Entscheidungsdatum
18.01.2018Norm
SHG NÖ 2000 §37 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Mag. Schnabl über die Beschwerde des Herrn GB, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 04.12.2017, GZ. ZTJ3-H-14 151/003, betreffend Vorschreibung eines Kostenersatzes nach dem NÖ Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG), zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 04.12.2017, GZ. ZTJ3-H-14 151/003, wurde der Beschwerdeführer GB verpflichtet, die Kosten der Frau EB mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 12.05.2014, GZ. ZTJ3-H-14151/002, bewilligten Sozialhilfe für Hilfe bei stationärer Pflege im Zeitraum vom 01.04.2014 bis 25.02.2017 in der Höhe von € 62.649,01 dem Land Niederösterreich zu ersetzen. Dieser Betrag sei bis 30.12.2017 an die Bezirkshauptmannschaft Zwettl zu überweisen.
Begründend führte dazu die Bezirkshauptmannschaft Zwettl zusammenfassend aus, dass die am *** verstorbene EB in der Zeit vom 01.04.2014 bis 25.02.2017 Sozialhilfe durch Hilfe bei stationärer Pflege erhalten habe und die in diesem Zeitraum aufgelaufenen Sozialhilfekosten von insgesamt € 62.649,01 sich aus vom Land Niederösterreich übernommenen Pflege- und Betreuungskosten in der Höhe von € 130.556,71 abzüglich der geleisteten Ersätze aus Pension, Pflegegeld und verwertbarem Barvermögen in der Höhe von insgesamt € 67.907,70 ergeben habe.
Der Nachlass nach EB sei dem Beschwerdeführer rechtskräftig unter Zugrundelegung einer von ihm abgegebenen bedingten Erbantrittserklärung eingeantwortet worden und hafte somit der Beschwerdeführer bis zum Wert der ihm zugekommenen Verlassenschaft für den Ersatz dieser angesprochenen Sozialhilfekosten. Insbesondere unter Zugrundelegung des tatsächlichen Verkehrswertes der ihm zugekommenen Liegenschaft sei gemäß § 37 Abs. 1 Z 2 iVm § 38 Abs. 4 NÖ SHG dem Beschwerdeführer eben dieser Kostenersatz vorzuschreiben gewesen.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vom 21.02.2017 beantragte der Beschwerdeführer eindeutig erkennbar, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Begründend führte dazu der Beschwerdeführer zusammenfassend aus, dass bis zur Übernahme der Sachwalterschaft über seine Mutter durch Rössler eine Reduktion der Pflegekostenforderung gewährt worden sei. Bedenklich sei, dass nach dem Ende der Sachwalterschaft durch Dr. Schnelzer Ende 2013 bis zur Übernahme von Dr. Rössler 2016 dem Beschwerdeführer keinerlei Mitteilungen über Zahlungen oder Kontostände gemacht worden seien. Der Beschwerdeführer beantrage deshalb auch für diese Zeitspanne eine Kostenreduktion bzw. Gleichbehandlung.
Bezogen auf die angesprochene Liegenschaft habe der Beschwerdeführer diese 46 Jahre selbst bewohnt und mit Rechnungen belegbar ausgebaut und erhalten und stelle der Verkaufserlös von € 210.000,--, in dem auch eine Ablösesumme für verbliebene Einrichtung und Geräte enthalten sei, eine wichtige Grundlage für seine neue Existenz dar.
Nicht zuletzt hätte der Beschwerdeführer auch gern eine Aufklärung über die Handhabung der vom ehemaligen Landeshauptmann von Niederösterreich angesprochenen Ankündigung, dass das Erbe in Niederösterreich unangetastet bleibe und es unter anderem diesbezüglich keine Regressforderungen gebe.
3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Mit Schreiben vom 28.12.2017 legte die Bezirkshauptmannschaft Zwettl dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den Verwaltungsakt zur GZ. ZTJ3-H-14151/003 mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde vor, dies mit den Mitteilungen, dass von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung kein Gebrauch gemacht und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in eben diesen von der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vorgelegten Akt zur GZ. ZTJ3-H-14 151/003.
