TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/30 VGW-021/054/27221/2014

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Veröffentlicht am 30.01.2018
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Entscheidungsdatum

30.01.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GewO 1994 §46 Abs2 Z2
GewO 1994 §345 Abs4
GewO 1994 §367 Z16
VStG §9 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Konecny über die Beschwerde des Herrn Mag. Ing. B. M., geboren 1964, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 12.05.2014, Zl. MBA … - S 1044/14, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 12.05.2014 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P. GmbH mit Sitz in Wien, W.-straße zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Inhaberin des Gewerbes „Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger), eingeschränkt auf „Immobilienmakler“ zumindest am 12.12.2013 dieses Gewerbe in Wien, W.-straße ausgeübt hat, ohne der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde rechtzeitig die Verlegung des Betriebes von Wien, L., nach Wien, W.-straße, anzuzeigen. Die Anzeige der Standortverlegung sei erst am 13.12.2013 erfolgt. Wegen einer Verletzung des § 46 Abs. 2 Z. 2 iVm § 345 Abs. 4 GewO 1994 iVm § 9 Abs. 1 VStG wurde über den Beschwerdeführer als Beschuldigten eine Geldstrafe von € 100,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden gemäß § 367 Z. 16 GewO 1994 idgF verhängt. Überdies wurde ein Verfahrenskostenbeitrag zur Bezahlung vorgeschrieben.

Hinsichtlich der P. GmbH erfolgte im Straferkenntnis ein Haftungsausspruch gemäß § 9 Abs. 7 VStG hinsichtlich der über den zur Vertretung nach außen Berufenen Beschwerdeführer verhängten Geldstrafe, die Verfahrenskosten sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen.

In der dagegen frist- und formgerecht erhobenen Beschwerde vom 12.06.2014 hat der Beschwerdeführer sein Verschulden am Unterbleiben der Anzeige der Verlegung des Standortes bestritten, in eventu die Einstellung des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG beantragt. Er hat im Wesentlichen ausgeführt, er sei im Rahmen der internen Geschäftsverteilung inhaltlich nicht mit Angelegenheiten der Gewerbeordnung befasst gewesen, sondern sei dies Agenda der damaligen Mitgeschäftsführerin Dr. A. H. gewesen. Diese habe über die erforderlichen Kenntnisse verfügt und sei (allerdings nicht rechtzeitig) zur gewerberechtlichen Geschäftsführerin bestellt worden. Er habe zum Tatzeitpunkt erst seit 01.12.2013 also nicht ganz zwei Wochen die Stellung als Geschäftsführer innegehabt. Es habe keine konkreten Hinweise auf eine Problemlage gegeben. In diesem kurzen Zeitraum wäre es ihm gar nicht möglich gewesen, in allen Angelegenheiten, welche nicht in seinen intern zugewiesenen Aufgabenbereich fallen, eine umfassende Kontrolle durchzuführen. Im konkreten Fall lägen jedenfalls die Voraussetzungen für eine Einstellung des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG vor, da sowohl der objektive Unrechtsgehalt als auch das Verschulden gering seien. Die unterbliebene Anzeige sei am Tag erfolgt, nachdem dies festgestellt wurde. Der Behörde und der interessierten Öffentlichkeit sei daher nur für einen begrenzten Zeitraum die veraltete Information des früheren Standorts zur Verfügung gestanden. Auch habe er keinerlei Grund gehabt anzunehmen, dass hinsichtlich der gewerberechtlichen Vorschriften konkreter Handlungsbedarf besteht bzw. Anzeigen versäumt wurden.

Zufolge dem mit der Beschwerde vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde liegt dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren eine Anzeige eines Kontrollorganes der Magistratsabteilung 59, Marktamtsabteilung für den ... Bezirk, zugrunde, wonach die Fa. P. GmbH zur Reg. Zl. … berechtigt sei zur Ausübung des Gewerbes „Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger), eingeschränkt auf „Immobilienmakler“. Die Firma habe das Gewerbe laut Wiener Gewerberegister bis 13.12.2013 im Standort Wien, L., ausgeübt. Auf der Homepage der Fa. unter www.p... habe im angegeben Impressum der Standort Wien, W.-straße, vorgefunden werden können. Am 12.12.2013 sei versucht worden telefonischen Kontakt mit der Firma aufzunehmen. Im Zuge eines Rückrufs von Frau Dr. A. H., der gewerberechtlichen Geschäftsführerin der P. GmbH am 13.12.2013 sei der MA 59 mitgeteilt worden, dass das Gewerbe „Immobilientreuhänder“ nunmehr im Standort Wien, W.-straße, und nicht mehr in Wien, L., ausgeübt wird.

