TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/28 VGW-001/032/15061/2017, VGW-001/032/15063/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

28.02.2018

Index

83 Naturschutz Umweltschutz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AWG 2002 §10a Abs1 Z1
AWG 2002 §10a Abs2
AWG 2002 §10b Abs1
AWG 2002 §10b Abs2
AWG 2002 §10b Abs3
AWG 2002 §47 Abs1 Z3
VStG §9 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer über die Beschwerden 1) der E. K., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 22. September 2017, Zl. MBA … - S 42093/16, und 2) des Mag. S. N., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 22. September 2017, Zl. MBA ... - S 960/16, jeweils betreffend Übertretung 1) des § 47 Abs. 1 Z 1 Wiener Abfallwirtschaftsgesetz – Wr. AWG iVm § 10a Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 leg. cit. iVm § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG sowie 2) des § 47 Abs. 1 Z 3 Wr. AWG § 10b Abs. 1 bis 3 leg. cit. iVm § 9 Abs. 1 VStG nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 27. Februar 2018

zu Recht e r k a n n t:

I. Den Beschwerden wird hinsichtlich der Strafhöhe insofern teilweise stattgegeben, als die in den angefochtenen Straferkenntnissen jeweils in Spruchpunkt "I.) ad 2.)" verhängten Geldstrafen von jeweils € 350,— auf jeweils € 250,— und die in diesem Punkt verhängten Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 21 Stunden auf jeweils 16 Stunden herabgesetzt werden. Dementsprechend werden die für diese Geldstrafen von der belangten Behörde gemäß § 64 VStG vorgeschriebenen Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens von jeweils € 35,— auf jeweils € 25,— herabgesetzt. Die in den angefochtenen Straferkenntnissen summierten zu zahlenden Gesamtbeträge ebenso wie die in Spruchpunkt "II.)" genannten Haftungsbeträge werden entsprechend angepasst.

II. Gemäß § 10a Abs. 1 Z 1 und Abs. 2, § 10b Abs. 1 und 3 sowie § 47 Abs. 1 Z 1 und 3 und Abs. 2 Wiener Abfallwirtschaftsgesetz, LGBl. 13/1994 idF LGBl. 45/2013, wird die Beschwerde im Übrigen abgewiesen; dies mit der Maßgabe, dass in den Tatvorwürfen jeweils der Textabschnitt beginnend mit "und das nachträglich übermittelte 'Erkundungsprotokoll'" bis zur Wortfolge "und beim Transport nicht brechen)" gestrichen wird.

III. 1. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG haben die Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von jeweils € 42,— (das sind 20% der jeweils in Spruchpunkt "ad 1)" verhängten Geldstrafe) zu leisten.

2. Die K. KG haftet für diesen Kostenbeitrag gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.

IV. Gegen Spruchpunkt II. dieser Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig. Im Übrigen ist die ordentliche Revision unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.       Verfahrensgang

1.       Das gegenüber der Erstbeschwerdeführerin ergangene Staferkenntnis vom 22. September 2017 hat folgenden Spruch:

"I.)

Sie haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991), BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung, zur Vertretung nach außen berufenes Organ der P. GmbH (FN ...) mit Sitz in Wien, L., welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der K. KG (FN ...) mit Sitz in Wien, L., ist, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Bauherrin des Abbruchvorhabens auf der Liegenschaft in Wien, K.-Gasse, zumindest am 16.09.2015 (= Zeitpunkt der Überprüfung durch den Amtssachverständigen der Wiener Umweltschutzabteilung - Magistratsabteilung 22),

1) entgegen § 10a Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 des Gesetzes über die Vermeidung und Behandlung von Abfällen und die Einhebung einer hiefür erforderlichen Abgabe im Gebiete des Landes Wien (Wiener Abfallwirtschaftsgesetz - Wr. AWG), LGBI. für Wien Nr. 1994/13, in der geltenden Fassung, wonach für folgende Bauvorhaben der Bauherr ein Abfallkonzept für Baustellen zu erstellen hat: Errichtung oder Abbruch von Bauwerken, die einen Brutto-Rauminhalt von mehr als 5.000 m 3 aufweisen; und wonach das Abfallkonzept für Baustellen vor Beginn der Abbruch- oder Bauarbeiten gemäß Abs. 1 zu erstellen ist und während der gesamten Bautätigkeit auf der Baustelle aufzuliegen hat. Stellt sich nach Baubeginn entgegen den ursprünglichen Annahmen heraus, dass ein Bauvorhaben gemäß Abs. 1 vorliegt, ist unverzüglich das Abfallkonzept für Baustellen zu erstellen,

sich gemäß der Sachverhaltsdarstellung des Amtssachverständigen der MA 22 vom 01.12.2015 kein Abfallkonzept für Baustellen auf der Baustelle befand bzw. dem Amtssachverständigen keine Abfallkonzept vorgelegt werden konnte, da dieses an einer Türe befestigt war, die bereits entsorgt worden ist.

