TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/9 W251 2147992-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.03.2018
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Entscheidungsdatum

09.03.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W251 2147992-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 29.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 01.11.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass seine Familie überfallen und seine Frau vergewaltigt worden sei. Er habe durch diesen Vorfall seine Ehre verloren und seine Frau habe nicht mehr mit ihm gesprochen, weil er ihr beim Überfall nicht habe helfen können.

3. Am 22.04.2016 fand eine Einvernahmen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: Bundesamt) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass es in Afghanistan keine Gesetze gebe. Eines Nachts seien unbekannte Männer gekommen. Sie haben seine Frau vergewaltigt und die Familie beraubt. Eine Anzeige habe er nicht erstattet, da dies nichts bringe. Da er seine Würde und Ehre verloren habe, sei sein Leben schwer gewesen und sei er deshalb ausgereist.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.01.2017 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungs-würdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe oder eine Gefährdungslage nicht glaubhaft habe machen können. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, der noch über familiäre Anknüpfungspunkte in Herat verfüge. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass ihm auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit der Hazara eine asylrelevante Verfolgung drohe. Diesbezüglich sei das Bundesamt seiner Ermittlungspflicht nicht nachgekommen. Auch seien die Länderberichte unvollständig und teilweise unrichtig. Herat sei keine sichere Provinz. Auch sei die Beweiswürdigung des Bundesamtes unschlüssig.

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 07.02.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Beschwerdeführer brachte in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen vor, dass die Sicherheitslage in Afghanistan schlecht sei. Hazara würden in Afghanistan nicht von Provinz zu Provinz reisen können. Im Falle einer Rückkehr wäre er von entfernten Verwandten gefährdet. Die Grundstücke der Familie seien vor langer Zeit von den Taliban besetzt worden. Es sei ein Verbrechen in Afghanistan Schiit zu sein. Er sei auch kein gläubiger Moslem da er nicht mehr an den Islam glaube.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Hazara an, bekennt sich zum schiitisch-muslimischen Glauben und spricht Dari als Muttersprache. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat drei Kinder (AS 9, 43; Protokoll vom 07.02.2018 = OZ 13, S. 6).

Der Beschwerdeführer wurde in der Stadt Herat geboren und ist dort gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern aufgewachsen (AS 45, 41; OZ 13, S. 7). Der Beschwerdeführer hat ca. 4 Jahre lang eine Schule besucht (OZ 13, S. 7; AS 47). Der Beschwerdeführer hat seit seinem 18. Lebensjahr in Herat als Fahrer sowie im Geschäft seines Vaters gearbeitet. Die letzten drei bis vier Jahre vor seiner Ausreise aus Afghanistan hat er sein eigenes Geschäft gehabt (OZ 13, S. 7).

Der Beschwerdeführer verfügt in Afghanistan über ein großes familiäres Netzwerk. Seine Eltern leben mit seiner Frau, seinen drei Kindern und einer Schwester in einem Eigentumshaus in der Stadt Herat. Seine zweite Schwestern und seine drei Brüder leben ebenfalls in Herat. Der Beschwerdeführer hat drei Halbonkeln väterlicherseits die in Kabul bzw. in XXXX leben. Der Beschwerdeführer hat zwei Tanten mütterlicherseits von denen eine Tante in der Stadt Herat lebt. Der Beschwerdeführer hat drei Onkeln mütterlicherseits von denen einer im Iran, einer in Uruzgan und einer in Herat lebt. Der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seinen Eltern und zu seiner Frau in Afghanistan (OZ 13 S. 8-9).

Der Beschwerdeführer hat sein Eigentumshaus vor seiner Ausreise aus Afghanistan für 1.300.000 Afghani verkauft. Einen Teil des Geldes hat der Beschwerdeführer für seine Flucht verwendet. Einen Teil des Geldes hat der Beschwerdeführer seinem Vater gegeben, damit dieser seine Frau und seine Kinder versorgen kann. Sollte das Geld irgendwann einmal aufgebraucht sein, könnten seine Frau und seine Kinder weiter bei seinen Eltern wohnen. Seine Eltern besitzen zudem ein kleines Geschäft in der Stadt Herat (OZ 13 S. 9).