Das Verwaltungsgericht Wien hat am 28.07.2015 – verbunden mit dem Beschwerdeverfahren betreffend den weiteren Geschäftsführer der P. GmbH, Herrn Mag. Mi. Me., zur GZ. VGW-021/054/27222/2014 – eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher neben den beiden Beschwerdeführern als Parteien Frau Dr. A. H. als Zeugin teilgenommen hat.

Herr Mag. Mi. Me. hat zu Protokoll gegeben, die Übersiedlung vom Standort Wien, L., zum Standort Wien, W.-straße, sei am 13.10.2013 durchgeführt worden und sei die normale Gewerbetätigkeit unmittelbar danach aufgenommen worden. Er sei mit Anfang September 2013 in das Unternehmen eingetreten. Die P. GmbH sei damals Tochter der Ho., mittlerweile He., gewesen und sei er zu Beginn seiner Tätigkeit vornehmlich mit der Vorbereitung und Umsetzung einer wesentlichen Transaktion zur Erfüllung eines wesentlichen Unternehmensziels befasst gewesen. Sie hätten damals die Weichen und Beschlüsse gefasst, um ein 500 Mio. EURO Portfolio innerhalb der Ho. zu bündeln, was für die Abwicklungsziele betreffend die Ho. nicht unwesentlich gewesen sei.

Herr Mag. Ing. B. M. hat zu Protokoll gegeben, er sei erst seit 01.12.2013 handelsrechtlicher Geschäftsführer der P. GmbH. Der Umzug auf den neuen Standort Wien, W.-straße, sei zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen. Er sei zum genannten Zeitpunkt komplett neu in das Unternehmen eingetreten und seien ihm in etwa 10 Werktage zur Verfügung gestanden, um Einblick in die Geschäftstätigkeit der P. GmbH zu gewinnen. In dieser kurzen Frist sei es ihm nicht zumutbar gewesen, sich über Bereiche zu informieren, die laut der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung nicht in seiner unmittelbaren Zuständigkeit lagen.

Dr. A. H. hat als Zeugin folgende Angaben gemacht:

„Hr. Mag. M. war physisch nie am Standort in Wien, L., tätig sondern hat seine Tätigkeit für die P. GmbH erst am neuen Standort in Wien, W.-straße aufgenommen. Dies war zeitlich laut meiner Erinnerung wesentlich nach der Übersiedelung.

Herr Mag. Me. kommt aus dem Finanzbereich. Ich selbst bin aus dem Immobiliengebiet und war daher klar, dass ich die Funktion als gewerberechtliche Geschäftsführerin übernehmen werde, nachdem mein Vorgänger Herr Bi. aus dem Unternehmen ausgeschieden ist. Dessen Nachfolger war nur kurz im Unternehmen, anschließend ist Hr. Mag. Me. dem Unternehmen beigetreten. Mit ihm war von meiner Seite abgesprochen, dass ich die Funktion als gewerberechtliche Geschäftsführerin übernehmen werde und für die Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen der Gewerbeordnung verantwortlich bin. Das war auch vor meiner Anzeige als gewerberechtliche Geschäftsführerin bei der Behörde. Es war meine Verantwortung, dass ich als gewerberechtlicher Geschäftsführer eingetragen werde und auch für die Einhaltung aller gewerberechtlicher Vorschriften verantwortlich bin. Ich habe dies gemeinsam mit einer Assistentin erledigt. Meine Assistentin war zu dem Zeitpunkt mit der Gewerbebehörde in Kontakt, wegen meiner Eintragung und ging ich davon aus, dass sie sich auch um die Anzeige des Standortwechsels kümmern wird. Das ist aber nicht passiert, weswegen ich auch in weiterer Folge bestraft worden bin und die Strafe auch einbezahlt habe. Ich habe sie auch nicht diesbezüglich befragt.

Mag. Me. hat mich gefragt, ob hinsichtlich des Wechsels der gewerberechtlichen Geschäftsführung Veranlassungen getroffen worden sind und ich habe ihm geantwortet, dass der Eintrag eingebracht worden ist und die Sache im Laufen ist.

Hr. Mag. Me. hat darauf vertraut, dass ich mich um die Einhaltung der Gewerbeordnung kümmern werde und ist auch bekannt, dass ich diesbezüglich sehr verlässlich bin.“

Nach dem Schluss des Beweisverfahrens wurde hinsichtlich des gegenständlichen Beschwerdeführers (Herr Mag. Ing. B. M. hat als Beschwerdeführer seine erhobene Beschwerde in der Verhandlung zurückgezogen) die Entscheidung mündlich verkündet.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Gemäß § 46 Abs. 2 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 42/2008 hat der Gewerbeinhaber folgende Vorgänge der Behörde anzuzeigen:

1. … … …

2. die Verlegung des Betriebes eines Gewerbes in einen anderen Standort und

3. … … …

Die Anzeige ist so rechtzeitig zu erstatten, dass sie spätestens am Tag der Aufnahme oder Einstellung der Gewerbeausübung in der weiteren Betriebsstätte oder in den Fällen der Z 2 und 3 mit dem Tag der Aufnahme der Gewerbeausübung im neuen Standort bei der Behörde einlangt.

