TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/9 L508 2167644-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.03.2018
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Entscheidungsdatum

09.03.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L508 2167644-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan und der Volksgruppe der Rajputen sowie der sunnitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 08.03.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz (AS 13).

2. Im Rahmen der Erstbefragung am 08.03.2016 (AS 11 - 21) gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass er nach dem Tod seines Vaters von seinem Onkel im Zuge von Grundstücksstreitigkeiten ständig bedroht worden sei. Bei einer Rückkehr nach Pakistan habe er Angst um sein Leben.

3. Konsultationen gemäß der Dublin III-VO mit Ungarn blieben ergebnislos (AS 49 - 59, 79).

4. Im Rahmen einer Einvernahme im Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA) am 17.01.2017 (AS 107 - 118) gab der BF zunächst zu Protokoll, dass er lange Zeit Mitglied bei der Gruppierung Jamaat ud-Dawa Pakistan gewesen sei. Seine Identitätsdokumente befänden sich bei dieser Gruppierung. Man habe ihm die Dokumente weggenommen, um seine Ausreise nach Saudi Arabien im Jahr 2014 zu verhindern. Ab der fünften Klasse sei er in eine Schule der Jamaat ud-Dawa Pakistan gegangen. Er sei bis 2014 Mitglied der Gruppe gewesen. Während seines Schulbesuches habe er nicht viel über die Gruppe gewusst. Danach hätte er die Trainingscamps der Gruppe gesehen. Man habe von ihm verlangt, nach Kaschmir zu gehen, um im Dschihad zu kämpfen.

Zu seinen Ausreisegründen befragt legte der BF nochmals dar, dass er in eine Schule der Jamaat ud-Dawa Pakistan gegangen sei und anschließend noch drei Jahre eine Religionsschule dieser Gruppe besucht hätte. Sein Onkel väterlicherseits sei auch Mitglied dieser Gruppe. Er hätte der Gruppe vorgeschlagen, dass er ihnen Geld aus der Landwirtschaft gebe, um bleiben zu können, aber nach einiger Zeit habe die Gruppe darauf bestanden, dass er mitfahre. Er hätte dann ein Trainingscamp besucht. Nach der Rückkehr sei er wieder unter Druck gesetzt worden, nach Kaschmir zu fahren. Aufgrund seiner Weigerung habe ihn die Gruppe nach Muridke gebracht, wo die Gruppe über ein eigenes kleines Gefängnis und einen eigenen Richter verfüge. Nach 15 Tagen habe er - nach Intervention durch seinen Onkel - nach Hause gehen dürfen. Aufgrund seiner Anzeige seien Personen dieser Gruppe zur Polizei vorgeladen worden. Die Polizei habe ihn aufgefordert, einen Kompromiss mit diesen Personen zu finden. Im Gegenzug habe die Gruppe eine falsche Anzeige wegen Körperverletzung gegen ihn erstattet, woraufhin er von der Polizei festgenommen worden sei. Die Gruppe habe ihn dann mehrmals nachts aus dem Wachzimmer geholt und aufgefordert, nach Kaschmir zu fahren, was er stets abgelehnt habe. Bei einer Versammlung mit seinem Onkel und Mitgliedern der Gruppe sei dann ein Kompromiss geschlossen worden. Demnach solle er der Gruppe Spenden geben. Diese Vereinbarung hätte er auch schriftlich. Er sei von der Polizei freigekommen und auch das Gerichtsverfahren gegen ihn sei eingestellt worden. Nach einiger Zeit habe man jedoch wieder von ihm verlangt, nach Kaschmir zu fahren. Er sei erneut zur Polizei gegangen. Die Polizei habe auch die Männer der Gruppe vorgeladen und hätten die Polizisten begonnen, ihn vor den Männern zu ohrfeigen. Er sei dann zu Gericht gegangen. Dort hätten ihn die Männer ebenfalls vor allen geschlagen. Er habe dann vom Polizeivorstand eine dreitägige Frist erhalten, um mit der Gruppe eine Lösung zu finden. Der Polizeivorstand habe ihm dargelegt, wenn er so weiter machen würde, würde es ihm schlecht ergehen. Daraufhin sei er nach Lahore gezogen. Personen der Gruppe hätten seinem Arbeitgeber in Lahore gedroht. Deshalb sei er gekündigt worden. Er habe dann geplant, nach Saudi Arabien zu fliehen. Die Gruppe habe von Freunden davon erfahren und sich deshalb seinen Reisepass und seinen Personalausweis genommen. Nach seiner Ausreise habe die Gruppe seiner Familie einen Brief geschickt, in dem er wegen seiner Nichtteilnahme am Dschihad als Ungläubiger bezeichnet werde. Seine Brüder seien jetzt auch gegen ihn, weil sie von der Gruppe belästigt worden seien.

