TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/9 W104 2178184-1

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Veröffentlicht am 09.03.2018
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Entscheidungsdatum

09.03.2018

Norm

ABGB §1189
ABGB §1190
B-VG Art.133 Abs4
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W104 2178184-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde der XXXX, XXXX, BNr. XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 5.1.2017, AZ II/4-DZ/16-5334528010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin stellte elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2016, wobei sie die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 und die Zahlung für Junglandwirte in Bezug auf die berechtigte Person XXXX beantragte. Dazu brachte sie als Nachweis einer entsprechenden Ausbildung einen Facharbeiterbrief "Landwirtschaftlicher Facharbeiter", ausgestellt am 22.2.2016, bei.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid gewährte die Behörde der Beschwerdeführerin Direktzahlungen in Höhe von EUR 2.052,62, wies jedoch den Antrag auf eine Zahlung für Junglandwirte ab.

Begründend wird entscheidungswesentlich ausgeführt, der Antrag werde abgewiesen, da der Beschwerdeführer bereits vor mehr als fünf Jahren vor dem im Rahmen der Basisprämie erstmalig gestellten Prämienantrag die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs auf eigenen Namen und eigene Rechnung übernommen habe und da die im Antrag genannte berechtigte Person nicht die Kontrolle über den Betrieb nachgewiesen habe (jeweils mit Hinweis auf Art. 50 VO 1307/2013).

3. Im Rahmen seiner Beschwerde vom 6.2.2017 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, er habe nach wie vor die Kontrolle über den Betrieb, was dem hochgeladenen Beteiligungsverhältnis zu entnehmen sei.

Am Betrieb XXXX sei er vom 1.8. 2007 bis 31.12. 2015 nur geringfügig beteiligt gewesen und habe zu diesem Zeitpunkt keinerlei Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs innegehabt. Wie aus dem beiliegenden Gesellschaftsvertrag zu entnehmen sei, sei Frau XXXX die Vertretungsbefugte gewesen bzw. habe die Betriebsführung innegehabt.

Der Beschwerde liegt eine "Erklärung der Beteiligungsverhältnisse an Personengemeinschaften für das Antragsjahr 2016" bei, in der erklärt wird, dass Herr Andreas Hanzl 61% der Beteiligung an der Personengesellschaft innehabe. Weiters liegt ein - undatierter - Gesellschaftsvertrag bei, laut welchem sich sechs Personen, darunter Herr XXXX, per 1.8.2007 auf unbestimmte Zeit zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließen. Als Zweck der Gesellschaft wird darin die gemeinsame Bewirtschaftung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im unverbürgten und den Verfahrensparteien bekannten Ausmaß von zusammen 17,03 ha "auf gemeinsame Rechnung und Gefahr" genannt. Unter "Leistungen der Gesellschafter" wird angeführt, dass Herr XXXX "Betriebsführer des oben bezeichneten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs" und daran zu 5% beteiligt sei. Die Gesellschafter verpflichten sich in dem Vertrag u.a. zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung und zur Weiterbildung. Bei Neuanschaffungen seien "beide" (gemeint wohl: alle) Gesellschafter zeichnungsberechtigt. Verpflichtend gelte es, eine Mitschrift für verkaufte Maschinen, Geräte und Grundstücke zu führen. Zugekaufte Maschinen und Grundstücke würden zur Nutzung in die Gesellschaft eingebracht, verblieben jedoch im Eigentum des Käufers. Die Beschlussfassung über die Wirtschaftsführung erfolge im Dezember jeden Kalenderjahres, Gewinn und Verlust würden grundsätzlich gemäß Beteiligungsverhältnis aufgeteilt. Es könnten jedoch durch einen jährlichen Gesellschaftsbeschluss Vorweggewinnentnahmen beschlossen werden.

4. Im Rahmen der Aktenvorlage führte die AMA im Wesentlichen aus, auch wenn die berechtigte Person nur mit 5% an einer Gesellschaft beteiligt gewesen sei, so sei diese in den Jahren vor der Bewirtschaftungsaufnahme beim aktuellen Betrieb bereits bei einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb an der Bewirtschaftung beteiligt gewesen.

