Entscheidungsdatum
12.03.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W103 1432688-2/8E
W103 1432689-2/5E
W103 1432690-2/5E
W103 2016990-2/5E
W103 2183533-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.)
XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX und
5.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Russische Föderation, die erstbeschwerdeführende Partei vertreten durch XXXX , die zweit- bis viertbeschwerdeführenden Parteien vertreten durch XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 30.11.2017, Zln. 1.) 830058602-2213582, 2.) 830058700-2213612, 3.) 830058809-2213639, 4.) 1044994101-140160321 und 5.) 1145037609-170296624, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG sowie § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet und Eltern sowie gesetzliche Vertreter der minderjährigen dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien. Die beschwerdeführenden Parteien sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, sie gehören der tschetschenischen Volksgruppe und dem moslemischen Glauben an. Die erst- bis drittbeschwerdeführenden Parteien gelangten im Januar 2013 illegal auf österreichisches Bundesgebiet und stellten am 14. Januar 2013 Anträge auf Gewährung von internationalem Schutz. Die viert- und fünftbeschwerdeführenden Parteien wurden zwischenzeitlich im Bundesgebiet geboren.
Bei seiner niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion XXXX am 16. Januar 2013 führte der Erstbeschwerdeführer nach umfangreicher Schilderung des Fluchtweges zu seinen Fluchtgründen aus, er habe im Herkunftsstaat für den XXXX gearbeitet. Ungefähr sechs Monate zurück sei ein "Ausländer" zu ihm ins Amt gekommen, an welchem er offensichtliche Spuren von Folterungen wahrgenommen habe. Nachdem er keinerlei Informationen zu dessen Person ("Information sowie Fingerabdrücke") in Erfahrung habe bringen können, habe er diesen freigelassen. Aufgrund dieser Freilassung habe er noch am selben Tag mit seinen "Kollegen" Probleme bekommen. Ihm sei vorgeworfen worden, einen Verbrecher und Widerstandskämpfer freigelassen zu haben. Er sei bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen und dann drei Tage lang festgehalten worden. Er sei mit Inhaftierung ("Gefängnis") und Tod bedroht worden. Nach seiner Freilassung habe er sich drei Wochen in einem Krankenhaus in ärztlicher Behandlung befunden. Danach sei er nicht mehr an seiner Arbeitsstelle erschienen und habe sich bis zu seiner Ausreise bei Verwandten versteckt gehalten.
Die Zweitbeschwerdeführerin erklärte bei ihrer ebenfalls am 16. Januar 2013 erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung nach detaillierten Angaben zu ihrem Fluchtweg, sie stütze sich auf die Fluchtgründe ihres Mannes ("Die Fluchtgründe meines Mannes sind auch meine Fluchtgründe."). Vor circa sechs Monaten habe dieser während seines Dienstes einen unschuldigen Mann freigelassen und sei aus diesem Grunde "bestraft" worden. Als der Erstbeschwerdeführer nach der Arbeit nicht nach Hause gekommen sei, habe sie diesen gemeinsam mit ihrer Schwiegermutter drei Tage lang gesucht. Schließlich sei es der Mutter des Erstbeschwerdeführers gelungen, diesen "ausfindig zu machen" und ins Krankenhaus zu bringen. Der Erstbeschwerdeführer sei "von irgend jemand geschlagen" worden und habe das Bewusstsein verloren. Nach ca. einer Woche sei der Erstbeschwerdeführer aus dem Krankenhaus entlassen worden, habe sich aber zunächst an nichts erinnern können. Erst als dieser sein Gedächtnis wieder erlangt habe ("als sein Gedächtnis zurückkam), hätten sie sich zur Flucht entschlossen. Der Drittbeschwerdeführer habe keine eigenen Fluchtgründe.
Gelegentlich ihrer niederschriftlichen Erstbefragungen brachten der Erstbeschwerdeführer bzw. die Zweitbeschwerdeführerin im Jahr 2006 bzw. 2010 ausgestellte Inlandspässe, ihre Heiratsurkunde sowie die Geburtsurkunde des minderjährigen Drittbeschwerdeführers in Vorlage.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 22. Januar 2013 brachte der Erstbeschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst vor, im Rahmen seinen Dienstes bei der " XXXX habe er mit einem Mann zu tun gehabt ("Bei meinem Dienst war ein Mann..), der (zuvor) sehr stark verprügelt worden sei. Er habe nicht gewusst, woher dieser gekommen sei. Diese Person habe sich (auf einmal) in einem speziellen Zimmer befunden. Er habe diese in der Früh, als er (Anm.: im Gebäude) "alles durchgeschaut habe" gesehen und habe sich der Mann in einem sehr schlechten Zustand befunden. Er habe dann nach "seinen Unterlagen" gesucht, aber trotz Nachschau keine Fingerabdrücke eruieren und auch sonst keine Unterlagen finden können. Daraus habe er geschlossen, dass der Genannte ohne Grund da gewesen sei. Da alles rechtswidrig gewesen sei ("Das alles war rechtswidrig"), habe er diesen Mann schließlich freigelassen und ihn aus dem Gebäude hinaus gebracht. Er habe das im Bewusstsein getan, dass der Genannte eine weitere Misshandlung ("nächste Verprügelung") nicht überleben werde. Seine Kollegen hätten (daraufhin) gemeint, dass er mit Widerstandskämpfern zusammen arbeite. Seine Mutter habe es dann irgendwie geschafft ihn freizubekommen und sei er danach eine Woche im Krankenhaus gewesen. Danach habe er Angst gehabt wieder nach Hause zu gehen und sich bei Verwandten versteckt gehalten. Auf Anraten der Mutter, die auch alles organisiert habe, habe er schließlich das Land verlassen.
Zu seinem beruflichen Tätigkeiten erklärte der Erstbeschwerdeführer:
"Fingerabdrücke, Dokumente sammeln, Ordner machen, kontrollieren, ob alles in Ordnung ist. Ich habe Ausländer beraten, wie sie Erklärungen schreiben sollen damit sie nur minimale Strafen
bekommen. ... bezüglich illegalen Aufenthalt. Die meisten Strafen
waren illegale Einreise und illegaler Aufenthalt".
Auf Befragen erklärte der Erstbeschwerdeführer er könnte sich nicht mehr erinnern, wann der Vorfall mit dem vorgenannten Fremden genau gewesen sei. Er habe sehr viel, so auch die Geburtsdaten seiner Familie vergessen. Er könne sich nur daran erinnern, dass er diesen Mann schwer verletzt gesehen und ihn dann freigelassen habe.
Befragt nach den Kollegen und den an ihn gerichteten Vorwürfe erklärte der Erstbeschwerdeführer erneut, er wisse nur, dass er sechs Monate zu Hause gewesen sei, ansonsten könne er sich an gar nichts erinnern. Er habe sich versteckt gehalten, wisse aber nicht, ob ihm das (auch) nicht (nur) jemand erzählt habe. Dass er drei Tage eingesperrt gewesen sei, wisse er (nur), weil ihm das seine Mutter irgendwann erzählt habe.