2) entgegen § 10b Abs. 1 des Gesetzes über die Vermeidung und Behandlung von Abfällen und die Einhebung einer hiefür erforderlichen Abgabe im Gebiete des Landes Wien (Wiener Abfallwirtschaftsgesetz - Wr. AWG), LGBI. für Wien Nr. 1994/13, in der geltenden Fassung, wonach in den Fällen des Abbruchs oder Teilabbruchs von Bauwerken,

1. deren abzubrechender Brutto-Rauminhalt mehr als 5.000 m 3 beträgt oder

2. bei denen auf Grund der Vornutzung die begründete Annahme besteht, dass Baumaterialien schadstoffbelastet sind (zB metall- und mineralölverarbeitende Betriebe, Betriebe der chemischen Industrie),

der Bauherr eine Erkundung der im Bauwerk enthaltenen schadstoffbelasteten Baumaterialien durch eine befugte Fachperson oder Fachanstalt durchführen zu lassen hat (Schadstofferkundung)., in Verbindung mit § 10b Abs. 2 leg. cit., wonach für folgende Bauvorhaben der Bauherr ein Abfallkonzept für Baustellen zu erstellen hat: Errichtung oder Abbruch von Bauwerken, die einen Brutto-Rauminhalt von mehr als 5.000 m 3 aufweisen; und wonach das Abfallkonzept für Baustellen vor Beginn der Abbruch- oder Bauarbeiten gemäß Abs. 1 zu erstellen ist und während der gesamten Bautätigkeit auf der Baustelle aufzuliegen hat. Stellt sich nach Baubeginn entgegen den ursprünglichen Annahmen heraus, dass ein Bauvorhaben gemäß Abs. 1 vorliegt, ist unverzüglich das Abfallkonzept für Baustellen zu erstellen und über die durchgeführte Schadstofferkundung eine Dokumentation zu erstellen ist, die jedenfalls zu umfassen hat:

1. eine Beschreibung von Art und Ausmaß der schadstoffbelasteten Baumaterialien, die im Bauwerk enthalten sind, und

2. die zu treffenden Maßnahmen, um eine Kontamination nicht belasteter Baumaterialien durch die Abbrucharbeiten zu verhindern, in Verbindung mit § 10b Abs. 3 leg. cit., wonach die Schadstofferkundung vor Beginn der Abbrucharbeiten, in den Fällen des § 10a Abs. 1 vor Erstellung des Abfallkonzeptes für Baustellen, durchzuführen und zu dokumentieren, ist Die Dokumentation zur Schadstofferkundung hat während der gesamten Abbrucharbeiten auf der Baustelle aufzuliegen und ist der Behörde auf Verlangen vorzulegen. Die Behörde hat den Bauherrn zur Verbesserung der Schadstofferkundung binnen angemessener Frist aufzufordern, wenn diese unvollständig oder offenkundig unrichtig ist. Kommt der Bauherr dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die Verbesserung der Schadstofferkundung aufzutragen.,

gemäß der Sachverhaltsdarstellung des Amtssachverständigen der MA 22 vom 01.12.2015 anlässlich der Überprüfung der Abbruchbaustelle am 16.09.2015 keine Dokumentation zur Schadstofferkundung auf der Baustelle auflag und das nachträglich übermittelte 'Erkundungsprotokoll' aus folgenden Gründen nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine 'Dokumentation der Schadstofferkundung' entsprach:

- Es gibt keine Hinweise darauf, dass die M. GmbH eine befugte Fachanstalt bzw. die Personen, die die Begehung durchgeführt haben, befugte Fachpersonen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 6 lit. a AWG 2002 sind.

