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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ABPV §11;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde der N Gesellschaft mbH in G, vertreten durch L & P, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28. Jänner 2000, Zl. 64.861/5-III/B/13/00, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 28. Jänner 2000 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung, dass die Beschwerdeführerin keinerlei Verpflichtung mehr treffe, den durch das Grubenunglück vom 17. Juli 1998 in L. entstandenen Tagbruch abzusperren oder zu bewachen, als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Bundesminister aus, die Beschwerdeführerin sei Eigentümerin näher bezeichneter Bergwerksberechtigungen. Am 17. Juli 1998 habe sich in der Bergbauanlage ein Grubenunglück ereignet, bei dem sich obertägig eine große Pinge gebildet habe. Die Beschwerdeführerin habe die Pinge einschließlich der gefährdeten Bereiche abgesperrt. Durch den nördlichen Teil des abgesperrten Bereiches verlaufe eine Straße. Am 17. Februar 1999 habe der Bundesminister einen Bescheid erlassen, wonach zwei namentlich angeführte Personen den abgesperrten Bereich betreten und mit einem Pkw befahren dürfen, um ihr Wohnhaus zu erreichen. Daraufhin habe die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Feststellungsantrag gestellt. Die Frage, ob die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, den in Rede stehenden Tagbruch weiterhin abzusperren, sei eine Frage der Auslegung des § 11 der Allgemeinen Bergpolizeiverordnung (ABPV). Die Behörde könne aber (unter anderem) weder über die Anwendbarkeit von Gesetzen oder gesetzlichen Bestimmungen noch über deren Auslegung mit einem Feststellungsbescheid absprechen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem gesetzlich gewährleisteten Recht auf bescheidmäßige Feststellung, ob sie zur Überwachung der Einfriedung des Tagbruches verpflichtet sei, verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt sie vor, nach ihrer Ansicht drohe im Bereich des eingefriedeten Tagbruches eine Gefahr für Leben und Gesundheit von nicht befugten Personen, welche diesen Bereich betreten. Sie sehe sich daher sowohl nach § 11 ABPV als auch nach strafrechtlichen Gesichtspunkten als derzeit dafür verantwortlich an, dass unbefugte Personen den Bereich nicht betreten und dadurch zu Schaden kommen. Aus dem Bescheid vom 17. Februar 1999 gehe jedoch hervor, dass die belangte Behörde von einer derartigen Rechtspflicht nicht ausgehe. Verweigere die Beschwerdeführerin den in Rede stehenden Personen die Durchfahrt, verstoße sie gegen diesen Bescheid. Der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid aufgezeigte Weg eines Antrages der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der Bestimmung des § 11 ABPV sei keine Lösung für das Anliegen der Beschwerdeführerin, weil sie ja davon ausgehe, dass die Bedingungen zur Erlassung einer Ausnahmebewilligung nicht erfüllt seien. Es könne ihr nicht zugemutet werden, dass sie wider besseres Wissen ein Vorbringen erstatte, welches dann wieder zu einem nach ihrer Ansicht falschen Ergebnis des Verfahrens führen würde. Dies schon aus der Überlegung heraus, dass zur Klärung der Rechtslage niemand gezwungen werden dürfe, ein Recht auszuüben, welches auszuüben er jetzt und in Zukunft nicht beabsichtige. Darüber hinaus würde eine solche Vorgangsweise die Beschwerdeführerin strafrechtlich nicht exkulpieren. Brächte sie nämlich wider besseres Wissen vor, dass ein Betreten des eingefriedeten Tagbruches ungefährlich sei und veranlasste sie durch dieses Vorbringen die ebenfalls im selben Irrtum befangene Montanbehörde, einen entsprechenden Bescheid zu erlassen, müsste sie sich die durch diese Situation entstehende Allgemeingefährdung mit Sicherheit zurechnen lassen. Sie habe daher auch nicht etwa beantragt, dass sie von ihrer Verpflichtung zur Absperrung und Bewachung des eingefriedeten Tagbruches entbunden würde, weil die entsprechenden Voraussetzungen dazu vorlägen, sondern bei der belangten Behörde beantragt, die Rechtslage dahingehend festzustellen, ob sie trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 11 ABPV dennoch nicht verpflichtet ist, den Tagbruch einzufrieden und zu überwachen. Dies deshalb, weil der genannte Bescheid der belangten Behörde dieser Verpflichtung diametral entgegenstehe. Es handle sich bei der beantragten Entscheidung daher keineswegs um eine Frage der Auslegung des § 11 ABPV, sondern um die Feststellung der unsicheren Rechtslage hinsichtlich der Verpflichtung der Beschwerdeführerin, welche durch den von der belangten Behörde hergestellten inkonsistenten Bescheidbestand hergestellt worden sei. Das gegenständliche Problem könne bereits deshalb kein Auslegungsproblem sein, weil die Norm des § 11 ABPV in kaum zu überbietender Deutlichkeit gebiete, dass aufgetretene Tagbrüche einzufrieden seien. Freilich erlaube § 354 ABPV der belangten Behörde unter gewissen Voraussetzungen Rechtsverhältnisse in Abweichung von der Norm des § 11 ABPV zu gestalten, was in diesem Fall offensichtlich geschehen sei. Da die von der Beschwerdeführerin begehrte Feststellung sich sohin weder durch ein nicht mit anderen ungewollten, insbesondere auch strafrechtlichen Konsequenzen behaftetes Verfahren erreichen lasse, noch eine Frage der bloßen Auslegung einer Norm vorliege, sondern vielmehr das rechtliche Interesse der Beschwerdeführerin bestehe, über den Umfang ihrer Pflichten Klarheit zu erlangen, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, über die beantragte Feststellung inhaltlich zu entscheiden.