Über weiteres Befragen gab der Erstbeschwerdeführer an, ihm sei nicht erinnerlich, ob er seine Frau (unmittelbar) nach dem Krankenhausaufenthalt gesehen habe. Er habe sie (jedenfalls) am Tag der Abreise gesehen. Auch ob und wenn ja, in welcher Form er während der sechs Monate bis zu ihrer gemeinsamen Ausreise Kontakt zu seiner Frau gehabt habe, vermöge er nicht anzugeben. Er könne sich nicht erinnern und vergesse alles.
Wo er die Zweitbeschwerdeführerin in XXXX vor ihrer gemeinsamen Ausreise getroffen hat, vermochte der Erstbeschwerdeführer nicht zu beantworten und erwiderte über wiederholtes Nachfragen, dass sei in der Nähe des Zentralmarktes in XXXX gewesen. Er könne aber nicht angeben, wie er in den Bus gestiegen sei bzw. welche Busse da gewesen seien.
Auf die Frage, was genau nach dem Verhör und den Misshandlungen mit ihm passiert sei, erklärte der Erstbeschwerdeführer lediglich, er habe zu arbeiten aufgehört. Er wisse nicht, wie seine Mutter es geschafft habe, ihn freizubekommen.
Befragt nach seinen konkreten Aufenthaltsorten nach seiner Freilassung erwiderte der Erstbeschwerdeführer, er sei nicht ständig bei einem Verwandten gewesen, er habe immer den Aufenthaltsort gewechselt, das habe immer "irgendwer" organisiert. Er glaube, dass das seine Mutter gewesen sei.
Zur Schilderung weiterer Details "des Vorfalles" angehalten führte der Erstbeschwerdeführer aus: "Ich habe ihm (sic!) freigelassen, weil er ein Widerstandskämpfer sei und ich auch einer wäre ...." und gab auf Wahrheitserinnerung zu Protokoll, er erzähle nur die Wahrheit. Sein Problem sei, dass er sich nicht an alles erinnern könne.
Die Zweitbeschwerdeführerin erklärte bei ihrer ebenfalls am 22. Januar 2013 erfolgten niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde, sie habe den Herkunftsstaat aufgrund der Probleme des Erstbeschwerdeführers verlassen. Der Vorfall, der zur Flucht geführt habe, habe sich im Juni oder Juli (Anm.: 2012) ereignet. Genau wisse sie es nicht. Vom Vorfall erfahren habe sie, als der Erstbeschwerdeführer nicht vom Dienst nach Hause zurückgekommen sei. Dieser sei in der letzten Zeit sehr nervös und mit der Arbeit unzufrieden gewesen. Er habe immer wieder gesagt, dass dort Ungerechtigkeit herrsche.
Vom (konkreten)Vorfall wisse sie erst seit ihr Mann im Krankenhaus gewesen sei. Ihre Schwiegermutter habe ihr das damals erzählt. Woher diese das gewusst habe, wisse sie aber nicht. Die Schwiegermutter kenne eben viele Leute und so sei es dieser auch gelungen den Erstbeschwerdeführer frei zu bekommen. Der Erstbeschwerdeführer sei eine Woche im Krankenhaus gewesen. Diesen Aufenthalt habe wahrscheinlich ihre Schwiegermutter bezahlt.
Befragt, wohin der Erstbeschwerdeführer nach seinem Krankenhausaufenthalt gegangen sei und ob sie mit diesem bis zur Ausreise telefoniert habe bzw. wann und von wem sie über die (beabsichtigte) Reise ins Ausland informiert worden sei, entgegnete die Zweitbeschwerdeführerin zunächst, ihr Mann habe sich "bei seinen Verwandten" aufgehalten und sie selbst habe man zu ihren Eltern gebracht. Die gesamte Zeit bis zur Ausreise, so auch im Krankenhaus, habe sie ihren Mann nicht gesehen. Gleich darauf korrigierte sich die Zweitbeschwerdeführerin und erklärte, einmal habe sie den Erstbeschwerdeführer doch gesehen, wann wisse sie aber nicht mehr. Sie könne sich nicht erinnern. Über die beabsichtigte Ausreise sei sie ca. eine Woche davor von ihrer Schwiegermutter informiert worden.
Zur Ausstellung von Auslandsreisepässen führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, sie habe ihren Pass gleich dem Erstbeschwerdeführer "kurz vor" ihrer Ausreise bekommen. Die Behörde habe sie "nicht gekannt" bzw. nicht gewusst, wer diese ausgestellt habe.
Der Erstbeschwerdeführer sei "von irgend jemand geschlagen" worden und habe das Bewusstsein verloren. Nach ca. einer Woche sei der Erstbeschwerdeführer aus dem Krankenhaus entlassen worden, habe sich aber zunächst an nichts erinnern können. Erst als dieser sein Gedächtnis wieder erlangt habe ("als sein Gedächtnis zurückkam), hätten sie sich zur Flucht entschlossen. Der Drittbeschwerdeführer habe keine eigenen Fluchtgründe
2. Mit - den erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien durch persönliche Aushändigung am gleichen Tage zugestellten - Bescheiden des Bundesasylamtes 24. Januar 2013, Zlen. 13 00.586-BAT, 13 00.587-BAT sowie 13 00.588-BAT, wurden die Anträge der Erst- bis DrittbeschwerdeführerInnen auf Gewährung von internationalem Schutz vom 14. Januar 2013 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 IVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asyl G 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Unter Einem wurden die Genannten gemäß § 19 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde in dem den Erstbeschwerdeführer betreffenden Bescheid im Wesentlichen aus, die von diesem vorgebrachten Fluchtgründe seien aufgrund der Widersprüche zwischen diesem und der Zweitbeschwerdeführerin sowie aufgrund "zahlreicher grundlegender Ungereimtheiten" nicht glaubhaft.
Der Erstbeschwerdeführer habe bereits zu Beginn der Einvernahme vor dem Bundesasylamt erklärt, bereits gelegentlich der Erstbefragung alles gesagt zu haben. Offensichtlich habe dieser nichts hinzuzufügen gehabt bzw. sich am Beginn nicht festlegen wollen. Darüber hinaus sei die "extrem vage Art und Weise" wie dieser den behaupteten Fluchtgrund geschildert habe völlig ungeeignet gewesen, um das Fluchtvorbringen für glaubhaft befinden zu können. Schon die Tatsache, dass der Erstbeschwerdeführer keine genauen Zeitangaben zu den von ihm ins Treffen geführten vermeintlichen Vorfall habe machen können, sei Grund genug, diesem Vorbringen keinen Glauben zu schenken. Dies umso mehr, als der Erstbeschwerdeführer zur konkreten und detailreichen Schilderung angehalten worden sei. Die (einfache) Erklärung sich an den Vorfall doch nicht erinnern zu können sei vage und unkonkret. Zudem seien auch die Angaben des Erstbeschwerdeführers zu seinen beruflichen Aufgaben vage gewesen und habe dieser in diesem Zusammenhang auch keinerlei Fachausdrücke zu benennen vermocht. Vage und unkonkret sei der Erstbeschwerdeführer auch geblieben, als dieser behauptet habe, sich nicht erinnern zu können, wann er die Zweitbeschwerdeführerin nach dem in Rede stehenden Vorfall wieder gesehen haben will. Der Erstbeschwerdeführer habe durch (andere), konkret benannte, Antworten dieser Frage offensichtlich ausweichen wollen. Nachdem der Erstbeschwerdeführer auch angegeben habe, sich trotz behaupteter Angst vor staatlicher Verfolgung nach dem Vorfall dennoch einen Reisepass ausstellen lassen zu haben, habe mit endgültiger Sicherheit erkannt werden müssen, dass er sich einer rein konstruierten Geschichte bedient habe. Überdies sei nicht nachvollziehbar, warum die Zweitbeschwerdeführerin nicht habe angeben können, bei wem der Erstbeschwerdeführer nach dem behaupteten Vorfall gelebt haben will bzw. die Ehegatten über die behaupteten Probleme nie miteinander gesprochen hätten. Sämtliche Teilbereiche seien vom Erstbeschwerdeführer viel zu vage geschildert worden um nur ansatzweise einen glaubhaften Kern dahinter vermuten zu können.