- Das übermittelte 'Erkundungsprotokoll' ist unvollständig, da folgende Angaben fehlen:

. Ausmaß der in den Bauwerken enthaltenen Leuchtstoffröhren

. Art der Dachpappe (teerhaltig = gefährlicher Abfall oder bituminös)

. Art der XPS-Dämmplatten (FCKW-haltig = gefährlicher Abfall oder FCKW-frei)

. Art der Brandschutztüre (mit Asbest gefüllt = gefährlicher Abfall oder mit einem anderen ungefährlichen brandhemmenden Stoff gefüllt)

- Angabe der zu treffenden Maßnahmen, um eine Kontamination nicht belasteter Baumaterialien durch den Abbruch zu verhindern (z.B. keine Maßnahmen, wie mit den Leuchtstoffröhren umzugehen ist, damit diese bei der Lagerung und beim Transport nicht brechen).

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1) § 47 Abs. 1 Z 1 des Gesetzes über die Vermeidung und Behandlung von Abfällen und die Einhebung einer hiefür erforderlichen Abgabe im Gebiete des Landes Wien (Wiener Abfallwirtschaftsgesetz - Wr. AWG), LGBl. für Wien Nr. 1994/13, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 10a Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 leg. cit., in Verbindung mit § § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991), BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung.

2) § 47 Abs. 1 Z 3 des Gesetzes über die Vermeidung und Behandlung von Abfällen und die Einhebung einer hiefür erforderlichen Abgabe im Gebiete des Landes Wien (Wiener Abfallwirtschaftsgesetz - Wr. AWG), LGBI. für Wien Nr. 1994/13, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 10b Abs. 1 bis 3 leg. cit, in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991), BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

ad 1.) Geldstrafe von € 210,00, falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden

ad 2.) Geldstrafe von € 350,00, falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von 21 Stunden

Summe der Geldstrafen: € 560,00

Summe der Ersatzfreiheitsstrafen: 1 Tag und 9 Stunden

ad 1) gemäß § 47 Abs. 1 Z 1 des Gesetzes über die Vermeidung und Behandlung von Abfällen und die Einhebung einer hiefür erforderlichen Abgabe im Gebiete des Landes Wien (Wiener Abfallwirtschaftsgesetz - Wr. AWG), LGBI. für Wien Nr. 1994/13, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 10a Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 leg. cit., in Verbindung mit § § 9 Abs. 1Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991), BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung.

ad 2) gemäß § 47 Abs. 1 Z 3 des Gesetzes über die Vermeidung und Behandlung von Abfällen und die Einhebung einer hiefür erforderlichen Abgabe im Gebiete des Landes Wien (Wiener Abfallwirtschaftsgesetz – Wr. AWG), LGBI. für Wien Nr. 1994/13, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 10b Abs. 1 bis 3 leg. cit, in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991), BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

ad 1.) € 21,00,

ad 2.) € 35,00

Summe der Strafkosten: € 56,00

als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren, d.s. 10% der Strafen

(mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Die zu zahlenden Gesamtbeträge (Strafen/Kosten) betragen daher

ad 1.) € 231,00,

ad 2.) € 385,00

Summe der Strafen und Strafkosten: € 616,00

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

II.) Haftung:

Die K. KG (FN ...) mit Sitz in Wien, L. haftet für die mit diesem Bescheid über die zur Vertretung nach außen Berufene, Frau E. K., verhängte Geldstrafe von

1) € 210,00

2) € 350,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von

1) € 21,00

2) € 35,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs.7 VStG zur ungeteilten Hand."

2.       Das gegenüber dem Zweitbeschwerdeführer ergangene Straferkenntnis ist in seinem Spruch im Wesentlichen wortident.

3.       Gegen diese beiden Straferkenntnisse richten sich die vorliegenden Beschwerden, mit welchen die ersatzlose Behebung der Straferkenntnisse und die Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren begehrt werden.

Die Beschwerden werden im Wesentlichen auf rechtliche Argumente gestützt, wonach die Beschwerdeführer als Verantwortliche der Bauherrin nicht dafür verantwortlich seien, dass das Abfallkonzept wie auch die Dokumentation zur Schadstofferkundung während der gesamten Bautätigkeit auf der Baustelle aufliege. Eine solche Verantwortlichkeit lasse sich nämlich dem Wortlaut der §§ 10a und 10b Wr. AWG nicht entnehmen. Zudem könnten bei Zugrundelegung eines lebensnahen Sachverhalts diese Verpflichtungen nur den Bauführer, dessen sich der Bauherr regelmäßig bediene, treffen. Der Gesetzgeber hätte eine Verpflichtung des Bauherren ausdrücklich im Gesetz normieren müssen.

4.       Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidungen und legte die Beschwerden dem Verwaltungsgericht Wien samt der Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

5.       Nach Beschwerdemitteilung erstattete die K. KG eine Stellungnahme, in welcher sie sich den Ausführungen der Beschwerdeführer inhaltlich anschloss.