Der Beschwerdeführer hat einen afghanischen Führerschein (OZ 9 S. 3).

Der Beschwerdeführer hat zwei Mal einen Deutsch-Alphabetisierungskurs besucht. Derzeit besucht er einen Deutschkurs auf dem Niveau A1. Der Beschwerdeführer hat noch keine Deutschprüfung abgelegt (OZ 13 S. 10). Der Beschwerdeführer hat an der Dialogreihe "Men Talk" teilgenommen (OZ 9 S. 4).

Der Beschwerdeführer lebt von der Grundversorgung. Er hat einmal auf einer Baustelle für 2-3 Stunden pro Tag, insgesamt 40 Stunden, gearbeitet. Zudem hat er zweimal ehrenamtliche Tätigkeiten für die Gemeinde ausgeübt. Er hat auch Reinigungsarbeiten im Deutschkurs ehrenamtlich übernommen (OZ 13 S. 10).

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund. Während seines Aufenthaltes in Österreich war er einmal wegen seiner Augen beim Arzt (OZ 13 S. 11).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1 Es kann nicht festgestellt werden, dass die Familie des Beschwerdeführers überfallen wurde. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers vergewaltigt wurde. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vom islamischen Glauben abgefallen ist. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Vater des Beschwerdeführers Probleme mit den Taliban gehabt habe. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bzw. dessen nähere Familie Probleme mit einer entfernten Verwandtschaft gehabt haben.

Weiters kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan jemals konkret und individuell mit der Ausübung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht worden ist. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Afghanistan Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität drohen würde.

1.2.2. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer wegen seiner Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Schiiten oder zur Volksgruppe der Hazara konkret und individuell physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass Angehörige der Religionsgemeinschaft der Schiiten oder der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan allein aufgrund der Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit physischer und/oder psychischer Gewalt ausgesetzt sind.

1.2.3. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder auch wegen einer Rückkehr aus Europa in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Die Stadt Herat ist relativ sicher.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Herat kann der Beschwerdeführer grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer verfügt in der Stadt Herat über ein sehr großes familiäres Netzwerk, von dem er zumindest vorübergehend Unterstützung erhalten kann. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Sicherheitslage:

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist durch eine tief verwurzelte militante Opposition beeinträchtigt. (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 02.03.2017 mit Aktualisierung vom 21.12.2017 - LIB 21.12.2017, S. 40).

Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (LIB 21.12.2017, S. 44).

Im zweiten Quartal 2017 war die Sicherheitslage in Afghanistan weiterhin volatil, insbesondere in den östlichen und südöstlichen Regionen, die zu den volatilsten zählen (LIB 21.12.2017, S. 22).

Im dritten Quartal 2017 war die Sicherheitslage nach wie vor höchst volatil, jedoch sind mehrere Provinzhauptstädte weiterhin in der Hand der Regierung (LIB 21.12.2017, S. 15).

Auch im vierten Quartal 2017 war die Sicherheitslage höchst volatil. Es gab in diesem Quartal mehr bewaffnete Zusammenstöße zwischen regierungsfeindlichen Elementen und der Regierung, da die ANDSF ihre Offensive verstärkt hat um die Initiative von den Taliban und dem ISKP zu nehmen (LIB 21.12.2017, S. 6).

Herat:

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Provinzhauptstadt ist die Stadt Herat, mit etwa 477.452 Einwohnern. Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (LIB 21.12.2017, S. 79f).

Relativ sichere Gebiete sind die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (LIB 21.12.2017, S. 24).

Im Zeitraum 15.6. bis 31.8.2017 wurde von den Vereinten Nationen ein Angriff auf die schiitische Moschee in der Stadt Herat, bei dem mehr als 90 Personen getötet wurden, verzeichnet. Zu diesem Attentat bekannte sich der ISIL-KP (LIB 21.12.2017, S. 18). Anfang Juni 2017 explodierte eine Bombe beim Haupteingang der historischen Moschee Jama Masjid; bei diesem Vorfall wurden mindestens 7 Menschen getötet und 15 weitere verletzt. Zu diesem Vorfall hat sich keine Terrrorgruppe bekannt (LIB 21.12.2017, S. 26). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (LIB 21.12.2017, S. 53).

