TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/8 L518 2152797-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.03.2018
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Entscheidungsdatum

08.03.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

L518 2152795-2/2E

L518 2152797-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch Migrantinnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost vom 15.02.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A.)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch Migrantinnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost vom 15.02.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A.)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß ihrer Reihenfolge im Spruch auch "bP" oder "BF"), sind Staatsangehörige der Republik Armenien und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am 28.09.2014 erstmalig Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die männliche bP 1 und weibliche bP 2 sind miteinander verheiratet. Der Sohn der bP stellte mit seiner Ehegattin und den Kindern bereits am 29.08.2014 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

I.2. Zu den Anträgen auf internationalen Schutz wurden die Beschwerdeführer am 30.09.2014 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt sowie am 13.10.2015, vor dem Bundesasylamt, nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Dabei brachten sie im Wesentlichen vor, dass ihr Sohn in eine handgreifliche Auseinandersetzung unter anderem mit dem Sohn des XXXX geraten sei. Ihr Sohn sei dabei schwer verletzt worden und dessen Leben sei in Gefahr gewesen, weshalb er Armenien verlassen habe. Auch die Beschwerdeführer seien von diesen Personen bedroht und verprügelt worden, weshalb auch sie ausgereist seien.

I.3. Mit Bescheiden der belangten Behörde vom 05.09.2016, Zlen.:

1032070800-140014435 und 1032070604-140014457, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde den Beschwerdeführern nicht erteilt und gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Armenien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs 1-3 FPG wurde für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft festgelegt (Spruchpunkt IV.).

I.4. Gegen diese ersten Bescheide erhoben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 20.09.2016 binnen offener Frist Beschwerden.

In der Beschwerde wurde festgehalten, dass die bP selbst keine eigenen Wahrnehmungen zu den Problemen des Sohnes hätten. Sie seien jedoch aufgrund der Probleme des Sohnes geflohen und liege ein Familienverfahren vor. Vor allem hätten die im Bescheid aufgezeigten Widersprüche den bP entsprechend vorgehalten werden müssen. Der Sohn leide überdies an Nierenversagen mit weiteren Erkrankungen und benötige eine Dialyse sowie familiäre Unterstützung.

I.5. Am 09.11.2016 führte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Sache der Beschwerdeführer eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser hatten die Beschwerdeführer die Gelegenheit, neuerlich ihre Ausreisemotivation umfassend darzulegen und wurden sie ausführlich zum Privat- und Familienleben bzw. zur Integration in Österreich befragt.

I.6. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.11.2016, Zlen.: L518 2135647-1/7E, L518 2135646-1/6E wurden die Beschwerden gemäß §§ 3 Abs 1, 8 Abs 1, 10 Abs 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG und §§ 52 Abs 2 Z 2, 52 Abs 9 iVm 46 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Diese Erkenntnisse wurden dem Beschwerdeführervertreter am 22.11.2016 zugestellt und erwuchsen in Rechtskraft.

I.6.1. Festgestellt wurde durch das BVwG (bP 1 und bP 2 sind die Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren, bP 3 ist der gemeinsame Sohn und sind die bP 4-6 dessen Familienangehörige) unter Anderem:

"Bei den beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Armenier, welcher aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen. Die bP sind Drittstaatsangehörige.

Die beschwerdeführenden Parteien bP 1, 2, 4, sind arbeitsfähige Menschen. Die bP haben familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat und verfügen dort über eine -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherte Existenzgrundlage.

Die Pflege und Obsorge der minderjährigen bP 5 - bP 6 ist durch bP3 und bP4 gesichert.

Die bP 1, 4, 5 und 6 sind gesund.

Die bP 2 wurde in Österreich wegen eines Myoms operiert. Inzwischen ist sie diesbezüglich beschwerdefrei. Sie leidet weiters an benigner Hypertonie, erhöhtem Cholesterin, vergrößerter Schilddrüse, Bronchitis und Diabetes Mellitus Typ II. Sie ist wegen Diabetes und Bluthochdruck in Behandlung (Insulin).

Die bP 3 leidet an Schrumpfnieren sowie Begleiterkrankungen des Nierenversagens (Anämie, Durchblutungsstörungen, tertiärer Hyperparathyreoidismus-Knochenstoffwechselstörung). Sie wurde bereits in Armenien behandelt und erhielt sie ab Juni 2014 dort eine Dialysebehandlung. Sie muss in Österreich 3x wöchentlich zur Dialyse. Zusätzlich leidet sie an einem Herzklappenfehler. Sie wurde in Österreich wegen ihrer Nebenschilddrüsenerkrankung operiert, am 29.11.2016 soll eine weitere Operation an der Nebenschilddrüse erfolgen, um die Knochenstoffwechselstörung zu behandeln. Es wurde der bP 3 mitgeteilt, dass noch weitere Operationen (an den Knochen, Herzklappen) geplant sind. Die bP 4 pflegt und versorgt die bP 3. Die bP 1 und bP 2 besuchen die bP 3-6 regelmäßig.

Zahlreiche Familienangehörige leben nach wie vor im Herkunftsstaat der bP. Die bP haben regelmäßigen Kontakt (Telefonisch, Internet) zu den Familienangehörigen.