6.       Das Verwaltungsgericht Wien führte am 27. Februar 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher ein Vertreter der Beschwerdeführer und der K. KG erschien und weitere inhaltliche Ausführungen machte. So werde ausdrücklich auch ein Verschulden der Beschwerdeführer bestritten, da diesen weder vorsätzliches noch fahrlässiges Handeln vorzuwerfen sei. Es sei ihnen weder eine objektive noch eine subjektive Sorgfaltswidrigkeit anzulasten, weshalb keine Fahrlässigkeitsschuld vorliege.

II.      Sachverhalt

1.       Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:

Die K. KG beauftragte die M. GmbH mit dem Abbruch eines Gebäudes und der Entsorgung der dabei anfallenden Abfälle auf der Liegenschaft Wien, K.-Gasse. Der Brutto-Rauminhalt des abzubrechenden Objekts betrug ca. 25.000 m³.

Im Zuge dieser Abbrucharbeiten wurde die Baustelle von Organen der Magistratsabteilung 22 am 16. September 2015 begangen; zu diesem Zeitpunkt lagen auf der Baustelle weder ein Abfallkonzept noch eine Dokumentation zur Schadstofferkundung auf. Ein Abfallkonzept war ursprünglich von der Bauherrin erstellt und auf der Baustelle an einer Tür befestigt worden; diese Tür war jedoch schon vor dem 16. September 2015 – mitsamt dem Abfallkonzept – entsorgt worden. Gleichermaßen hatte die Bauherrin eine Dokumentation zur Schadstofferkundung bei der M. GmbH in Auftrag gegeben und das in der Folge vorgelegte Dokument auf jener Tür befestigt, welche vor dem 16. September 2015 entsorgt worden war.

Die Beschwerdeführer sind handelsrechtliche Geschäftsführer der P. GmbH, welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der K. KG ist.

Die Beschwerdeführer weisen keine einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen auf, der Zweitbeschwerdeführer wurde in den Jahren 2013 und 2015 jeweils wegen einer Übertretung des KFG bzw. der StVO rechtskräftig bestraft. Die Beschwerdeführer weisen durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf und haben keine Sorgepflichten.

2.       Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und Würdigung des Beschwerdevorbringens. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ist aus der Aktenlage und dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführer unzweifelhaft feststellbar und nicht weiter strittig.

Die Annahme durchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie des Fehlens von Sorgepflichten gründet darauf, dass die Beschwerdeführer diesbezüglich keine Angaben gemacht haben.

III.     Rechtliche Beurteilung

1.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Abfallwirtschaftsgesetz – Wr. AWG, LGBl. 13/1994 idF LGBl. 45/2013, lauten:

"Abfallkonzept für Baustellen

§ 10a. (1) Für folgende Bauvorhaben hat der Bauherr ein Abfallkonzept für Baustellen zu erstellen:

         1. Errichtung oder Abbruch von Bauwerken, die einen Brutto-Rauminhalt von mehr als 5.000 m³ aufweisen;

         […]

(2) Das Abfallkonzept für Baustellen ist vor Beginn der Abbruch- oder Bauarbeiten gemäß Abs. 1 zu erstellen und hat während der gesamten Bautätigkeit auf der Baustelle aufzuliegen. Stellt sich nach Baubeginn entgegen den ursprünglichen Annahmen heraus, dass ein Bauvorhaben gemäß Abs. 1 vorliegt, ist unverzüglich das Abfallkonzept für Baustellen zu erstellen.

[…]

(6) Das Abfallkonzept ist dem Bauführer vor Beginn der Abbruch- oder Bauarbeiten nachweislich zur Kenntnis zu bringen.

(7) Das Abfallkonzept für Baustellen ist auf Verlangen der Behörde vorzulegen. Die Behörde hat den Bauherrn zur Verbesserung des Abfallkonzeptes für Baustellen binnen angemessener Frist aufzufordern, wenn dieses unvollständig oder offenkundig unrichtig ist. Kommt der Bauherr dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die Verbesserung des Abfallkonzeptes für Baustellen aufzutragen.

(8) Nach Abschluss der Bautätigkeit ist das Abfallkonzept für Baustellen mindestens ein Jahr aufzubewahren.