Im Jahr 2012 wurde der neue Terminal des internationalen Flughafens von Herat eröffnet (LIB 21.12.2017, S. 133).

Im September 2016 fiel der Startschuss für das "Citizens' Charter National Priority Program"; dieses Projekt zielt darauf ab, die Armut zu reduzieren und den Lebensstandard zu erhöhen, indem die Kerninfrastruktur und soziale Dienstleistungen der betroffenen Gemeinschaften verbessert werden. Die erste Phase des Projektes hat ein Drittel der 34 Provinzen zum Ziel; die vier Städte Balkh, Herat, Kandahar und Nangarhar sind Schwerpunkt des städtischen Entwicklungsprogrammes, welche als erste behandelt werden sollen. In der ersten Phase sollen 8,5 Millionen Menschen erreicht werden, mit dem Ziel 3,4 Millionen Menschen sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen, die Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern, Bildung, Landstraßen, Elektrizität, sowie Zufriedenheit zu steigern und Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu erhöhen. Des Weiteren zielt das Projekt darauf ab, Binnenvertriebene, Menschen mit Behinderung, arme Menschen und Frauen besser zu integrieren (LIB 21.12.2017, S. 194).

Religionsfreiheit

Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten. Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (LIB 21.12.2017, S. 157).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen. Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (LIB 21.12.2017, S. 157).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern. Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (LIB 21.12.2017, S. 157 f).

Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die sunnitische-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion. Für die religiöse Minderheit der Schiiten gilt in Personenstandsfragen das schiitische Recht (LIB 21.12.2017, S. 158).

Militante Gruppen haben sich unter anderem als Teil eines größeren zivilen Konfliktes gegen Moschen und Gelehrte gerichtet. Konservative soziale Einstellungen, Intoleranz und das Unvermögen oder die Widerwilligkeit von Polizeibeamten individuelle Freiheiten zu verteidigen bedeuten, dass jene, die religiöse und soziale Normen brechen, anfällig für Misshandlung sind (LIB 21.12.2017, S. 159).

Schiiten

Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10-19% geschätzt Zu der schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und die ethnischen Hazara. Die meisten Hazara Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan sind einige schiitische Belutschen (LIB 21.12.2017, S. 159 f).

Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten. Afghanische Schiiten und Hazara sind dazu geneigt weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein, als ihre religiösen Brüder im Iran. Afghanischen Schiiten ist es möglich ihre Feste öffentlich zu feiern - manche Paschtunen sind über die öffentlichen Feierlichkeiten verbittert, was gelegentlich in Auseinandersetzungen resultiert (LIB 21.12.2017, S. 160; Beilage ./V S. 4).

Die Situation der afghanisch schiitisch-muslimischen Gemeinde hat sich seit dem Ende des Taliban-Regimes wesentlich gebessert. Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen (LIB 21.12.2017, S. 160).

Ethnische Hazara sind gesellschaftlicher Diskriminierungen ausgesetzt. Hazara sind entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung, keiner gezielten Diskriminierung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt (LIB 21.12.2017, S. 160).

Einige Schiiten bekleiden höhere Ämter; sowie andere Regierungsposten. Schiiten verlautbarten, dass die Verteilung von Posten in der Regierung die Demographie des Landes nicht adäquat berücksichtigte. Das Gesetz schränkt sie bei der Beteiligung am öffentlichen Leben nicht ein - dennoch verlautbarten Schiiten - dass die Regierung die Sicherheit in den Gebieten, in denen die Schiiten die Mehrheit stellten, vernachlässigte. Hazara leben hauptsächlich in den zentralen und westlichen Provinzen, während die Ismailiten hauptsächlich in Kabul, den zentralen und nördlichen Provinzen leben (LIB 21.12.2017, S. 160 f; Beilage ./V S. 3).

Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Shiiten in Afghanistan allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind.

Ethnische Minderheiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht.

Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (LIB 21.12.2017, S. 166).

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet." Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (LIB 21.12.2017, S. 166).

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (LIB 21.12.2017, S. 167).

Hazara

Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind die schiitische Konfession (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) und ihre ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten. Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (LIB 21.12.2017, S. 168).