In dem die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden angefochtenen Bescheid führte das Bundesasylamt gleichlautend aus, deren Angaben zur Verfolgungssituation seien aufgrund von Widersprüchen zu den Angaben des Erstbeschwerdeführers und "aufgrund zahlreicher grundlegender Ungereimtheiten" nicht glaubhaft. Nachdem dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, auf dessen Fluchtgründen auch die Ausreise der Zweitbeschwerdeführerin basieren soll, die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei, sei es auch nicht glaubhaft, dass die angegebenen Gründe Auswirkungen auf die Zweitbeschwerdeführerin haben können.
Im Bescheid der Drittbeschwerdeführers führte das Bundesasylamt aus, dass für diesen seitens der gesetzlichen Vertreter keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht worden seien. Nachdem dem Vorbringen der Eltern die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei, sei auch eine Gefährdung bzw. Verfolgung des Drittbeschwerdeführers nicht festzustellen.
3. Mit der gegen die vorangeführten Erledigungen des Bundesasylamtes vom 24. Januar 2013 unter einem am 7. Februar 2013 (Datum der persönlichen Einbringung beim Bundesasylamt) erhobenen Beschwerde, machten die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Erstbeschwerdeführer führt hierin unter anderem aus, es sei zutreffend, dass er zu den (ihm widerfahrenen) Misshandlungen nicht viel habe angeben können. Die belangte Behörde lasse aber vollkommen unberücksichtigt, in welch schlimmen Gesundheitszustand er sich nach den ins Treffen geführten Ereignissen befunden habe. Festhalten könne er jedenfalls, dass seine Kollegen am Nachmittag zurückgekommen seien und ihn auf (nunmehr sehr wohl) konkret angeführte Art und Weise physisch misshandelt hätten.
Auch habe er entgegen der Ansicht des Bundesasylamtes die Fluchtgründe nicht bloß auf "extrem vage Art und Weise" geschildert, sondern konkrete Angaben zu Daten und Örtlichkeiten gegeben, die eine Überprüfung seines Vorbringens ermöglicht hätten. Derartige Ermittlungsschritte (vor Ort) habe die belangte aber vollkommen unterlassen.
Auch habe er sehr wohl seinen beruflichen Aufgabenbereich genau umschreiben können. Sofern Zweifel an den Angaben bestünden so werde die Beiziehung eines Sachverständigen beantragt, welcher mit den einschlägigen Rechtsvorschriften hinlänglich vertraut ist.
Unklar sei zudem, auf welche Widersprüche zwischen ihm und der Zweitbeschwerdeführerin sich die belangte Behörde beziehe. Aufgrund der Symptome einer Gastritis habe die Zweitbeschwerdeführerin zwar nicht viel angegeben, abweichendes habe sie jedoch nicht ausgeführt. Zudem habe die Zweitbeschwerdeführerin die "meisten Gegebenheiten", die ihn zur Flucht bewogen hätten, selbst gar nicht miterlebt.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2013 (Datum des Posteinganges) brachte der Erstbeschwerdeführer über den Verein XXXX zur Vorlage:
Arztbrief Ass. Profis. XXXX der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt XXXX vom 25. Februar 2013 betreffend den Erstbeschwerdeführer. Nach hierin angeführtem psyochpathologischem Befund war der Erstbeschwerdeführer am 15. Februar 2013 zwar bewusstseinsklar sowie voll und ganz orientiert, dessen Konzentrations- und Merkfähigkeit aber "deutlich reduziert". Diagnostiziert wurde eine posttraumatische Belastungsstörung.
Mit Schreiben vom 3. April 2013 (Datum des Email-Einganges) brachte der Erstbeschwerdeführer über den Verein XXXX zur Vorlage:
Psychotherapeutischer Befund XXXX des XXXX vom 2. April 2013 betreffend den Erstbeschwerdeführer. Hierin diagnostiziert "Angst und Depression gemischt" sowie eine posttraumatische Belastungsstörung.
4. Am XXXX wurde der nunmehrige Viertbeschwerdeführer als Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren, für welchen durch seine gesetzliche Vertreterin am 11.11.2014 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, wobei diese angab, für ihren Sohn würden die gleichen Gründe wie für ihre eigene Person gelten.
5. Mit Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts jeweils vom 12.11.2014, Zln.: W190 1432688-1/6E, W190 1432689-1/5E und W190 1432690-1/5E, wurden in den Verfahren der erst- bis drittbeschwerdeführenden Parteien die bekämpften Bescheide in Erledigung der Beschwerden behoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen (Spruchteil A). Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt (Spruchteil B).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt:
"(...) Unter Bezugnahme auf diese behaupteten Misshandlungen bzw. die angeführte Bewusstlosigkeit hat der Erstbeschwerdeführer gelegentlich der niederschriftlichen Einvernahme an 22. Januar 2013 mangelnde Angaben zu fluchtrelevanten Fragen der belangten Behörde sodann wiederholt (kausal) auf bestehende Gedächtnislücken bzw. ein eingeschränktes Erinnerungsvermögen bezogen.
So hat der Erstbeschwerdeführer etwa unter anderem ausgeführt, er könnte sich nicht mehr erinnern, wann der Vorfall mit dem Fremden genau gewesen sei. Er habe sehr viel, so auch die Geburtsdaten seiner Familie vergessen.
An anderer Stelle erklärte der Erstbeschwerdeführer, befragt nach den Kollegen und den an ihn gerichteten Vorwürfe sogar, er wisse nur dass er sechs Monate zu Hause gewesen sei, ansonsten könne er sich an gar nichts erinnern. Er wisse gar nicht, ob er sich selbst daran erinnert habe, sich versteckt gehalten zu haben, oder ob ihm das nicht nur jemand erzählt habe. Dass er drei Tage eingesperrt gewesen sei, wisse er nur, weil ihm das seine Mutter irgendwann erzählt habe.
Wiederum an anderer Stelle gab der Erstbeschwerdeführer an, ihm sei auch nicht erinnerlich, ob er seine Frau (unmittelbar) nach dem Krankenhausaufenthalt gesehen habe. Er habe sie (jedenfalls) am Tag der Abreise gesehen. Auch ob und wenn ja, in welcher Form er während der sechs Monate bis zu ihrer gemeinsamen Ausreise Kontakt zu seiner Frau gehabt habe, vermöge er nicht anzugeben. Er könne sich nicht erinnern und vergesse alles.