Schadstofferkundung

§ 10b. (1) In den Fällen des Abbruchs oder Teilabbruchs von Bauwerken,

         1. deren abzubrechender Brutto-Rauminhalt mehr als 5.000 m³ beträgt oder

         […]

(2) Über die durchgeführte Schadstofferkundung ist eine Dokumentation zu erstellen, die jedenfalls zu umfassen hat:

         1. eine Beschreibung von Art und Ausmaß der schadstoffbelasteten Baumaterialien, die im Bauwerk enthalten sind, und

         2. die zu treffenden Maßnahmen, um eine Kontamination nicht belasteter Baumaterialien durch die Abbrucharbeiten zu verhindern.

(3) Die Schadstofferkundung ist vor Beginn der Abbrucharbeiten, in den Fällen des § 10a Abs. 1 vor Erstellung des Abfallkonzeptes für Baustellen, durchzuführen und zu dokumentieren. Die Dokumentation zur Schadstofferkundung hat während der gesamten Abbrucharbeiten auf der Baustelle aufzuliegen und ist der Behörde auf Verlangen vorzulegen. Die Behörde hat den Bauherrn zur Verbesserung der Schadstofferkundung binnen angemessener Frist aufzufordern, wenn diese unvollständig oder offenkundig unrichtig ist. Kommt der Bauherr dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die Verbesserung der Schadstofferkundung aufzutragen.

(4) Die Dokumentation zur Schadstofferkundung ist dem Bauführer vor Beginn der Abbrucharbeiten nachweislich zur Kenntnis zu bringen.

(5) Nach Abschluss der Abbrucharbeiten ist die Dokumentation zur Schadstofferkundung mindestens ein Jahr aufzubewahren.

[…]

Strafbestimmungen

§ 47. (1) Wenn eine Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer

         1. entgegen § 10a kein Abfallkonzept für Baustellen erstellt oder die Ergebnisse einer allfälligen Schadstofferkundung nicht miteinbezieht oder das Abfallkonzept nicht auf der Baustelle auflegt oder der Behörde nicht auf Verlangen vorlegt oder nicht anpasst oder dem Bauführer nicht nachweislich zur Kenntnis bringt oder dieses nicht aufbewahrt,

[…]

3. entgegen § 10b die Schadstofferkundung nicht oder nicht rechtzeitig durchführt oder darüber keine Dokumentation erstellt oder die Dokumentation zur Schadstofferkundung nicht auf der Baustelle auflegt oder der Behörde nicht vorlegt oder dem Bauführer nicht nachweislich zur Kenntnis bringt oder nicht aufbewahrt,

[…]

(2) Wer eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 Z 8, 11 bis 19, 21 oder 22 begeht, ist mit einer Geldstrafe bis zu 3 500 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen; wer eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 Z 1 bis 7, 9 bis 10, 20, 23 oder 24 begeht, ist mit einer Geldstrafe bis zu 35 000 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen."

2.       Im Beschwerdefall steht außer Streit, dass das gegenständliche Abbruchvorhaben auf der Liegenschaft Wien, K.-Gasse, einen Brutto-Rauminhalt von 5.000 m³ überstieg und deshalb während der gesamten Abbrucharbeiten auf der Baustelle gemäß § 10a Abs. 2 Wr. AWG ein Abfallkonzept und gemäß § 10a Abs. 3 Wr. AWG eine Dokumentation zur Schadstofferkundung aufzuliegen hatte. Weiters steht fest, dass diese beiden Unterlagen bei der Begehung durch die MA 22 am 16. September 2015 nicht auf der Baustelle auflagen, weil sie an einer bereits entsorgten Tür befestigt worden waren.

3.       Der Beschwerdefall wirft aber die Rechtsfrage auf, wer für die Auflage des Abfallkonzepts und der Dokumentation zur Schadstofferkundung auf der Baustelle verantwortlich ist. Die belangte Behörde geht davon aus, dass diese Pflicht den Bauherren trifft, die Beschwerdeführer verneinen eine solche aus § 10a Abs. 2 und § 10a Abs. 3 Wr. AWG resultierende Pflicht und sehen diese allenfalls beim Bauführer.

