Entscheidungsdatum
02.03.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
I411 2103321-1/11E
I411 2103321-2/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX StA. TUNESIEN, (alias XXXX StA. Staatenlos bzw. Palästina/Israel; alias XXXX, geb. XXXX, StA Frankreich), vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Michael DREXLER, Hörlgasse 4/5, 1090 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2015, Zl. XXXX, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24.01.2018 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer reiste erstmalig im März 2000 ohne gültiges Reisedokument ins österreichische Bundesgebiet ein und hielt sich anschließend illegal und ohne Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf. Er wurde am 25.01.2001 aufgegriffen und zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und der Abschiebung in Schubhaft genommen. In der niederschriftlichen Einvernahme gab er Name (XXXX), Geburtsdatum (XXXX) und Herkunftsstaat (Palästina/Israel bzw. staatenlos) bewusst falsch an. Gegen ihn wurde am 30.01.2001 ein Aufenthaltsverbot von 5 Jahren erlassen.
Durch Hungerstreik erzwang er seine Freilassung und wurde er am 21.05.2002 bei Begehung einer Straftat betreten. Wieder gab der Beschwerdeführer eine Aliasidentität (XXXX in Algerien, StA Frankreich) an. Später gab er zu, das vorgezeigte französische Ausweisdokument käuflich erworben zu haben zum Zwecke der Umgehung des zu diesem Zeitpunkt bestehenden Aufenthaltsverbotes.
Wegen der begangenen Vergehen gegen das Strafgesetzbuch wurde er vom Landesgericht XXXX zu einer 14-monatigen Freiheitsstrafe, davon 4 Monate bedingt, verurteilt. Nach Haftentlassung wurde er in Schubhaft verbracht und erzwang neuerlich eine Entlassung durch Selbstverletzungen, Hungerstreiks und der Androhung von Suizid.
Mit Bescheid der BPD St. Pölten vom 18.09.2002 wurde gegen den Beschwerdeführer ein schwengenweites Aufenthaltsverbot befristet auf die Dauer von 10 Jahren erlassen und ihm abermals aufgetragen, das österreichische Bundesgebiet zu verlassen.
Am 20.09.2002 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, der negativ beschieden wurde und hielt er sich anschließend in Frankreich auf, bevor er im April 2003 neuerlich illegal und unter Verwendung der Identität XXXX, StA. Tunesien, nach Österreich einreiste.
Er schloss am 20.10.2003 die Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX und wurde ihm basierend darauf ein Aufenthaltstitel als begünstigter Drittstaatsangehöriger, gültig bis 29.10.2004, erteilt. Der Aufenthaltstitel wurde einmal verlängert und nachfolgend wurde ihm antragsgemäß ein Aufenthaltstitel Niederlassungsnachweis, gültig bis 04.09.2015, erteilt.
Die Ehe mit XXXX wurde am 11.12.2006 geschieden und letztlich durch das Geständnis des Exgattin als Scheinehe aufgedeckt. Aufgrund dessen wurde mit Bescheid der BPD Wien vom 01.02.2008, Zl. XXXX, gegen den Beschwerdeführer ein auf Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde von der SID (Sicherheitsdirektion Wien) mit Berufungsbescheid vom 12.03.2008, Zl. XXXX abgewiesen. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 08.06.2010, Zl. 2008/18/0435-10, wurde die dagegen erhobene Beschwerde letztlich als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer war trotz aufrecht gemeldetem Wohnsitz bis zur Stellung des verfahrensgegenständlichen Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG am 08.10.2013 untergetaucht und für die Behörden nicht greifbar. Dem Antrag legte er eine Kopie seines tunesischen Reisepasses vor. Seine Identität steht somit fest. Außerdem brachte er Bestätigungen über Deutschkurse und der Prüfung bis Niveau A2 bei, ebenso eine Bestätigung über einen Kurs für Hilfskräfte im Baugewerbe, eine tunesische Geburtsurkunde und ein Arbeitsvorvertrag. Nachdem ihm von der belangten Behörde mitgeteilt wurde, dass das aufrechte Aufenthaltsverbot einer Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegen stehe, stellte er am 28.01.2015 den Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes.
