TE Bvwg Beschluss 2018/3/6 I414 2186105-1

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Veröffentlicht am 06.03.2018
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Entscheidungsdatum

06.03.2018

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I414 2186105-1/4Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx in 1090 Wien, Pulverturmgasse 4/2/R01, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.02.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste am 21.06.2013 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. An der am nächsten Tag (22.06.2013) stattgefundenen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, gab der Beschwerdeführer befragt zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass er homosexuell sei und er einen Freund gehabt hätte. In seiner Heimatgemeinde hätte niemand gewusst, dass er homosexuell sei, als dies jedoch herausgefunden worden wäre, wäre der Beschwerdeführer von der Gemeinschaft verstoßen worden. Sein Freund und er wären bedroht und zusammengeschlagen worden, dabei wäre sein Freund verstorben. Aus diesem Grund habe er seine Heimat verlassen.

3. Mit gerichtsmedizinischen Gutachten - forensische Altersbestimmung - vom 23.08.2013 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seines Antrages auf internationalen Schutz mindesten achtzehn Jahre alt und somit volljährig war.

4. Am 29.08.2013 wurde vom Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.

5. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 09.12.2013, Zl. XXXX, wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, das Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z. 1 achter Fall und Abs. 3 Suchtmittelgesetz (SMG) begangen zu haben. Der Beschwerdeführer wurde zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt, verurteilt. Es wurde eine Probezeit von drei Jahren festgesetzt.

6. Am 02.11.2017 wurde der Beschwerdeführer neuerlich von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer wörtlich an. "A: Mann stürmte in das Haus, in dem ich mit Bobo im Bett lag. Bobo und ich wurden durch Schläge und Angriffe von unterschiedlichen Menschen verletzt. Die Polizei brachte mich in ein Spital. Bobo starb. Ich floh aus dem Spital."

7. Mit Bescheid vom 05.02.2018, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt IV.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.). Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

8. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 06.02.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx fristgerecht Beschwerde in gesamtem Umfang und beantragte ua auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht: Die an den Beschwerdeführer gerichteten Vorwürfe in der Beweiswürdigung seien nicht nachvollziehbar. Dass der Beschwerdeführer keine hohe Anzahl an Sexualpartnern hätte, mindere nicht wesentlich die Gefahren, denen er als Homosexueller in Nigeria ausgesetzt wäre und jedenfalls nicht die Glaubwürdigkeit seiner sexuellen Orientierung, die er auch in Österreich auslebe. Die Länderfeststellungen der belangten Behörde würden zeigen, dass jemand wie der Beschwerdeführer, der keine familiären oder sozialen Rückhalt in seiner Heimat mehr habe, in Gefahr wäre, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten. Homosexualität, insbesondere zwischen Männern sei in Nigeria strafbar und abgesehen von der staatlichen Verfolgung bestehe auch die Gefahr der Verfolgung durch Privatpersonen, wovor eine Schutzwilligkeit der nigerianischen Behörden in Hinblick auf die intensive Tabuisierung von Homosexuellen in der westafrikanischen Kultur nicht bestehe.

Allenfalls wäre aufgrund des Fehlens eines sozialen beziehungsweise familiären Auffangnetzes für den Beschwerdeführer in seinem konkreten Fall subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen, da er im Falle einer Abschiebung in Gefahr wäre, einer existenzbedrohenden Situation ausgesetzt zu sein.

Hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers sei festzustellen, dass eine nur unzureichende Behandlung mit seinem Vorbringen erfolgte. Festzustellen wäre gewesen, dass der Beschwerdeführer nach den traumatischen Erlebnissen in seiner Heimat und den Strapazen der langen Flucht nunmehr in Österreich Ruhe gefunden habe und bereits große Anstrengungen hinsichtlich seiner Integration unternommen habe. Der bloße Verweis der belangten Behörde auf die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers könne diese Tatsache nicht entkräften.

Hinsichtlich des Einreiseverbots sei festzustellen, dass die Begründung, der Beschwerdeführer würde wegen seiner strafrechtlichen Verurteilung eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen, kann nicht alleine aus der Verurteilung an sich geschlossen werden, sondern es wäre auch auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Die Verurteilung des Beschwerdeführers habe vor fünf Jahren stattgefunden und er habe seitdem nichts mehr angestellt. Eine aktuelle Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bestehe daher nicht.

Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass es der belangten Behörde aus den genannten Gründen in keiner nachvollziehbaren Weise gelungen sei, die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zu widerlegen.

10. Mit Schriftsatz vom 26.02.2018, beim Bundesverwaltungsgericht vollständig eingelangt am 01.03.2018, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBL. I 2013/33 i.d.F. BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenverordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/184, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörden in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Aufgrund der Tatsache, dass vom Bundesverwaltungsgericht binnen einer Woche in einem Eilverfahren eine Annahme über die Gefahr einer Grundrechtsverletzung beziehungsweise Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit zu treffen ist, ist davon auszugehen, dass hier mit einer Gefahrenprognose aufgrund der Aktenlage vorzugehen ist. Schon im Hinblick darauf, dass Grundrechte oder sonstige massive Interessen des Beschwerdeführers beeinträchtigt werden könnten, dürfen die anzulegende Prüfdichte und der Wahrscheinlichkeitsgrad nicht allzu hoch sein. Gewissheit kann in diesem Stadium des Verfahrens nicht vorausgesetzt werden, weil damit das Schicksal der Beschwerde schon entschieden wäre.

Im vorliegenden Fall kann ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes nicht ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine reale Gefahr einer Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde. Zur Klärung des Sachverhaltes ist die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht notwendig.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen.

Da eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein auszuschließen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I414.2186105.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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