Auch die Tatsache, dass der Erstbeschwerdeführer zu sonstigen an ihn gerichteten Fragen, wie im Sachverhalt detailliert dargestellt, nur zögerlich Auskunft zu geben vermochte, veranlasste das Bundesasylamt allerdings dennoch nicht, sich mit dessen psychiatrischen Gesundheitsstatus, insbesondere mit der Verifizierung der Frage von allfällig tatsächlich vorhandenen Einschränkungen des Erinnerungsvermögens, auseinanderzusetzen und ein entsprechendes Sachverständigengutachten einzuholen.
Dies obwohl auch die Zweitbeschwerdeführerin sowohl gelegentlich ihrer niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes als auch bei ihrer Befragung durch das Bundesasylamt angegeben hat, dass der Erstbeschwerdeführer in Tschetschenien physisch misshandelt worden sei und sich zunächst an nichts erinnern habe können.
Soweit das Bundesasylamt daher in dem den Erstbeschwerdeführer betreffenden (erst)angefochtenen Bescheid pauschalierend ausführt, der Erstbeschwerdeführer habe den behaupteten Fluchtgrund auf "extrem vage Art und Weise" geschildert, auch dessen Angaben zu seinen Arbeitsaufgaben seien in sämtlichen Bereichen vage und dem Erstbeschwerdeführer zum Vorwurf macht, "keine genauen Zeitangaben des vermeintlichen Vorfalles machen" zu können, ignoriert es die vordargestellten Vorbringen betreffend eines (behaupteter Maßen) eingeschränkten Erinnerungsvermögens schlichthin.
Die belangte Behörde kann vage Ausführungen und Erinnerungslücken dem Erstbeschwerdeführer im gegebenen (behaupteten) kausalen Kontext von Misshandlung und Gedächtnisproblemen aber nur dann zum Vorwurf machen, wenn deren psychiatrische Genese verneint werden kann. Dies umso mehr, als in dem zwischenzeitig vorgelegten Arztbrief der Universitätsklinik für Psychiatrie des Allgemeinen Krankenhaus der Stadt XXXX vom 25. Februar 2013 ein betrachtenswerter psychopathologischer Befund ("reduzierte Konzentration und Merkfähigkeit") aufgezeigt ist, der im fortgesetzten Verfahren durch ein medizinisches Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen aus dem Fachbereich Psychiatrie näher zu beleuchten sein wird.
Auch sonst hat die belangte Behörde zum weiteren Vorbringen des Erstbeschwerdeführers keinerlei Ermittlungen angestellt bzw. hätte diese in der oben aufgezeigten kurzen Zeit zwischen Einvernahme und Erlass der angefochtenen Bescheide gar nicht vornehmen können. So hat die belangte Behörde etwa keinerlei Erhebungen angestellt, ob es die vom Erstbeschwerdeführer als Dienststelle ins Treffen geführte " XXXX tatsächlich gibt bzw. gegeben hat, sich diese in einem vierstöckigem Gebäude in der Nähe der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes befunden hat und der Erstbeschwerdeführer dort auch tätig war (wobei der Erstbeschwerdeführer etwa auch konkrete Angaben zu seiner Entlohnung getätigt hat, die ebenfalls verifizierbar wären).
Selbst hinsichtlich des vom Erstbeschwerdeführer behaupteten einwöchigen stationären Krankenhausaufenthaltes hat die belangte Behörde keinerlei Ermittlungen, sei es durch ergänzende Befragungen oder Erhebungen vor Ort, angestellt, sodass auf Grundlage der durchgeführten Befragung nicht einmal die Frage geklärt ist, in welchem Krankenhaus der Beschwerdeführer (behaupteter) Maßen aufgrund welcher Verletzungen behandelt worden sein will. Hinweise auf eine medizinische Untersuchung des Beschwerdeführers in Hinblick auf die von diesem behaupteter Maßen erlittenen und stationär behandelten Verletzungen fehlen zur Gänze.
Der Beschwerde ist ferner beizupflichten, dass die Behauptung von Widersprüchen in den Aussagen von Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin ohne jedwede Darlegung, worin diese Widersprüche konkret gelegen sein sollen, nicht geeignet sind eine rechtsstaatlich einwandfreie Begründung darzustellen. (...)"
Mit Eingabe vom 29.12.2014 wurden eine Unterstützungserklärung vom 21.12.2014, ein Werkvertrag vom 30.07.2014 sowie eine Gewerbeanmeldung (Durchführung einfacher Gartenarbeiten) vom 12.08.2014, jeweils betreffend den Erstbeschwerdeführer, übermittelt.
6. Im vor dem Bundesamt fortgesetzten Verfahren des Erstbeschwerdeführers wurde in weiterer Folge eine gutachterliche Stellungnahme durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin, psychosomatische und psychotherapeutische Medizin eingeholt. Aus dem Gutachten vom 28.04.2015 ergibt sich im Wesentlichen, dass die angegebenen bzw. beobachtbaren Symptome insgesamt in kein bekanntes Störungsbild lückenlos einzuordnen wären. Für eine PTBS bestünden derzeit keine diagnostischen Hinweise. Entweder es liege eine schon früher erworbene (oder angeborene) milde Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen vor, und/oder aber eine neurotische/zwanghafte Störung mit Vorstellungskonkretisierung. Auch eine Konstruktion der Symptomatik sei nicht vollends auszuschließen. Da der Erstbeschwerdeführer weder die ihm bereits verordneten Medikamente einnehme, noch seit 2013 eine Therapie begonnen bzw. weitergeführt hätte, sei davon auszugehen, dass eine solche beim Erstbeschwerdeführer nicht als erforderlich erachtet bzw. der Leidensdruck nicht als groß genug empfunden werde. Im Falle einer Überstellung sei eine vorübergehende Verschlechterung nicht auszuschließen, eine Suizidalität bestünde gegenwärtig nicht. Soweit aus der Befundlage zum Zeitpunkt der Exploration ableitbar, bestünden derzeit keine lebensbedrohlichen Krankheitsbilder.
Am 04.08.2015 wurde der Erstbeschwerdeführer im Beisein eines geeigneten Dolmetschers niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Der Erstbeschwerdeführer gab an, sich zur Durchführung der Einvernahme in der Lage zu fühlen, jedoch an schweren psychischen Problemen zu leiden; er arbeite selbstständig als Hausmeister und finanziere ihren Lebensunterhalt, er könne auch Deutsch. Zu seinem Fluchtgrund habe er keine ergänzenden Angaben zu tätigen, er habe bereits alles gesagt; wenn er an Tschetschenien denke, sei er psychisch sehr stark angeschlagen, er wolle sich mit seiner Familie in Österreich integrieren. Zu seinen Rückkehrbefürchtungen wolle er sich nicht äußern.