Dazu wurde vorgebracht, dass die Gründe, die zu Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, nun weggefallen seien. Die Ehe mit XXXX sei bereits geschieden und der Antragsteller habe das Vorliegen einer Scheinehe stets bestritten. Ein Ehenichtigkeitsverfahren habe es nie gegeben. Wenn es sich um eine Scheinehe gehandelt hätte, wäre diese nach Ablauf von 5 Jahren ohnedies geheilt. Der Beschwerdeführer halte sich bereits seit über neun Jahren rechtmäßig in Österreich auf und "angesichts der Tatsache, dass ihm nach sechs bzw. zehn Jahren legalen Aufenthalts bereits die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen werden könnte (!), müsste [...] im Sinne des § 65 Abs 1 FPG eine Aufhebung des Aufenthaltsverbotes" bewirkt werden. Mit dem Verlust seiner Wahlheimat verliere er seine sozialen, sprachlichen und beruflichen Anbindungen in Österreich und wiege sein privates Interesse schwerer als die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2015, Zl. XXXX, wurde der Antrag nunmehr gemäß § 69 Abs 2 FPG abgewiesen.
Mit Bescheid vom selben Tag, Zl. XXXX, wurde sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG als unzulässig zurückgewiesen, da mit dem bestehenden Aufenthaltsverbot ein absoluter Versagungsgrund für einen Aufenthaltstitel vorliege. Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Tunesien zulässig ist. Für die freiwillige Ausreise besteht eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
Gegen die beiden Bescheide vom 19.02.2015 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch RA Mag. Dr. Vera M. Weld, rechtzeitig und zulässig Beschwerde an das Bundesverwaltungs-gericht. Betreffend die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes bemängelte er die fehlende Berücksichtigung seiner geänderten Lebensumstände und der Gefährdungsprognose. Es wurde neuerlich bekräftigt, dass es sich um keine Scheinehe gehandelt habe und es zu keiner strafgerichtlichen Verurteilung gekommen sei. Der Beschwerdeführer sei seit mehreren Jahren nicht mehr mit dem Gesetz in Konflikt geraten und habe sein Leben in Österreich weitgehend geregelt. Er sei in höchstem Maße in die österreichische Gesellschaft integriert und daher liege eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht mehr vor. Aufgrund der vorgenannten positiven Integrationsschritte habe sich sein Privatleben entsprechend geändert und hätte die belangte Behörde zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Entschluss kommen müssen. Eine Abschiebung nach Tunesien verstoße außerdem gegen Art. 2 und 3 EMRK, da dem Beschwerdeführer aufgrund der Gewalttaten des IS eine ernsthafte Gefahr für Leib und Leben drohe.
Zum Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bracht er vor, dass die belangte Behörde eine Rückkehrentscheidung nicht hätte erlassen müssen und dieses Ermessen willkürlich ausgeübt worden sei. Die belangte Behörde hätte auf die konkreten familiären und persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers eingehen müssen. Er habe sich einige Jahre wohl verhalten, seine strafgerichtliche Verurteilung sei bereits getilgt und er habe sich weitgehend integriert. Zudem hätte sie den Ausgang des Verfahrens betreffend den Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes abwarten müssen und erst dann über das Bleiberecht absprechen dürfen. Der Beschwerdeführer erleide einen erheblichen materiellen und ideellen Schaden und müsste er in ein krisengebeuteltes und unsicheres Tunesien zurückkehren.
Die Beschwerdeschriftsätze und die Bezug habenden Verwaltungsakte wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 16.03.2015 zur Entscheidung vorgelegt. Aufgrund von Annexität werden die beiden Verfahren zu den GZ 2103321-1 und 2103321-2 unter einem behandelt.
Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 24.03.2016 wurden die gegenständlichen Rechtssachen der Gerichtsabteilung I407 abgenommen und der Gerichtsabteilung I411 neu zugewiesen.
Mit Eingabe vom 05.01.2017 gab die bisherige Rechtsvertreterin die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekannt und wurde mit der Eingabe vom 06.03.2017 die Vertretungsvollmacht des nunmehrigen Rechtsvertreters RA Dr. Michael Drexler bekannt gegeben.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde in den gegenständlichen Rechtssachen am 24.01.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache durchgeführt, zu der der Beschwerdeführer sowie sein Rechtsvertreter persönlich erschienen sind. Vom Rechtsvertreter wurde zu Beginn der Verhandlung XXXX als Zeuge angeboten und stellig gemacht. Die belangte Behörde kündigte ihr Fernbleiben bereits im Vorfeld an.