Ihre Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (LIB 21.12.2017, S. 168).

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert; sie haben sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert. Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (LIB 21.12.2017, S. 169).

Es kommt immer wieder vor, dass die Taliban auf den Hauptstraßen zwischen den Provinzen im Süden, Westen und auf dem Weg nach Maidan Wardak und Bamyian Reisebusse anhalten und bestimmte Reisende mitnehmen und diese dann entweder wieder freilassen oder töten. Die meisten dieser Geiseln auf diesen Strecken sind Hazara. Diese Aktionen richten sich jedoch nicht nur gegen die Hazara, sondern sind auch Paschtunen, Usbeken und Tajken betroffen (Stellungnahme Dr. Rasuly vom 25.07.2017, betreffend die Lage von Hazara in Afghanistan).

Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Hazara in Afghanistan allein aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind.

Rückkehrer

Seit Jänner 2016 sind mehr als 700.000 nicht registrierte Afghanen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt. Viele Afghan/innen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, kehren in ein Land zurück und sind Konflikten, Unsicherheit und weitreichender Armut ausgesetzt. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen, sind Rückkehrer/innen im Allgemeinen arm. Auch wenn reichere Rückkehrer/innen existieren, riskiert ein typischer rückkehrender Flüchtling in die Armut abzurutschen. Die meisten Rückkehrer/innen (60%) entschlossen sich in den städtischen Gegenden Kabuls, Nangarhar und Kunduz niederzulassen (LIB 21.12.2017, S. 200).

Unterstützung durch verschiedene Organisationen Vorort

Eine steigende Zahl von Institutionen bietet Mikrofinanzleistungen an. Die Voraussetzungen hierfür unterscheiden sich, wobei zumeist der Fokus auf die Situation/Gefährdung des Antragenden und die Nachhaltigkeit des Projekts gelegt wird. Rückkehrer und insbesondere Frauen erhalten regelmäßig Unterstützung durch Mikrofinanzleistungen. Jedoch sind die Zinssätze in der Regel vergleichsweise hoch (LIB 21.12.2017, S. 203).

IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerber/innen Unterstützung nach der Ankunft im Land. Mit Ausnahme von IOM gibt es keine weiteren Organisationen, die Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrer/innen in Afghanistan anbieten (LIB 21.12.2017, S. 204).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./V (Konvolut ZMR, GVS, Strafregister Beilage ./I; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, vom 02.03.2017 mit Aktualisierung vom 21.12.2017, Beilage ./II; Gutachten Mag. Mahringer vom 05.03.2017, Versorgungslage in den Städten Kabul, Herat, Mazar-e Sharif Beilage ./III; Stellungnahme Dr. Rasuly, Lage von Rückkehrern aus Europa in Afghanistan vom 15.02.2017, Beilage ./IV; Gutachten Dr. Rasuly, Lage der Hazara in Afghanistan vom 25.07.2017, Beilage ./V) und in die mit Dokumentenvorlage vom 16.11.2017 (OZ 9) vorgelegten Urkunden (Tazkira; Führerschien; Teilnahmezertifikat vom 10.11.2017 - "Men Talk"; Empfehlungsschreiben Verein Miteinander in XXXX vom 10.11.2017; Teilnahmebestätigung, Deutschkurs für AsylwerberInnen vom 03.11.2017; Anwesenheitsbestätigungen für Deutschkurs).