Nachgefragt zu Details gab der BF unter anderem zu Protokoll, dass die Gruppe nach dem Tod seines Vaters im Jahr 2012 von ihm verlangt habe, nach Kaschmir zu fahren. Das Trainingscamp sei in Mansehra gegenüber dem XXXX gewesen. Er habe sich etwa 15 Tage dort befunden. Von diesem Platz seien sie nachts abgeholt und ins Trainingscamp gebracht worden. Sie hätten Lektionen über den Dschihad erhalten und das Schießen gelernt. In seiner Gruppe seien 136 Burschen gewesen. Er habe mit einer AK 47 sowie G3 und G2 geschossen. Zudem habe er gelernt mit Granaten und einem Raketenwerfer umzugehen. Er sei Ende 2013 von der Gruppe nach Muridke gebracht worden. Dort habe man ihn in ein kleines Zimmer gesperrt. Dort habe es auch einen Richter gegeben und sei ihm erklärt worden, dass es sehr gut wäre, wenn man in Kaschmir kämpfe. Er habe sich zwar zur Unterstützung der Gruppe bereit erklärt, eine Fahrt nach Kaschmir aber abgelehnt. Der Richter sei es gewesen, der versucht habe, ihn zu überreden. Die Anzeige bei der Polizei habe er im Oktober oder November 2013 erstattet. Es seien fünf Männer zur Polizei gekommen. Er sei am 18.06.2014 wegen der Streitigkeiten mit diesen Personen festgenommen worden. Nach elf bis zwölf Tagen sei seine Freilassung erfolgt. Ende 2014 hätte er begonnen nach Lahore zu fahren. Er sei aber immer wieder in sein Heimatdorf zurückgekehrt. 2015 sei er manchmal zwei ganze Monate in Lahore geblieben. Die Gruppe habe überall ihre Stützpunkte und Büros. Durch seinen Arbeitgeber hätten sie erfahren, woher er kommen würde und wer er sei. Dies sei im März oder April 2015 gewesen. Nach Saudi Arabien habe er Ende 2014 gewollt.

Bei einer Rückkehr habe er Angst vor den Männern der Gruppe. Diese hätten seiner Familie mitgeteilt, dass er jetzt ein Ungläubiger wäre. Man habe seine Brüder nach seiner Ausreise im Juni oder Juli 2016 belästigt. Beim letzten Mal habe es eine Schlägerei gegeben. Seine Brüder seien ein paar Mal belästigt worden.

Des Weiteren wurden dem BF nach Abschluss der Einvernahme die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen ausgehändigt. Dem BF wurde sodann zur Wahrung des Parteiengehörs eine einwöchige Frist zur Stellungnahme eingeräumt (AS 119).

5. In der Folge brachte der BF am 14.02.2017 mehrere pakistanische Schriftstücke in Kopie in Vorlage, die allerdings aufgrund des unleserlichen und verschwommenen Schriftbildes keiner Übersetzung zugeführt werden konnten (AS 124, 125, 127 - 129, 133 und 139).

Daraufhin wurde der BF mit Schreiben des BFA vom 21.04.2017 ersucht, die Beweismittel in lesbarer Form vorzulegen (AS 137). Der BF übermittelte diese Unterlagen jedoch erneut in Kopie (AS 143 - 149,

155 - 159), wobei ein qualitativer Unterschied zu den bereits

vorgelegten Exemplaren der Schriftstücke kaum zu erkennen ist.

Am 17.05.2017 langte beim BFA eine Kopie des pakistanischen Führerscheins des BF ein (AS 163).

6. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 27.07.2017 (AS 167 - 264) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Dem Fluchtvorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt und im Rahmen einer Eventualbegründung wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer bei Glaubhaftunterstellung seines Vorbringens die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative offen stünde. Des Weiteren wurde begründend dargelegt, warum nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

7. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2017 (AS 267, 268) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

8. Gegen den oa. Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 10.08.2017 (AS 285 - 307) in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den BF günstigerer Bescheid erzielt worden wäre, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

8.1. Zunächst wurden in umfassender Weise verfassungsrechtliche Bedenken betreffend die zweiwöchige Beschwerdefrist gemäß § 16 Absatz 1 BFA-VG kundgetan.

8.2. In weiterer Folge wurde das bisherige Vorbringen wiederholt und moniert, dass seitens des Bundesamtes die Ermittlungspflichten nach § 18 AsylG nicht erfüllt worden seien. Hege das BFA Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens, müsse sie dies dem BF mitteilen und ihm somit die Möglichkeit zukommen lassen, sich dazu zu äußern. Der BF hätte bestehende Widersprüche aufgeklärt und dadurch Zweifel beseitigen können, wäre er dazu aufgefordert worden. Vermisse die Behörde weitere Details zur Ausbildung im Trainingscamp oder zur Höhe der finanziellen Unterstützung, die der BF dieser Gruppe angeboten habe, hätte die Behörde während der Einvernahme weitere Fragen dazu stellen müssen oder den BF auffordern müssen, weitere Details zu erzählen. Weiters hätte der BF während der Einvernahme vorgebracht, seine Verfolger hätten ihm einen Brief geschrieben, in dem ihm diese vorgeworfen hätten, ein Ungläubiger zu sein. Da die Behörde diesbezüglich keine weiteren Fragen gestellt habe, habe der BF dazu keine weiteren Details erzählt. Trotz der Aussagen des BF in seiner Einvernahme habe das BFA diesbezüglich nicht nachgefragt und keine Ermittlungen hinsichtlich staatlicher Verfolgung, Schutzfähigkeit pakistanischer Behörden und Korruption der Sicherheitsbehörden in Pakistan durchgeführt.