Gemäß § 345 Abs. 4 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 85/2013 hat die Behörde, wenn die jeweils geforderten Voraussetzungen gegeben sind und in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt wird, die sich aus der Anzeige ergebende Eintragung in das Gewerberegister vorzunehmen und den Erstatter der Anzeige von der Eintragung zu verständigen.

Gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2 180 € zu bestrafen ist, wer

… … …

16. ein Gewerbe in einer weiteren Betriebsstätte oder in einem neuen Standort ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 46 Abs. 2 rechtzeitig erstattet zu haben; …

Der Beschwerdeführe hat mit seiner Beschwerde die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes – das Ausüben des Gewerbes „Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger), eingeschränkt auf „Immobilienmakler“ durch die P. GmbH als Gewerbeinhaber am neuen Standort in Wien, W.-straße, ohne die Anzeige gemäß § 46 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 rechtzeitig erstattet zu haben – nicht in Abrede gestellt.

Aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens wird als erwiesen angenommen, dass der ursprüngliche Standort der Gewerbeausübung der P. GmbH in Wien, L., gelegen ist. Die Übersiedlung von diesem Standort zum neuen Standort in Wien, W.-straße, erfolgte am 13.10.2013 und wurde unmittelbar danach die Gewerbetätigkeit am neuen Standort aufgenommen. Zum Zeitpunkt der Übersiedlung wurde die P. GmbH von zwei handelsrechtlichen Geschäftsführern, nämlich seit 01.02.2011 von Dr. A. H. und seit 16.09.2013 von Mag. (FH) Mi. Me., vertreten. Der Beschwerdeführer ist seit 01.12.2013 zum weiteren handelsrechtlichen Geschäftsführer bestellt worden und war zu diesem Zeitpunkt die Übersiedlung an den neuen Standort bereits abgeschlossen, sodass dieser seine Tätigkeit bereits am neuen Standort aufgenommen hat. Noch vor Eintritt des Beschwerdeführers in seine Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer gab es in der P. GmbH intern eine Aufgabenverteilung derart, dass Dr. A. H. im Betrieb de facto die Aufgaben und Funktion einer gewerberechtlichen Geschäftsführerin übernommen hat, während Herr Mag. (FH) Mi. Me. den Finanzbereich übernommen hat. Eine diesbezügliche Anzeige der Dr. A. H. bei der Gewerbebehörde erfolgte aber erst gemeinsam mit der Anzeige der Standortverlegung am 13.12.2013.

Diese Feststellungen ergeben sich aus den unzweifelhaften und übereinstimmenden Angaben des Mag. (FH) Mi. Me., den Angaben des Beschwerdeführers und der Angaben der als Zeugin einvernommen Dr. A. H. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien in Zusammenschau mit den eingesehenen Auszügen aus dem Firmenbuch und dem GISA betreffend die P. GmbH.

Der Beschwerdeführer hat lediglich das Vorliegen von Verschulden am Unterbleiben einer rechtzeitigen Anzeige der Verlegung des Standortes bestritten, indem er im Wesentlichen auf die interne Geschäftsverteilung und seinen Antritt als handelsrechtlicher Geschäftsführer bei der P. GmbH erst ab 01.12.2013 verwiesen hat.

Dass den Beschwerdeführer an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung überhaupt kein Verschulden getroffen hätte war nicht anzunehmen.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, fahrlässiges Verhalten, wobei Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Bei der Bestimmung des § 367 Z. 16 GewO 1994, nach welcher der Beschwerdeführer bestraft worden ist, handelt es sich um ein solches Ungehorsamsdelikt im Sinne des zweiten Satzes der Bestimmung des § 5 Abs. 1 VStG.