Die Feststellungen gründen sich auf die in den Klammern angeführten Beweismittel.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre Situation in Afghanistan, seine Schulbildung, Berufsausübung, etc.) sowie zu den Eigentumsverhältnissen seiner Familie gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Die Feststellungen zu seinem Religionsbekenntnis gründen sich auf seine diesbezüglich übereinstimmenden Angaben bei der Polizei und beim Bundesamt. Dort gab der Beschwerdeführer jeweils an, dass er schiitischer Moslem ist (AS 9, 45). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer, befragt nach seiner Religionszugehörigkeit, an: "Ich bin Muslim, aber ich bin kein gläubiger Moslem, weil ich glaube nicht an den Islam." (OZ 13 S. 6). Die Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung, wonach er nicht mehr an den Islam glaube und nicht mehr religiös sei, sind als Schutzbehauptung und als unglaubwürdige Steigerung des Vorbringens zu werten. Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an, dass er bereits 4-5 Jahre vor der Ausreise aus Afghanistan nicht mehr an den Islam glauben würde, er habe dies jedoch nicht einmal seinem Vater erzählen können (OZ 13 S. 13). Es ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer bei der Polizei und beim Bundesamt angab schiitischer Moslem zu sein, wenn dieser bereits Jahre vor seiner Ausreise nicht mehr an den Islam geglaubt habe. Auch der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer vom Islam abgefallen sei bzw. nicht mehr an den Islam glauben würde. Die Angaben des Beschwerdeführers, warum er nicht mehr an den Islam glaube waren zudem vage, ausweichend und unkonkret. So gab der Beschwerdeführer an: "Ich sehe jeden Tag, dass die Menschen in Afghanistan umgebracht werden. Daesh und die Taliban sind eine sehr radikale Gruppierung. Die Regierung sagt auch, dass dies eine islamische Regierung sei. Ich weiß es nicht, wer welche von ihnen Recht hat. Alle Menschen im Islam sind egoistisch. Es gibt keine guten Verhältnisse zwischen Vater und Söhne. Jeder will sein eigenes Ziel erreichen. So ist das derzeit im Islam." (OPZ 13 S. 13). Es war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer schiitischer Moslem ist. Die Behauptung vom Islam abgefallen zu sein ist als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vom Glauben abgefallen ist.

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere zur Aufenthaltsdauer, seinen Deutschkenntnissen, seinen fehlenden familiären oder engen sozialen Anknüpfungspunkten in Österreich und seiner Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem), auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 13 S. 10f) sowie auf die von ihm vorgelegten Urkunden (OZ 9).

Hinweise auf nachhaltige Integrationsschritte (soziale/berufliche Integration) des Beschwerdeführers in Österreich sind weder dem Verwaltungs- noch dem Gerichtsakt zu entnehmen und wurden auch im Verlauf der mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht. Der Beschwerdeführer gab sowohl vor dem Bundesamt als auch vor Gericht an, dass er keine Freunde in Österreich habe bzw. er über keine österreichischen Freunde oder sonstigen sozialen Kontakten zu Österreichern verfüge (AS 45; OZ 13 S. 10).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (OZ 13 S. 11) und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in den Strafregisterauszug (Beilage ./I).

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Der Beschwerdeführer gab an, dass seine Familie in der Nacht überfallen worden sei. Seine Frau sei vergewaltigt worden.

Obwohl der Beschwerdeführer sowohl beim Bundesamt (AS 47) als auch in der mündlichen Verhandlung (OZ 13 S. 4f und 11) mehrfach aufgefordert wurde seine Fluchtgründe konkret, umfassen und detailliert darzulegen, präsentierte dieser- ohne jegliche Emotionen - eine bloße Rahmengeschichte. Der Beschwerdeführer hielt diese vage und unkonkret und nannte auch keine Details. Selbst auf Nachfragen beim Bundesamt präsentierte der Beschwerdeführer keine Details, die annehmen lassen, dass es sich beim Überfall um eine tatsächlich erlebte Geschichte handelt (AS 49).

Selbst auf Nachfrage durch die Beschwerdeführervertreterin in der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführe nur ausweichende Antworten:

"BFV: Welche Probleme haben Sie wegen der Vergewaltigung ihrer Frau?

BF: Meine Frau war ein Opfer. Sie wurde vergewaltigt. Ich musste sie beschützen. Aber leider kann man in Afghanistan jemanden nicht beschützen." (OZ 13 S. 14)

Aufgrund der derart vagen, ausweichenden und detaillosen Angaben des Beschwerdeführers, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass jemals ein Überfall auf seine Familie oder eine Vergewaltigung seiner Frau stattgefunden haben.