Hege das BFA Zweifel an Richtigkeit der Angaben des BF, müsse es diesbezüglich dem BF gem. § 18 AsylG bzw. § 45 AVG Gelegenheit zur Stellungnahme einräumen.

8.3. Ferner wurde moniert, dass das BFA das Verfahren beendet habe, ohne den BF von den vorläufigen Beweisergebnissen in Kenntnis zu setzen. Der BF habe somit nicht die Möglichkeit gehabt, der Beweiswürdigung entgegenzutreten. Er sei daher in seinem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, wobei diese Vorgehensweise auch eindeutig Art. 4 Abs. 1 S 2 der RL 2004/83/EG widerspreche. Diesbezüglich wird auszugsweise auf zwei Urteile des EuGH vom 22.11.2012 zu C-277/11 und vom 18.12.2008 zu C-349/07 verwiesen. Das BFA hätte dem BF seine Zweifel und Argumente bezogen auf die Glaubwürdigkeit des BF mitteilen müssen, damit der BF die Gelegenheit hätte, diesen Zweifeln durch eigenes Vorbringen entgegenzutreten, bevor der verfahrensbeendende Bescheid erlassen werden würde.

Unter Beachtung der in Pakistan herrschenden Korruption der Behörden, wäre es für den BF nicht möglich, sich an die Sicherheitsbehörden zu wenden und Hilfe zu erhalten, da er kein Geld hätte, um die Behörden zu "bestechen" und sich die pakistanischen Sicherheitsbehörden bereits auf Seite der Verfolger gestellt hätten. Im Hinblick auf das einer innerstaatlichen Fluchtalternative unter anderem innewohnende Zumutbarkeitskalkül müsse die Asylbehörde Feststellungen über die im Falle eines solchen Ortswechsels zu erwartende konkrete Lage treffen. Diesbezüglich hätte das BFA jedenfalls eine Prognose erstellen müssen. Es wäre für den BF aufgrund der schlechten Sicherheitslage in seiner Heimat nicht möglich, sicher in seinen Heimatbezirk zu gelangen, da er jederzeit ins Visier seiner Verfolger geraten könnte, dies zumal er bereits in der Vergangenheit ins Blickfeld dieser geraten sei. Die Behörde hätte darlegen müssen, wie der BF in seine Heimatprovinz gelangen sollte. Anderseits sei die Sicherheitslage derart instabil, dass er jederzeit von den Auseinandersetzungen betroffen sein könnte. Zudem führe das BFA nicht aus, wo genau sich der BF niederlassen könnte, worin also genau die innerstaatliche Fluchtalternative bestehen könnte.

Des Weiteren seien die im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderfeststellungen unvollständig und veraltet. Ausführliche Berichte zur Schutzfähigkeit und -willigkeit der pakistanischen Behörden seien im Bescheid nur unzureichend angeführt. Berichte bezüglich der Verfolgung und Bedrohung durch Personen, die jemanden auffordern, mit in den Krieg zu fahren, würden gänzlich fehlen. Ebenso würden Berichte bezüglich der Verfolgung von Rückkehrern aus Europa, hinsichtlich der Einberufungsmethoden diverser Gruppen sowie über die Folgen der Nichtbefolgung einer solchen Einberufung fehlen. In diesem Zusammenhang wurde auszugsweise auf mehrere Länderberichte zur allgemeinen Sicherheitslage in Zusammenhang mit dem Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative und zu Polizei, Justiz und Korruption (AS 295 - 298) verwiesen.

8.4. Das BFA verletze § 60 AVG, da es im bekämpften Bescheid offen und mithin in rechtsstaatlich unerträglicher Weise unüberprüfbar bleibe, ob das BFA dem BF glaube, dass er von einer Gruppe aufgefordert worden sei, mit nach Kaschmir zu gehen und für sie zu kämpfen. Trotz des Vorbringens, wonach dieser an mehreren Orten von seinen Verfolgern gefunden worden sei, habe das BFA festgestellt, es bestünde eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative.

Hinsichtlich der vom BFA ins Treffen geführten Emotionslosigkeit wurde moniert, dass es dabei nicht auf die Gesellschaftsstruktur und allgemeine Lebenserfahrung von Menschen in Pakistan eingegangen und von westeuropäischen Verhaltensmustern ausgegangen worden sei. Das BFA habe in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt, dass der BF bereits das Opfer einer Entführung gewesen sei und Zeit in einem Gefängnis verbringen habe müssen. Hinzu komme, dass der BF im Trainingscamp bereits als Kämpfer für den Krieg ausgebildet worden sei. Eine freie Erzählung aller Details seiner Zeit im Camp sein unzumutbar. Das BFA habe dabei offenbar auch nicht beachtet, dass es dem BF womöglich unangenehm gewesen sei, über diese Situation zu sprechen, da er dabei gedemütigt worden sei.

