregister enthaltenen Verurteilungen des Antragstellers mit Ausnahme von Daten gemäß § 2 Abs. 1 Z 7, 8 und Z 9 oder darüber auszustellen, daß das Strafregister keine solche Verurteilung enthält (Strafregisterbescheinigungen).

Gemäß Abs. 3 erster Satz leg. cit. ist der Antrag abzulehnen, wenn sich der Antragsteller über seine Person nicht auszuweisen vermag.

Die Ausweispflicht eines Antragstellers zur Identitätsfeststellung ist im Interesse des Datenschutzes gelegen. Der Argumentation der belangten Behörde folgend, kann diese Identitätsfeststellung – außer im Falle der elektronischen Antragstellung nach dem e-governmentgesetz – ausschließlich von der Behörde vorgenommen werden, weshalb ein zumindest einmaliges Erscheinen vor selbiger erforderlich ist. Dem kann nicht gefolgt werden.

Die erläuternden Bemerkungen zum Strafregistergesetz 1968, 817 d. B. (XI. GP) verweisen auf die gleichlautende Bestimmung des § 7 Paßgesetz 1951, BGBl. Nr. 57/1951. Das Passgesetz 1992 nennt in § 14 Abs. 1 Z 1 als Versagungsgrund, wenn der Passwerber seine Identität nicht nachzuweisen vermag. Nach der Judikatur des VwGH ist unter Identität im Sinne dieser Bestimmung die einwandfreie Feststellung von Namen und Geburtsdatum zu verstehen (vgl. VwGH vom 17.1.2006, 2002/18/0186). Weshalb es einem Rechtsanwalt nicht möglich sein sollte, die Identität eines Mandanten anhand dessen Reisepass festzustellen, ist nicht ersichtlich.

Laut Entscheidung des VwGH vom 4.7.2016, Ra 2016/04/0014, ist davon auszugehen, dass in dem Fall, dass ein Auskunftswerber von einem Rechtsanwalt vertreten wird und dieser für ihn gemäß § 26 Abs. 1 DSG 2000 einschreitet, dass neben dem Nachweis der Bevollmächtigung ein weiterer Identitätsnachweis nicht erforderlich ist, da ein Rechtsanwalt, wenn er nach dieser Bestimmung einschreitet, auch verpflichtet ist, im Sinne derselben die Identität des Auskunftswerbers zu überprüfen.

Aus Sicht des Verwaltungsgerichtes Wien hat dies auch im gegenständlichen Fall hinsichtlich einer Auskunft aus dem Strafregister zu gelten, zumal der Nachweis der Identität dem Datenschutz dient. Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine Auskunft nach dem Datenschutzgesetz weniger strengen Anforderungen unterliegen sollte, als eine solche nach dem Strafregistergesetz.

Zwar ist – abgesehen in Angelegenheiten des § 8b RAO - in der Rechtsanwaltsordnung nicht ausdrücklich normiert, dass ein Rechtsanwalt die Identität seines Mandanten zu überprüfen hat. Jedoch ist er gemäß § 9 Abs. 1 RAO verpflichtet, die übernommenen Vertretungen dem Gesetz gemäß zu führen, woraus sich im konkreten Fall eine Feststellung der Identität seines Mandanten ergibt.

Zusammengefasst ist somit festzustellen, dass gegenständlich kein Versagungsgrund gemäß § 10 Abs. 3 Strafregistergesetz vorliegt.

Der Antrag auf Bekanntgabe der Kosten ist nicht nachvollziehbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine solche Rechtsprechung fehlt.

Schlagworte

Strafregisterbescheinigung; Ausweispflicht; Identitätsfeststellung; Feststellung von Namen und Geburtsdatum; Auskunftswerber; Vertretung durch Rechtsanwalt; Versagungsgrund

Anmerkung

VwGH v. 21.6.2018, Ro 2018/01/0001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.101.073.11358.2017

Zuletzt aktualisiert am

11.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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