TE OGH 2018/1/30 9Ob79/17h

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Veröffentlicht am 30.01.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** AG, *****, vertreten durch Mag. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach K*****, vertreten durch Dr. Christian Lang, Rechtsanwalt in Wien als Verlassenschaftskurator, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Mag. O*****, vertreten durch Rafael Gilkarov, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 27. September 2017, GZ 40 R 70/17s-39, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die Nebenintervenientin hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 14 Abs 3 MRG treten nach dem Tod des Hauptmieters unter anderem Verwandte in gerader Linie in den Mietvertrag ein, sofern sie ein dringendes Wohnbedürfnis haben und schon bisher im gemeinsamen Haushalt mit dem Mieter der Wohnung gewohnt haben. Im hier zu entscheidenden Fall ist nur mehr strittig, ob die Nebenintervenientin, die Tochter der verstorbenen Hauptmieterin, am Bestandobjekt ein dringendes Wohnbedürfnis hatte.

2. Richtig ist, dass es grundsätzlich der Rechtsprechung entspricht, dass die Dringlichkeit des Wohnbedürfnisses eines nahen Angehörigen an der aufgekündigten Wohnung davon abhängt, ob der Eintrittswerber über eine eigene Wohnung verfügt, die er früher bewohnt hat, oder ob er auf eine andere Wohnung verwiesen werden soll. Nur im ersten Fall ist auf die unbedingte Notwendigkeit abzustellen, den beim Tod des Mieters gegebenen Zustand zu belassen, andernfalls muss es sich um eine ausreichende und gleichartige Wohnmöglichkeit handeln (RIS-Justiz RS0069957).

Die ältere Rechtsprechung hat dabei ein dringendes Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen nur dann angenommen, wenn die unabweisliche Notwendigkeit bestand, den anderweitig in rechtlich gleichwertiger Weise nicht gedeckten Wohnbedarf des Eintrittsberechtigten zu befriedigen, wobei eine faktische Ungleichwertigkeit nicht berücksichtigt wurde. In jüngeren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs wird hingegen das dringende Wohnbedürfnis im Sinne eines schutzwürdigen Interesses verstanden und nur dann verneint, wenn dem Eintrittsberechtigten eine andere ausreichende und angemessene sowie rechtlich gleichwertige Unterkunftsmöglichkeit zur Verfügung steht, wobei immer auf die Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls unter Einschluss sowohl der rechtlichen als auch der tatsächlichen Verhältnisse abgestellt wird (4 Ob 237/05i; vgl auch die Judikaturübersicht bei Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht – MRG³ § 14 MRG Rz 24).

3. Im vorliegenden Fall hat die Nebenintervenientin mit Ausnahme weniger Monate 2012/2013 von ihrer Geburt an mit der Hauptmieterin, ihrer Mutter, im gemeinsamen Haushalt in der aufgekündigten, 110 m² großen, Wohnung gelebt, zuletzt gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Kind. Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die ca 40 m² große Gemeindewohnung, deren Mieterin die Nebenintervenientin ist und die von ihr auf unbestimmte Zeit einer Bekannten überlassen wurde, keine ausreichend gleichwertige Wohnmöglichkeit für die Nebenintervenientin und ihre Familie darstellt, ist vor diesem Hintergrund keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung.

4. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Die ohne Zustellung einer Mitteilung nach § 508a Abs 2 erster Satz ZPO erstattete Revisionsbeantwortung der Nebenintervenientin ist als nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig nicht zu honorieren (RIS-Justiz RS0043690 [T6, T7]).

Schlagworte

;

Textnummer

E120897

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00079.17H.0130.000

Im RIS seit

16.03.2018

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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