Index
E1E;Norm
12010E049 AEUV Art49;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/17/0788Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision 1. der I Z und 2. der I C A Kft, beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 24. Jänner 2017, LVwG- 2015/14/2041-4 und LVwG-2015/14/2042-4, betreffend Beschlagnahme und Bestrafung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 20. Juli 2015 wurde die Erstrevisionswerberin als handelsrechtliche Geschäftsführerin der zweitrevisionswerbenden Partei der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild iVm § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) mit vier Glücksspielgeräten zumindest am 24. November 2014 für schuldig erkannt; es wurden über sie vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 3.000,-- samt Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Weiters wurde die Haftung der zweitrevisionswerbenden Partei ausgesprochen.
2 In der Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass die zweitrevisionswerbende Partei die vier Glücksspielgeräte zumindest am 24. November 2014 in ihrem Lokal aufgestellt und mit diesen Glücksspiele veranstaltet habe. Sie habe durch das Aufstellen der Glücksspielgeräte in ihrem Lokal "selbstständig eine nachhaltige Mitwirkung zur Erzielung von Einnahmen an den Geräten erbracht".
3 Weiters wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 15. Juni 2015 gegenüber der zweitrevisionswerbenden Partei gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG die Beschlagnahme der vier Glücksspielgeräte angeordnet.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) die Beschwerde gegen das Straferkenntnis (Spruchpunkt 1.) und die Beschwerde gegen den Beschlagnahmebescheid (Spruchpunkt 3.) als unbegründet ab. Es schrieb der Erstrevisionswerberin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, also je EUR 600,-- vor (Spruchpunkt 2.) und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt 4.).
5 Begründend führte das LVwG u.a. aus, es habe aufgrund des vorliegenden Sachverhalts keine Zweifel, dass die zweitrevisionswerbende Partei als Veranstalterin iSd § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG anzusehen sei, weil die in ihrem Lokal vorgefundenen betriebsbereiten Glücksspielgeräte in ihrem Eigentum stünden. Das LVwG begründete weiters, warum das GSpG nicht gegen Unionsrecht verstoße.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte Kostenersatz.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Zum Zulässigkeitsvorbringen im Zusammenhang mit der behaupteten Vorlagepflicht der entscheidenden Gerichte ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH vom 15. 9. 2011, C-347/09, Dickinger und Ömer, Rn. 83 f, vom 30. 4. 2014, C-390/12, Pfleger, Rn. 47 ff, sowie vom 30. 6. 2016, C-464/15, Admiral Casinos & Entertainment, Rn. 31, 35 ff.). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, C-390/12, (Pfleger).
11 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, C-685/15, Online Games Handels GmbH u.a., die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen.
12 Die Revision rügt überdies, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG, ohne darzulegen, dass die Tatumschreibung nicht so präzise gewesen wäre, dass die Erstrevisionswerberin ihre Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können und sie der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt gewesen wäre (vgl. etwa zur ständigen Rechtsprechung VwGH 21.12.2017, Ra 2017/03/0089, mwN).
13 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
14 Die Kostenentscheidung gründet sich auf den §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. Februar 2018
Gerichtsentscheidung
EuGH 62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170787.L00Im RIS seit
22.03.2018Zuletzt aktualisiert am
27.11.2018