5. Mit Schreiben vom 24.1.2018 teilte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin mit, dass aus dem von ihr beigebrachten Gesellschaftsvertrag zu Herr XXXX früherer Tätigkeit als landwirtschaftlicher Betriebsinhaber hervorgehe, dass er als Gesellschafter zu 5% beteiligt war, wobei der schriftliche Gesellschaftsvertrag bestimmte, dass bei Neuanschaffungen alle Gesellschafter in Absprache zeichnungsberechtigt waren, verpflichtend eine Mitschrift für verkaufte Maschinen, Geräte und Grundstücke zu führen war, zugekaufte Maschinen und Grundstücke zur Nutzung in die Gesellschaft eingebracht wurden aber im Eigentum des Käufers verblieben, die Beschlussfassung über die Wirtschaftsführung im Dezember jeden Kalenderjahres erfolgte sowie Gewinn und Verlust grundsätzlich gemäß Beteiligungsverhältnis aufgeteilt würden; aus dem Wortlaut dieses Gesellschaftsvertrages, insbesondere aus der Bestimmung, dass alle Gesellschafter "in Absprache", d.h. nur mit Zustimmung aller anderen Gesellschafter, zu wesentlichen Entscheidungen treffen konnten, leite das Bundesverwaltungsgericht ab, dass unabhängig von der Beteiligung an Gewinn und Verlust sämtliche Gesellschafter an der Geschäftsführung gleichberechtigt beteiligt waren. Dies würde aber bedeuten, dass Herr XXXX sich innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren vor Aufnahme seiner Tätigkeit bereits in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niedergelassen hat und damit die Voraussetzungen für die Junglandwirteförderung nicht erfüllt. Der Beschwerdeführerin wurde Gelegenheit gegeben, zu diesem Sachverhalt Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin langte jedoch nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerdeführerin stellte elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2016, wobei sie die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 und die Zahlung für Junglandwirte in Bezug auf die berechtigte Person XXXX beantragte.

Herr XXXX ist zu 61% an der Personengesellschaft beteiligt.

Dieser war bereits von 2008 bis 2015 an einer anderen Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesellschafter zu 5% beteiligt, wobei der schriftliche Gesellschaftsvertrag bestimmte, dass bei Neuanschaffungen alle Gesellschafter "in Absprache" zeichnungsberechtigt waren, verpflichtend eine Mitschrift für verkaufte Maschinen, Geräte und Grundstücke zu führen war, zugekaufte Maschinen und Grundstücke zur Nutzung in die Gesellschaft eingebracht wurden aber im Eigentum des Käufers verblieben, die Beschlussfassung über die Wirtschaftsführung im Dezember jeden Kalenderjahres erfolgte sowie Gewinn und Verlust grundsätzlich gemäß Beteiligungsverhältnis aufgeteilt wurden.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wurden von keiner Partei bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013:

"Artikel 4

Begriffsbestimmungen und damit zusammenhängende Bestimmungen

(1) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff

a) "Betriebsinhaber" eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen, unabhängig davon, welchen rechtlichen Status diese Vereinigung und ihre Mitglieder aufgrund nationalen Rechts haben, deren Betrieb sich im räumlichen Geltungsbereich der Verträge im Sinne des Artikels 52 EUV in Verbindung mit den Artikeln 349 und 355 AEUV befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt;"

"Zahlung für Junglandwirte

Artikel 50

Allgemeine Vorschriften

(1) Die Mitgliedstaaten gewähren eine jährliche Zahlung an Junglandwirte, die Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Kapitel 1 haben (im Folgenden "Zahlung für Junglandwirte").

(2) Im Sinne des vorliegenden Kapitels gelten als "Junglandwirte" natürliche Personen, die

a) sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niederlassen oder die sich während der fünf Jahre vor dem im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 erstmalig gestellten Beihilfeantrag bereits in einem solchen Betrieb niedergelassen haben und

b) im Jahr der Antragstellung gemäß Buchstabe a nicht älter als 40 Jahre sind.