Aus einem durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in weiterer Folge eingeholten psychiatrisch/neurologischen Sachverständigen-Gutachten durch eine Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 15.07.2016 ergibt sich im Wesentlichen, dass der Erstbeschwerdeführer an einer Symptomatik leide, welcher diagnostisch im Störungsbild "Angst und depressive Störung gemischt" zuzuordnen sei. Der vorliegenden, derzeit unbehandelten, Störung komme mäßiger Krankheitswert zu; der Erstbeschwerdeführer sei grundsätzlich vernehmungsfähig, es lägen keine Hinweise auf eine psychische Erkrankung vor, die den Erstbeschwerdeführer daran hindern würde, gleichbleibende und konkrete Angaben zu Ereignissen in der Vergangenheit zu machen. Eine medizinische (psychiatrische) Behandlung wäre bei entsprechendem Leidensdruck indiziert.
Am 21.09.2016 fand im Beisein einer geeigneten Dolmetscherin und einer Vertrauensperson eine ergänzende Einvernahme des Erstbeschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Das Fernbleiben der ebenfalls geladenen Zweitbeschwerdeführerin entschuldigte der Erstbeschwerdeführer dadurch, dass diese schwanger sei (diesbezüglich wurden ein Arztbericht und ein Mutter-Kind-Pass vorgelegt) und zweitweise an sehr starken Schmerzen leiden würde. Dem Erstbeschwerdeführer wurde das eingeholte Sachverständigen-Gutachten unter Einräumung einer zweiwöchigen Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ausgehändigt.
Die weitere Befragung seiner Person nahm in ihren gegenständlich relevanten Teilen den folgenden Verlauf:
"(...) LA: Nennen Sie die genaue Anschrift Ihrer damaligen Arbeitsstelle in der Russischen Föderation?
VP: Republik Tschetschenien - Stadt XXXX Ich weiß dass die Post und die Feuerwehr in unmittelbarer Nähe. Ich strenge mich an, aber ich kann es nicht genauer sagen. Mein unmittelbarer Vorgesetzter hieß XXXX . Eine Tochter von ihm ging nach Syrien und er wurde entlassen.
LA: Wann wurde er entlassen?
VP: Er wurde entlassen als ich schon in Österreich war. Ich habe das erst hier erfahren. Er hat auch für die Ausstellung von Pässen Schmiergelder kassiert. Es gab auch eine Gerichtsverhandlung gegen ihn, es wurde ihm vorgeworfen, dass er Schmiergelder einkassiert hat.
LA: Wissen Sie noch in welcher Straße Ihre Arbeitsstelle lag?
VP: Wir hatten immer Vordrucke mit der Adresse und deshalb hab ich das nie selbst eintragen müssen. Ich weiß nur, dass ich immer A15 eingetragen habe. Ich hatte Anfragen z.B. von der Botschaft der Russischen Botschaft, ob eine Person hier wohnhaft ist. Dieser Sache ich dann auch nach.
Anm: VP wird aufgefordert, auf die Fragen zu antworten.
LA: Beschreiben Sie dieses Gebäude?
VP: Anm. VP zeichnet eine Skizze. Rote Legenden wurden durch Referent hinzugefügt. Diese wird zum Akt genommen.
LA: Wo war Ihr Arbeitsplatz in diesem Gebäude?
VP: im 1. Stock (Erdgeschoss) rechts. Das 4. Stockwerk war noch nicht fertig ausgebaut. Jetzt ist es aber fertig.
LA: Sie können sich sehr detailliert an die Aufteilung der einzelnen Abteilungen innerhalb dieses Gebäudes erinnern, allerdings die Straße können Sie nicht nennen?
VP: Damals beim Anwalt konnte ich mich erinnern und er hat es glaublich in das Protokoll geschrieben. Jetzt kann ich mich nicht mehr erinnern.
LA: Im welchen Zeitraum haben Sie dort gearbeitet?
VP: 2009 habe ich die Arbeit bei dieser Behörde aufgenommen. 6 Monate hatte ich ein Praktikum dort. Nach 6 Monaten wurde ich Leutnant. Ich habe bis 2012 dort gearbeitet. Ich kann mich jetzt an die Straße erinnern. Sie hieß XXXX .
Anm. VP redet ständig unaufgefordert. Er wird zum wiederholten Male darauf hingewiesen, dass er auf die Fragen antworten soll, ansonsten ist eine lückenlose Protokollierung nicht möglich.
LA: Sie haben Kenntnisse darüber, dass Ihr ehemaliger Vorgesetzter angeklagt wurde und dass Ihr Vorgesetzter entlassen wurde. Auch dass das 4. Stockwerk mittlerweile fertig ausgebaut wurde wissen Sie. All das haben Sie in Erfahrung gebracht, seit Sie in Österreich sind. Woher haben Sie all diese Informationen?
VP: Auf youtube gibt es ein Video von dem Gebäude. Nachgefragt - Auch das habe ich in einem youtube Video gesehen. Es ist öffentlich, es kann jeder nachsehen, auch Sie. Er wurde zwar wegen den Schmiergeldsachen freigesprochen wurde aber letztendlich doch entlassen.
LA: War Ihr Vorgesetzter XXXX für die Misshandlungen Ihrer Person verantwortlich?
VP: Nein das ging nicht von ihm aus.
LA: Beschreiben Sie Ihr Tätigkeitsfeld? Welche Aufgaben hatten Sie inne?
VP: Es wurden Kontrollen durchgeführt und wenn jemand gegen das Gesetz verstoßen hatte, habe ich Protokolle erstellt. Wenn sich jemand nicht ausweisen konnte, wurde dieser in einem Raum gebracht bis seine Identität festgestellt war. Einmal im Monat hatten wir Besuch vom FSB (föderalen Sicherheitsdienst) und es wurde die Aus- und Einreisen geprüft. In meiner Abteilung waren 5 oder 6 Personen. Alle diese Personen haben Kontrollen durchgeführt. Nachgefragt - Ja wir haben selbst Personenkontrollen auf der Straße und in Geschäften durchgeführt. Manche von uns haben Ihre Funktion aber ausgenutzt und Geld kassiert.
LA: In einer früheren Einvernahme erzählten Sie über den Auslöser Ihrer Probleme. Sie hatten damals einen Mann kontrolliert, den Sie auch nicht mittels Fingerabdrücke im System finden konnten. Was haben Sie dann gemacht mit dieser Person?
VP: Ich ließ ihn gehen und das war mein Problem. Ich hatte ja Erfahrung, dass bei uns die Menschen grundlos lange festgehalten und geschlagen wurden. Das habe ich alles mitbekommen. Die Person war durch Schläge im Gesicht derartig geschwollen, dass ich die Identität gar nicht feststellen konnte, deshalb ließ ich ihn gehen.
LA: In welchem Beschäftigungsverhältnis waren Sie dort angestellt?
VP: Ich wurde von der russischen Seite nicht von der tschetschenischen Seit angestellt. Finanziert wurde ich auch von den Russen. Ich gehörte zu der Miliz. Arbeitsverträge hatten nur die Militärs, wir hatten sowie hier die Soldaten ein Gelöbnis abgegeben.
LA: Können Sie einen Nachweis über diese Beschäftigung vorlegen (Lohnbestätigung, Vertrag,....)?
VP: Ich könnte etwas vorlegen. Wenn meine Frau geladen wird, könnte sie das mitnehmen.
LA: Es wäre besser, wenn Sie das schon vorab der Behörde übermitteln könnten?