Im Zuge der Verhandlung legte der Beschwerdeführer weitere Unterlagen betreffend seine Integration vor, darunter Versicherungsdatenauszüge (Stand 16.07.2010 und 12.12.2014), Bestätigungen über Deutschkurse und eine Einstellzusage sowie einen Meldezettel vom 04.07.2017.
Befragt gab der Beschwerdeführer an, gesund zu sein, die im Spruch angeführte Identität zu führen, Staatsangehöriger Tunesiens und moslemischen Glaubens zu sein. Seinen Reisepass legte er dem Bundesverwaltungsgericht nicht vor, er habe diesen einem Freund gegeben und dieser sei in Tunesien auf Urlaub. Er sei nicht verheiratet, hab in Österreich aber eine Freundin, deren Namen er nicht angeben könne, da sie sich in Scheidung befinde und ihr Noch-Ehemann nichts von ihrer Beziehung wissen dürfe. Er habe in Tunesien Automechaniker gelernt und habe sich seinen Unterhalt in der Werkstatt und als Händler oder Landarbeiter verdient. Hinsichtlich der dargelegten Situation in seinem Herkunftsstaat gab der Beschwerdeführer keine Stellungnahme ab. In Tunesien halte sich noch seine Familie, nämlich die Eltern und Geschwister auf. Er habe mit ihnen telefonischen Kontakt. In Österreich habe er keine Angehörigen aber viele Kontakte, für die er auf Baustellen arbeite. Für verschiedene Organisationen habe er bereits ehrenamtlich gearbeitet und er habe sich für einen tunesischen und einen syrischen Verein engagiert. Zum Vorwurf der Aufenthaltsehe gab er an, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt habe. Erst auf Nachfrage seines Rechtsvertreters gab er zu Protokoll, dass er die Aufenthaltsehe zugebe und das Gericht um Nachsicht und Verzeihung bitte.
Der Beschwerdeführer sprich kaum Deutsch und konnte die Verhandlung nur mit Hilfe des anwesenden Dolmetschers durchführen.
Einvernommen wurde außerdem der stellig gemachte Zeuge. Es handelt sich um einen Freund des Beschwerdeführers, der ihn schon seit 2005 kenne. Die beiden würden aus der gleichen Gegend in Tunesien stammen und habe er sich deswegen verpflichtet gefühlt zur Verhandlung zu kommen. Außer, dass der Beschwerdeführer am Anfang sehr viel gearbeitet habe, könne er nicht viel über ihn sagen. Er hätte ihm immer den Rat gegeben sich in Österreich zu integrieren und angehalten, Deutschkurse zu besuchen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
Die in Punkt I. dargestellten Ausführungen zum Verfahrensgang werden zum festgestellten Sachverhalt erhoben. Sie ergeben sich aus dem diesbezüglich unbestrittenen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.
2. Rechtliche Beurteilung:
Zu A):
1. Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes:
1.2. Rechtslage:
§ 69 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015, lautet:
(1) Eine Ausweisung wird gegenstandslos, wenn der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung (§ 70) nachgekommen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot ist auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.
(3) Das Aufenthaltsverbot tritt außer Kraft, wenn einem EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird.
§ 125 FPG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016, lautet (soweit im hier gegebenen Zusammenhang relevant):
"(16) Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 38/2011 erlassene Aufenthaltsverbote gemäß § 60 oder Rückkehrverbote gemäß § 62 bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig.
[...]
(25) Ausweisungen gemäß § 62 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 bleiben bis zur Ausreise des Drittstaatsangehörigen aus dem Bundesgebiet aufrecht. Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Rückkehrverbote bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 60 Abs. 4 und 5 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehoben oder für gegenstandslos erklärt werden. Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012 erlassene Aufenthaltsverbote bleiben bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß § 69 Abs. 2 und 3 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012 aufgehoben werden oder außer Kraft treten. [...]"
§ 125 Abs. 25 FPG wurde mit dem Gesetz BGBl. I Nr. 2013/68 eingefügt: Die EBRV führen zu dieser Bestimmung aus: "Der vorgeschlagene Abs 25 beinhaltet Regelungen, dass bereits vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassene aufenthaltsbeendende Maßnahmen auch nach diesem Zeitpunkt ihre Gültigkeit behalten. So bleiben Ausweisungen gemäß § 62 nach alter Rechtslage bis zur Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht. Rückkehrverbote, Aufenthaltsverbote oder Einreiseverbote bleiben bis zum von der Behörde festgesetzten Zeitpunkt gültig und können nach Ablauf des 31. Dezember 2013 aufgehoben, verkürzt oder für gegenstandslos erklärt werden." (EBRV 2144 BlgNR XXIV. GP, 25).