(3) Die Mitgliedstaaten können in Bezug auf die einschlägigen Qualifikationen und/oder Ausbildungsanforderungen weitere objektive und nichtdiskriminierende Förderkriterien für Junglandwirte definieren, die einen Antrag auf die Zahlung für Junglandwirte stellen.

[...]

(8) In Abweichung von den Absätzen 6 und 7 können die Mitgliedstaaten jährlich den Betrag der Zahlung für Junglandwirte berechnen, indem ein Zahlenfaktor, der 25 % der nationalen Durchschnittszahlung je Hektar entspricht, mit der Zahl der Zahlungsansprüche, die der Betriebsinhaber gemäß Artikel 32 Absatz 1 aktiviert hat, oder mit der Zahl der beihilfefähigen Hektarflächen, die der Betriebsinhaber gemäß Artikel 36 Absatz 2 angemeldet hat, multipliziert wird.

Die nationale Durchschnittszahlung je Hektar wird berechnet, indem die nationale Obergrenze für das Kalenderjahr 2019 gemäß Anhang II durch die gemäß Artikel 33 Absatz 1 oder Artikel 36 Absatz 2 angemeldete beihilfefähige Hektarfläche geteilt wird."

Delegierte Verordnung (EU) Nr. 639/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Änderung des Anhangs X der genannten Verordnung, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 1, im Folgenden VO (EU) 639/2014:

"Zahlung für Junglandwirte

Artikel 49

Zugang juristischer Personen zur Zahlung für Junglandwirte

1. Die jährliche Zahlung für Junglandwirte gemäß Artikel 50 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 wird einer juristischen Person unabhängig von ihrer Rechtsform gewährt, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

a) Die juristische Person hat Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Titel III Kapitel 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und hat gemäß Artikel 50 Absatz 4 derselben Verordnung Zahlungsansprüche aktiviert oder beihilfefähige Hektarflächen angemeldet;

b) ein Junglandwirt im Sinne von Artikel 50 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 kontrolliert die juristische Person wirksam und langfristig in Bezug auf die Entscheidungen zur Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken im ersten Jahr der Antragstellung der juristischen Person auf Zahlung im Rahmen der Regelung für Junglandwirte. Sind mehrere natürliche Personen, bei denen es sich nicht ausschließlich um Junglandwirte handelt, am Kapital oder der Betriebsführung der juristischen Person beteiligt, so muss der Junglandwirt in der Lage sein, diese wirksame und langfristige Kontrolle allein oder gemeinschaftlich mit anderen Landwirten auszuüben;

c) mindestens einer der Junglandwirte, der die Voraussetzung gemäß Buchstabe b erfüllt, muss den Förderkriterien entsprechen, die die Mitgliedstaaten gegebenenfalls gemäß Artikel 50 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 festgelegt haben, es sei denn, die Mitgliedstaaten haben beschlossen, dass diese Kriterien für alle solchen Junglandwirte gelten.

[...]

Artikel 50

Zugang einer Vereinigung natürlicher Personen zur Zahlung für Junglandwirte

Artikel 49 gilt sinngemäß auch für eine Vereinigung natürlicher Personen gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, bei der auf Ebene der Vereinigung die Voraussetzungen gemäß Artikel 49 Absatz 1 Buchstabe a der vorliegenden Verordnung erfüllt sind.

3.2. Rechtliche Würdigung:

1. Mit dem Antragsjahr 2015 kam es zu einer Reform der Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die Einheitliche Betriebsprämie wurde von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, darunter die Zahlung für Junglandwirte, abgelöst, die im vorliegenden Fall strittig ist.

