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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision der Ö A in K, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 15. Mai 2017, LVwG-AV-164/001-2017, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Niederösterreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (belangte Behörde) vom 24. Oktober 2016 wurde der - auf ihren über eine "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" verfügenden Vater als Zusammenführenden bezogene - Antrag der Revisionswerberin, einer türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen. Begründend wurde darauf verwiesen, dass die Voraussetzungen des § 23 Abs. 4 NAG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 145/2017) nicht vorlägen, weil der Antrag der Mutter der Revisionswerberin abgewiesen worden und diese somit nicht zur Niederlassung berechtigt sei.
2 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 15. Mai 2017 wurde die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet abgewiesen. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für unzulässig erklärt.
Begründend wurde festgehalten, die Revisionswerberin sei seit dem 2. Februar 2017 nicht mehr minderjährig und demnach nicht mehr Familienangehörige im Sinn der Definition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG. Nach der (näher zitierten) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei für die Beurteilung der Minderjährigkeit auf den Entscheidungszeitpunkt und nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen. Der Umstand, dass die am 2. Dezember 2016 bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde erst am 14. Februar 2017 beim Landesverwaltungsgericht eingelangt sei, ändere daran nichts. Die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels scheitere somit am Vorliegen der besonderen Erteilungsvoraussetzung. Zwar sei in bestimmten Konstellationen zur Erzielung eines der EMRK gemäßen Ergebnisses der Begriff "Familienangehöriger" von der Definition des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG abzukoppeln (Verweis auf VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0125, u.a.), eine solche Konstellation liege hier jedoch nicht vor.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Entscheidung über einen auf § 46 Abs. 1 NAG gestützten Antrag die Sachlage im Entscheidungszeitpunkt maßgeblich ist (vgl. zuletzt etwa VwGH 27.1.2015, Ra 2014/22/0026, mwN).
6 Soweit die Revisionswerberin ins Treffen führt, vorliegend habe das Beschwerdeverfahren unverhältnismäßig lange gedauert und sie treffe daran kein Verschulden, vermag dies - abgesehen davon, dass zwischen der Einbringung der Beschwerde und dem Eintritt der Volljährigkeit nur zwei Monate lagen - an der Maßgeblichkeit des Entscheidungszeitpunktes für die Beurteilung der Minderjährigkeit nichts zu ändern (vgl. etwa die dem Erkenntnis VwGH 29.2.2012, 2010/21/0508, zugrunde liegende Konstellation). Der in der Revision geltend gemachte Umstand, die Revisionswerberin habe "das Erwachsenenalter lediglich kurzfristig überschritten", ist gleichfalls unerheblich (vgl. diesbezüglich die dem Erkenntnis VwGH 20.10.2011, 2009/21/0206, zugrunde liegende Konstellation), ebenso wenig kommt es im vorliegenden Zusammenhang darauf an, dass sich nach dem Vorbringen der Revisionswerberin im Vergleich zur Situation vor der Volljährigkeit keine (gemeint offenbar: darüber hinausgehenden) Änderungen ergeben hätten.
7 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
8 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 22. Februar 2018
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018220018.L00Im RIS seit
16.03.2018Zuletzt aktualisiert am
29.03.2019