4. Feststellungen:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 12.05.2014 wurde Frau EB, geb. am ***, Sozialhilfe für Hilfe bei stationärer Pflege gewährt. EB befand sich tatsächlich vom 01.04.2014 bis zu ihrem Tod am 25.02.2017 in stationärer Pflege im NÖ Landespflegeheim *** und wurden die dafür in diesem Zeitraum insgesamt aufgelaufenen Pflege- und Betreuungskosten in der Höhe von € 130.556,71 abzüglich der von EB geleisteten Ersätze aus Pension, Pflegegeld und verwertbarem Sparvermögen in der Höhe von insgesamt € 67.907,70, somit der Betrag von
€ 62.649,01, vom Land Niederösterreich übernommen.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 11.07.2017, Zl. ***, wurde dem Beschwerdeführer als Sohn der verstorbenen EB deren Nachlass aufgrund einer von ihm abgegebenen bedingten Erbantrittserklärung eingeantwortet. Die Aktiva des Nachlasses überstiegen die Passiva jedenfalls um eben den Betrag von € 62.649,01.
5. Beweiswürdigung:
Im Wesentlich ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt, so insbesondere der Zeitraum und das Faktum der stationären Pflege der EB, die Höhe der dafür im Ergebnis vom Land Niederösterreich getragenen Kosten und die Eigenschaft des Beschwerdeführers als Erbe nach der am *** verstorbenen EB, als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Zwettl zur GZ. ZTJ3-H-14 151/003.
Aus dem im Akt der Behörde erliegenden, im Verlassenschaftsverfahren nach EB erliegenden Protokoll des Gerichtskommissärs JK vom 08.06.2017 ergibt sich zwar, dass damals ausgehend vom dreifachen Einheitswert der bezughabenden Liegenschaft (€ 46.655,97) eine Überschuldung des Nachlasses der Verlassenschaftsabhandlung zugrunde gelegt wurde. Vom Beschwerdeführer bezogen auf den festgestellten Sachverhalt bestritten wurde demzufolge auch lediglich der von der Bezirkshauptmannschaft Zwettl angesetzte Wert der von ihm nach seiner Mutter EB geerbten Liegenschaft in der Höhe von € 210.000,--. Eine exakte Ermittlung dieses Verkaufswertes konnte aber aus rechtlichen Gründen unterbleiben, wobei sich jedoch schon allein unter des ebenso im Akt erliegenden unbedenklichen Bewertungsgutachtens dieser Liegenschaft vom 11.07.2017 und unter Zugrundelegung des auch unstrittigen Kaufpreises dieser Liegenschaft ergibt, dass im Ergebnis der Reinnachlass nach EB jedenfalls über € 62.649,01 liegen musste.
6. Rechtslage:
Folgende gesetzlichen Bestimmungen sind im gegenständlichen Beschwerdeverfahren von Relevanz:
§ 37 Abs. 1 NÖ Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG):
„(1) Für die Kosten von Sozialhilfemaßnahmen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, haben Ersatz zu leisten:
1. der Hilfeempfänger,
2. die Erben des Hilfeempfängers,
3. die unterhaltspflichtigen Angehörigen des Hilfeempfängers,
4. Personen, denen gegenüber der Hilfeempfänger Rechtsansprüche zur Deckung jenes Bedarfes besitzt, der die Leistung der Sozialhilfe erforderlich gemacht hat, und
5. Personen, denen der Hilfeempfänger Vermögen geschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung übertragen hat.“
§ 38 Abs. 1 und 4 NÖ SHG:
„(1) Der Hilfeempfänger ist zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn
1. er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen gelangt;
2. nachträglich bekannt wird, dass er zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen oder Vermögen hatte;
3. im Fall des § 15 Abs. 3 und 4 die Verwertung von Vermögen nachträglich möglich und zumutbar wird;
(…)
(4) Die Verbindlichkeit zum Ersatz der Kosten von Leistungen nach Abs. 1 geht gleich einer anderen Schuld auf den Nachlass des Empfängers der Hilfe über. Die Erben des Hilfeempfängers haften jedoch für den Ersatz der Kosten der Sozialhilfe nur bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses. Sie können gegen Ersatzforderungen nicht einwenden, dass von dem Sozialhilfeempfänger gemäß Abs. 3 der Ersatz nicht verlangt hätte werden dürfen.“
§ 707a Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG):
„(2) (Verfassungsbestimmung) § 330a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 125/2017 tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, laufende Verfahren sind einzustellen. Insoweit Landesgesetze dem entgegenstehen, treten die betreffenden Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt außer Kraft. Nähere Bestimmungen über den Übergang zur neuen Rechtslage können bundesgesetzlich getroffen werden. Die Durchführungsverordnungen zu einem auf Grund dieser Bestimmung ergehenden Bundesgesetz sind vom Bund zu erlassen.“