VP: Ja, ich werde es schicken. Es ist darin mein Aufgabenbereich beschrieben. Das Dokument ist original und personalisiert auf meine Person.
Anm: VP wird aufgefordert, dieses Dokument innerhalb einer Woche der Behörde vorzulegen.
LA: In Ihrer Einvernahme am 04.08.2015 wurde Ihnen durch den damaligen Referenten mitgeteilt, dass Ihre Fluchtgründe nicht glaubhaft sind und Sie möglicherweise subsidiären Schutz bekommen würden. Ihre Antwort lautete: Danke! Demnach haben Sie der vorgehaltenen Unglaubwürdigkeit Ihres Vorbringens zugestimmt! Wollen Sie dazu Stellung beziehen?
VP: Mit wurde vom Übersetzer es so übersetzt, dass mein Vorbringen für Asyl nicht ausreichend ist und ich daher subsidiären Schutz bekommen würde. Für mich ist der rechtliche Ausdruck nicht relevant sondern dass ich hier in Österreich bleiben kann.
LA: Als Sie diesen Mann, den Sie nicht identifizieren konnten, freigelassen hatten. Wie ging es dann weiter?
VP: Die Freilassung hat viel Zorn ausgelöst. Ich wurde geschlagen, gleich am Tag als ich den Mann freigelassen hatte. Nachgefragt - Es waren auch Mitarbeiter der Miliz die mich geschlagen hatten. Ich wurde beschuldigt, die Widerstandskämpfer unterstützt zu haben, ich wurde sehr aggressiv misshandelt. Ich konnte nicht einmal den Kopf heben und sehen, wer mich geschlagen hatte. Nachgefragt - Ich wurde hinunter gebracht vom 2. Stock in das Erdgeschoss und dort wurde ich geschlagen. Ich war mehrmals bewusstlos.
LA: Wann wurden Sie freigelassen von Ihren Peinigern?
VP: Zuhause wurde mir mitgeteilt, dass ich 3 Tage nicht anwesend war. Die Freilassung war nur über meine Mutter möglich, weil viele Verwandte mütterlicherseits waren bei der Miliz und so konnte sie meine Freilassung erwirken.
LA: Warum wusste Ihre Mutter, dass Sie in der Gewalt Ihrer Mitarbeiter waren?
VP: Ich war in der Arbeit und bin von dort nicht zurückgekommen.
LA: Dann wird sie möglicherweise eher annehmen, dass unterwegs was passiert sei!
VP: Es passiert sehr oft, dass die Menschen sehr oft von der Arbeitsstelle nicht mehr zurückkommen. Das ist dort normal. Ich hatte Glück, dass ich gefunden wurde.
LA: Wie lief die Freilassung ab?
VP: Ich weiß nicht mehr wie das war. Es wurde mir erzählt, dass ich im Krankenhaus war und meine Mutter sich große Sorge gemacht hatte. Dann war ich bei Verwandten. Aber die Verwandten haben mir zu verstehen gegeben, dass sie das nicht begrüßen, wenn ich bei denen aufhältig bin.
LA: Schildern Sie Ihre Freilassung konkreter. Wo gingen Sie nach der Freilassung hin?
VP: Mir wurde mitgeteilt, dass ich nach der Freilassung ins Krankenhaus gebracht wurde. Daran kann ich mich nicht erinnern, sondern wurde mir erzählt. Ich versuche mich daran zu erinnern, ob ich im Krankenhaus meine Frau gesehen habe. Ich habe meine Mutter gehört, das weiß ich noch. Ich weiß noch, dass meine rechte Hand sehr stark geschwollen war, weil sie die Infusion nicht gut durchgeführt hatten. Meine Schwester hat im gleichen Spital gearbeitet, aber in der Abteilung für Geburten.
LA: In welchem Krankenhaus waren Sie wie lange aufhältig?
VP: Im zentralen Krankenhaus von XXXX in der traumatologischen Abteilung. Uns wurden aber keine Befunde oder irgendwelche Zetteln vom Krankenhaus mitgegeben. Es ist generell so, dass vom Krankenhaus keine Bestätigungen ausgestellt werden.
LA: Wie lange waren Sie im Krankenhaus in XXXX aufhältig?
VP: Eine Woche wurde mir gesagt. Eigentlich sollte ich länger dort sein, aber meine Mutter wollte aus Angst, dass ich das Krankenhaus verlasse. Meine Schwester hat sich dann um mich gekümmert.
LA: Können Sie sich noch an die Entlassung vom Krankenhaus erinnern?
VP: Nein.
LA: Ab welchem Zeitpunkt sind Ihre Erinnerungen wieder vorhanden?
VP: Als ich bei meinen Verwandten war, wo meine Schwester sich um mich gekümmert hat.
LA: Bei welchen Verwandten waren Sie untergebracht?
VP: Ich war bei meiner Tante (jüngste Schwester meiner Mutter) XXXX . Sie wohnt in einem Dorf an der Grenze zu Dagestan.
LA: Wie lange waren Sie bei dieser Tante XXXX ?
VP: 3 oder 4 Monate.
LA: Sie haben zuvor gesagt, dass Ihre Schwester sich um Sie gekümmert hat, lebten aber bei Ihrer Tante?
VP: Untergebracht war ich bei meiner Tante, versorgt hat mich meine Schwester.
LA: Waren nach dem Vorfall jemals wieder an Ihrer Arbeitsstelle?
VP: Nein.
LA: Wurde von der Arbeitsstelle nachgefragt, warum Sie von der Arbeit fernbleiben?
VP: Nein von der Arbeitsstelle nicht, aber es gab Interesse an meiner Person von anderer Seite.
LA: Von welcher Seite gab es Interesse?
VP: Die Miliz hat unsere Nachbarn befragt, ob sie mich gesehen haben und ob sie über meinen Aufenthalt Bescheid wissen.
LA: Welcher Ihrer Verwandten leben momentan in Tschetschenien?
VP: Meine Mutter, 2 Tanten, meine Schwestern und die Kinder meiner Schwester.
LA: Die haben aber keine Probleme wegen Ihnen?
VP: Wenn ich zurückkomme werden sie Probleme haben, aber jetzt momentan nicht. Bei uns ist es so, dass man oft versucht, über Verwandte zu einer bestimmten Person zu gelangen.
LA: Das dürfte aber in Ihrem Fall nicht so sein?
VP: Wie gesagt, viele meiner Verwandten sind bei der Miliz, dass dürfte meiner Familie helfen.
LA: Kamen diese Milizen zu Ihnen ins Krankenhaus oder wurden Sie bei Ihrer Tante aufgesucht?
VP: Nein, sie waren weder im Krankenhaus, noch bei der Tante. Mein Name ist XXXX also der Name meines Vaters. Meine Tante heißt aber XXXX und es war vielleicht zu kompliziert dies rauszufinden.
LA: Sie waren selbst Angehöriger der Milizen und als solcher Teil der staatlichen Organisation. Stimmen Sie dem zu?
VP: Unsere Abteilung fiel in die Zuständigkeit von Moskau, deshalb trenne ich es von den rein tschetschenischen Behörden.