Es konnte ebenso nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von entfernten Verwandten bedroht wurde oder bei einer Rückkehr nach Herat individuell und konkret physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer gab vor dem Bundesverwaltungsgericht zwar an, dass er von entfernten Verwandten in Afghanistan gefährdet sei, auf konkrete Befragung warum er dies glaube, gab er nur ausweichend an:

"BF: Man weiß es nicht in Afghanistan, wer tatsächlich die Feinde sind und wie diese aussehen. Man könnte sogar zuhause von ihnen angegriffen werden. Es gibt eine Geschichte, ein Ehemann mit einer Ehefrau geht arbeiten. Sie kommen nach der Arbeit nach Hause. Dieser Mann wird von seiner eigenen Ehefrau umgebracht.

R: Was hat das mit Ihnen zu tun?

BF: Nichts, aber ich wollte ein Beispiel sagen. Mein Vater hat eine Feindschaft mit wem auch immer. Ich meinte dabei, dass die Feinde immer auf Menschen lauern" (OZ 13 S. 13)

Auch hier sind nur ausweichende, vage und detaillose Angaben vorhanden. Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan einer Bedrohung durch entfernte Verwandte oder durch andere Personen ausgesetzt sei.

Auch hinsichtlich einer Sippenhaftung und Bedrohung durch die Taliban oder Probleme durch die Taliban konnte keine begründete Furch oder eine individuelle Bedrohung festgestellt werden. Auch hierzu gab der Beschwerdeführer nur vage und ausweichende Antworten. Zudem hätte der Vater die Probleme mit den Taliban gehabt, als der Beschwerdeführer noch sehr klein gewesen sei, sodass auch hier keine individuelle und konkrete Bedrohung oder begründete Furcht des Beschwerdeführers glaubhaft gemacht wurde.

2.2.2. Auch darüber hinaus vermochte der Beschwerdeführer eine individuelle und konkrete Betroffenheit von Verfolgung aufgrund seiner Eigenschaft als Hazara und Schiit nicht aufzuzeigen:

Der Beschwerdeführer brachte weder bei der Erstbefragung noch bei den Einvernahmen vor dem BFA oder in der mündlichen Verhandlung vor, dass er in Afghanistan Probleme aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit gehabt habe. Auf die konkrete Frage, ob er jemals Probleme wegen seiner Volksgruppen hatte, gab der Beschwerdeführer an, dass er selber keine Probleme hatte, aber sein Vater habe bestimmte Probleme mit den Taliban gehabt (OZ 13 S. 12). Der Beschwerdeführer konnte eine konkret und individuell gegen ihn gerichtete Bedrohung wegen seiner Zugehörigkeit zu den Hazara nicht darlegen, sondern gab auch hier nur ausweichende und vage Antworten.

Der Beschwerdeführer wurde in der Verhandlung auch befragt, ob er wegen seiner Religionszugehörigkeit Probleme hatte. Der Beschwerdeführer gab drauf an: "Ja, Schiite sein ist in Afghanistan ein Verbrechen. Alle Gruppierungen, sowohl Daesh und Taliban und auch die Regierung behauptet, dass sie alle Moslems sind. Ich frage mich, welcher der Gruppierungen, sind richtige Muslime. Deshalb habe ich meinen Glauben an den Islam verloren. Ich habe keinen Glauben mehr und keine Religion, aber ich respektiere alle Religionen." (OZ 13 S. 12f). Auch hier konnte der Beschwerdeführer keine konkret und individuell gegen ihn gerichteten Bedrohungen in Afghanistan aufzeigen. Der Beschwerdeführer gab nur ausweichende Antworten. Zudem ist den Länderberichten zu entnehmen, dass 10-19% der Bevölkerung Schiiten sind. Schiiten ist es möglich ihre Religionsfeste zu feiern und bekleiden Schiiten auch höhere Ämter sowie Regierungsposten. Es ist daher die Angabe, dass es in Afghanistan ein Verbrechen sei, ein Schiit zu sein, nicht mit den Länderberichten in Einklang zu bringen. Die Angaben des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft.

Aus diesen Angaben kann die erkennende Richterin, insbesondere auch in Zusammenschau mit den Länderberichten zum Fehlen entsprechend massiver religionsbezogener Diskriminierung, weder eine konkrete individuelle Bedrohung oder Verfolgung des Beschwerdeführers noch seiner Familie aufgrund seiner Religionszugehörigkeit oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit erkennen.

Es konnte zudem nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vom Islam abgefallen oder nicht mehr gläubig sei. Hier wird auf die Ausführungen unter Punkt 2.1. verwiesen.

2.2.3. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass aufgrund seines langjährigen Auslandsaufenthaltes die Gefahr besteht als "verwestlicht" angesehen zu werden, ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich bisher im Verfahren keinerlei Angaben gemacht hat wodurch sich sein "westlicher Lebensstil" äußern würde. Befragt nach seinem Tagesablauf und seiner Freizeit gab der Beschwerdeführer lediglich an, dass er Deutsch lernen würde (OZ 13 S. 11). Aufgrund der Kürze seines Aufenthalts ist in Zusammenhang mit dem von ihm in der Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck ist jedoch nach Ansicht des Gerichts nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine westliche Lebenseinstellung in einer ihn in Afghanistan exponierenden Intensität übernommen hätte. Das Vorbringen in der Beschwerde sowie in der Stellungnahme vom 09.10.2017 mit Aktualisierung vom 06.02.2018 war zudem nur allgemein gehaltenen. Da der Beschwerdeführer in Herat über ein sehr großes familiäres Netzwerk verfügt, ist dieser auch nicht als Binnenflüchtling zu betrachten. Der Beschwerdeführer kann zu seiner Familie nach Herat zurückkehren.

Dem Verfolgungsvorbringen des Beschwerdeführers kommt aus den oben dargelegten Gründen daher keine Glaubhaftigkeit zu.

2.2.4. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Wie oben dargestellt ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen eine konkrete und individuelle Verfolgung glaubhaft zu machen. Es konnte somit das Verfolgungsvorbringen nicht festgestellt werden.

2.3. Zu den Feststellungen zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zu den Folgen einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Heimatstadt Herat ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers und aus den o.a. Länderberichten.

Der Beschwerdeführer ist gesund und im erwerbsfähigen Alter. Der Beschwerdeführer verfügt über Ortskenntnisse und Berufserfahrung und könnte auch finanzielle Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Der Beschwerdeführer verfügt in Herat über ein weitreichendes familiäres Netzwerk, da seine Eltern, Geschwister, Tanten und Onkeln sowie seine Frau und seine Kinder noch in Herat wohnen. Seine Eltern versorgen seine Frau und seine Kinder und sind auch bereit diese weiterhin zu versorgen (OZ 13, S. 9). Für das Gericht ist zudem nicht glaubhaft, dass die Familie des Beschwerdeführers diesen nicht unterstützen würde (OZ 13, S.9). Die Familie des Beschwerdeführers kümmert sich bereits jetzt um seine Frau und seine Kinder. Diese wohnen im Eigentumshaus seiner Eltern. Die vage Angabe, dass er keine Unterstützung erhalten wird, weil er sich vor längerer Zeit von seinem Vater getrennt habe, ist nicht plausibel. Der Beschwerdeführer hat noch immer Kontakt zu seinen Eltern. Der Beschwerdeführer wird bereits dadurch unterstützt, dass seine Kinder und seine Frau bei den Eltern im Eigentumshaus wohnen können und von diesen - wenn auch durch finanzielle Mittel des Beschwerdeführers - versorgt werden. Zudem waren auch die Angaben, wonach seine Familie ihn nicht unterstützen würde, lediglich vage und unkonkret, sodass diese auch aus diesem Grund nicht glaubhaft waren. Das Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan von seinen Eltern und auch von seinen näheren Verwandten zumindest vorrübergehend Unterstützung bekommen wird.

2.4. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat, welche den Parteien im Rahmen der Ladung zur mündlichen Verhandlung sowie in der mündlichen Verhandlung vorgehalten wurde stützen sich auf die zitierten Quellen. Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Beilage ./II) stützt sich auf eine Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen und bietet dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche dar. Es besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit des Länderinformationsberichts der Staatendokumentation zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1 Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH vom 10. 12.2014, Ra 2014/18/0078, mwN).

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd Zivilprozessordnung (ZPO) zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Es konnte keine individuelle, konkrete Verfolgung des Beschwerdeführers festgestellt werden. Auch die Durchsicht der aktuellen Länderberichte zur Herkunftsregion des Beschwerdeführers erlaubt es nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen. Sohin kann nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.