Weiters vermisse das BFA Details zur finanziellen Unterstützung, die der BF seinen Verfolgern zugesichert habe. Ebenso hätte der BF keine detaillierte Erklärung, warum er bei der Polizei und bei Gericht geschlagen worden sei. Hätte die Behörde genauer nachgefragt, hätte der BF selbstverständlich nähere Angaben dazu gemacht.

Die Behörde argumentiere zwar, der BF hätte sein Vorbringen widersprüchlich gestaltet, führe die angeblichen Widersprüche jedoch nicht nachvollziehbar an.

Komme das BFA zum Schluss, dass es dem BF in Österreich möglich wäre, sich mit sehr wenigen Sprachkenntnissen zurechtzufinden, weshalb er sich in Pakistan erst recht zurechtfinden werde, sei entgegenzuhalten, dass es in Österreich zahlreiche Hilfsorganisationen gebe, die den BF unterstützen. In Pakistan sei eine solche Hilfe nicht zu erwarten. Zudem werde der BF in Österreich nicht persönlich verfolgt, weshalb ein Leben hier jedenfalls um einiges einfacher sei.

8.5. Dem BF drohe in Pakistan Verfolgung aufgrund einer ihm unterstellten oppositionellen Gesinnung, da er sich geweigert habe, mit der Gruppe mitzukommen und für sie zu kämpfen. Hinzu komme, dass dem BF eine falsche Straftat unterstellt werde, weshalb der BF staatlicher Verfolgung ausgesetzt sei. Zudem sei dem BF bereits mehrfach unterstellt worden, ungläubig zu sein, weshalb der BF darüber hinaus religiöser Verfolgung ausgesetzt sei. Fallbezogen sei davon auszugehen, dass der BF keinen ausreichenden Schutz im Herkunftsstaat finden könne.

8.6. Was Spruchpunkt II. betrifft, so hätte das BFA dem BF den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zusprechen müssen, wenn es seine Ermittlungspflicht in angemessener Weise wahrgenommen und den vorliegenden Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt hätte.

Wie aus den angeführten Länderberichten und den Aussagen des BF hervorgehe, drohe dem BF aufgrund der bereits erfolgten versuchten Einberufung und der anschließenden Festnahme und Ausbildung im Trainingscamp, sowie der Bedrohungen mit dem Tod, eine Gefahr für seine Gesundheit und sein Leben. Dem BF stehe auch keine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Der BF müsste an diesem Ort die Möglichkeit haben, seine Grundbedürfnisse hinreichend sicher zu befriedigen, auch in der Übergangsphase nach seiner Rückkehr. Auch hätte der BF keine Möglichkeit, sich den Lebensunterhalt zu sichern, indem er sich in einer anderen Stadt selbst erhalten könnte. Der BF habe außerhalb seiner Heimatprovinz keine Wohnmöglichkeit.

8.7. Der BF spreche bereits sehr gut Deutsch und sei er sehr bemüht, sich weiter zu integrieren und sich in Österreich ein Leben aufzubauen. Er sei nie in Österreich straffällig geworden.

8.8. Da sich insbesondere zur Frage der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung der entscheidungsrelevante Sachverhalt nahezu täglich ändern könne, sei die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unumgänglich. Zitiert wurde hierzu aus zwei Entscheidungen des VwGH vom 19.03.2013 (Zl. 2011/21/0267) und vom 19.02.2013 (Zl. 2012/18/0230).

8.9. Sollte das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigen, nicht antragsgemäß zu entscheiden, wurde ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts beantragt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist aufgrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zwingend geboten. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Rechtsprechung des VfGH betreffend Art. 47 GRC zur Zahl U 466/11 und U 1836/11 vom 14.03.2012 verwiesen. Im gegenständlichen Fall liegt der unionsrechtliche Bezug - der zur Anwendung des Art. 47 GRC führt - in der Rückkehr-RL, der Qualifikations-RL und der Verfahrens-RL. Daher kommen die Verfahrensgarantien des Art. 6 EMRK - unter Maßgabe des Art. 47 GRC - im Beschwerdeverfahren zur Anwendung. Diesbezüglich verlangte der EGMR in der jüngsten Entscheidung Denk gegen Österreich, 05.12.2013, 23396/09, zwingend die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wenn die Rechtssache erstmals von einem Gericht entschieden wird und die Durchführung ausdrücklich beantragt wird (vgl. Denk gegen Österreich Rz 18).

8.10. Abschließend wurde beantragt,

-

die hier angefochtene Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt I. zu beheben und dem BF den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen;

-

hilfsweise die hier angefochtene Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt II. zu beheben und dem BF den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren;

-

hilfsweise festzustellen, dass die Abschiebung nach Pakistan auf Dauer unzulässig sei sowie die erlassene Rückkehrentscheidung ersatzlos zu beheben und

-

hilfsweise den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheids an das BFA zurückzuverweisen.

8.11. Mit diesem Rechtsmittel wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

9. Am 14.09.2017 langte bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts mit Schreiben vom 11.09.2017 (OZ 3) eine Beschwerdeergänzung ein. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerdeergänzung wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

9.1. Zunächst wurde ausgeführt, dass insoweit der BF vorgebracht habe, dass ihn "die Gruppe" angezeigt und ihn die Polizei deshalb festgenommen habe, das BFA ihn nicht genau gefragt habe, was er damit meine. Ansonsten hätte er ausführen können, dass er damit die Gruppe Jamaat ud-Dawa Pakistan meine. Weiters habe der BF erwähnt, dass er ein Trainingscamp besucht habe. Hätte die Behörde genauer nachgefragt, hätte der BF ausgeführt, dass er dieses lediglich wegen des Drucks, den sein Onkel ausgeübt habe, besucht habe. Ebenso habe der BF geschildert, die Gruppe hätte zu seiner Familie gesagt, er wäre ein Ungläubiger. Die Behörde habe jedoch nicht weiter nachgefragt, aus welchem Grund ihm dies unterstellt werde, ansonsten hätte der BF erklären können, dass ihm die Gruppe unterstellt ungläubig zu sein, da er sich weigere, mit dieser zu kämpfen. Darüber hinaus gehe aus dem Bescheid nicht hervor, dass das BFA bezüglich der daraus resultierenden Verfolgungsgefahr des BF weitere Ermittlungen durchgeführt habe.

Weiters argumentiere das BFA, es könne nicht automatisch auf eine unzumutbare Sicherheitslage in ganz Pakistan geschlossen werden. Hierbei habe das BFA jedoch nicht ermittelt, wie sich die Sicherheitslage im Fall des BF tatsächlich darstelle. Aus diesem Grund sei die fehlerhafte Entscheidung aufgrund mangelhafter Ermittlungen ergangen. Darüber hinaus führe das BFA nicht aus, wo genau sich der BF niederlassen könnte.

Fehlerhaft stelle das BFA fest, dass die Identität des BF nicht festgestellt werden habe können, obwohl der BF bereits seinen Führerschein vorgelegt habe.

9.2. Bezüglich der vorgebrachten Nierenprobleme führe das BFA aus, der BF habe keine Unterlagen vorgelegt. Dennoch leide der BF nach wie vor an Nierenproblemen und sei in ärztlicher Behandlung.

Die unterschiedlichen Angaben zur Schulbildung in der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA würden sich auf die für den BF unangenehme Situation während der Erstbefragung gründen. In Ungarn sei er von der Polizei geschlagen worden, weshalb er folglich große Angst vor der Polizei in Österreich gehabt habe. Aufgrund der Nervosität und Angst habe der BF nur sehr oberflächlich und kurz geantwortet.

Insoweit die belangte Behörde die Unglaubwürdigkeit auf Widersprüche zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA stütze, werde zudem auf die Judikatur des VfGH zu § 19 Abs. 1 AsylG verwiesen, wonach Asylwerber im Zuge der Erstbefragung gar nicht näher zu ihren Fluchtgründen befragt werden dürfen.

Weiters argumentiere das BFA, der BF habe sein Vorbringen zu wenig detailliert und emotionslos erzählt. Er habe bezüglich der Art bzw. Höhe der finanziellen Unterstützung sowie der Ausbildung im Trainingscamp zu oberflächliche Angaben gemacht. Hätte das BFA den BF bereits während der Einvernahme aufgefordert, weitere Details zu schildern, wäre er dieser Aufforderung natürlich nachgekommen. In der Folge wurden vom BF insoweit zu diesen Themenbereichen weitere Ausführungen getätigt.

Darüber hinaus argumentiere das BFA, der BF widerspreche sich hinsichtlich der Angaben bezüglich der Anzeige bei der Polizei selber. Dabei lege das BFA jedoch nicht dar, worin es konkret einen Widerspruch sehe.

Weiters wäre für die Behörde unklar, aus welchem Grund der BF bedroht worden sei, schloss er doch einen Kompromiss mit dieser Gruppierung. Auch hierbei liege ein Mangel der Befragung vor, ansonsten hätte dieser Umstand bereits in der Einvernahme geklärt werden können. Der BF vermute, dass ihn die Gruppe trotz der geleisteten Zahlungen bedroht habe, um andere Personen davon abzuhalten, sich lediglich mit der Bezahlung einer Geldleistung zu beteiligen. Sein Fall solle Vorzeigwirkung entfalten.

Auch argumentierte die Behörde, der BF wäre eine detaillierte Erklärung schuldig geblieben, warum er bei der Polizei und bei Gericht geschlagen worden sei. Auch hierzu sei er in der Einvernahme nicht befragt worden, ansonsten hätte er nähere Ausführungen dazu machen können. Tatsächlich sei der BF nicht von der Polizei, sondern während des Verhörs von Mitgliedern der Gruppe geschlagen worden. Die Polizei sei zwar anwesend gewesen, habe jedoch aus Angst nichts dagegen unternommen.

Ebenso wäre für die Behörde nicht nachvollziehbar, wie er durch diese Gruppe in Lahore gefunden werden habe können. Das BFA habe hierbei jedoch nicht beachtet, dass der BF zunächst bei seiner Schwester gewohnt habe. Als er dort gefunden worden sei, sei er an einen anderen Ort gegangen, wo er auch gefunden worden sei. Wie genau die Gruppe den BF gefunden habe, entziehe sich der Kenntnis des BF. Jedenfalls sei er zweimal gefunden worden und könne daher nicht in seiner Heimat zurückkehren.

Darüber hinaus wäre es nicht verständlich, dass die Gruppe dem BF den Reisepass weggenommen, ihn jedoch nicht selber entführt habe. Hätte die Behörde danach gefragt, hätte er auch diesen Umstand aufklären können. Die Gruppe habe den Reisepass abgenommen, damit der BF das Land nicht verlassen und flüchten könne. Man habe gewollt, dass sich die Mitglieder "freiwillig" anschließen, weil Personen, die zum Kampf gezwungen werden würden, keine guten Kämpfer seien. Durch langes Überreden und eine Art "Gehirnwäsche" würden Personen freiwillig dazu gebracht, sich ihnen anzuschließen.

Als weiteren Grund für die Unglaubwürdigkeit des BF führe die belangte Behörde weitere Widersprüche zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme bezüglich des Ausreisevorbringens an. Auch hierbei habe das BFA nicht nachgefragt, ansonsten hätte der BF ausführen können, dass er aufgrund eines von seinem Vater geerbten Grundstücks Streit mit seinem Onkel gehabt habe. Sein Onkel habe dem BF das Land nicht übergeben wollen. Der BF vermute daher, dass ihn sein Onkel überredet habe, sich der Gruppe anzuschließen und somit in den Krieg zu ziehen, damit sich dieser das Grundstück behalten könne. Somit ergebe sich, dass es sich hierbei nicht um widersprüchliche Angaben handle.

Betreffend die Situation im Falle der Rückkehr habe das BFA ausgeführt, aufgrund der Verfolgung durch die Gruppierung könne nicht automatisch auf eine unzumutbare Sicherheitslage im übrigen Pakistan geschlossen werden. Hierbei sei vom BFA nicht beachtet worden, dass diese Gruppierung den Reisepass des BF habe und ihn somit im ganzen Land finden könne. Zudem könne sich der BF nicht an einem anderen Ort außerhalb seiner Heimatregion niederlassen, da er als Fremder sofort auffallen und verraten werden würde.

9.3. Mit diesem Schriftsatz wurde ebenso wenig ein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

10. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des BFA unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.

2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:

2.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dessen Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Rajputen an und ist sunnitischen Glaubens.

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und ist am XXXX geboren.

Der von ihm vorgebrachte Fluchtgrund (Grundstücksstreit mit Onkel und Verfolgung und Bedrohung durch die Gruppierung Jamaat ud-Dawa Pakistan) wird mangels Glaubwürdigkeit des diesbezüglichen Vorbringens nicht festgestellt. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der GFK asylrelevant verfolgt bzw. dessen Leben bedroht wurde beziehungsweise dies im Falle einer Rückkehr nach Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintreffen könnte.

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Pakistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Pakistan in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.

Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland festgestellt werden.

Selbst wenn man sein gesamtes Vorbringen als wahr unterstellen und daher annehmen würde, dass der BF wegen eines Grundstücksstreits von seinem Onkel und von der Gruppierung Jamaat ud-Dawa Pakistan wegen eines Rekrutierungsversuches für den Dschihad bedroht und verfolgt worden war, muss diesbezüglich festgestellt werden, dass sein Vorbringen keine Asylrelevanz entfalten würde (siehe rechtliche Würdigung zur Schutzfähigkeit und -willigkeit des pakistanischen Staates und zur Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative), zumal der Beschwerdeführer bei einer Bedrohung der behaupteten Art durch Privatpersonen wirksamen Schutz bei den zuständigen Behörden des Herkunftsstaates in Anspruch nehmen könnte. Ferner wäre dem BF jedenfalls auch eine Rückkehr nach Islamabad möglich und zumutbar. Es wären dort die existentiellen Lebensgrundlagen des Beschwerdeführers angesichts einer finanziellen Unterstützung durch seine in Gujranwala lebenden Familienmitglieder (Mutter und Schwestern) - etwa durch Überweisungen - oder durch Aufnahme einer eigenen beruflichen Tätigkeit gesichert. In den Städten leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben. Auch besteht die Möglichkeit, in den Schutz der größeren Städte zu fliehen, falls es sich nicht um Personen handelt, die bereits überregional bekannt geworden sind. Dies wird auch von Vertretern unabhängiger pakistanischer Menschenrechtsorganisationen als Ausweichmöglichkeit gesehen (AA 30.5.2016). Die Hauptstadt Pakistans, Islamabad, gilt als vergleichsweise sicher. Islamabad erlitt lediglich einen Anschlag mit einem Toten im Jahr 2016 (PIPS 1.2017). Im Jahr 2015 war es von 3 Anschlägen mit 4 Toten betroffen (PIPS 3.1.2016), weshalb hier von einer stabilen Sicherheitslage auszugehen ist. Diese Stadt ist für den Beschwerdeführer auch direkt erreichbar.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung. Beim BF wurden in Österreich Nierensteine diagnostiziert, die medikamentös mit Schmerztabletten und einem Tee behandelt wurden. Aktuelle ärztliche bzw. medizinische Befunde, welche eine Behandlung in Österreich erforderlich erscheinen lassen, hat der BF jedoch nunmehr nicht in Vorlage gebracht.