Gemäß § 9 Abs. 1 ABPV ist das Betreten der Bergbauanlagen und der eingefriedeten Tagbrüche Unbefugten verboten. Nach dem Abs. 2 dieser Norm ist dieses Verbot an den Eingängen zu den Werksplätzen und Betriebsgebäuden, an den Tagöffnungen der Grubengebäude, an den Halden und an den Einfriedungen unter Hinweis auf die Bergpolizeiverordnung durch Warntafeln ersichtlich zu machen.
Gemäß § 11 leg. cit. müssen Stellen, an denen Gefahr drohende Tagbrüche entstanden oder zu gewärtigen sind, und Halden, die brennen oder schädliche Gase entwickeln, mit mindestens 80 cm hohen Einfriedungen umgeben sein.
Nach § 354 Abs. 1 leg. cit. ist die Bewilligung von Ausnahmen von den Vorschriften dieser Bergpolizeiverordnung dem Bundesminister für Handel und Wiederaufbau (jetzt: für Wirtschaft und Arbeit) vorbehalten, soweit nicht hiezu nach den Vorschriften dieser Verordnung die Berghauptmannschaft ermächtigt ist.
Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für die den Beschwerdegegenstand bildende bescheidmäßige Feststellung kommt - worauf sich auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bezieht - nur die Erlassung eines auf allgemeinen Verfahrensgrundsätzen beruhenden Feststellungsbescheides in Betracht. Derartige Feststellungsbescheide können aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von Verwaltungsbehörden nur im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit und nur dann erlassen werden, wenn die Feststellung entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegt und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen. Weiters kann Gegenstand eines derartigen Feststellungsbescheides grundsätzlich nur die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses sein, nicht aber die Feststellung von Tatsachen, für die das Gesetz ausdrücklich eine solche Feststellung vorsehen müsste. Darüber hinaus kann die Behörde weder über die Anwendbarkeit von Gesetzen oder gesetzlichen Bestimmungen noch über ihre Auslegung spruchgemäß entscheiden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 90/04/0001, und die dort zitierte Literatur und hg. Judikatur).
Im vorliegenden Fall will die Beschwerdeführerin mit ihrer Feststellung die Frage geklärt wissen, welche Rechtspflichten ihr in Bezug auf die Absperrung des in Rede stehenden Tagbruches durch die Normen der §§ 9 und 11 ABPV einerseits und den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Februar 1999 andererseits auferlegt werden. Es geht daher ausschließlich um die Auslegung von Rechtsnormen im weiteren Sinn, zu denen auch individuelle behördliche Rechtsakte zählen. Die Beschwerdeführerin strebt daher mit ihrem Antrag nicht etwa die Feststellung eines unklaren Rechtes oder Rechtsverhältnisses, sondern die Erstattung eines Rechtsgutachtens über die durch die genannten Normen bestimmte Rechtslage an.
Wie aus der oben dargestellten Rechtslage hervorgeht, bietet das Gesetz aber für eine derartige Feststellung keine Rechtsgrundlage, sodass sich die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin durch die belangte Behörde als frei von Rechtsirrtum erweist.
Da sich somit schon aus dem Vorbringen in der Beschwerde ergibt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 26. April 2000
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000040065.X00Im RIS seit
25.01.2001