Ein Bruder mit seiner Familie und die Mutter der bP 1 leben in Armenien. Die Gattin des Bruders arbeitet bei einer Netzbetreiberfirma, die Mutter bezieht eine Pension. Die Kinder vom Bruder studieren und lebt die Familie mit der Großmutter in einer eigenen Wohnung.

Die Eltern und drei Schwestern der bP 2 leben in Armenien. Sie haben gearbeitet und erhalten jetzt staatliche Pensionen. Die Schwestern leben in eigenen Wohnungen, die Eltern bei der Frau des verstorbenen Bruders.

Die Eltern und mehrere Onkel und Tanten der bP 4 leben ebenfalls in Armenien. Die Familienangehörigen betreiben kleine Geschäfte, der Vater war im Handel tätig.

Die bP besitzen ein Haus in Armenien, in welchem die bP vor der Ausreise lebten. Dort leben aktuell Verwandte der bP, welche noch über eine aktuell leerstehende Wohnung verfügen, in welcher sie davor lebten.

Die bP 2 hat die Schule und ein College abgeschlossen und ist ausgebildete Kindergärtnerin und Köchin. Vor der Ausreise hat die bP 2 als Köchin im Bistro der Familie gearbeitet sowie zusätzlich für eine Bäckerei Bachwaren hergestellt. Die bP 1 und 3 haben im familieneigenen Bistro gearbeitet, welches im Oktober 2015 an einen Nachbarn verkauft wurde. Die bP 4 war Hausfrau und betreute die Kinder. Die bP 4 hat im Anschluss an die Schule die Universität besucht und ein Jus-Studium abgeschlossen.

Die bP haben über die im gegenständlichen Erkenntnis genannten Mitglieder der Kernfamilie hinausgehend keine relevanten familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich.

Die bP verfügen in Österreich über keine eigenen, den Lebensunterhalt deckenden Mittel. Sie leben von der Grundversorgung und sind die volljährigen bP in Österreich noch keiner sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgegangen.

Die bP nehmen an einem Pfarrcafe teil und besuchen eine katholische Kirche. Die bP 1 und 2 helfen freiwillig in der Unterkunft mit.

Die bP 5 besucht die Schule, die bP 6 den Kindergarten.

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

Die bP 4 hat einen Deutschkurs besucht. Es liegen bei den bP 1, 2, 3 und 4 geringfügige Deutschkenntnisse vor.

Die Identität der bP steht nicht fest.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass den bP in ihrem Heimatland Armenien eine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr nach Armenien der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wären.

Weiters konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Armenien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die bP als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Abschiebung der bP nach Armenien zulässig und möglich ist.

Die Vorgetragenen Fluchtgründe betreffend Problemen der bP 3 mit Privatpersonen in Armenien konnten nicht als glaubhaft angenommen werden. Die Erkrankungen der bP 2 und 3 an sich sind im Hinblick auf die Länderberichte betreffend Behandlungsmöglichkeiten nicht iSd Art. 3 EMRK relevant.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien wurden ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben getroffen und wurden insbesondere die in der Verhandlung in das Verfahren miteinbezogenen Feststellungen zur medizinischen Versorgung in Armenien der Entscheidung zugrunde gelegt.

I.6.2. Beweiswürdigend wurde festgehalten:

Der belangten Behörde ist vollinhaltlich zu folgen, wenn sie festhält, dass das Vorbringen der bP zu den Fluchtgründen aufgrund der gravierenden Widersprüchlichkeiten nicht glaubwürdig war und wird der oben widergegebene Beweiswürdigung in allen Punkten gefolgt.

Das Vorbringen der Familienmitglieder (bP 1-4) war zwar allesamt auf die Fluchtgründe der bP 3 und dessen angebliche Probleme bezogen. Jedoch verwickelten sich die einzelnen Familienmitglieder in zahlreiche Widersprüchlichkeiten und machten schon zu den Eckpunkten des Vorbringens unterschiedliche Angaben. Einziger Punkt, welchen allen Vorbringen gemein war, ist dass die bP 3 im Zusammenhang mit einer Schlägerei Probleme bekommen hätte.

Völlig richtig hielt die belangte Behörde fest, dass sich die bP 3 auch selbst bei ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde in Widersprüche verwickelte und zusätzlich im Rahmen der Erstbefragung noch eine ganz andere Fluchtgeschichte schilderte. Die belangte Behörde stellte diese zwei Vorbringen zusammengefasst gegenüber und hielt die sich daraus ergebenden Widersprüche entsprechend fest (Augenzeuge des Streites - Bei Streit dazwischen gegangen, Anzahl der Tage im Krankenhaus, Probleme mit der Polizei oder nicht, grundsätzliche Widersprüche bei der Chronologie der behaupteten Geschehnisse).

Vor allem hielt die belangte Behörde auch richtig fest, dass die bP 3 in der Einvernahme vor der belangten Behörde trotz mehrfacher Nachfragen lediglich davon sprach, von einem Levon, welcher einflussreich sei, da er Geld hätte, verfolgt zu werden. Nicht einmal brachte die bP 3 von sich aus nunmehr wie in der Erstbefragung behauptet ins Spiel, dass ein Sohn des Premierministers in den angeblich fluchtauslösenden Streit verwickelt gewesen wäre. Über Vorhalt dieses Widerspruches konnte die bP 3 diesen mit der Angabe, Levon wäre ein Freund des Sohnes des Premierministers gewesen, nicht nachvollziehbar aufklären.