VP: Die Verfassung der Russischen Föderation ist für die Tschetschenen wie eine chinesische Schrift. Manche unserer Mitarbeiter waren korrupt, sie ließen sich bezahlen für die Ausstellung von Pässen. Ich wollte das nicht, deshalb war das Verhältnis zu einem anderen Mitarbeiter schlecht.
LA: Hatten Sie zwischen dem Vorfall und Ihrer Ausreise nochmals Behördenkontakt?
VP: Nein.
LA: Haben Sie einen Pass ausstellen lassen vor Ihrer Ausreise?
VP: Bei uns ist es so, dass man einen Reisepass auch in Abwesenheit bekommen kann. Man muss nicht persönlich erscheinen.
LA: Das heißt, der Pass lautend auf Ihren Namen wurde nach diesem Vorfall ausgestellt?
VP: Ja.
LA: Stehen Sie aktuell in ärztlicher Behandlung?
VP: Ich bekomme vom Hausarzt meine Tabletten.
...
LA: An welchen Krankheiten leiden Sie? Können Sie darüber einen Arztbericht vorlegen?
VP: Ich nehme Tabletten die mir helfen einzuschlafen. Ich habe Wirbelsäulenprobleme und ich habe Schmerzen im Rücken.
Anm: VP wird aufgefordert, aktuelle Arztberichte, Medikamentenliste und dergleichen vorzulegen. Er wird darauf hingewiesen, dass diese die Entscheidungsgrundlage für sein Verfahren sind.
LA: Wie lange nach dem Vorfall sind Sie aus der Russischen Föderation ausgereist?
VP: Anfang 2013 bin ich ausgereist. 4 Tage nach der Ausreise war ich in Österreich. Nachgefragt - Ich weiß von meiner Mutter dass der Vorfall im Juli 2012 war und ausgereist bin ich am 11. Jänner 2013.
LA: Vom Vorfall im Juli 2012 bis zur Ausreise im Jänner 2013 vergingen rund 6 Monate. Sie waren 4 Monate bei Ihrer Tante, 1 Wochen im Krankenhaus, 3 Tagen in den Fängen Ihrer Peiniger. Das ergibt einen Zeitraum von rund 4,5 Monaten. Wo waren Sie die restliche Zeit?
LA: Wann hatten Sie nach dem Vorfall erstmals wieder Kontakt mit Ihrer Frau?
VP: Ich war dann noch bei einer anderen Tante namens XXXX im Dorf XXXX . Nachgefragt - Sie wohnt ca. 40 Kilometer von Tante XXXX entfernt, auch in Tschetschenien. ...
LA: Pflegen Sie regelmäßigen Kontakt mit Ihren Verwandten im Heimatland?
VP: Ich habe insgesamt 10 mal seit ich hier bin mit meiner Mutter telefoniert.
...
LA: Wo leben Sie derzeit in Österreich?
VP: In einer privaten Unterkunft in XXXX .
LA: Wovon leben Sie bzw. wie bestreiten Sie hier in Österreich Ihren Lebensunterhalt?
VP: Von der Grundversorgung.
LA: Haben Sie in Österreich Verwandte?
VP: Nein.
LA: Sprechen Sie Deutsch? (Anm.: Fragestellung erfolgt in deutscher Sprache)
VP: Ja. (Anm.: Antwort erfolgte in deutscher Sprache)
LA: Besuchen Sie Kurse (z.B. Deutschkurs) oder machen Sie Ausbildungen?
VP: Durch meine Arbeit hatte ich viele Kontakte mit Muttersprachlern und konnte so meine Kenntnisse verbessern. Leider habe ich mich bisher vergebens um einen Deutschkurs bemüht.
LA: Sind Sie Mitglied in einem Verein, oder einer Organisation hier in Österreich?
VP: Nein.
LA: Haben Sie österreichische Freunde oder sonstige soziale Kontakte zu Österreichern?
VP: Ich bin in Kontakt mit den Nachbarn und anderen ortsansässigen Bewohnern. ...
LA: Ich beende jetzt die Befragung. Konnten Sie zum Verfahren alles vorbringen oder haben Sie noch etwas hinzufügen?
VP: Ich weiß was zur Folge es haben wird, wenn ich nach Tschetschenien zurückkehre. Ich habe es selbst oft miterlebt, wie man unerwünschte Personen beseitigt. Ich war hier nie in einer Moschee und bemühe mich zu integrieren. Ich verstehe die Befürchtungen der Asylbehörde, ob eine Person gut oder schlecht ist. Ich bin seit 4 Jahren hier und habe nie gegen das Gesetz verstoßen. Ich bin bereit mich selbst zu versorgen. Ich möchte noch fragen, ob Sie eine Email oder einen Anruf von Hrn. XXXX erhalten haben?
LA: Nein habe ich nicht. Wer ist diese Person?
Vertrauensperson: Diese Person hat Interesse, Herrn XXXX anzustellen.
(...)
LA: Es wurde alles richtig und vollständig protokolliert?
VP: Beim letzten Interview habe ich das so verstanden, dass es für mich den einen Weg gibt. Es ist für mich sehr belastend, über die Ereignisse zu sprechen. Ich hoffe ich muss darüber nicht mehr sprechen. Ich habe zwei wunderbare Söhne und meine Frau unterstützt mich sehr. Wir haben diesem Land nichts Schlimmes getan, wir wollen nur leben. Ich versuche mich stets in die Gemeinschaft zu integrieren. (...)"
Mit Eingabe vom 26.09.2016 wurden ein Schreiben eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 23.09.2016 sowie ein russischsprachiges Schreiben übermittelt.
Am XXXX wurde die nunmehrige Fünftbeschwerdeführerin als Tochter des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im Bundegebiet geboren, für welche durch ihre gesetzliche Vertreterin am 02.03.2017 ein Antrag auf Durchführung eines Familienverfahrens gemäß § 34 AsylG 2005 gestellt wurde.
Am 13.10.2017 erfolgte eine ergänzende Einvernahme der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, welche in ihren gegenständlich relevanten Teilen den folgenden Verlauf vernahm:
"(...) LA: Welcher Volksgruppe und welcher Religionsgemeinschaft gehören Sie an?
VP: Ich bin Moslem und Tschetschenin.
LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich?
VP: Ich habe Kopfschmerzen und viel Stress. Ich denke viel nach und habe daher Stress. Nachgefragt: Ich bekomme Tabletten gegen die Kopfschmerzen. Ich war auch in XXXX bei einer neurologischen Untersuchung. Ich habe jede Woche Therapie in der Form von Akupunktur.
LA: Seit wann bestehen Ihre gesundheitlichen Probleme?
VP: Diese Probleme bestehen seit meinem 17. Lebensjahr.
LA: Wurden Sie deswegen schon in Ihrem Heimatland medizinisch behandelt?
VP: Ja ich habe Untersuchungen in Tschetschenien gemacht und es wurde festgestellt, dass ich Migräne wegen Stress hatte, als Folge einer Depression.
LA: Welche Schulausbildung haben Sie absolviert?
VP: Ich habe 9 Jahre Grundschule gemacht und danach 2 Jahre und 6 Monate Krankenschwester gelernt.
LA: Welchen Beruf haben Sie erlernt bzw. ausgeübt?