3.1.3. Auch eine konkret und individuelle Verfolgung auf Grund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara konnte nicht festgestellt werden. In Ermangelung von dem Beschwerdeführer individuell drohenden Verfolgungshandlungen bleibt im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und vor dem Hintergrund der in der Beschwerde getroffenen Ausführungen zu prüfen, ob der Beschwerdeführer bei einer Überstellung in seinen Herkunftsstaat auf Grund generalisierender Merkmale - konkret wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara - unabhängig von individuellen Aspekten einer über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehenden "Gruppenverfolgung" ausgesetzt wäre.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung zwar nicht entscheidend, dass sich die Verfolgung gezielt gegen Angehörige nur einer bestimmten Gruppe und nicht auch gezielt gegen andere Gruppen richtet (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048), jedoch ist für das Bundesverwaltungsgericht aus folgenden Gründen nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer als Angehöriger der Hazara und der Schiiten im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, alleine wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe einer Verfolgung iSd GFK ausgesetzt zu sein:

Den oben zitierten Länderberichten ist u.a. zwar zu entnehmen, dass Schiiten - speziell jene, die der Volksgruppe der Hazara angehören - Diskriminierungen durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt sind und sich Diskriminierungen von Angehörigen der Volksgruppe der Hazara in Zwangsrekrutierungen, Zwangsarbeit, Festnahmen, physischem Missbrauch oder illegaler Besteuerung äußern würden. In einer Gesamtschau des vorliegenden Länderberichtsmaterials erreicht diese Gefährdung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedoch nicht jenes Ausmaß, welches notwendig wäre, um eine spezifische Gruppenverfolgung der Volksgruppe der Hazara oder von Angehörigen der Schiiten in Afghanistan für gegeben zu erachten.

Aus diesen Gründen ist das Vorliegen einer Gruppenverfolgung im Hinblick auf die Volksgruppe der Hazara und auf Angehörige der Schiiten in Afghanistan im Ergebnis zu verneinen.

3.1.4. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2 Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides - Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat zuzuerkennen, wenn dieser Antrag in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird und wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.

Unter realer Gefahr in diesem Sinne ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0095; 25.04.2017, Ra 2017/01/0016).

3.2.2. Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016 mwN).

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

Für den hier in Rede stehenden Herkunftsstaat Afghanistan hat der Verwaltungsgerichtshof jüngst mehrfach auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hingewiesen, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert ist, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers dorthin eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, 18.03.2016, Ra 2015/01/0255, 13.09.2016, Ra 2016/01/0096).

In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren zum Herkunftsstaat Afghanistan ergangenen Rechtsprechung wiederholt und unter Bezugnahme auf die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausgesprochen, dass es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134; VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016 mwN).

3.2.3. Der EGMR geht gestützt auf die Afghanistan-Richtlinien des UNHCR davon aus, dass die Übersiedlung in einen anderen Teil Afghanistans zumutbar ist, wenn Schutz durch die eigene Großfamilie, Gemeinschaft oder den Stamm am Zielort verfügbar ist; alleinstehenden Männern und Kleinfamilien ist es unter bestimmten Umständen auch möglich, ohne Unterstützung durch Familie und Gemeinschaft in städtischen oder halbstädtischen Gebieten mit existenter Infrastruktur und unter effektiver staatlicher Kontrolle zu überleben. Wegen des Zusammenbruchs des traditionellen sozialen Zusammenhalts in Afghanistan, der durch jahrzehntelange Kriege, massive Flüchtlingsströme und Landflucht verursacht worden ist, ist aber eine Prüfung jedes einzelnen Falles notwendig (VfGH 13.09.2013, U 370/2012 mit Verweis auf EGMR, 13.10.2011, Fall Husseini, App. 10.611/09, Z 96; 09.04.2013, Fall H. und B., Appl. 70.073/10 und 44.539/11, Z 45 und 114).

Mit dem Aufzeigen der bloßen Möglichkeit einer schwierigen Lebenssituation bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht im Fall einer Rückführung in den Herkunftsstaat wird die reale Gefahr e

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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