TE Vwgh Beschluss 2018/2/22 Ra 2018/16/0006

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Veröffentlicht am 22.02.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §80;
BAO §9;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision des GK in N, vertreten durch die Saxinger Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Opernring 7/1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 16. November 2017, Zl. RV/7101591/2013, betreffend Haftung nach den §§ 9 und 80 BAO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Baden Mödling), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Unbestritten ist, dass der Revisionswerber Geschäftsführer der VP GmbH war. Mit Beschluss vom 24. Mai 2011 lehnte das Handelsgericht Wien die Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft mangels kostendeckenden Vermögens ab. Das Unternehmen wurde gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht.

Mit Haftungsbescheid vom 25. August 2011 nahm das Finanzamt Baden Mödling den Revisionswerber als ehemaligen Geschäftsführer der Gesellschaft und Haftungspflichtigen nach § 9 iVm §§ 80 ff BAO für Abgabenschulden der Gesellschaft im Ausmaß von EUR 447.607,46 in Anspruch.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde des Revisionswerbers teilweise im Umfang von EUR 401.767,91 statt (betreffend Haftung für Schulden aus den Jahren 2000 bis 2002) und wies darüber hinaus (betreffend die Haftung für Schulden aus den Jahren 2004 bis 2006) die Beschwerde im Gesamtbetrag von EUR 45.839,55 als unbegründet ab. Weiters sprach das Gericht aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei. Zu dem - für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision relevanten - Einwand der mangelnden schuldhaften Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten im Vertrauen auf Auskünfte des Steuerberaters gelangte das Gericht im Hinblick auf die Ergebnisse des Beweisverfahrens zum Schluss, dass eine geltend gemachte Vermietung einer Villa nur vorgetäuscht werden sollte, um Aufwendungen gewinnmindernd geltend machen zu können. In diesem Punkt könne nur der Schluss gezogen werden, dass hier durch unrichtige Angaben, allenfalls unter Vortäuschung falscher Tatsachen - auch gegenüber dem Steuerberater - diese Aufwendungen für eine nicht beruflich genutzte Villa zu Unrecht als Aufwendung geltend gemacht worden seien. Zum Fragenkomplex der steuerlichen Geltendmachung der Normverbrauchsabgabe, wonach sich der Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht verantwortet habe, der damalige Geschäftsführer der Steuerberatungskanzlei hätte die Idee entwickelt, Luxusfahrzeuge kurzfristig zu vermieten, führte das Gericht zusammengefasst aus, es möge schon sein, dass eine korrekte Aufklärung des Revisionswerbers durch den damaligen Steuerberater erfolgt sei. Aus den vorgelegten Unterlagen sei aber ersichtlich, dass die Vermietung der Fahrzeuge keinesfalls nur kurzfristig über maximal zwei Wochen, sondern über mehrere Monate erfolgt sei. Damit seien aber die Aussagen des Revisionswerbers im Rahmen der mündlichen Verhandlung eindeutig widerlegt. Es sei hier "zumindest ein fahrlässiges Verhalten gegeben", das als schuldhafte Pflichtverletzung für die Geltendmachung einer Haftung ausreiche. "Im Rahmen der freien Beweiswürdigung" sei bei einer Gesamtbeurteilung des Falles auch aus den Abgabenbescheiden, an die im Rahmen der Haftung eine Bindung gegeben sei, eine unrichtige Darlegung der tatsächlichen Verhältnisse durch den Revisionswerber als damaligen Geschäftsführer der Gesellschaft abzuleiten. Zur Kapitalertragsteuerschuld ergebe sich das schuldhafte Verhalten schon allein aus der tatbestandsmäßigen Zuwendungsabsicht von Ausschüttungen.

Zusammenfassend gelangte das Gericht zum Schluss, auch ein Vertrauen auf einen steuerlichen Vertreter könne ein zumindest leicht fahrlässiges Verhalten nicht zur Gänze ausschließen, wenn von einem Steuerberater beispielsweise vorgegeben werde, dass ein kurzfristiges Vermieten von Kraftfahrzeugen an eine Vergütung von Normverbrauchsabgabe rechtfertige, die Fahrzeuge aber - wie vom Finanzamt festgestellt - über Monate vermietet würden. Abschließend begründete das Gericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof, orientiere sich die Entscheidung doch an der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dessen Rechtsprechung aber keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung für diesen Fall ungelöst lasse.

3 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision erblickt ihre Zulässigkeit in Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, unter welchen Umständen ein Geschäftsführer sich auf Aussagen des Steuerberaters verlassen könne, ohne eine allfällige leichte Fahrlässigkeit befürchten zu müssen. Das Gericht weiche von der bisherigen (nur rar vorhandenen) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Themenbereich der Haftung eines Geschäftsführers nach § 9 BAO unzulässig ab und vertrete irrig die Rechtsauffassung, der Revisionswerber habe dadurch seine Sorgfaltspflichten als Geschäftsführer verletzt, dass er sich auf die Auskünfte des Steuerberaters verlassen habe. Die gegenständliche Entscheidung weiche stark von Entscheidungen "zu z. B. VwGH 26.06.2014, 2013/16/0030; VwGH 20.09.2007, 2003/14/0054; VwGH 09.06.1986, 85/15/0069 ab". Darüber hinaus handle es sich um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, unter welchen Umständen Geschäftsführer sich auf die Auskünfte der Steuerberater verlassen könnten, ohne eine Haftung aufgrund einer Verletzung der Sorgfaltspflicht zu riskieren. Ungeachtet dessen, dass das Gericht von der raren Rechtsprechung zum Themenkreis, inwieweit sich der Revisionswerber auf die Auskunft des Steuerberaters verlassen und darauf vertrauen dürfe, abweiche, liege offensichtlich keine eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu diesem mehr als wichtigen und jeden Staatsbürger, welcher einen Steuerberater beauftrage, relevanten Rechtsfrage vor.

4 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass eine Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

6 Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit nicht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 42 Abs. 2 Z 2 und 3) vorliegt, das angefochtene Erkenntnis oder den angefochtenen Beschluss aufgrund des vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4) bzw. der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 28 Abs. 2) zu überprüfen.

7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage nicht auf ein Vorbringen gegründet werden, das unter das Neuerungsverbot fällt (vgl. etwa VwGH 28.7.2016, Ra 2015/07/0147, mwN).

8 Das Bundesfinanzgericht ist in der Beurteilung der Frage des Vertrauens des Revisionswerbers auf den Rat seines Steuerberaters in tatsächlicher Hinsicht zum Schluss gekommen, dass die zugrundeliegenden Sachverhalte auch gegenüber dem Steuerberater nur vorgetäuscht worden seien oder - im Fall der angeratenen kurzfristigen Vermietung von Kraftfahrzeugen - der Revisionswerber dem Rat in der Sache letztlich nicht gefolgt sei. Die Revision unternimmt im Rahmen der Darlegung ihrer Zulässigkeit gar nicht den Versuch, diese Tatsachenannahmen als Ausfluss der Verletzung von Verfahrensgesetzen zu bemängeln, die eine Rechtfrage grundsätzlicher Bedeutung aufwerfen würden. Damit widerstreitet das Vorbringen im Rahmen der Begründung der Zulässigkeit der Revision schon dem Neuerungsverbot.

9 Die vorliegende Revision ist daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 22. Februar 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018160006.L00

Im RIS seit

20.03.2018

Zuletzt aktualisiert am

29.11.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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