Der BF lebte bis zu seiner Ausreise überwiegend im Distrikt Gujranwala im Nordosten der pakistanischen Provinz Punjab. Der BF besuchte in Pakistan mehrere Jahre die Schule. Nach dem Tod seines Vaters übernahm er die väterliche Landwirtschaft. Hiervon konnte er gut leben. Bereits zuvor verkaufte der BF neben dem Schulbesuch Viehfutter aus der väterlichen Landwirtschaft. Die engsten Angehörigen des BF leben nach wie vor in Pakistan.

Der Beschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich. In Österreich halten sich keine Verwandten des BF auf. Der BF befand sich bis August 2017 in der Grundversorgung und lebte in dieser Zeit von staatlicher Unterstützung. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF mittlerweile selbsterhaltungsfähig ist und über umfassende Deutschkenntnisse verfügt. Der BF besucht(e) Deutschkurse, brachte aber bislang keine Bestätigung über diesbezüglich erfolgreich abgelegte Prüfungen in Vorlage. Er knüpfte soziale Kontakte. Unterstützungserklärungen wurden nicht vorgelegt. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden und fortgeschrittenen Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen würden.

Er hat mit Ausnahme seines nunmehrigen Aufenthalts in Europa sein Leben zum überwiegenden Teil in Pakistan verbracht, wo er sozialisiert wurde und wo sich nach wie vor seine nächsten Verwandten aufhalten.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr wieder bei seiner Familie wohnen wird können. Davon abgesehen ist der Beschwerdeführer als arbeitsfähig und -willig anzusehen. Der Beschwerdeführer spricht Punjabi, Urdu und ein bisschen Englisch.

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Pakistan festzustellen ist.

2.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan war insbesondere festzustellen:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 4.5.2017: Update zur Sicherheitslage: Anschlagszahlen 1. Quartal 2017 (Abschnitt 1, relevant für Abschnitt 3 Sicherheitslage)

Update: Anschlagszahlen des 1. Quartals 2017 laut Aufzeichnungen Pakistan Institute for Peace Studies

Im Jänner 2017 war Pakistan insgesamt von 29 Terroranschlägen betroffen, bei denen 40 Personen getötet wurden. 128 Personen wurden verletzt. Die regionale Verteilung zeigt folgendes Bild: Khyber Pakhtunkhwa - 6 Anschläge mit einem Toten; Sindh - 4 Anschläge mit 3 Toten; alle in Karatschi; Belutschistan - 14 Anschläge mit 7 Toten; FATA - 3 Anschläge mit 27 Toten (PIPS 10.2.2017). Darunter fiel auch der Sprengstoffanschlag auf einen Gemüsemarkt in Parachinar / Kurram Agency, bei welchem am 21.1.2017 mindestens 25 Menschen getötet und rund 85 Personen verletzt worden sind (Dawn 22.1.2017). Die Kurram Agency ist eine mehrheitlich von Schiiten bewohnte Agency, der Verwaltungssitz Parachinar oft Ziel von Anschlägen sunnitischer Extremisten (NZZ 31.3.2017). Punjab war von 2 Anschlägen mit 2 Toten betroffen. In Gilgit-Baltistan und Islamabad wurden keine Anschläge gemeldet (PIPS 10.2.2017).

Der Februar war nach einer langen Zeitspanne rückläufiger terroristischer Gewaltakte von einem starken Anstieg betroffen. In sechs aufeinanderfolgenden Selbstmordanschlägen wurden allein in weniger als einer Woche beinahe 100 Menschen getötet (BBC News 17.2.2017). Im Februar stiegen die Anschläge und Opferzahlen auf 159 Tote und 426 Verletzte in 32 Anschlägen (PIPS 17.3.2017). Regionale Verteilung: Khyber Pakhtunkhwa - 7 Anschläge mit 23 Toten; Belutschistan - 8 Anschläge mit 9 Toten; Sindh - 92 Tote in 5 Anschlägen (PIPS 17.3.2017). Darunter finden sich auch die Opfer des Selbstmordanschlages auf den Lal Shahbaz Qalandar - Schrein des Sufismus in Sehwan vom 16.2.2017 (Dawn 17.2.2017). Drei der registrierten Anschläge fanden in Karatschi statt. Punjab war von einem Anschlag mit 16 Toten betroffen. Azad Jammu Kaschmir war von einem Anschlag mit 2 Verletzten betroffen. In der FATA wurden 10 Anschläge mit 19 Toten verübt. Islamabad verzeichnete keinen Anschlag (PIPS 17.3.2017).

Im März ging die Zahl der Anschläge wieder zurück auf 28. Dabei wurden 40 Menschen getötet und 98 verletzt. Regionale Verteilung:

Khyber Pakhtunkhwa - 7 Anschläge mit 9 Toten; FATA - 9 Anschläge, 30 Tote. Darunter war wieder ein größerer Anschlag in Parachinar, der alleine 23 Tote forderte. In Belutschistan fanden 9 Anschläge statt, niemand wurde dabei getötet. Sindh verzeichnete 2 Anschläge ohne Tote, dabei fand kein Anschlag in Karatschi statt. Der Punjab zählte einen Anschlag mit einem Toten. Islamabad verzeichnete keinen Anschlag (PIPS 14.4.2017).

