Entscheidungsdatum
14.03.2018Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W201 2188323-1/3Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem.GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2018, IFA: XXXX, Verfahren: 151962407 beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012
(BFA-VG) idgF die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (in der Folge BF) reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 16.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid des BFA vom 16.01.2018 wurden der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 idgF sowie der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf das Herkunftsland Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG i.V.m. § 9 BFA-Verfahrensgesetz gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen. Die Abschiebung nach Afghanistan wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG für zulässig erklärt. Unter Spruchpunkt V wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Des weiteren wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf fünf Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen. Unter Spruchpunkt VII wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z. 1 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 19.5.2017 verloren habe.
Zur Frage der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung führte die belangte Behörde begründend aus, es stehe fest, dass für den Beschwerdeführer bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben sei. Er bedürfe daher nicht des Schutzes Österreichs. Es sei in seinem Fall davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten sei. Das einem Antrag auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden sei und ihm auch keine sonstige reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsland drohe, sei es ihm zu zumutbar, den Ausgang seines Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Zum ausgesprochenen Einreiseverbot führte die Behörde aus, der Beschwerdeführer sei wegen Körperverletzung und gefährlicher Drohung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten (Probezeit drei Jahre) verurteilt worden. Als Milderungsgrund habe das Urteil ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ein junger, bisher unbescholtener Mann sei. Erschwerend gewertet worden, dass mehrere Vergehen zusammentreffen. Damit werde das Vorliegen einer Gefährdung für die Öffentlichkeit indiziert. Bei der Bemessung sei das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung komme es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestansvoraussetzungen an, sondern auf das diesem zu Grunde liegenden Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (VwGH 19. Februar 2013,2 1012/18/02 30). Im Falle des Beschwerdeführers sei zu berücksichtigen, dass er, konfrontiert mit dem Urteil und den Eintragungen im kriminalpolizeilichen Aktenindex, keinerlei Einsicht in sein Fehlverhalten an den Tag gelegt habe, sondern vielmehr bezüglich der bereits rechtskräftigen Verurteilung vorerwähnte vorgebracht habe, die sein Verhalten Verhalten rechtfertigen sollten.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 22.02.2018 Beschwerde, in der sämtliche Spruchpunkte bekämpft wurden und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde. Unter anderem wurde vorgebracht, die belangte Behörde habe im gegenständlichen Fall nicht von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht. Die Behörde beschränkte sich vielmehr in ihrer rechtlichen Begründung auf das abdrucken von Gesetzestexten und Textbausteinen und habe es unterlassen, das gesamte Verhalten des BF einzubeziehen und seine Rechte nach Art. 8 EMRK zu berücksichtigen. Dies vor allem und vor dem Hintergrund, dass sowohl die alleinerziehende Mutter als auch seine minderjährigen Geschwister in Österreich asylberechtigt sein und der BF in Afghanistan über keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte verfüge. Für die Beurteilung sei nicht das Vorliegen von rechtskräftigen Bestrafungen oder Verurteilungen, sondern das diesem zu Grunde liegende Verhalten des Fremden maßgeblich. Dabei sei nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Gegenständlich habe eine solche Prüfung nicht statt gefunden. Die belangte Behörde habe unter anderem nicht die Milderungsgründe, die das Ausmaß der verhängten Strafe bestimmt hätten, berücksichtigt. So sei der BF zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Es sei dem Bescheid nicht zu entnehmen, weshalb im gegenständlichen Sachverhalt eine derart schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliege, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde angemessener erscheine. Darüber hinaus sei bis auf kurze Zeit nie in Afghanistan gewesen und habe dort Verfolgung zu befürchten und im Fall einer Rückkehr würde er in eine bedrohliche Lage geraten, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde auch eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK bedeuten würde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu Spruchpunkt A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Parteien als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden. Der BF macht im vorliegenden Fall Verfahrensmängel geltend. So sei dem BF kein Parteiengehör gewährt worden und er habe keine Kenntnis vom Ergebnis des Beweisaufnahmeverfahrens erlangt und auch keine Gelegenheit gehabt, dazu Stellung zu nehmen. Wie eine Durchsicht des vorgelegten Verwaltungsaktes egibt, ist dieses Vorbringen richtig. Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens muss prima facie davon ausgegangen werden, dass für den BF ein Gefährdungsrisiko besteht und er keine Gelegenheit hatte ein entsprechendes Vorbringen im Rahmen des Verfahrens vor der belangten Behörde zu erstatten. Daher war der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W201.2188323.1.00Zuletzt aktualisiert am
20.03.2018