VP: Ich habe nicht gearbeitet. Ich habe 3 bis 4 Monate bei einem Frisör gearbeitet. Es ist schwierig in Tschetschenien eine Arbeit zu finden. Man muss viel Geld bezahlen oder warten. Ich habe versucht eine Arbeit zu finden.
LA: Womit haben Sie in Ihrem Heimatland bisher Ihren Lebensunterhalt bestritten?
VP: Bis ich geheiratet habe, haben mich meine Eltern unterstützt, danach hat mich mein Mann versorgt.
LA: Haben Sie irgendwelche Besitztümer in Ihrem Heimatland?
VP: Ich habe mit meinem Mann ein Haus. Meine Schwiegermutter wohnt derzeit in diesem Haus. Ich habe die Adresse oben angegeben.
LA: Wie würden Sie Ihre wirtschaftliche/ finanzielle Situation zuletzt (vor der Flucht) im Heimatland gemessen am landesüblichen Durchschnitt bezeichnen (zB. gut/mittel/schlecht)?
VP: Meine wirtschaftliche Situation war gut. Wir haben gut gelebt.
...
LA: Hatten Sie persönlich jemals Probleme mit den Behörden (oder staatsähnlichen Institutionen) Ihres Heimatlandes?
VP: Ich persönlich nicht. Mein Mann hatte Probleme.
...
LA: Haben Sie Geschwister?
VP: Ja ich habe drei Brüder. Diese befinden sich in Tschetschenien.
LA: Wie war/ist das Verhältnis zu Ihren Angehörigen?
VP: Ich habe Kontakt zur Familie. Ich telefoniert regelmäßig mit meiner Mutter und meinen Brüdern. Ich habe wöchentlich ca. 3-Mal Kontakt zu meiner Mutter.
LA: Hat Ihre Familie irgendwelche Besitztümer in Ihrem Heimatland, z. B. Häuser, Grund?
VP: Nein, wir hatten früher einen Wohnung in XXXX , haben diese allerdings verkauft und in das Haus investiert, welches wir jetzt haben.
...
LA: Wie konnten Sie die Reise nach Europa finanzieren?
VP: Meine Schwiegermutter hat das Geld organisiert und bezahlt.
LA: Wann hatten Sie beschlossen zu flüchten?
VP: Wir haben versucht dieses Problem zu lösen. Ich war gerade bei meiner Mutter und es kam ein Verwandter zu mir und hat gesagt, dass es nicht möglich gewesen wäre das Problem zu lösen, daher müssen Sie weggehen. Mir wurde gesagt, dass ich mich entscheiden müsse, ob ich mit meinem Mann mitgehen will und es war eine klare Entscheidung, daher bin ich mitgegangen.
LA: Wann haben Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen?
VP: Ich habe mein Heimatland am 11.01.2013 verlassen.
...
LA: Aus welchem Grund haben Sie nunmehr Ihren Heimatstaat verlassen? Schildern Sie Ihre Fluchtgründe. Versuchen Sie chronologisch vorzugehen, schildern Sie es so, dass es auch unbeteiligte Personen nachvollziehen können und verzetteln Sie sich nicht zu sehr in Details. Wenn ich etwas näher wissen möchte, frage ich explizit nach.
VP: Mein Mann hat beim XXXX gearbeitet. Nachgefragt: Er hat bei der Abteilung für XXXX gearbeitet. Diese Dienststelle war im 2. Und 3. Stock. Es war die XXXX . Er hat dort gearbeitet. Das Gebäude war in XXXX in der XXXX Gasse 11a. Er war das letzte Jahr vor der Ausreise sehr nervös. Er hat seiner Mutter oft nach der Arbeit gesagt, dass er dort nicht mehr arbeiten wolle, da dies sehr schwierig wäre. Er hat an Razzien teilnehmen müssen und musste dabei illegal auf haltige Ausländer ausforschen. Mein Mann hat mit mir früher nicht über seine Arbeit gesprochen sondern erst in Österreich. Ich weiß jetzt warum er dort nicht arbeiten wollte. Er hat mitbekommen wie seine Kollegen diese Menschen behandelt haben. Sie haben die Menschen geschlagen. Das waren ganze Familien dort und die Kinder und Frauen haben dabei zuschauen müssen, wie der Vater und der Ehemann geschlagen wird. Mein Mann hat als Kind erlebt, wie sein Vater mitgenommen und geschlagen wurde, das war ein traumatisches Erlebnis für Ihn. Mein Mann hat immer versucht seine damaligen Kollegen davon abzuhalten diese Menschen zu schlagen. Am 02.07.2012 sollte er nach der Schicht nach Hause kommen und er kam nicht. Im Erdgeschoß des Amtshauses waren Anhalte Zellen, wo die Illegalen für 24 Stunden angehalten wurden. Er hat in dieser Zelle einen Mann gesehen, welcher offensichtlich zusammengeschlagen wurde. Mein Mann hat versucht die Unterlagen zu der Anhaltung zu finden, konnte aber nichts finden. Er hat diesen Mann einfach gehen gelassen. Dieser Mann hat ihm wirklich leidgetan. Mein Mann sagte zu mir, dass sie den Mann umgebracht hätten, wenn er ihn nicht gehen gelassen hätte. Kurz darauf kamen die Kollegen meines Gatten von einer Amtshandlung zurück und haben erfahren, dass die genannte Person von meinem Mann freigelassen wurde. Mein Mann wurde sofort festgenommen und zusammengeschlagen. An diesem Tag ist er nicht nach Hause gekommen und am nächsten Tag auch nicht. Am dritten Tag begann meine Schwiegermutter meinen Mann zu suchen. Sie hat bei Krankenhäusern angerufen und nachgefragt. Es war uns klar, dass ein Problem besteht. Wir denken, dass er am Leben gelassen wurde, weil der Familienname meiner Schwiegermutter XXXX lautet‚ so wie der XXXX . Meine Schwiegermutter hat dann mit Hilfe der Verwandten, welche beim Innenministerium arbeiten meinem Mann dort rausholen können. Er wurde sofort ins Krankenahaus in XXXX gebracht in die Traumatologische Abteilung. Er war eine Woche dort. In diesem Krankenhaus arbeitet seine Schwester. Er war die ersten 2 Tage dort bewusstlos und kam am 3. Tag zu sich. Ich war am 3. Tag dort. Er hat mich nicht erkannt. Eine Woche später haben die Mitarbeiter der Krankenhausverwaltung erzählt, dass gefragt wurde, ob er da sei. Die Familie hat ihn sofort aus dem Krankenhaus weggebracht. Mein Mann hat Verwandtschaft in abgelegenen Tschetschenischen Bergregionen und meine Schwiegermutter hat meinen Mann dort bei einer Tante versteckt. Seine Schwester ist mitgekommen und hat ihn dort medizinisch versorgt. Ich bin sofort zu meinen Eltern gegangen. Dieser Mann, welchen mein Mann freigelassen hatte war illegal in Tschetschenien aufhältig. Diese Leute werden geholt, weil sie billig sind. Andere Behörden überprüfen dies und dieser genannte Mann wurde bei einer Kontrolle erwischt und eingesperrt. Da nicht alle auf