„(Verfassungsbestimmung) Ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten ist unzulässig.“
7. Erwägungen:
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes und der zitierten gesetzlichen Bestimmungen in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich nun zwar zunächst, dass dem Land Niederösterreich Kosten für Sozialhilfemaßnahmen im Hinblick auf Hilfe bei stationärer Pflege der EB, der Mutter des Beschwerdeführers, angelaufen sind und der Beschwerdeführer Erbe der mittlerweile verstorbenen Hilfeempfängerin ist bzw. war. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich des Weiteren, dass die Hilfeempfängerin insbesondere in Form der angesprochenen Liegenschaft in *** Vermögen hatte, deren Verwertung nachträglich möglich war und auch erfolgte und wurde von der Bezirkshauptmannschaft Zwettl auch die sich daraus ergebene Forderung, bestehend aus der Differenz der tatsächlich angelaufenen Kosten abzüglich der zu Lebzeiten von Frau EB geleisteten Kostenbeiträge, im Verlassenschaftsverfahren nach EB angemeldet. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich nicht zuletzt auch, dass trotz der vom Beschwerdeführer abgegebenen bedingten Erbantrittserklärung dieser für diese Forderung gemäß § 38 Abs. 4 NÖ SHG haften würde, zumal der Reinnachlass in dieser Forderung Deckung findet.
Allerdings ist des Weiteren zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Landesverwaltungsgericht seine Entscheidung an der zu seinem Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten hat, demnach das Landesverwaltungsgericht der Prüfung des gegenständlichen Falles die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat (z. B. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076; VwGH 29.01.2015, Ro 2014/07/0105).
Aufgrund des festgestellten Sachverhalts steht nun eben auch fest, dass EB in dem im angefochtenen Bescheid angesprochenen Zeitraum in einer stationären Pflegeeinrichtung im Sinne des § 330a ASVG aufgenommen war und dass es sich beim gegenständlichen Kostenersatzverfahren nach dem NÖ SHG um ein laufendes Verfahren im Sinne des § 707a Abs. 2 ASVG handelt. Eben diese zuletzt genannte Bestimmung des § 707a Abs. 2 ASVG ist mit 01.01.2018 in Kraft getreten und demnach vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nunmehr auch anzuwenden.
Aufgrund eben dieser genannten Bestimmungen des ASVG ist seit dem 01.01.2018 ein Zugriff auf das Vermögen der Hilfeempfängerin und auf das von der Hilfeempfängerin an den Beschwerdeführer vererbte Vermögen zum verfahrensgegenständlichen Kostenersatz für die bewilligte Hilfe bei stationärer Pflege unzulässig und sind die den beiden zitierten ASVG-Bestimmungen widersprechenden landesrechtlichen Bestimmungen darüber hinaus seit dem 01.01.2018 auch außer Kraft getreten. In diesem Rahmen sind deshalb die Bestimmungen der §§ 37 Abs. 1, 38 Abs. 1 und 4 NÖ SHG auch nun nicht mehr anzuwenden.
Da im gegenständlichen Fall für die verfahrensgegenständliche Vorschreibung des Kostenersatzes seit dem 01.01.2018 somit die Rechtsgrundlage weggefallen ist, war der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben. Die Verwaltungsbehörde darf im Sinne des § 707a Abs. 2 2. Satz ASVG derartige Ersatzansprüche wie die verfahrensgegenständlichen nicht mehr geltend machen und hat das gegenständliche laufende Verfahren vielmehr einzustellen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden, ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen eingehen zu müssen.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte zudem von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da schon aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.
8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Darüber hinaus liegt hinsichtlich der zu lösenden Rechtsfrage ein eindeutiger Gesetzeswortlaut und somit eine eindeutige Rechtslage vor (vgl. VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095).
Schlagworte
Sozialrecht; Sozialhilfe; Kostenersatz; Pflegeregress;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1581.001.2017Zuletzt aktualisiert am
22.03.2018