3.1.    Zunächst ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, dass der ausdrückliche Wortlaut des § 10a Abs. 2 bzw. des § 10b Abs. 3 wie auch des § 47 Abs. 1 Z 1 und 3 Wr. AWG nicht ausdrücklich beantwortet, wen die Pflicht zur Auflage des Abfallkonzepts bzw. der Dokumentation zur Schadstofferkundung trifft. Es kann in Zusammenhang mit diesen Bestimmungen aber der systematische Aufbau der Bestimmungen nicht außer Acht gelassen werden. So wird in § 10a Abs. 1 und in § 10b Abs. 1 Wr. AWG klar eine Verantwortlichkeit des Bauherren für die Erstellung eines Abfallkonzepts bzw. die Schadstofferkundung festgelegt. In diesem Sinne verpflichtet § 10a Abs. 2 bzw. § 10b Abs. 3 Wr. AWG weiters offensichtlich jeweils den Bauherren, wenn verlangt wird, das Abfallkonzept "vor Beginn der Abbruch- oder Bauarbeiten" zu erstellen bzw. die Schadstofferkundung "vor Beginn der Abbrucharbeiten" durchzuführen und zu dokumentieren; dies ohne den Bauherren als Adressat dieser Verpflichtungen nochmals ausdrücklich anzuführen. Für das Verwaltungsgericht Wien ist nicht ersichtlich, dass der durch § 10a Abs. 2 1. Satz und § 10b Abs. 3 2. Satz Wr. AWG hinsichtlich der Auflage der Unterlagen auf der Baustelle Verpflichtete ohne ausdrückliche Benennung durch den Gesetzgeber jemand anders sein sollte, als die in diesen Bestimmungen unmittelbar vorangehend verpflichtete Person.

Auch die übrigen Verpflichtungen des § 10b Abs. 3 Wr. AWG richten sich nunmehr sogar ausdrücklich an den Bauherrn und zeigen, dass dieser – und nicht der Bauführer – Ansprechpartner der Behörde bei Unvollständigkeit oder offenkundiger Unrichtigkeit der Schadstofferkundung ist. Zusammengefasst kann das Verwaltungsgericht Wien weder in § 10a Abs. 2 Wr. AWG, noch in § 10b Abs. 3 Wr. AWG einen Anhaltspunkt für eine Verpflichtung des Bauführers durch diese Bestimmungen erkennen. Allein aus dem Umstand, dass gemäß § 10a Abs. 6 bzw. § 10b Abs. 4 Wr. AWG das Abfallkonzept bzw. die Dokumentation zur Schadstofferkundung (offensichtlich durch den Bauherrn) dem Bauführer zur Kenntnis zu bringen (nicht aber etwa diesem zu übergeben) sind, lässt sich nicht ableiten, dass ab diesem Zeitpunkt die Pflicht zur Auflage dieser Unterlagen auf der Baustelle an den Bauführer übergehen.

Wenngleich den Beschwerdeführern zuzugestehen ist, dass eine Verpflichtung des Bauführers und nicht des Bauherrn praktikabler und lebensnäher wäre, weil der Bauherr üblicherweise nicht permanent auf der Baustelle anwesend ist, vermag ein solches Argument bei der Interpretation der gegenständlichen Bestimmungen nicht den Wortlaut und den systematischen Aufbau dieser Bestimmungen zu übertrumpfen. Der Bauherr wird durch die in diesen Bestimmungen aufgestellten Verpflichtungen auch nicht vor eine unlösbare Aufgabe gestellt, kann er doch etwa mittels eigener Kontrollen oder zivilrechtlicher Verpflichtung des von ihm beauftragten Bauführers sicherstellen, dass eine Auflage des Abfallkonzepts bzw. der Dokumentation zur Schadstofferkundung auf der Baustelle gewährleistet ist.

3.2.    Infolge des für das Verwaltungsgericht Wien unzweifelhaften Normgehalts des § 10a Abs. 2 und § 10b Abs. 3 Wr. AWG steht zudem fest, dass der Bauführer gemäß § 47 Abs. 1 Z 1 und 3 Wr. AWG für die fehlende Auflage von Unterlagen auf der Baustelle einzustehen hat. Insofern verfängt das Beschwerdevorbringen, wonach es sich bei § 47 Abs. 1 Z 1 und 3 Wr. AWG um eine nicht hinreichend bestimmte Blankettstrafnorm handle, nicht, weil sich schon aus den Gebotsnormen der Adressat der Verpflichtung unzweifelhaft feststellen lässt und sich § 47 Abs. 1 Z 1 und 3 Wr. AWG eindeutig auf die hinreichend bestimmten Gebotsnormen bezieht.

3.3.    Das Verwaltungsgericht Wien geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass den Beschwerdeführern als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche der P. GmbH, welche wiederum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der K. KG ist, die Übertretung des § 47 Abs. 1 Z 1 Wr. AWG wegen der Nichtauflage eines Abfallkonzepts bzw. einer Dokumentation zur Schadstofferkundung am 16. September 2015 in objektiver Hinsicht anzulasten ist.