Die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Junglandwirteförderung enthält Art. 50 VO 1307/2013. Dabei ist zunächst fraglich, ob Art. 50 Abs. 2 lit. a VO 1307/2013 gleiche Fördervoraussetzungen für Gegenwart und Vergangenheit normiert, ob die Bestimmung also regelt, dass jemand, der sich nicht erstmals im Antragsjahr in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niedergelassen hat, sich während der letzten fünf Jahre in einem solchen Betrieb niedergelassen oder ebenfalls "als Betriebsleiter" niedergelassen haben muss. Sinn und Zweck der Regelung legen nahe, dass der Verordnungsgeber dieselben Voraussetzungen für das aktuelle Antragsjahr wie für die vergangenen fünf Jahre festlegen wollte. Dabei ist auf Erwägungsgrund 47 der VO 1307/2013 zu verweisen, der lautet (Hervorhebungen durch das Gericht):

Die Gründung und der Aufbau neuer Wirtschaftsunternehmen im Agrarsektor durch Junglandwirte stellt für diese eine finanzielle Herausforderung dar, die bei der gezielten Gewährung von Direktzahlungen zu berücksichtigen ist. Solche unternehmerische Initiative ist von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors in der Europäischen Union, weshalb eine Einkommensstützung für Junglandwirte am Beginn ihrer landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit bereitgestellt werden sollte, um die Erstniederlassung von Junglandwirten und die anschließende strukturelle Anpassung ihrer Betriebe zu erleichtern. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten einen Teil der Mittel im Rahmen ihrer nationalen Obergrenzen für Direktzahlungen dazu verwenden, dass an Junglandwirte zusätzlich zur Basisprämie eine jährliche Zahlung gewährt wird. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, über eine Methode zur Berechnung dieser Zahlung zu entscheiden und - falls diese eine Verpflichtung zur Begrenzung der an jeden Betriebsinhaber zu leistenden Zahlung beinhaltet - ist der entsprechende Grenzwert unter Einhaltung der allgemeinen Prinzipien des Unionsrechts festzusetzen. Da sie nur die Aufbauphase eines Unternehmens unterstützen und nicht zu einer laufenden Betriebsbeihilfe werden sollte, sollte diese Zahlung für einen Höchstzeitraum von fünf Jahren gewährt werden. Sie sollte Junglandwirten zur Verfügung stehen, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen und im Jahr der ersten Einreichung eines Antrags im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung nicht älter als 40 Jahre sind.

Zweck der Regelung ist es somit, Junglandwirte am Beginn und in der Aufbauphase ihrer landwirtschaftlichen unternehmerischen Tätigkeit zu unterstützen, nicht in einer Zeit, in der sie ohne Unternehmer zu sein in einem landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeiten. Der Junglandwirt muss sich somit also während der letzten fünf Jahre als Betriebsleiter in einem Betrieb niedergelassen haben; die bloße landwirtschaftliche Tätigkeit in einem Betrieb wird in diese Zeit nicht eingerechnet.

2. Was jedoch im Einzelnen eine "Niederlassung als Betriebsleiter" darstellt, regelt die VO 1307/2013 nicht. Allerdings enthält Art. 49 VO 639/2014 nähere Bestimmungen über die Förderungsvoraussetzungen bei Mitwirkung von Junglandwirten in juristischen Personen, wobei diese gem. Art. 50 dieser VO auch auf Personengesellschaften wie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts anwendbar sind. Demnach muss ein Junglandwirt in der Lage sein, die juristische Person wirksam und langfristig in Bezug auf die Entscheidungen zur Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken zu kontrollieren. Sind mehrere natürliche Personen, bei denen es sich nicht ausschließlich um Junglandwirte handelt, am Kapital oder der Betriebsführung der juristischen Person beteiligt, so muss der Junglandwirt in der Lage sein, diese wirksame und langfristige Kontrolle allein oder gemeinschaftlich mit anderen Landwirten auszuüben.

Durch diese Regelung hat die Kommission eine Konkretisierung der Rechtsprechung der Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C 592/11 Ketelä zu einer Vorgängerbestimmung versucht, wonach es den Mitgliedstaaten unbenommen bleibt, die Bedingungen, unter denen ein die Beihilfe Beantragender als "Betriebsinhaber" eingestuft werden kann, im Einzelnen zu konkretisieren und dass eine mitgliedstaatliche Regelung, wonach eine Kontrollbefugnis als Betriebsleiter voraussetzt, dass der Betreffende mehr als die Hälfte der Anteile an der juristischen Person besitzt und diese Anteile mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentieren, nicht dem Unionsrecht widerspricht.