Der vom Beschwerdeführer der Annahme seines Verschuldens in der Sache entgegengesetzte Umstand, wonach er nach der internen Geschäftsverteilung der GmbH für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften nicht zuständig gewesen sei, dies sei die handelsrechtliche Geschäftsführerin Dr. A. H. gewesen, vermochte ihn nicht zu entlasten, da nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH eine bloß interne Aufgaben- und Verantwortungsaufteilung in Ansehung der kumulativ zu tragenden verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit einer Mehrzahl von zur Vertretung nach außen berufener Organe irrelevant ist (vgl. uv. VwGH 29.10.1996, 96/11/0227). Auch das Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer erst mit 01.12.2013 seine Aufgabe als handelsrechtlicher Geschäftsführer angetreten sei und ihm daher in diesem kurzen Zeitraum gar nicht möglich gewesen wäre, in allen Angelegenheiten, welche nicht in seinen intern zugewiesenen Aufgabenbereich fallen, eine umfassende Kontrolle durchzuführen, wirkte angesichts der ihn treffenden Verantwortlichkeit nicht schuldbefreiend, da das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht hat erkennen lassen, dass er irgendwelche die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften gewährleistende Tätigkeiten unternommen hat. Dass ihm dies unter Berücksichtigung der seit seiner Bestellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer verstrichenen erst kurzen Zeit aus objektiven oder subjektiven Gründen nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre, war nicht festzustellen. So hat der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet, bei der intern zuständigen Geschäftsführerin irgendwelche Informationen hinsichtlich des allfälligen Vorliegens einer gewerberechtlichen Problemlage eingeholt zu haben.

Der Beschwerdeführer hat somit den objektiven und den subjektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt.

Im vorliegenden Fall lagen aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen für eine Einstellung des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG vor.

Zur Neuregelung des hier gegenständlichen § 45 Abs. 1 Z 4 VStG durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33/2013, kann auf die gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 21 Abs. 1 VStG in der Fassung vor der genannten Novellierung zurückgegriffen werden (vgl. VwGH vom 8. September 2016, Ra 2016/06/0099). So etwa müssen die in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Umstände - geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, geringe Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie geringes Verschulden - kumulativ vorliegen (vgl. VwGH vom 9. September 2016, Ra 2016/02/0118, m.w.H.). Fehlt es an einer der in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Voraussetzungen für die Einstellung des Strafverfahrens, kommt auch keine Ermahnung nach § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG in Frage (s. VwGH vom 20.11.2015, Ra 2015/02/0167).

 

Von geringem Verschulden i.S.d. § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ist gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes generell nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. VwGH 9. September 2016, Ra 2016/02/0118, m.w.H.). Die Frage des Verschuldens kann ohne Auseinandersetzung mit der Fahrlässigkeitsvermutung des § 5 Abs. 1 VStG und einem einen Vertreter im Bereich des § 9 VStG entlastenden Kontrollsystem nicht ohne weiteres beantwortet werden (vgl. etwa VwGH vom 20. Juni 2016, Ra 2016/02/0065). Fehlt ein funktionierendes Kontrollsystem zur Verhinderung von Übertretungen, so kann von einem geringfügigen Verschulden nicht mehr gesprochen werden (vgl. etwa VwGH 27. Juni 2007, Zl. 2005/03/0166).

Im vorliegenden Fall wurde lediglich der Anzeigepflicht nach § 46 Abs. 2 GewO 1994 zuwidergehandelt, wobei einer Anzeige nach Abs. 2 kein konstitutiver sondern lediglich ein deklarativer Charakter zukommt. Eine solche Anzeige hat bloßen Mitteilungscharakter und dient unter anderem der Eintragung des neuen Standortes in das Gewerberegister (nunmehr GISA). Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes ist somit gering und wurde dieses Rechtsgut im vorliegenden Fall auch noch in geringem Ausmaß beeinträchtigt, da die diesbezügliche Anzeige mit 13.12.2013 bei der Behörde erstattet worden ist. Der neue Standort der Gewerbeausübung war für Kunden jedenfalls unmittelbar auf der Homepage der Firma unter www.p... ersichtlich.

Im gegenständlichen Fall konnte auch von einem geringfügigen Verschulden des Beschwerdeführers ausgegangen werden, weil dieser erst mit 01.12.2013 und damit nach Standortverlegung zum weiteren handelsrechtlichen Geschäftsführer bestellt worden ist und dieser seine Tätigkeit bereits am neuen Standort in Wien W.-straße, aufgenommen hat. Der vorgenommene Standortwechsel musste dem Beschwerdeführer somit angesichts der bereits vorher erfolgten Verlegung unter der Ägide der beiden vorhandenen Geschäftsführer nicht unmittelbar nach Aufnahme seiner Tätigkeit zu Bewusstsein gelangen bzw. ist es ihm aufgrund seiner erst späten Bestellung als Geschäftsführer auch nicht möglich gewesen, durch ein funktionierendes Maßnahmen-. und Kontrollsystem zur Verhinderung dieser Übertretung beizutragen.

Das tatbildmäßige Verhalten des zur Tatzeit auch unbescholtenen Beschwerdeführers blieb somit hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurück.

Der Beschwerde war daher insofern Folge zu geben, als das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG einzustellen war.

Der Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch angeführte zwingende gesetzliche Bestimmung.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Immobilienmakler; Standortwechsel; Anzeigepflicht; Bestellung als Geschäftsführer nach Standortverlegung; geringfügiges Verschulden

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.021.054.27221.2014

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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