Der in Punkt I.)2) der Straferkenntnisse im Weiteren ausformulierte Tatvorwurf, wonach das nachträglich übermittelte "Erkundungsprotokoll" aus näher aufgezählten Gründen nicht den gesetzlichen Anforderungen an eine "Dokumentation der Schadstofferkundung" entsprochen habe, ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Wien jedoch nicht von § 47 Abs. 1 Z 3 Wr. AWG – oder einer anderen Strafbestimmung des § 47 Abs. 1 Wr. AWG – erfasst, weil dort die nachträgliche Übermittlung einer unvollständigen oder fehlerhaften Dokumentation zur Schadstofferkundung an die Behörde nicht aufgezählt ist. Zudem ist aus dem Spruch der angefochtenen Straferkenntnisse nicht ersichtlich, dass den Beschwerdeführern neben den beiden angelasteten Delikten ein eigenständiges drittes Delikt angelastet werden sollte, zumal nur zwei Strafen ausgesprochen wurden. Dieser Teil des Tatvorwurfs ist daher mangels Tatbildmäßigkeit in Hinblick auf die fehlende Auflage der Dokumentation auf der Baustelle im Spruch der angefochtenen Straferkenntnisse zu streichen. Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob das nachträglich der belangten Behörde übermittelte Erkundungsprotokoll den gesetzlichen Anforderungen an eine Dokumentation zur Schadstofferkundung entsprach bzw. ob dieses von einer befugten Fachanstalt erstellt wurde.

4.       Zur subjektiven Tatseite bringen die Beschwerdeführer vor, ein Verschulden sei ihnen mangels eines Sorgfaltsverstoßes nicht vorzuwerfen, weshalb die Anforderungen des § 5 Abs. 1 VStG nicht erfüllt seien.

4.1.    Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Das Verwaltungsstrafgesetz gibt keine Definition der Schuldform Fahrlässigkeit. Zur Auslegung dieses Begriffs kann aber auf die Bestimmungen des StGB zurückgegriffen werden. Die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt kann dem Täter im Sinn des § 6 Abs. 1 StGB nur dann vorgeworfen werden, wenn es ihm unter dem besonderen Verhältnis des Einzelfalls auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der dafür geltende Maßstab ein objektivnormativer ist; Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in der Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH 16.3.2016, Ro 2014/04/0072, uva).

4.2.    In den Beschwerdefällen stellt sich die Situation nun so dar, dass die Bauherrin zwar ein Abfallkonzept und eine Dokumentation zur Schadstofferkundung erstellen ließ und dieses der Bauführerin zur Kenntnis brachte, ansonsten aber keine konkreten Schritte setzte, um die durchgehende Auflage dieser Unterlagen auf der Baustelle zu gewährleisten. Eine von den Beschwerdeführern in der mündlichen Verhandlung behauptete, an die Bauführerin erteilte Information dahingehend, dass die Unterlagen vor Ort aufliegen müssten, ist für sich nicht geeignet, eine wirksame Kontrolleinrichtung zur Auflage der Unterlagen auf der Baustelle glaubhaft zu machen. Aus Sicht des Verwaltungsgerichts Wien wäre es der Bauherrin möglich und zumutbar gewesen, die Auflage des Abfallkonzepts bzw. der Dokumentation zur Schadstofferkundung vor Ort zumindest stichprobenhaft zu überprüfen oder die Bauführerin vertraglich zu verpflichten, eine Auflage zu gewährleisten. Da in den Beschwerdefällen keinerlei substantiierte Anhaltspunkte für derlei Anstrengungen vorliegen, hat das Verwaltungsgericht Wien von einem den Beschwerdeführern zurechenbaren Sorgfaltsverstoß durch die Bauherrin auszugehen.

4.3.    Die Übertretung des § 49 Abs. 1 Z 1 iVm § 10a Abs. 2 Wr. AWG und § 49 Abs. 1 Z 3 iVm § 10b Abs. 3 Wr. AWG ist damit auch in subjektiver Hinsicht erwiesen.