Nach dieser neuen, durch VO 639/2014 konkretisierten Rechtslage kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass der Junglandwirt allein die Leitungsfunktion innehaben oder eine Mehrheit der Anteile halten muss(te). Die EU-Kommission geht in einem Auslegungsschreiben vom 15.1.2015 (DDG2/D.1/LP/mh D[2014] 67522) davon aus, dass ein Junglandwirt Einfluss auf den Lauf der Geschäfte nehmen und das tägliche Management ausüben können muss, ohne durch ein Veto von Nicht-Junglandwirten blockiert zu werden, und dass dabei das nationale Gesellschaftsrecht und die individuellen Umstände des konkreten Falles zu beachten sind.

3. Die entsprechende österreichische mitgliedstaatliche Regelung zur Geschäftsführung in Gesellschaften bürgerlichen Rechts findet sich in § 1189 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch - ABGB. Danach sind alle Gesellschafter zur Führung der Geschäfte berechtigt und verpflichtet, außer der Gesellschaftsvertrag überträgt einem Gesellschafter die Geschäftsführung. Steht die Geschäftsführung allen oder mehreren Gesellschaftern zu, so ist im Rahmen der gewöhnlichen Geschäfte jeder von ihnen zu handeln berechtigt; widerspricht jedoch ein anderer Gesellschafter der Vornahme einer Handlung, so muss diese unterbleiben (§ 1190 Abs. 1 ABGB). Grundsätzlich räumt diese Regelung, sofern der Vertrag nichts anderes bestimmt, den Gesellschaftern gleiche Rechte ein. Auch ein mit nur einem kleinen Prozentsatz an Gewinn und Verlust Beteiligter wie Herr XXXX kann also nicht von den anderen Gesellschaftern überstimmt werden; er kann gegen den Willen der anderen Gesellschafter allerdings auch keine Alleingänge in der Geschäftsführung durchsetzen.

Da der vorgelegte schriftliche Gesellschaftsvertrag keine dazu abweichende Regelung über die Geschäftsführung trifft und für Neuanschaffungen die Zustimmung aller (Zeichnungsberechtigung "in Absprache"; es dürfte ein Muster verwendet worden sein, da im Text von "beiden" Gesellschaftern die Rede ist, aber insgesamt sechs Gesellschafter mit unterschiedlichen Beteiligungsverhältnissen vorliegen, wodurch davon auszugehen ist, dass "alle" Gesellschafter gemeint sind) Gesellschafter festgelegt ist. Die Höhe des Beteiligungsverhältnisses ist lt. diesem Gesellschaftsvertrag nur für die Aufteilung des Wirtschaftsergebnisses relevant.

Aus diesem Grund kann davon ausgegangen werden, dass Herr XXXX sich erstmals schon im Jahr 2007 als Betriebsleiter in einem landwirtschaftlichen Betrieb niedergelassen und daher Anspruch die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf die Junglandwirteförderung hat.

Zur Zulassung der ordentlichen Revision (Spruchpunkt B):

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Für den vorliegenden Fall liegt keine einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes oder des Europäischen Gerichtshofes vor. Die Rechtslage zur Frage, wer als Betriebsleiter im Sinn der Junglandwirtebestimmungen gilt, ist nicht vollkommen eindeutig geregelt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Ausbildung, Bewirtschaftung, Direktzahlung, einheitliche
Betriebsprämie, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Junglandwirt,
Kontrolle, landwirtschaftliche Tätigkeit, landwirtschaftlicher
Betrieb, Mehrfachantrag-Flächen, Nachweismangel, Niederlassung,
Personengesellschaft, Prämienfähigkeit, Prämiengewährung, Revision
zulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W104.2178184.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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