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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
LiebhabereiV 1993 §1 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des R M in W, vertreten durch Dr. Erich Nikolaus Vogler, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Viktor-Keldorfer-Straße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 7. Juni 1996, 6/26/3-BK/Mi-1996, betreffend ua Umsatzsteuer für das Jahr 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von 12.860 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erzielt neben Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit seit dem Jahr 1990 aus der Tätigkeit als Privatgeschäftsvermittler der A-GmbH (idF: A-Vertreter) negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wobei er in den Jahren 1990 bis 1993 bei Umsätzen von insgesamt 32.649 S Verluste von insgesamt 451.338 S erzielte.
Hinsichtlich der Tätigkeit der Beschwerdeführers wird auf die eine idente Tätigkeit beschreibenden Ausführungen im hg Erkenntnis vom 21. Juni 1994, 93/14/0217, verwiesen.
Der Beschwerdeführer erzielte in den Jahren 1990 bis 1993 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit von insgesamt rund 1,3 Mio S.
Nach einem umfangreichen Ermittlungsverfahren gelangte die belangte Behörde zur Ansicht, auf die vom Beschwerdeführer ausgeübte Tätigkeit als A-Vertreter seien wegen der erzielten Verluste die Bestimmungen der LVO 1993, BGBl Nr 33/1993 (idF: VO), anzuwenden. Nach Zitierung des § 1 Abs 1 und des § 2 Abs 2 VO führte die belangte Behörde auf Seite 7 ff des angefochtenen Bescheides Folgendes aus:
"Gemäß § 2 Abs 2 Z 2 VO ist bei einer Betätigung Liebhaberei anzunehmen, wenn aus einer Tätigkeit Verluste entstehen, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückführen ist.
Gemäß § 2 Abs 4 VO liegt bei Betätigungen gemäß § 1 Abs 2 VO Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem überschaubaren Zeitraum einen Gesamtgewinn erwarten lässt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei von Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht iSd vorstehenden Satzes geändert wird.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Tätigkeit eines Privatgeschäftsvermittlers aus erwerbswirtschaftlichen Gründen aufgenommen wird.
Betrachtet man jedoch im konkreten Fall die, insbesonders in den Einnahmen und Ausgaben sich manifestierende, Art der Tätigkeit, so ist von einer an wirtschaftlichen Grundsätzen ausgerichtete Tätigkeit nichts zu sehen. Bei den vermittelten Waren handelt es sich überwiegend um Waren geringen Wertes (zB Kosmetika, Körperpflegemittel etc). Im Hinblick darauf, dass die Einholung von Vermittlungsaufträgen überwiegend in Einzelgesprächen und Einzelberatungen erfolgt, stehen jedem einzelnen Vermittlungsauftrag, der nur relativ geringe Einnahmen erwarten lässt, hoher Zeitaufwand, hohe Ausgaben für Vorführprodukte und hohe Ausgaben für Fahrtkosten gegenüber. Zusätzlich hat der Berufungswerber hohe Ausgaben für sonstige Fixkosten (zB Büromaterial).
Betrachtet man ein einzelnes (durchschnittliches) Vermittlungsgeschäft, so ergibt sich im Regelfall ein Verlust, da üblicherweise schon die konkreten, dem einzelnen Geschäft zuzurechnenden Aufwendungen den durchschnittlichen Provisionsertrag übersteigen.
Darüber hinaus fallen noch zusätzliche Aufwendungen an (zB Aufbauhilfe, Inserate, Werbung, Aufwendungen für nicht erfolgreiche Geschäftsanbahnungen), die ebenfalls durch erzielte Provisionseinnahmen abgedeckt werden müssen, damit die Tätigkeit insgesamt zum wirtschaftlichen Erfolg führt.
Eine in dieser Art und Weise angelegte Tätigkeit wird nach Ansicht des Senates nicht aus erwerbswirtschaftlichen Gründen, sondern einer in der Lebensführung begründeten Neigung ausgeübt. Die Tätigkeit ist daher als solche iSd § 2 Abs 2 VO zu beurteilen, was zur Folge hat, dass Liebhaberei anzunehmen ist.
Gemäß § 2 Abs 4 VO kann diese Annahme widerlegt werden, wenn die Art der Tätigkeit in einem überschaubaren Zeitraum einen Gesamtgewinn erwarten lässt.
Die oben dargestellte Art eines einzelnen Geschäftsfalles lässt typischerweise bei jedem Geschäftsfall einen Verlust erwarten, sodass auch über einen längeren Zeitraum nur ein Gesamtverlust zu erwarten ist. Als überschaubarer Zeitraum ist nach Ansicht des Senates ein Zeitraum von maximal drei Jahren anzusehen, da bei einer nebenberuflichen Tätigkeit bei Einkünften in durchschnittlicher Höhe aus der nichtselbstständigen Tätigkeit eine wirtschaftlich denkende Person sich schon nach sehr kurzer Zeit zusätzliche Einkünfte erwartet. Das 'Inkaufnehmen' von so hohen Verlusten, wie sie der Berufungswerber erklärt, ist bei einem durchschnittlichen Einkommen aus wirtschaftlicher Sicht unverständlich.
Zusätzlich ist bei der Beurteilung der Tätigkeit auch noch der Umstand zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber die Möglichkeit hat, durch Anwerbung 'sponsern' von 'Subvermittlern' seine Einnahmen zu steigern, da er auch auf das Vermittlungsvolumen der 'Subvermittler' Provisionserträge erhält. Diesem Vorteil steht jedoch auch der Nachteil gegenüber, dass mangels Gebietsschutz der geworbene 'Subvermittler' zum Konkurrenten wird.
.... .
Nach Ansicht des Senates ist daher davon auszugehen, dass bei der vom Berufungswerber gewählten Art der Tätigkeit es keinen Hinweis darauf gibt, dass auch nur in einem Jahr ein Gewinn erzielt werden würde, geschweige denn ein Gesamtgewinn aus dieser Tätigkeit zu erzielen sein wird.
Die Tätigkeit ist daher als Liebhaberei im steuerlichen Sinn zu beurteilen und die Berufung abzuweisen."
Gegen den von der belangten Behörde im Instanzenzug erlassenen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf richtige Handhabung des § 2 und des § 21 Abs 7 UStG 1972 verletzt, wobei er behauptet, die belangte Behörde habe zu Unrecht die von ihm erklärten Umsätze und Vorsteuerbeträge nicht festgesetzt. Nach Zitierung des § 6, des § 1 Abs 2 und des § 2 Abs 4 VO weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass nach § 6 leg cit Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nur bei Betätigungen iSd § 1 Abs 2 leg cit, nicht hingegen bei anderen Betätigungen anzunehmen sei. Unter Betätigungen iSd § 1 Abs 2 Z 1 VO fielen insbesondere die in der Freizeit betriebene Tierzucht, Landwirtschaft und Imkerei, der Betrieb einer Sport-, Sauna- und Schwimmhalle kleineren Umfangs, ein Rennstall, Sammlertätigkeiten, der Handel mit oder der Verleih sowie die unentgeltliche Ausstellung von Antiquitäten und Kunstwerken, der Handel mit Weinen, die Jagd, die Vermietung von Luftfahrzeugen, Yachten oder Privatflugzeugen, die Bewirtschaftung eines Schlosses sowie die Vermietung von Wohnungen zur Nutzung im Rahmen der Lebensführung. Unter § 1 Abs 2 Z 2 VO fielen Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen seien, zB als Reiseschriftsteller oder als Sportamateur. Keine der eben angeführten Betätigungen oder Tätigkeiten würden von ihm ausgeübt. Selbst die belangte Behörde habe dies nicht behauptet. Die belangte Behörde gehe in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht einmal auf § 6 VO ein, sondern begründe ausschließlich die Nichtveranlagung zur Einkommensteuer für das Streitjahr. Da er eine Tätigkeit nach § 1 Abs 1 VO ausübe, liege Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nicht vor.
Mit diesen Ausführungen ist der Beschwerdeführer im Recht.
Der belangten Behörde sind im angefochtenen Bescheid auf Seite 7, 4. Absatz und auf Seite 8, 2. Absatz, insofern Fehler unterlaufen, als sie § 2 VO anstatt § 1 leg cit angeführt hat. Aus den weiteren Ausführungen ergibt sich jedoch zweifelsfrei, dass die belangte Behörde § 1 VO anführen wollte. Diesbezüglich handelt es sich um offenbare, somit berichtigungsfähige Schreibfehler, die für sich allein nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führen.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde sei davon ausgegangen, er habe keine Betätigung oder Tätigkeit iSd § 1 Abs 2 VO, sondern eine Tätigkeit nach § 1 Abs 1 leg cit ausgeübt, ist aktenwidrig. Vielmehr hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zunächst ausgeführt, grundsätzlich sei davon auszugehen, dass die Tätigkeit eines Privatgeschäftsvermittlers aus erwerbswirtschaftlichen Gründen aufgenommen werde. Unter Würdigung des unbestrittenen Sachverhaltes gelangte die belangte Behörde jedoch zur Ansicht, die vom Beschwerdeführer ausgeübte Tätigkeit werde nicht aus erwerbswirtschaftlichen Gründen, sondern aus einer in der Lebensführung begründeten Neigung ausgeübt, weswegen die Tätigkeit als solche iSd § 2 (richtig wohl: § 1) Abs 2 VO zu beurteilen sei.
Damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. § 1 Abs 2 Z 2 VO stellt darauf ab, dass die Tätigkeit typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen ist. Was grundsätzlich erwerbswirtschaftlich ist, kann keine Tätigkeit sein, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen ist. Auf eine Betrachtung des konkreten Falles kommt es bei Anwendung des § 1 Abs 2 Z 2 VO nicht an.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig, weswegen er gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 26. April 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1996140095.X00Im RIS seit
20.11.2000