Das 1. Quartal 2017 verzeichnet mit insgesamt 89 Anschlägen bei einer Opferzahl von 239 Toten und 652 Verletzten zwar eine geringere Anzahl von Anschlägen als im Vergleichszeitraum des 1. Quartals 2016. In diesem wurden 103 Anschläge mit 285 Toten und 547 Verletzte aufgezeichnet (eigene Auswertung aus: PIPS 10.2.2017, PIPS 17.3.2017, PIPS 14.4.2017, PIPS 7.2.2016, PIPS 7.3.2016, PIPS 7.4.2016).

Quellen:

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BBC News (17.2.2017): Pakistan: IS attack on Sufi shrine in Sindh kills dozens, http://www.bbc.com/news/world-asia-38994318, Zugriff 17.2.2017

-

Dawn (22.1.2017): 'Terrorists will fail in their attempt to regain lost relevance,' army chief says, http://www.dawn.com/news/1309800/terrorists-will-fail-in-their-attempt-to-regain-lost-relevance-army-chief-says, Zugriff 23.1.2017

-

Dawn (17.2.2017): At least 70 dead as bomb rips through Lal Shahbaz shrine in Sehwan, Sindh, http://www.dawn.com/news/1315136/at-least-70-dead-as-bomb-rips-through-lal-shahbaz-shrine-in-sehwan-sindh, Zugriff 17.2.2017

-

NZZ - Neue Züricher Zeitung(31.3.2107): Mindestens 24 Tote auf belebten Markt,

https://www.nzz.ch/international/asien-und-pazifik/bombenanschlag-in-pakistan-mindestens-zehn-tote-auf-belebten-markt-ld.154575, Zugriff 3.5.2017

-

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (10.2.2017): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: January, 2017, Zugriff 28.4.2017

-

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (17.3.2017): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: February, 2017, Zugriff 28.4.2017

-

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (14.4.2017): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: March, 2017, Zugriff 28.4.2017

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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.2.2016): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: January, 2016, Zugriff 28.4.2017

-

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (7.3.2016): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: February, 2016, Zugriff 28.4.2017

-

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (8.4.2016): Pakistan Monthly Security Reports, Pakistan Security Report: March, 2016, Zugriff 28.4.2017

2. Politische Lage

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber-Pakhtunkhwa (ehemals North West Frontier Province/NWFP) sowie den "Federally Administered Tribal Areas" (FATA). Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan (die früheren "Northern Areas") und Azad Jammu & Kashmir (AJK - "freies Kaschmir"), dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet. Gilgit-Baltistan hat im September 2009 eine Teilautonomie erhalten. Es war bis dahin von Islamabad aus regiert worden. AJK genießt ebenfalls Autonomie, ist aber finanziell und politisch von der Regierung in Islamabad abhängig (AA 12.2016a).

Die pakistanische Bevölkerung wird vom CIA World Factbook mit Stand Juli 2016 auf knapp unter 202 Millionen geschätzt. Pakistan ist damit der siebtbevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 12.1.2017).

Im April 2010 wurde eine weitreichende Verfassungsreform verabschiedet. Ziel war es, zur Grundgestalt der unter Präsident Zulfikar A. Bhutto 1973 verabschiedeten Verfassung zurückzukehren, die durch die Militärherrscher Zia-ul Haq und Musharraf fast bis zur Unkenntlichkeit verändert worden war. Kernelemente der vorgenommenen Verfassungsänderungen sind eine Stärkung der Position des Ministerpräsidenten bei gleichzeitiger Einschränkung der Machtbefugnisse des Präsidenten, eine Stärkung des Föderalismus durch eine deutliche Ausweitung der Kompetenzen der Provinzen gegenüber der Zentralregierung, eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz durch ein neues Ernennungsverfahren für die obersten Richter und die Einführung zweier neuer Grundrechte: des Rechts auf Information und des Rechts auf Erziehung (AA 12.2016a).

Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat. Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt gewählt werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht. 60 Sitze sind für Frauen, zehn weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert. Die reservierten Sitze werden auf die in der Nationalversammlung vertretenen Parteien entsprechend deren Stimmenanteil verteilt. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre (AA 12.2016a).

Bei den Parlamentswahlen vom 11.5.2013 wurde eine von der Pakistan Peoples Party (PPP) geführte Regierung von der Pakistan Muslim League-N (PML-N) unter Nawaz Sharif abgelöst. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass eine zivile Regierung eine volle Legislaturperiode (2008 - 2013) regieren konnte und dass der demokratische Wechsel verfassungsgemäß ablief. Die PML-N erreichte eine absolute Mehrheit der Mandate. Zweitstärkste Partei in der Nationalversammlung wurde die ehemalige Regierungspartei PPP, dicht gefolgt von der PTI (Pakistan Tehreek-e-Insaf) des ehemaligen Cricket-Stars Imran Khan. Die MQM (Muttahida Quami Movement), mit ihren Hochburgen in den beiden Großstädten der Provinz Sindh, Karatschi und Hyderabad, stellt die viertstärkste Fraktion im Parlament (AA 12.2016

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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