Beispielsweise wurden von der belangten Behörde auch die Widersprüche zwischen den Angaben der bP 3 und ihren Familienangehörigen angeführt. So gab die bP 4 an, dass sie Anfang August 2014 bedroht worden wäre, während die bP 3 von einer Drohung im April 2014 sprach.

Die bP 4 hat überdies in der Erstbefragung noch angegeben, dass sie bedroht worden wäre, während sie die Tochter in den Kindergarten bringen hätte wollen, während sie vor der belangten Behörde angegeben hat, dass sie auf dem Nachhause-Weg gewesen sei. Darüber hinaus behauptete die bP 4 - entgegen den Angaben der bP 3 - dass die bP 3 bedroht worden sei für den Fall, dass sie Anzeige erstattet, während die bP 3 behauptete, dazu genötigt worden zu sein, Anzeige zu erstatten. Auch die Vorbringen der bP 3 und bP 4 lassen sich - wie von der belangten Behörde ausführlich angegeben - zeitlich nicht in Einklang bringen, selbst die Anzahl der Tage, in welchem sich die bP 3 im Krankenhaus aufgehalten hätte, wurde nicht konsistent geschildert.

Zu den Widersprüchen zwischen der bP 3 und ihren Eltern wurden von der belangten Behörde die Umstände angeführt, dass der Vater in der Erstbefragung mit keinem Wort erwähnte, dass die bP 3 Problem mit der Polizei gehabt hätte. Der Vater führte auch an, dass der Streit wegen "Vordrängelns" entstanden sei und nicht wie von der bP 3 behauptet wegen dem Umstand, dass ein Freund des Vaters ein Bistro hätte eröffnen wollen. Auch dass wie vom Vater behauptet bei diesem Vorfall drei Menschen umgekommen wären, erwähnte die bP 3 selbst nicht. Der Vater wiederum behauptete, dass die bP 3 einen Monat im Krankenhaus gewesen sei und nicht wie letztlich von der bP 3 behauptet 7 oder 3-4 Tage. Hinsichtlich der weiteren Widersprüche wird auf die oben widergegebene Beweiswürdigung verwiesen. Betreffend die Mutter ist festzuhalten, dass auch ihr Vorbringen die Fluchtgeschichte der bP 3 nicht stützen konnte.

Zu Recht hat die belangte Behörde damit letztlich festgehalten, dass es zu derart gravierenden Widersprüchen zwischen den Familienangehörigen (bP 3, Gattin und Eltern) sowie zwischen und in den Einvernahmen der bP 3 selbst kam, sodass das gesamte Vorbringen weder schlüssig, nachvollziehbar oder glaubhaft war.

Richtig führte die belangte Behörde weiters aus, dass auf Grund der allgemeinen Lebenserfahren davon ausgegangen werden kann, dass ein Antragsteller grundsätzlich in der Lage ist, umfassende und inhaltlich übereinstimmende Angaben zu den konkreten Umständen und dem Grund der Ausreise aus dem Herkunftsstaat zu machen, zumal eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung ihren Herkunftsstaat verlassen hat, gerade in ihrer ersten Einvernahme auf konkrete Befragung zu ihrer Flucht die ihr gebotene Möglichkeit wohl kaum ungenützt lassen wird, die Umstände und Gründe ihrer Flucht in umfassender und in sich konsistenter Weise darzulegen, um den beantragten Schutz vor Verfolgung auch möglichst rasch erhalten zu können. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine mit Vernunft begabte Person, die behauptet, aus Furcht vor Verfolgung aus ihrem Herkunftsland geflüchtet zu sein, über wesentliche Ereignisse im Zusammenhang mit ihrer Flucht, die sich im Bewusstsein dieser Person einprägen, selbst nach einem längeren Zeitraum noch ausreichend konkrete, widerspruchsfreie und nachvollziehbare Angaben machen kann. Dies war weder bei der bP 3 noch bei ihren Familienangehörigen der Fall.

Zusammenfassend wurde von der belangten Behörde noch abschließend zutreffend festgehalten, dass es im Asylverfahren nicht ausreichend ist, dass der Asylwerber Behauptungen aufstellt, sondern er muss diese glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein, die Handlungsabläufe den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechen und auch der Asylwerber persönlich glaubwürdig sein. Die Angaben zu den Fluchtgründen entsprechen diesen Anforderungen nicht (vgl. die oben angeführte Einvernahme der bP 3). Sie sind in hohem Maße widersprüchlich, nicht plausibel nachvollziehbar und als nicht glaubhaft zu bezeichnen. Die Behörde gelangt demnach zu Recht zu dem Schluss, dass dem behaupteten Sachverhalt bezüglich einer aktuellen Bedrohungssituation in Armenien kein Glauben geschenkt wird.

Im konkreten Fall vermochten die bP jedoch diesen Voraussetzungen für die Qualifizierung eines Erlebnisberichtes nicht entsprechen. Vor dem Hintergrund dieser Prämissen ist die von Ihnen vor der Asylbehörde präsentierte "Fluchtgeschichte" tatsächlich als zu "blass", wenig detailreich und zu oberflächlich und daher in Folge als keinesfalls glaubhaft zu qualifizieren.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt schließlich zur Ansicht, dass die bP Armenien verlassen haben, da sie sich eine bessere medizinische Behandlung für die bP 3 erwarteten und war das Vorbringen betreffend der angeblichen Verfolgung als unglaubwürdig zu beurteilen. Erwähnenswert scheint an dieser Stelle, dass die bP auch anfangs noch behaupteten, die Erkrankung der bP 3 stünde im Zusammenhang mit dem Problem bzw. den Streitigkeiten. Erst vor der belangten Behörde gestand die bP 3 dann ein, dass wohl doch kein Zusammenhang bestünde.

II.2.5.3. Soweit nun in der Beschwerde betreffend die bP 1 und 2 ausgeführt wird, dass diese keine eigenen Wahrnehmungen zu den Fluchtgründen der bP 3 hätten ist festzuhalten, dass dies auch auf die bP 4 zutrifft. Es kann jedoch bei einer Familie, welche in einem gemeinsamen Haushalt lebt und im Familienbetrieb ein Bistro führt, angenommen werden, dass sie über die Gründe, welche angeblich die gesamte Familie zum Verlassen der Heimat zwingen, ausführlich spricht, diese diskutiert und Möglichkeiten erörtert. Zusätzlich wurde bereits von der belangten Behörde richtig festgehalten, dass gerade im Zusammenhang mit der Dauer des Krankenhausaufenthalts sowie auch beim chronologischen Ablauf davon auszugehen wäre, dass dies von allen Familienmitgliedern konsistent geschildert werden kann.

Zur Behauptung, die belangte Behörde hätte das Recht auf Parteigengehör verletzt, weil sie den bP die Widersprüche in Parteienvorbringen nicht vorhielt, ist festzustellen, dass die Angaben der Partei (und somit auch die darin ersichtlichen Widersprüche) nicht dem Parteiengehör unterliegen (vgl. ho. Erk. vom 13.8.2012, E10 414399-1/2010/12E mwN).

Am Rande sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Verfahren der bP zwar zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 39 AVG verbunden wurden, es sich bei den bP 1 und 2 sowie bP 3-6 jedoch um zwei Familien handelt, welche rechtlich unabhängig voneinander zu betrachten sind (vgl. Familienbegriff § 2 Abs 1 Z 22). Zusätzlich liegen auch keine besonderen Beziehungen, welche über die normalen sozialen Kontakte zwischen Eltern, ihren Kindern und Enkelkindern hinausgehen würden, vor. Die bP leben ca. 20 km voneinander entfernt, es liegt sei der Ankunft in Österreich kein gemeinsamer Haushalt mehr vor und wurde gerade kein Pflege- oder Abhängigkeitsverhältnis behauptet, sondern lediglich ausgeführt, dass die bP 1 und 2 die bP 3-6 zwei bis viermal wöchentlich besuchen. Es besteht damit kein besonderes Naheverhältnis iSd Judikatur zu Art. 8 EMRK sodass letztlich auch keine gemeinsame Abschiebung notwendig ist.

Zum Vorhalt in der mündlichen Verhandlung betreffend Behandlungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Herzerkrankungen führt die bP 3 lediglich aus: "Es gibt Herzspezialisten. Die Operation hängt mit hohen Kosten zusammen. Mein Leben ist in Armenien in Gefahr, ich hätte schon Probleme bei der Ankunft am Flughafen. Ich habe auch hohen Blutdruck."

Auch die bP 2 gab an, dass sie die Kosten ihrer eigenen Behandlung (Diabetes - Insulin) nicht bezahlen könnte, eine Behandlung aber möglich sei.

II.2.5.5. Hinsichtlich der Ausführungen zu den Behandlungsmöglichkeiten und Kosten für die Behandlung der bP ist festzuhalten:

Die Behandlung der bP 2 wegen Bluthochdruck und Diabetes bzw. Insulingabe ist in Armenien möglich und kostenfrei. Diesbezüglich wurde von den bP auch nichts substantiiertes Gegenteiliges vorgebracht bzw. wurden diese Umstände nicht als Rückkehrbefürchtungen konkret geltend gemacht.

Alle bP gaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung an, dass die bP 3 in Armenien zwar behandelt werden konnte, eine Behandlung bei Rückkehr auch möglich sei und die bP 3 auch schon dort eine Dialyse erhielt, die Familie aber die Kosten der Behandlung für die bP 3 nicht tragen könnte. Die bP 3 gab an: "Pro Dialyse musste ich 80 US Dollar bezahlen, aber nicht für die Dialyse, diese ist gratis. Ich habe die 80 US Dollar für das Eisen-Medikament bezahlt. Außerdem sind Fahrkosten entstanden."

Zwar mag es tatsächlich so sein, dass wie in der Beschwerde bzw. Stellungnahme ausgeführt, grundsätzlich nur die primäre Versorgung in Armenien gratis ist und im Rahmen der sekundären und tertiären Versorgung Zuzahlungen notwendig werden können, so wie die bP 3 offensichtlich auch für die zusätzlichen speziellen Medikamente eine Zuzahlung leisten musste. Dennoch sind jedenfalls laut Anfragebeantwortungen und Länderfeststellungen alle Erkrankungen der bP 3 (Nierenversagen mit Folgeerkrankungen und Herzerkrankung) in Armenien behandelbar und ist die medizinische Grundversorgung, dh die primäre Versorgung gratis. Zur anstehenden Reoperation an der Nebenschilddrüse ist festzuhalten, dass dieser Eingriff als nicht schwer und jedenfalls von der medizinischen Grundversorgung abgedeckt angesehen werden kann. Dass die bP 3 akut und lebensnotwendig diese Reoperation benötigen würde (vgl. Schreiben vom 15.11.2016 - "wäre geplant"), geht aus den vorgelegten Unterlagen nicht hervor und kann sie diese und die weiteren in Aussicht gestellten Operationen im Zusammenhang mit ihren Erkrankungen auch in Armenien erhalten. Zum im Schreiben vom 15.11.2016 weiters festgehaltenen Unvertretbarkeit einer Außerlandesbringung auf dem Landweg ist festzuhalten, dass Abschiebungen nach Armenien grundsätzlich auf dem Luftweg erfolgen. Weiters wird eine zum gegebenen Zeitpunkt im Rahmen der konkreten Durchführung der Abschiebung durzuführende Untersuchung ergeben, ob die bP 3 dann zu diesem Zeitpunkt abschiebefähig oder flugtauglich ist.

Hinsichtlich der Medikamente ist festzuhalten, dass in Armenien die Erkrankungen der bP 3 eben behandelbar sind und grundsätzlich alle Medikamente bzw. Generika mit gleichwertigen Wirkstoffen verfügbar sind ( vgl. hierzu die Liste der in Armenien verfügbaren Medikamente, List of Essential Medicines of Republic of Armenia - http://www.pharm.am/files/juristdocs/20131118_114728_en_Himnakandexeri_ cank_17-N_ENG.pdf).

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die bP in der Beschwerde und in den Stellungnahmen zwar ausgeführt haben, dass sie keinerlei Kontakte mehr in Armenien hätten und auch kein Vermögen mehr besitzen würden. Demgegenüber brachten die bP jedoch übereinstimmend in der mündlichen Verhandlung vor, dass sie über Telefon und Internet mit den zahlreichen, in den Feststellungen angeführten Verwandten Kontakt haben. Die bP wollten offensichtlich zugunsten eines positiven Verfahrensausganges für sie diese Kontakte vorerst verschleiern. Darüber hinaus leben diese Verwandten in gesicherten Lebensumständen und könnten bei Bedarf aufgrund der engen verwandtschaftlichen Bindungen in Armenien die bP, insbesondere die bP 3 auch finanziell unterstützen. Auch dass die bP über keine gesicherte Wohnsituation in Armenien bei Rückkehr verfügen würden, kann aufgrund der Angaben in der Verhandlung entgegen den Ausführungen in der Beschwerde nicht angenommen werden. Das Haus, in dem die bP vor ihrer Ausreise lebten, gehört noch immer ihnen und lebt darin eine Verwandte, welche selbst noch über eine leerstehende Wohnung verfügt. Damit kann angenommen werden, dass die bP jedenfalls im Falle der Rückkehr wieder in ihrem Haus in Jerewan leben können, wo sich auch die diversen Spezialkliniken zur Behandlung der bP 3 in unmittelbarer Nähe befinden.

Darüber hinaus verfügen die bP nicht nur über das Haus in Armenien, sondern wurde - wie übereinstimmend angegeben wurde - das Bistro in Armenien letztes Jahr verkauft. Dass die bP dieses Geld für den Schlepper bzw. um Schulden zu zahlen verwenden mussten, wie von den bP behauptet, kann einerseits aufgrund des Gesamtverhaltens der bP, Vorbringen zu erstatten, welche opportun erscheinen, nicht angenommen werden. Andererseits haben die die bP 3 und 4 ihre Schleppung gemäß ihren Angaben vor der belangten Behörde aufgrund der Einnahmen aus zwei vermieteten Wohnungen und die bP 1 und 2 ihre Schleppung aus Ersparnissen bezahlt. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die bP neben dem Haus in Armenien jedenfalls auch noch finanzielle Mittel besitzen.

Festzuhalten ist überdies, dass die Kosten der Therapie und der nötigen Medikamente vom Staat auch völlig gedeckt werden können, wenn der Patient eine sozialschwache Person ist (beispielsweise von der staatlichen Sozialhilfe profitiert) oder eine Behindertenrate hat.

Obwohl die Behandlung von Patienten ab einer gewissen Behinderungsrate kostenlos ist, kann es zwar sein, dass der Patient für Medikamente und Behandlung bezahlen muss, wenn er/sie nicht registriert ist um eine Behindertenpension zu erhalten und nicht in das staatliche Programm für kostenlose Behandlung inkludiert ist. Die bP 1 hatte aber offenbar eine Registrierung, da sie gemäß eigenen Angaben selbst die Dialysebehandlung kostenlos erhielt. Dass die bP 1 im Falle der Rückkehr nunmehr nicht auf diese Umstände zurückgreifen könnte, wurde weder vorgebracht, noch erschließt sich dies aus den zahlreichen Feststellungen. In den Länderfeststellungen wurde auch festgehalten, dass in letzter Zeit in der Presse Artikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung erschienen und daher immer mehr Patienten erfolgreich auf diesem Recht bestehen.

Gemäß der Order 1155-A des Gesundheitsministers, erhalten Patienten, die an chronischem Nierenversagen leiden (einschließlich Nierentransplantation oder Dialyse), kostenfrei Medikamente in Spitälern oder Polikliniken. Nur die spezielle Behandlung in Spitälern ist nicht kostenfrei (vgl. Länderfeststellungen, Quellen, Anfragebeantwortungen sowie die Entscheidung des BVwG vom 25.08.2014. Zl. L518 1410613-3/18E).

Selbst wenn die Kosten für die spezielle - über die Dialyse hinausgehende - Behandlung der bP 3 von den bP selbst getragen werden müssten und diese Behandlungskosten im Verhältnis zum Mindesteinkommen in Armenien hoch wären, so ist dennoch einerseits festzuhalten, dass die bP jedenfalls bereits in Armenien kostenlos medizinisch grundversorgt wurde. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die bP im Falle der Rückkehr mittellos wären und ist es den bP 1, 2 und 4 zumutbar, entsprechend Arbeit zu finden, um Kostenbeiträge zur Behandlung zu bezahlen. Die bP 3 ist auch selbst in Österreich nicht auf der Transplantationsliste gelistet, weshalb von einer weiteren, ausreichenden Dialysebehandlung ausgegangen werden kann und der Umstand, dass die bP 3 eventuell keinen Spender für eine Nierentransplantation finden kann, schon aus diesem Grund keine Relevanz entfalten.

Die bP haben letztlich auch selbst eben übereinstimmend angegeben, dass alle Erkrankungen der bP 2 sowie der bP 3 in Armenien behandelbar sind. Hingewiesen wird auf die weiteren rechtlichen Ausführungen zu Erkrankungen und deren Relevanz im Sinne von Art. 3 EMRK, insbesondere auf die Judikatur betreffend Behandlungsmöglichkeiten und Unwesentlichkeit etwaiger, auch erheblicher Kosten.

I.6.3. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wurde insbesondere festgehalten, dass das Vorbringen der bP zwar an sich schon nicht glaubwürdig gewesen ist, jedenfalls aber auch eine Schutzfähigkeit bzw. Schutzwilligkeit des armenischen Staates besteht, weshalb dem Vorbringen auch bei Wahrunterstellung keinerlei Relevanz zukommen konnte.

I.7. Am 07.12.2016 stellten die Beschwerdeführer erneut Anträge auf internationalen Schutz. Im Zuge der noch am selben Tag durchgeführten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die bisher vorgebrachten Ausreisegründe nach wie vor aufrecht seien und sie dies aus Telefonaten mit der Mutter bzw. Schwiegermutter erfahren hätten. Die BF 2 brachte zu dem vor, dass sie zuckerkrank sei und in Armenien kein Insulin erhalten würde bzw. sich dieses nicht leisten könne. Sie würden auch verfolgt werden, weil sie Parteimitglieder der HAK (Armenische Volkspartei) seien.

I.8. Am 26.01.2017 wurden die Beschwerdeführer niederschriftlich vor dem BFA einvernommen. Dabei führten sie aus, dass sich ihre Situation in Armenien nicht geändert habe und sie nach wie vor von den Männern von damals verfolgt werden würden. Dies hätten sie aus Telefonaten mit einem früheren Nachbarn und von Verwandten erfahren. Aus purer Verzweiflung hätten sie erneut einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Hinzu komme, dass der Sohn der Beschwerdeführer schwer erkrankt sei und sein Leben nicht alleine bestreiten könne. Er sei abhängig von der Hilfe der Beschwerdeführer. Zudem habe die BF 2 mehrere Erkrankungen, deren Behandlung sie sich in Armenien nicht leisten könne und befürchte sie als frühere Aktivistin gegen die aktuelle Regierung ebenfalls Verfolgung.

Mit Schriftsatz vom 01.03.2017 erstatteten die Beschwerdeführer zu der vom BFA mit Schreiben vom 22.02.2017 übermittelten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation eine Stellungnahme. Darin wurde darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführer ihre Fluchtgründe glaubhaft dargelegt hätten. Ihr Leben sei aufgrund der weiter vorherrschenden Sippenhaftung in Armenien gefährdet. Durch den Antrag auf internationalen Schutz hätten die Beschwerdeführer den armenischen Staat in Misskredit gebracht und müssten bei einer Rückkehr mit einer Inhaftierung rechnen. Sollte ein Strafverfahren gegen die Beschwerdeführer eingeleitet werden, würde dieses den Grundsätzen des "fair trial" iSd Art. 6 EMRK nicht gerecht werden. Eine von Privatpersonen initiierte Verfolgung könnten die armenischen Behörden nicht hintanstellen. Hinsichtlich der Integration der Beschwerdeführer wurde noch angemerkt, dass sie der deutschen Sprache ausreichend mächtig seien und würde eine negative Entscheidung in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer eingreifen, zumal der gemeinsame Sohn in Österreich aufhältig sei und dieser einer dringenden medizinischen Behandlung bedürfe. Der Aufenthalt der Beschwerdeführer sei finanziell gesichert, sie seien gerichtlich unbescholten und stelle ein Weiterverbleib in Österreich keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar.

I.9. Mit Bescheiden des BFA vom 06.03.2017, Zlen.:

1032070800/161648343 und 1032070604/161648335 wurden die Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I). Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurden nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II).

I.10. Die Bescheide des BFA vom 06.03.2017 wurden den Beschwerdeführern sowie deren Vertreter am 08.03.2017 ordnungsgemäß zugestellt, wogegen am 20.03.2017 fristgerecht Beschwerden erhoben wurden.

Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Beschwerdeführer deutlich zu Protokoll gegeben hätten, aufgrund der Probleme ihres Sohnes in Armenien weiterhin Verfolgungshandlungen ausgesetzt zu sein. Deren Leben sei aufs Gröbste gefährdet. Nicht nur die Nachbarn sondern auch der Bruder des BF 1 sowie dessen Mutter hätte die Beschwerdeführer darüber informiert. Eine Rückkehr nach Armenien sei daher nicht möglich. Zum Aufenthaltsstatus des Sohnes der Beschwerdeführer wurde angemerkt, dass dieser den Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte eingebracht habe und dieses Verfahren noch anhängig sei. Der Sohn der Beschwerdeführer leide an einer lebensbedrohlichen Erkrankung und erhalte in Armenien nicht die notwendige regelmäßige Behandlung, weshalb zweifelsohne ein neuer Asylgrund vorliege. Das BFA hätte sich aber auch mit der aktuell maßgeblichen Menschenrechtssituation in Armenien auseinandersetzen müssen, wonach Korruption in Armenien weit verbreitet sei und allfällige Übergriffe von Privatpersonen von Seiten der staatlichen Behörden nicht hintangestellt werden könnten. Die Angaben der Beschwerdeführer im ersten Asylverfahren seien vom BFA nur unzureichend berücksichtigt worden. Weshalb die Angaben der Beschwerdeführer im Übrigen als unglaubwürdig dargestellt wurden, sei nicht nachvollziehbar. Es sei dem BFA daher eine antizipierende Beweiswürdigung anzulasten. Zudem würden die erlassene Rückkehrentscheidung sowie die Feststellung, dass eine Abschiebung nach Armenien zulässig sei, in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer iSd Art. 8 EMRK eingreifen. Im gegenständlichen Fall fehle eine Interessenabwägung bzw. Berücksichtigung der bestehenden Interessen der Beschwerdeführer. Das Unterlassen geeigneter Feststellungen könne als schwerer Fehler auf eine Stufe mit Gesetzlosigkeit gestellt werden.

I.11. Mit Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.07.2017 wurden die Beschwerden gegen die Bescheide im zweiten Asylverfahren hinsichtlich Spruchpunkt II mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt." und hinsichtlich Spruchpunkt I. vollinhaltlich abgewiesen.

I.12. Die bP stellten am 22.12.2017 gegenständlichen, dritten Antrag auf internationalen Schutz.

Erstbefragt führten die bP aus, dass die alten Fluchtgründe nach wie vor aufrecht wären. Nach der rechtskräftig negativen Entscheidung hätten die bP gemeinsam Österreich verlassen. Da sie nicht nach Armenien gekonnt hätten, wären sie nach Russland gegangen. Da sich aber ihr gemeinsamer Sohn in Österreich als Asylwerber aufhalte, seien sie wieder nach Österreich gereist und hätten den weiteren Asylantrag gestellt. Die bP1 habe vor ca. 1 Monat von seinem Bruder erfahren, dass die Verfolger bei ihm zu Hause gewesen wären. Nachdem sie aber nicht zu Hause gewesen wären, habe man den Bruder und Nachbarn nach dem BF 1 befragt.

I.13. Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde wiederholten die bP im Wesentlichen das Vorbringen vor der Polizei. Weiters führten sie aus, dass sie gemeinsam in einer Unterkunft leben würden, der Sohn lebe weit weg von ihnen mit seiner Familie. Sie müssten aber bei ihrem kranken Sohn sein und der Schwiegertochter helfen. Sie könnten nicht ohne ihren Sohn und dessen Familie leben. Im Lager hätten Beide Reinigungsarbeiten und Gartenarbeiten ehrenamtlich verrichtet. Zusätzlich gab die bP 1 an, dass sie wahrscheinlich wegen der Schilddrüse operieren gehen müsste, sie sei jedoch noch nicht beim Arzt gewesen. Zusätzlich zum Vorbringen in der Erstbefragung gab die bP 2 an, dass es sowohl im Dezember 2017 als auch am 09.01.2018 Übergriffe auf ihr Haus in Armenien gegeben habe. Sie legte Fotos von zerschlagenen Fenstern vor und benannte Zeugen (Nachbarn, Autobusfahrer) hierfür. Nachgefragt gab sie an, dass bereits vorher mehrfach die Scheiben eingeschlagen worden wären, welche jeweils vom Schwager ersetzt worden wären.

Vorgelegt wurde auch eine Kopie einer Meldebestätigung über den Aufenthalt der bP von August bis November 2017 in Moskau.

I.14. Mit im Spruch ersichtlichen Bescheiden wurden die Anträge der bP gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 idgF (AVG) zurückgewiesen (Spruchpunkt I).

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 FPG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den bereits genannten Herkunftsstaat zulässig ist.

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich weder in der Sach- noch in der Rechtslage eine wesentliche Änderung im Vergleich zu jenem Bescheid bzw. Erkenntnis ergab, in denen letztmalig inhaltlich über die Anträge entschieden wurde.

Die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltsrechts liegen nicht vor und insbesondere stellte eine Rückkehrentscheidung keinen unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben der bP dar.

Es konnten auch keine schweren psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten insbesondere iSd Judikatur des EGMR zu Art. 3 EMRK relevante, lebensbedrohende Erkrankungen festgestellt werden.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Armenien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen ist. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf den BF ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Armenien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

I.15. Gegen den gegenständlichen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurde lediglich ausgeführt, dass die bP Kontakt mit den Angehörigen in Armenien hätten, welche mitgeteilt hätten, dass die bP nach wie vor von der Mafia gesucht werden. Ansonsten wurde wiederum auf Erkrankungen der bP sowie ihres Sohnes Bezug genommen. Der Sachverhalt sei nicht derselbe, sondern von vertiefter Intensität.

Vorgelegt wurden medizinische Unterlagen zum Sohn der bP sowie dessen Behindertenpass und ein Untersuchungsbericht betreffend bP 1 vom 09.02.2018

Die Beschwerdevorlage langte am 05.03.2018 beim BVwG in der Außenstelle Linz ein.

I.16. Hinsichtlich des Verfahrensherganges bzw. dem Beschwerdevorbringen im Detail wird auf den Akteninhalt bzw. die entsprechenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses verwiesen.

I.17. Das Vorbringen in der Beschwerdeschrift stellt die letzte Äußerung der bP im Verfahren zum gegenständlichen Antrag bzw. zu ihren Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet dar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus den in Punkt I dargelegten Ausführungen.

Die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts in seiner oben zitierten Entscheidung vom 17.11.2016 werden um folgende Feststellungen ergänzt:

Der Sohn der bP, XXXX , geb. am XXXX ist mit seiner Familie in Österreich aufhältig. Während deren erste Asylverfahren negativ mit Entscheidungen des BVwG endeten, sind deren zweite Asylverfahren (Antragstellung 11.09.2017) noch beim BFA anhängig.

Die bP leben seit September 2014 - mit einer Unterbrechung von 4 Monaten, während der sie in Russland aufhältig waren - in Österreich. Die bP leben gemeinsam in einer Flüchtlingsunterkunft und nicht mit dem Sohn zusammen.

Die bP 1 brachte wie bereits im zweiten Asylverfahren Probleme mit der Schilddrüse vor, aktuell befindet er sich jedoch in keiner Behandlung und wurde bei einer Untersuchung am 09.02.2018 die Diagnose struma nodosa gestellt. Bei der bP 2 liegen die bereits in den vorangegangenen Verfahren festgestellten Erkrankungen vor. Die bP leiden aktuell an keiner iSd Art. 3 EMRK relevanten Erkrankung.

Die Identität der bP steht fest.

In Bezug auf die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat schließt sich das ho. Gericht den Ausführungen der belangten Behörde (bB) an.

2. Beweiswürdigung

Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Aufgrund der vorliegenden, unbedenklichen und von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten Aktenlage ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

Die seitens der belangten Behörde zur Beurteilung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogenen Quellen stellen sich als schlüssig und aktuell dar. Auch traten die BF diesen nicht substantiiert und konkret entgegen.

Dass die bP wie in den Feststellungen der belangten Behörde festgehalten, im gegenständlichen Verfahren keinen glaubhaften Sachverhalt vorgebracht haben, welcher nach Abschluss des Erstverfahrens mit 17.11.2016 entstanden ist, ergibt sich aus dem Vergleich des Sachvortrages der bP im gegenständlichen Verfahren im Vergleich mit dem bereits rechtskräftig beurteilten Sachverhalt.

Das BFA hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich einerseits den diesbezüglichen Ausführungen des BFA im gegenständlich angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und tritt andererseits dem Verfahrensergebnis vollinhaltlich bei. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich die Ausführungen des BFA nach Ansicht des Gerichts als tragfähig darstellen und insofern keiner besonderen Ergänzung bedürfen.

Auch vom BVwG konnte weder ein glaubhafter, neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden, noch eine besondere Integrationsverfestigung der bP.

3. Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

II.3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

II.3.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das ho. primär in der Sache selbst entscheiden. Hierzu zählt auch die Beurteilung der Frage, ob die bB zu Recht von entschiedener Sache ausging.

II.3.4. Entschiedene Sache

Die BF stellten einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Antrag auf internationalen Schutz ist das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 2 Z. 13 AsylG). Im gegenständlichen Fall ist daher neben dem asylrelevanten Sachverhalt gem. Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK (Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Gesinnung) als auch im Hinblick auf dir subsidiären Schutzgründe gem. Art. 15 RL 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen ("wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde") zu prüfen, ob entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vorliegt.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235).

Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266). Selbiges gilt, wenn sich das neue Parteibegehren mit dem früheren deckt (etwa das Begehren der Gewährung von internationalem Schutz), die Partei dieses Begehren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage jedoch anders begründet (vgl. ho. Erk. v. 6.10.2011, Zl. E10 417.640-2/2011/3E, E10 417.639-2/2011/3E, Zl. E10 417.641-2/2011/3E).

Ob der nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag zugetragen haben soll, im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht ist im Folgeverfahren bei der Prüfung der Rechtskraft ohne belange. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst (vgl. auch Erk. d. VwGH vom 17.9.2008, 2008/23/0684, ho. Erk. vom 17.4.2009, GZ. E10 316.192-2/2009-8E).

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Die Rechtsmittelbehörde darf aber über den Antrag nicht selbst meritorisch entscheiden (VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist somit nur die Frage, ob die bB zu Recht den neuerlichen Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrecht erhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).

Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321); in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH 16.7.2003, 2000/01/0237, mwN).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (Hinweis EB E 26.4.1995, 92/07/0197, VwSlg 14248 A/1995); die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sac

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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