Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers K*****, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in St. Pölten, wegen Ab- und Zuschreibung, Einverleibung eines Baurechts und von Reallasten, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 30. Oktober 2017, AZ 17 R 147/17i, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 1. August 2017, TZ 7080/2017, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Republik Österreich ist Eigentümerin der EZ 577 mit dem Grundstück Nr 1234/2, das im Wesentlichen das Flussbett der ***** (öffentliches Gewässer) bildet. Von diesem Grundstück soll nach dem mit dem Antragsteller im Jahr 2013 geschlossenen Baurechtsvertrag ein Teilstück als neu zu bildende Baurechtseinlage abgetrennt werden. Der Baurechtsvertrag berechtigt den Antragsteller zur Errichtung einer Wehranlage. Er ist nicht nur zur Zahlung eines jährlichen Bauzinses von 700 EUR, sondern auch zur Instandhaltung der Wehranlage samt Nebenanlagen sowie
– nach Wahl der Grundeigentümerin – deren Entfernung nach Vertragsende, zur Erhaltung beider Uferbereiche (Uferbewuchspflege), zur Entfernung von Anlandungen und Verklausungen, zur Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflichten sowie zu ausreichenden Absicherungsmaßnahmen an gefährlichen Stellen auf seine Kosten verpflichtet. Der Bauberechtigte bestellte die in seinem Alleineigentum stehende Liegenschaft EZ 1022 zur dinglichen Haftung.
Thema des Revisionsrekursverfahrens sind 1) die Zulässigkeit der Einverleibung dieser (insbesondere) Erhaltungs- und Entfernungspflichten des Bauberechtigten als Reallast ob der EZ 1022, 2) die Möglichkeit einer Teilstattgebung des auf Verbücherung des Baurechtsvertrags gerichteten Grundbuchsgesuchs. Beides wurde vom Rekursgericht verneint. Es ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zur Klärung der Frage zu, ob die teilweise als Gegenleistung vom Bauberechtigten zu erbringenden Erhaltungspflichten durch Einverleibung einer Reallast gesichert werden können.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist entgegen dem nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.
1. Lehre und Rechtsprechung definieren die Reallast als die dinglich wirkende Belastung eines Grundstücks mit der Haftung für positive, in der Regel wiederkehrende Leistungen des jeweiligen Grundeigentümers (5 Ob 198/12x; 5 Ob 100/15i; Rassi in Kodek, Grundbuchsrecht² § 12 GBG Rz 32; Rassi Grundbuchsrecht² Rz 287). Aus dem Fehlen von Vorschriften über die Beschaffenheit jener Leistungen, welche den Inhalt einer Reallast bilden können, lässt sich nicht ableiten, dass Beschränkungen jedweden Inhalts als Reallast begründet werden könnten (RIS-Justiz RS0116184 [T4]). Die Rechtsprechung schließt die Begründung neuer Reallasten zwar nicht aus, fordert aber eine Bezugnahme auf historische Vorbilder. Handelt es sich um Leistungen, die weder periodisch zu erbringen sind noch mit dem Ertrag der Liegenschaft im Zusammenhang stehen, ist eine Reallast nur dann anzunehmen, wenn ihr Versorgungszweck außer Zweifel steht (RIS-Justiz RS0128561; RS0012178 [T6]). Die Bestellung der Reallast soll nicht als Mittel verwendet werden, die im Grundbuchsrecht für das Pfandrecht gezogenen Schranken (§ 14 GBG) durch die weniger formstrengen des § 12 GBG zu umgehen (RIS-Justiz RS0012178 [T1]).
1.1 Nach dem vorliegenden Baurechtsvertrag sollen nicht nur das Baurecht bzw die Baurechtseinlage mit der dinglichen Haftung für Pflichten des Bauberechtigten (Zahlung des Bauzinses und – gemessen an dessen Höhe von 700 EUR jährlich – wirtschaftlich keineswegs unbedeutende, umfangreiche Erhaltungspflichten) belastet werden. Als dingliche Sicherstellung dient vielmehr auch eine andere, im Alleineigentum des Bauberechtigten stehende Liegenschaft. Ein Zusammenhang zwischen Erträgen aus dieser Liegenschaft und den mit dem Baurechtsvertrag begründeten (Instandhaltungs-)Pflichten erschließt sich aus dem Grundbuchsgesuch nicht. Wie schon das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, fehlt Vermögensnachteilen, die der Republik Österreich als Folge einer Verletzung der im Baurechtsvertrag übernommenen Instandhaltungs- und Verkehrssicherungpflichten entstehen könnten, der Charakter einer Versorgungsleistung.
1.2 Die Beurteilung des Rekursgerichts, die Verpflichtungen des Bauberechtigten könnten nicht als Reallast einverleibt werden, hält sich somit im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.
2. Ein Grundbuchsgesuch muss zur Gänze abgewiesen werden, wenn sich ein unlösbarer Zusammenhang zwischen seinen einzelnen Teilen ergibt und nur ein Teil abzuweisen ist (RIS-Justiz RS0114310). Die Zulässigkeit einer Teilstattgebung (§ 95 Abs 2 GBG) hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab (vgl 5 Ob 127/14h).
2.1 Eine Teilstattgebung kommt in der Regel nicht in Betracht, wenn es um die Wahrung der Interessen jener bücherlich berechtigen Personen geht, die ihre Position ganz oder teilweise aufgeben und die mit einer weiterreichenderen Erklärung gerechnet haben (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht² § 96 GBG Rz 4). Nach der Aufsandungserklärung des Bauberechtigten (Vertragspunkt IV.b) sollte die Reallast gleichzeitig mit dem „Baurechtsvertrag“ einverleibt werden. Die Annahme eines
– von den Vertragsparteien so gewünschten – unlösbaren Zusammenhangs zwischen Baurecht und Reallast zur Sicherstellung sämtlicher davon erfassten vertraglichen Verpflichtungen des Bauberechtigten ist keine zu korrigierende Fehlbeurteilung.
3. Weitere Abweisungsgründe müssen nicht geprüft werden, weil die Wiederholung des vorliegenden Grundbuchsgesuchs nicht in Betracht kommt (RIS-Justiz RS0060544).
Textnummer
E120756European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00231.17G.0118.000Im RIS seit
17.03.2018Zuletzt aktualisiert am
13.09.2018