§ 60 Abs. 5 FPG in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 lautet:
"(5) Das Rückkehrverbot ist auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind."
1.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 10.04.2014, 2011/22/0333, ausgesprochen hat, bleiben nach der Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 16 FPG vor Inkrafttreten dieser Bestimmung (das war der 01.07.2011) erlassene Aufenthaltsverbote oder Rückkehrverbote bis zum festgesetzten Zeitpunkt weiterhin gültig. Es bestünden, so der Verwaltungsgerichtshof, keine Zweifel daran, dass von dieser Bestimmung sämtliche - auch unbefristete - Aufenthalts- bzw. Rückkehrverbote nach § 60 bzw. § 62 FPG in der Fassung vor dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 erfasst sind (Hinweis auf VwGH 11.06.2013, 2012/21/0142). Alte Aufenthaltsverbote nach § 125 Abs. 16 FPG gelten als solche weiter; von einer Überleitung in das neue Recht sei dabei nicht die Rede (Hinweis auf VwGH 28.08.2012, 2012/21/0159, wonach solche Aufenthaltsverbote - auch wenn der Fremde bei seiner Erlassung keinen Aufenthaltstitel innehatte - nicht in Rückkehrentscheidungen samt Einreiseverbot nach der neuen Rechtslage umgedeutet werden können). Somit sei auf solche alten Aufenthaltsverbote § 69 Abs. 2 FPG anzuwenden.
1.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in genanntem Erkenntnis daran anknüpfend weiter ausführte, ist gemäß § 69 Abs. 2 FPG ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu dessen Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Antrag nach § 69 Abs. 2 FPG auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung der Maßnahme eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Entscheidung über die Aufhebung einer solchen Maßnahme kann die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem diese Maßnahme erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden. Eine Änderung der Rechtslage kann allerdings den Wegfall eines Grundes für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes darstellen und ist demnach bei der Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung dieser Maßnahme zu berücksichtigen (Hinweis auf VwGH 07.11.2012, 2012/18/0052, mwN und VwGH 16.05.2013, 2011/21/0272).
Im Verfahren über einen Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, wenn durch das Aufenthaltsverbot - wie hier - in das Privat- oder Familienleben des Betroffenen eingegriffen wird. Dabei ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführer in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Für die Beurteilung des Privat- und Familienlebens sind dabei gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, zu berücksichtigen.
Voraussetzung für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich der Wegfall oder eine wesentliche Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit. Dafür bedarf es idR eines Zeitraums des Wohlverhaltens in Freiheit, der sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet und üblicherweise umso länger anzusetzen ist, je nachdrücklicher sich die für die Verhängung des Aufenthaltsverbots maßgebliche Gefährlichkeit manifestiert hat (VwGH Ra 2014/21/0009). Ein Gesinnungswandel, der nicht in einem - einen relevanten Zeitraum umfassenden - Wohlverhalten seine Entsprechung gefunden hat, reicht für den Wegfall der Gefährdungsprognose nicht aus (VwGH Ra 2016/21/0108).
1.3. Vor diesem Hintergrund ist die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers im angefochtenen Bescheid nicht zu beanstanden.
Der Beschwerdeführer reiste bereits im Jahr 2000 ins Bundesgebiet ein, dies allerdings illegal und hielt er sich ohne Meldung bis zu seinem Aufgriff am 25.01.2001 in Österreich auf. Bis er 2003 die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin einging, war sein Aufenthalt rechtswidrig und stellte sich nach der Scheidung und dem Geständnis des Exgattin heraus, dass es sich um einen Scheinehe handelte. Wie auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 08.06.2010 feststellte, wurde diese Verbindung nur eingegangen, um einen Aufenthaltstitel zu erwirken und freien Zugang zum Arbeitsmarkt zu erhalte. In diesem Zusammenhang muss die Aufenthaltsdauer und die Integration am Arbeitsmarkt während der Ehe relativiert werden, da er ohne das Eingehen der Scheinehe keinen rechtmäßigen Aufenthalt und auch keinen Zugang zum Arbeitsmarkt hätte erreichen können.
Mit dem Eingehen der Scheinehe hat er definitiv ein Verhalten gesetzt, das gegen die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit spricht. Es kommt in diesem Zusammenhang der Einhaltung der geltenden Einwanderungs-, Aufenthalt-, Beschäftigungs- und fremdenrechtlichen Bestimmungen ein gewichtiges öffentliches Interesse zu und hat der Beschwerdeführer mit dem rechtsmissbräuchlichen Verhalten dargelegt, dass er nicht bereit ist, die in Österreich geltenden Bestimmungen und die Rechtsordnung einzuhalten.
Nach Erlassung der oben zitierten und auch des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes hat der Beschwerdeführer Österreich nicht verlassen und sich beharrlich geweigert, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Der Beschwerdeführer war trotz aufrecht gemeldetem Wohnsitz bis zur Stellung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG am 08.10.2013 untergetaucht und für die Behörden nicht greifbar.
Er selbst gab in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 24.01.2018 an, dass er seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht wieder nach Tunesien zurückgekehrt ist und nur in Nachbarländer Österreich ausgereist ist. Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine (damals) Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Während seines Aufenthaltes in Österreich hat sich der Beschwerdeführer nicht maßgeblich um Integration in sprachlicher, kultureller und sozialer Hinsicht bemüht. Der Beschwerdeführer weist erst wieder seit 17.12.2013 einen durchgehenden Wohnsitz im Bundesgebiet auf. Aus der Vorlage von Integrationsunterlagen können aber keine maßgebenden Bemühungen erkannt werden. Der Versicherungsdatenauszug dokumentiert nur die Jahre bis 2014 und gibt er selbst an, unterschiedliche Tätigkeiten auf Baustellen als Maler oder Bodenleger über Kontakte auszuüben. Von einer regelmäßigen Beschäftigung zum jetzigen Zeitpunkt kann daher nicht ausgegangen werden.
Der Beschwerdeführer konnte zudem Arbeitsvorverträge unter der Bedingung der positiven Aufenthaltsberechtigung vorlegen. Diese Einstellungszusagen sind aber keine bindenden Zusagen und kann daraus kein Recht auf eine tatsächliche Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis abgeleitet werden für den Beschwerdeführer.
Er hat zwar bereits im Jahr 2013 eine Deutschprüfung Niveau A2 erfolgreich absolviert, spricht aber in Anbetracht seines Aufenthaltes seit März 2000 nur geringfügig deutsch. Von den kaum vorhandenen Sprachkenntnissen konnte sich der erkennende Richter selbst ein Bild in der mündlichen Verhandlung machen, wobei der Beschwerdeführer die Frage, ob er deutsch spreche mit einem Wort "Bisschen" beantwortete und während der gesamten Verhandlung auf den Dolmetscher angewiesen war. Der Verwaltungsgerichtshof hat sogar die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, als keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale qualifiziert (Hinweis E 26.01.2009, 2008/18/0720). In Anbetracht der höchstgerichtlichen Rechtsprechung sind die integrativen Bemühungen des Beschwerdeführers daher zu relativieren.
Zur Frage, ob ein schützenswertes Privat- und Familienleben vorliegt, kann auf seine Angaben in der mündlichen Verhandlung verwiesen werden. Er gab an, eine Freundin zu haben, mit der er aber in keinem gemeinsamen Haushalt lebt. Er war nicht gewillt, den Namen oder andere Details zu seiner Lebensgefährtin preiszugeben, weil sie gerade ein Scheidungsverfahren durchmache. Ihr Noch-Ehemann dürfe daher von der Beziehung nichts mitbekommen. In Anbetracht der der Tatsache, dass die Beziehung wegen der laufenden Scheidung noch geheim geführt wird, der Beschwerdeführer auch im Verfahren sein Aufenthaltsrecht betreffend ihren Namen nicht angeben wollte und auch der einvernommene Zeuge, der angibt, ein enger Freund von ihm zu sein und ihn schon lange zu kennen, nichts in diese Richtung vorbrachte, kann die Beziehung noch nicht allzu lange Bestand haben und kann daher auch nicht von einer tiefgreifenden Beziehung ausgegangen werden. Ansonsten hat der Beschwerdeführer keine Verwandten oder Angehörige in Österreich.
Eine strafgerichtliche Verurteilung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe ist im Verwaltungsakt ersichtlich. Diese ist mittlerweile aber getilgt. Dennoch vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.3010, 2010/18/0029).
Der Beschwerdeführer ist in Tunesien aufgewachsen und hat dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht. Er hat seinen Lebensunterhalt als Automechaniker und in der Landwirtschaft verdient und hat familiäre Anknüpfungspunkte in seinem Heimatstaat. Seine Eltern und Geschwister sind nach wie vor in Tunesien aufhältig und pflegt er Kontakt mit ihnen.
Das Wegfallen oder eine wesentliche Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährlichkeit ist indes nicht erkennbar. Damit eine Prognose überhaupt abgegeben werden kann, müsste der Beschwerdeführer zuerst ein Zeichen in diese Richtung setzen. Da er seiner Ausreiseverpflichtung nach wie vor nicht nachgekommen ist und sich trotz aufrechten Aufenthaltsverbotes seit 12.03.2008 immer noch im Bundesgebiet aufhält, hat er den Sinn der verhängten Maßnahme gänzlich missachtet. Zudem entzog sich der Beschwerdeführer zur Durchsetzung seiner Ausreise den fremdenpolizeilichen Aufforderungen, kam Ladungen nicht nach und konnte er trotz Festnahme- und Durchsuchungsauftrag für seine gemeldete Wohnung nicht ausfindig gemacht werden. Abgesehen davon sind für den erkennenden Richter die wiederholt unrichtigen oder lückenhaften Angaben im Behörden- und Beschwerdeverfahren jedenfalls so schwerwiegend um nicht von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können.
Auch im Rahmen der nach § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung ergibt sich nicht, dass das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes überwiegt. Die Trennung von seiner (behaupteten) Freundin ist im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit jedenfalls hinzunehmen.
Im Ergebnis ist der belangten Behörde dahin beizupflichten, dass sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers geändert haben. Seine persönlichen Interessen an einer Aufhebung des Aufenthaltsverbotes überwiegen das öffentliche Interesse an seiner Aufrechterhaltung nicht.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
2. Abweisung der Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrages auf einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG:
2.1. Unzulässigkeit des Antrages:
Gemäß § 58 Abs 10 AsylG sind Anträge gemäß § 55 leg. cit. als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.
Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, steht das nach wie vor aufrechte Aufenthaltsverbot einer Erlangung eines Aufenthaltstitels entgegen und ist ein absoluter Versagungsgrund. Schon aus diesem Grund ist der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK unzulässig und somit zurückzuweisen.
2.2. Rückkehrentscheidung:
§ 10 (3) AsylG Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.
§ 9 (1) BFA-VG Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 52 Abs 3 FPG Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus dem oben unter Punkten II.2.1.3. und II.2.1.4. Gesagten gegeben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Ausführungen verwiesen. In einer Gesamtabwägung stehen die schwach ausgeprägten Interessen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Privat- und Familienlebens und das bisheriger rechtswidrige Verhalten des Beschwerdeführers weit hinter dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, wie es oben bereits ausführlich dargelegt wurde.
Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs 3 AsylG und § 52 Abs 3 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art 8 EMRK, vgl § 9 Abs 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht, sondern vielmehr ist ihm gegenüber ein Aufenthaltsverbot erlassen worden.
Betreffend die mit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 9 FPG gleichzeitig festzustellenden Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. den Herkunftsstaat, ist auszuführen, dass keine Gründe vorliegen, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre.
Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Tunesien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und somit arbeitsfähig. Diesbezüglich wird wieder auf die Ausführungen unter II.2.1.4. verwiesen.
Damit ist der Beschwerdeführer durch die Abschiebung nach Tunesien nicht in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Tunesien besser gestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Tunesien keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Ganz allgemein besteht in Tunesien derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Tunesien, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw der Todesstrafe besteht.
Im Übrigen ist Tunesien ein sicherer Herkunftsstaat gemäß § 1 Abs 1 Z 11 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idF Nr. 25/2018.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie gemäß § 28 Abs 2 VwGVG abzuweisen war.
2.3. Frist für die freiwillige Ausreise:
"§ 55 (1) FPG Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.
(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.
[...]"
Gemäß § 55 Abs 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zu Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Der Beschwerdeführer führte weder im Verfahren vor der belangten Behörde, noch im Beschwerdeverfahren besondere Umstände in Hinblick auf einen Regelungsbedarf seiner persönlichen Verhältnisse ins Treffen, die dem Ausspruch einer Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides entgegenstünden. Solche sind auch nicht amtswegig hervorgetreten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Interessenabwägung, öffentliche Interessentensuche,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I411.2103321.2.00Zuletzt aktualisiert am
28.03.2018