5.       Zur Strafbemessung:

5.1.    Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Milderungs- und Erschwerungsgründe sind im Verwaltungsstrafgesetz nicht taxativ aufgezählt. Auch die Dauer eines strafbaren Verhaltens kann im Rahmen der Strafbemessung maßgebend sein (VwGH 12.12.1995, 94/09/0197). Bei der Strafbemessung kommt es gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG – unter anderem – auf die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht an. Die Strafbemessung setzt entsprechende Erhebungen dieser Umstände durch das Verwaltungsgericht voraus, wobei allerdings in der Regel mit den Angaben des Beschuldigen das Auslangen zu finden sein wird (vgl. zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 VwGH 22.12.2008, 2004/03/0029 mwN). Der Verfahrensgrundsatz, die Verwaltungsbehörde habe von Amts wegen vorzugehen, enthebt den Beschuldigten auch im Verwaltungsstrafrecht nicht der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen, wobei dem Beschuldigten die Verpflichtung insbesondere dort zukommt, wo ein Sachverhalt nur im Zusammenhang mit dem Beschuldigten geklärt werden kann, wenn also der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind. Unterlässt der Beschuldigte somit die entsprechenden Angaben über sein Einkommen, so hat die Behörde eine Schätzung des Einkommens vorzunehmen. Moniert der Beschuldigte diesen Schätzungsvorgang, so hat er insbesondere durch konkretisierte Ausführungen darzutun, warum die von der Strafbehörde getroffenen Feststellungen den für die Errechnung seines Einkommens maßgebenden Umständen nicht entsprechen, und darf sich nicht auf allgemein gehaltene Formulierungen beschränken (VwGH 22.4.1992, 92/03/0019).

5.2.    Im Beschwerdefall ist – wie schon von der belangten Behörde – mildernd zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführer keine einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aufweisen. Es sind durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse anzunehmen. Das Verschulden ist in den Beschwerdefällen als durchschnittlich anzusehen: zum einen haben die Beschwerdeführer versucht, ihrer Verpflichtung nachzukommen, indem sie ein Abfallkonzept bzw. eine Dokumentation zur Schadstofferkundung an die Bauführerin übergaben und diese Unterlagen auf der Baustelle auflegten, zum anderen haben sie keinerlei weitere Anstrengungen übernommen, die Auflage dieser Unterlagen während der Bauarbeiten zu gewährleisten.

Angesichts des Strafrahmens von bis zu € 35.000,— für die angelasteten Übertretungen ist vor diesem Hintergrund die Verhängung einer Geldstrafe von € 210,— für die Übertretung des § 10a Abs. 2 Wr. AWG jedenfalls nicht als überhöht anzusehen. Bezüglich der Übertretung des § 10b Abs. 3 Wr. AWG ist zu berücksichtigen, dass durch die vom Verwaltungsgericht Wien vorgenommenen Streichungen im Tatvorwurf insgesamt eine Einschränkung desselben erfolgte (vgl. VwGH 28.5.2013, 2012/17/0567, wonach eine solche Einschränkung bei der Strafbemessung grundsätzlich zu berücksichtigen ist). Die in diesem Punkt verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe ist demnach auf ein schuld- und tatangemessenes Maß von jeweils € 250,— bzw. 16 Stunden herabzusetzen.

6.       Hinsichtlich der mit dem vorliegenden Erkenntnis bestätigten Spruchpunkte "1.)" der angefochtenen Straferkenntnisse haben die Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafen als Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu leisten. Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haftet die mitbeteiligte Gesellschaft für diesen Kostenbeitrag zu ungeteilten Hand.

Soweit die Beschwerdeführer hinsichtlich der Strafhöhe zumindest teilweise obsiegten ist ihnen gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag aufzuerlegen.

7.       Die ordentliche Revision ist in den Beschwerdefällen hinsichtlich der Abweisung der Beschwerden dem Grunde nach zuzulassen, weil bislang – soweit für das Verwaltungsgericht Wien überblickbar – keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu der Frage vorliegt, wer gemäß § 10a Abs. 2 bzw. § 10b Abs. 3 Wr. AWG zur Auflage des Abfallkonzepts bzw. der Dokumentation zur Schadstofferkundung auf der Baustelle verpflichtet ist und sich diese Frage auch nicht unzweifelhaft aus dem Gesetzeswortlaut beantworten lässt. Im Übrigen stellen sich einzig Fragen der Strafbemessung bzw. der Auferlegung eines Kostenbeitrags für das verwaltungsgerichtliche Verfahren, ohne dass dabei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen wird.

Schlagworte

Baustelle; Schadstofferkundung; Abfallentsorgung; kein Abfallkonzept

Anmerkung

VwGH v. 27.2.2019, Ro 2018/05/0016 + 0017; Abweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.001.032.15061.2017

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten