TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/16 VGW-162/045/11724/2016

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Veröffentlicht am 16.02.2018
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Entscheidungsdatum

16.02.2018

Index

27/01 Rechtsanwälte
19/05 Menschenrechte
23/01 Insolvenzordnung

Norm

RAO §50
VerSt Wien §5 Abs5
VerSt Wien §8
VerSt Wien §18 Abs9
EMRK Art 1 1. ZP
EMRK Art 14
EMRK Art 41
EMRK Art 46
IO §2 Abs2

Text

I M N A M E N D E R R E P U B L I K

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Mag. Doninger über die Beschwerde der Frau C. X., vertreten durch Rechtsanwältin, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum), vom 03.05.2016, GZ: 2016/1635, betreffend Abweisung des Antrages auf Zuerkennung einer Witwenrente, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 03.05.2016 wies die belangte Behörde den Antrag der Frau C. X. vom 29.01.2016 auf Zuerkennung einer Witwenrente nach dem verstorbenen Ehemann Dr. X. ab. Begründend führt die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass dem verstorbenen Dr. X. aufgrund der damaligen Rechtslage mit Bescheid vom ... 1998, GZ ..., eine Alterspension verwehrt worden sei, weil er zur Zeit seines Ausscheidens aus der Anwaltschaft das Pensionsantrittsalter von 65 Jahren noch nicht erreicht gehabt habe. Nach Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzuges habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Verweigerung einer Alterspension als Eingriff in das Recht auf den friedlichen Genuss des Eigentums qualifiziert und die Republik Österreich mit Urteil vom ... 2014 zu einer Entschädigungszahlung in der Höhe von EUR *** verurteilt. Mit dieser Entschädigungszahlung seien sämtliche Ansprüche des verstorbenen Dr. X. sowie seiner Vorsorgeberechtigten auf Pensionszahlungen gegenüber der Rechtsanwaltskammer Wien endgültig erloschen. Die Entschädigungszahlung verfolge einzig den Zweck, den durch die ursprüngliche Nichtgewährung der Alterspension entstandenen Eigentumseingriff zu kompensieren.

In der gegen diesen Bescheid rechtzeitig erhobenen Beschwerde führt die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin zusammengefasst aus, dass sie mit dem verstorbenen Dr. X. bis zu dessen Tod am ... 2015 verheiratet und während dieser Zeit nicht berufstätig gewesen sei. Der Verstorbene sei von … 1964 bis … 1996 in die Liste der Wiener Rechtsanwälte eingetragen gewesen und im Alter von 63 Jahren aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschieden. Während dieses Zeitraums von 32 Jahren habe er auf der Basis der Höchstbeitragsgrundlage Pensionsbeiträge an die Rechtsanwaltskammer geleistet. Zudem habe er ohne Entlohnung Verfahrenshilfevertretungen verrichtet, wofür der Bund jährlich Pauschalvergütungen an den Rechtsanwaltskammertag bezahle. Voraussetzung des Bezugs einer Alterspension sei zur Zeit des Ausscheidens des Verstorbenen im Jahre 1995 neben der Beitragszeit von 10 Jahren das Erreichen des Pensionsantrittsalters von 65 Jahren gewesen. Nach Eintritt des Pensionsantrittsalters von 65 Jahren habe der Verstorbene bei der Rechtsanwaltskammer Wien die Zuerkennung einer Alterspension i.H.v 100 % der Grundpension beantragt. Diesen Antrag habe die Rechtsanwaltskammer mit Bescheid vom ... 1998, GZ ..., zur Gänze mit der Begründung abgewiesen, dass er zur Zeit seines Ausscheidens aus der Rechtsanwaltschaft das Pensionsantrittsalter von 65 Jahren noch nicht erreicht gehabt habe.

Nach Erschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs habe der Verstorbene mit Schriftsatz vom 25.01.2000 beim EGMR Beschwerde erhoben. Im Jahre 2004 habe die Rechtsanwaltskammer unter dem Motto „Pension neu“ ihre Pensionsbestimmungen dahingehend geändert, dass nunmehr Pensionsansprüche auch bei Ausscheiden aus der Rechtsanwaltschaft vor Eintritt des Pensionsantrittsalters von 65 Jahren bestehen. Am ... 2011 habe der EGMR zur GZ … ein Haupturteil dem Grunde nach gefällt und den angefochtenen Bescheid der Rechtsanwaltskammer für menschenrechtswidrig befunden, da er gegen das Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Schutz des Eigentums verstoßen habe. Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe eine „gerechte Entschädigung“ zu erbringen sei, habe sich der Gerichtshof einem Endurteil vorbehalten. Unter einem räumte der Gerichtshof den Parteien die Möglichkeit einer Stellungnahme zur „gerechten Entschädigung“ ein. Mit Schreiben vom 02.09.2011 habe die Republik Österreich vorgeschlagen, die Höhe der Entschädigungszahlung mit der Höhe der vom Verstorbenen im Zeitraum von 32 Jahren erbrachten Pensionsbeiträge festzulegen, ohne aber die Höhe dieser Summe bekanntzugeben, oder Unterlagen, welche deren Errechnung ermöglicht hätte, vorzulegen. Es könne angenommen werden, dass die Höhe zumindest eines Teils der Pensionsbeiträge nicht mehr eruierbar sei, zumal die erste Beitragszahlung zur Zeit der Fällung des Haupturteils mehr als 52 Jahre zurückgelegen sei. Zudem stünden einer derartigen Berechnungsmethode folgende Umstände entgegen:

?    Die auf diesem Weg ermittelte Höhe der Entschädigung wäre wiederum menschenrechtswidrig gewesen, da die der Rechtsanwaltskammer zugeflossenen Pauschalvergütungen des Bundes für Verfahrenshilfevertretungen und die Renditen und Zinsen aus den Veranlagungen keine Berücksichtigung gefunden hätten.

?    Der Verstorbene - und auch sie als seine Ehegatten - wären nach 32-jähriger Berufszugehörigkeit ohne jede finanzielle Grundlage verblieben, was aber nicht mit der von der Europäischen Menschenrechtskonvention für unverzichtbar erklärten Würde des Menschen vereinbar wäre.

?    Im Resultat wäre ein betroffener Rechtsanwalt auf staatliche Sozialleistungen angewiesen. Es könne nicht sein, dass der Steuerzahler für Leistungen in Anspruch genommen werde, welche sich die Rechtsanwaltskammer ohne Berechtigung zugeeignet habe.

?    Zudem würde eine derartige Berechnung dem dem Pensionssystem der Rechtsanwälte zu Grunde liegenden Umlageverfahren zuwiderlaufen.

Der Vorschlag der Republik Österreich auf Rückzahlung der tatsächlich geleisteten Pensionsbeiträge sei somit aus faktischen und rechtlichen Gründen undurchführbar gewesen. Die Republik Österreich habe daher in ihrem Schriftsatz vom 02.09.2011 eventualiter vorgeschlagen, dem Verstorbenen jene Pensionsbezüge zu gewähren, welche sich nach dem „Pensionssystem neu“ ergeben hätten. Da der Verstorbene vorzeitig aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschieden sei, sollten ihm 84,04% der Grundrente zukommen. Auf dieser Basis errechnete die Republik Österreich die Höhe der damals aktuell angewachsenen Rückstände zum Stichtag 31.08.2011 mit EUR ***.

Der EGMR sei diesem Vorschlag in seinem in Rechtskraft erwachsenen Endurteil vom … 2014 gefolgt und habe dem Verstorbenen für die Rückstände bis 31.08.2011 den Betrag von EUR *** als „gerechte Entschädigung“ zugesprochen.

Als Ehegatten des Verstorbenen habe sie nach dessen Ableben bei der Rechtsanwaltskammer Wien die Gewährung der Witwenrente beantragt. Mit Bescheid vom 23.02.2016 habe diese den Antrag mit einer nicht nachvollziehbaren Begründung abgewiesen. Ihrer gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 22.03.2016 erhobenen Vorstellung an den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien sei mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid ebenfalls keine Folge gegeben worden. Dabei lasse die belangte Behörde die Systematik des überstaatlichen Verfahrens vor einem Europagericht außer Acht und gehe fälschlich davon aus, dass sich Verfahren und Urteil bei der Entscheidungsfindung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nach den innerstaatlichen Normen der Republik Österreich zu richten hätten. Tatsächlich aber seien Urteile des EGMR grundsätzlich feststellender Natur. Nur in Ausnahmefällen würden die belangten Staaten dazu verurteilt, dem „Opfer der Menschenrechtsverletzung“ eine gerechte Entschädigung zu leisten. Ein Urteil des Gerichtshofs, das eine Grundrechtsverletzung feststelle, verpflichte den belangten Staat alleine durch diese Feststellung zur Abstellung der Konventionsverletzung und zur Ersatzleistung für deren Folgen. Der belangte Staat sei bei der Wahl seiner Mittel, wie er seine Verpflichtungen aus dem Urteil des Gerichtshofes erfülle, frei. In Verfahren, welche nicht nur individuelle Wirkungen für den Beschwerdeführer hätten, sondern sich auch auf andere Personen auswirken könnten, könne der Gerichtshof den betroffenen Staat auch anleiten, wie er in Hinkunft Grundrechtsverletzungen verhindere bzw. abstelle. Die hier gegenständliche Grundrechtsverletzung betreffe auch andere Rechtsanwälte, welche vor Erreichen des Pensionsantrittsalters und Fortgeltung der 2004 in Kraft getretenen Normen aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschieden seien. Der Gerichtshof habe es gegenständlich daher nicht bei der bloßen Feststellung der Grundrechtsverletzungen belassen, sondern in seinem Endurteil auch ausgesprochen, wie zu verhindern sei, dass sich solche Grundrechtsverletzungen wiederholten. Die Republik Österreich sei dazu verpflichtet worden, die Leistungsordnung der Rechtsanwälte unter Zugrundelegung der Novellierung 2004 dahingehend zu ändern, dass sie auch auf die oben genannten Rechtsanwälte und damit auch für den Verstorbenen gelte. Demgemäß habe ihm die Rechtsanwaltskammer bis zu seinem Ableben 84,04% der Grundpension und danach eine Witwenpension zu bezahlen.

Zutreffend sei das Endurteil des Gerichtshofes vom ... 2014 widersprüchlich. Unter Punkt 13 werde ausgeführt, dass der Schaden, welcher dem Beschwerdeführer entstanden sei, in dem Betrag bestehe, welchen er während seines aktiven Berufslebens in den Pensionsfonds eingezahlt habe. Demgegenüber habe der Gerichtshof in Punkt 15 des Urteils dem Verstorbenen den vollen Betrag der aufgelaufenen Pensionszahlungen in Einklang mit den geänderten, seit 2004 geltenden Pensionsbestimmungen in Höhe von EUR *** zugesprochen. Dabei verweise er auf Punkt 9 des Urteils, wo er umgekehrt darlege, dass die Republik die bis 31.08.2011 rückständigen Pensionen auf der Basis der Normen 2004 mit einem Betrag von EUR *** errechnet habe. Auch lehne der Gerichtshof eine Abschlagszahlung für zukünftige Grundrechtsverletzungen in Höhe von einer durchschnittlichen Monats Pension von EUR *** im zehnfachen Betrag ab, ungeachtet dessen, dass der Verstorbene keine Abschlagszahlung in dieser Höhe begehrt, sondern vielmehr die Kostenbemessungsgrundlage mit diesem Betrag bewertet habe. Nach dem gemeinsamen Tenor von Haupt- und Endurteil sollen sämtliche vor Erreichen des Pensionsantrittsalters von 65 Jahren pensionierten Rechtsanwälte gleichgestellt werden und Pensionen erhalten, welche auf der Basis der Normen 2004 zu errechnen seien. Jede andere Auslegung des Endurteils würde wiederum gegen das Grundrecht auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Freiheit des Eigentums verstoßen. Demgemäß habe die Republik Österreich die ab dem Ausscheiden des Verstorbenen aus der Rechtsanwaltschaft im Jahre 1995 bis zur Rechtskraft des Endurteils am ... 2015 (richtig wohl: ... 2014) angefallenen Alterspensionen i.H.v 84,04% der Grundpension zu ersetzen. Die folgenden Pensionsleistungen bis zum Tod des Verstorbenen … seien von der Rechtsanwaltskammer zu bezahlen. Davon, dass der Verstorbene mit einem Betrag von EUR *** mehr als abgefunden wurden wäre, könne keine Rede sein. Vielmehr wäre er die Rechtsanwaltskammer durch den angefochtenen Bescheid ungerechtfertigt bereichert.

Beantragt wurde letztlich den angefochtenen Bescheid aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass der Beschwerdeführerin die Witwenpension nach ihrem am ... 2015 verstorbenen Ehegatten Dr. X. im gesetzlichen Ausmaß zugesprochen werde, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Zu diesen Beschwerdeausführungen nahm die belangte Behörde mit Schreiben vom 25.10.2016 Stellung und verwies dabei auf den Umstand, dass der verstorbene Dr. X. vom ... 1964 bis … 1996 in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen gewesen sei und durch Veruntreuung von Klientengeldern der Rechtsanwaltskammer Wien einen erheblichen Schaden verursacht habe. Sein Antrag auf Gewährung einer Alterspension sei nach der damals geltenden Rechtslage abgewiesen worden. Dagegen erhobene Rechtsmittel hätten schließlich zu einer Verurteilung der Republik Österreich durch den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geführt. Letztlich sei die Republik angewiesen worden, an Dr. X. einen Schadenersatz wegen Nichtzahlung von Pensionsleistungen in der Höhe von EUR *** zu bezahlen. In dieser Summe seien EUR *** an tatsächlich von Dr. X. in die Pensionsvorsorge entrichteten Umlagebeträgen enthalten. Im Rahmen einer Vereinbarung mit der Republik habe die Rechtsanwaltskammer Wien zwei Drittel dieses Schadenersatzbetrages bezahlt.

Die Beschwerdeführerin übersehe, dass mit diesem Urteil des EGMR die aus der nicht erfolgten Zahlung einer Alterspension an Dr. X. entstandenen Ansprüche endgültig abgegolten worden seien. Diese Rechtsansicht sei offenbar auch Dr. X. gewesen, der daher auch einen (richtig wohl: keinen) weiteren Antrag auf Alterspension gestellt habe. Die Zahlung habe Dr. X. erheblich besser gestellt, als wenn er monatliche Alterspensionsleistungen erhalten hätte. Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Anspruch sei ein vom Anspruch des Dr. X. auf Alterspension abgeleiteter Anspruch und könne daher nur in dem Umfang bestehen, als der Hauptanspruch bestehe oder zumindest bestanden habe. Damit sei die Beschwerdeführerin auch nicht schlechter gestellt. Wäre Dr. X. noch am Leben, würde keine über die bereits ausbezahlte Leistung hinausgehende Pensionszahlung an ihn erfolgen. Es bestehe demgegenüber kein sachlicher Grund, die Beschwerdeführerin nach Ableben des Dr. X. besser zu stellen, als an sie eine Witwenrente ausbezahlt werde.

Zu dieser Stellungnahme replizierte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21.04.2017 und hielt ihr Beschwerdevorbringen aufrecht.

In der Rechtssache fand am 27.04.2017 (fortgesetzt am 29.06.2017 bzw. 29.08.2017) eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien statt.

Zu der Verhandlung am 27.04.2017 erschien lediglich die anwaltliche Vertreterin der Beschwerdeführerin und gab Folgendes zu Protokoll:

Angesprochen auf die Frage einer deutschen Übersetzung des Urteiles des EGMR vom ... 2014 (Application no. …) gebe ich an, dass ich eine derartige Übersetzung besitze. Wie ich zu dieser Übersetzung gekommen bin kann ich im Moment nicht angeben, bin aber bereit dies dem Gericht darzulegen. Ungeachtet dessen lege ich nunmehr eine deutsche Übersetzung des angesprochenen Urteils vor und wird dasselbe als Beilage ./A zum Akt genommen.

Angesprochen auf die Beschwerde vom 14.7.2016, insbesondere deren Absatz 2 im Sachverhalt gebe ich an, dass mein Vater am ... 1996 aus der Liste der Wiener Rechtsanwälte ausgeschieden ist.

Der dritte Absatz auf Seite 3 der Beschwerde zitiert aus dem Vorschlag der Republik Österreich an den EGMR zur zweiten Entschädigungsmöglichkeit.

Die Ansprüche meiner Mandantin leiten sich aus dem Urteil des EGMR vom ... 2011 und jenem vom ... 2014 ab, wo meinem Vater eine gerechte Entschädigung zugesprochen wurde. Zudem stützen sich die Ansprüche meiner Mandantin auf die Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien idgF sowie auf § 50 der Rechtsanwaltsordnung in der ab dem Jahr 2004 geltenden Fassung. Deren Änderung war letztlich auch ein Ausfluss der Beschwerde meines Vaters beim EGMR.

Die Witwenrente für meine Mandantin beantrage ich ab Einbringung des gegenständlichen Antrages bei der Rechtsanwaltskammer am 29.1.2016. Gemäß § 8 Abs 4 der Satzung wäre der Anspruch daher ab 1.2.2016 vorliegend. Meine Mandantin ist im Moment im 76. Lebensjahr. Die Höhe der beantragten Rente möge gemäß § 18 Abs 9 lit c der Satzung in Höhe von 60% der Altersrente des Verstorbenen festgesetzt werden.

Wenn ich gefragt werde, ob mein Vater nach Ergehen des Urteils einen weiteren Pensionsantrag gestellt hat, so gebe ich an, dass ich davon nichts weiß. Allerdings weise ich darauf hin, dass die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 25.10.2016 sehr wohl von einem weiteren Antrag spricht.

Die seitens der Republik und der Rechtanwaltskammer an meinen Vater bezahlte Entschädigung ist zur Gänze in die Konkursmasse und zwar abzüglich der Zusprüche in Höhe von *** Euro für den immateriellen Schaden und die Vertretung. Das ursprüngliche Konkursverfahren wurde bereits im Jahr 2002 abgeschlossen. Dann gab es ein Nachtragsverfahren im Jahr 2004, weil noch ein gewisses Vermögen hervorgekommen ist, das sich bei einer Bank befunden hat. Nach Zuspruch der Entschädigung hat die Finanzprokuratur Kontakt mit dem Masseverwalter und dem Konkursgericht aufgenommen. Ungeachtet der Rechtsmeinung der Finanzprokuratur wurde dann die Entschädigung in der o.a. Höhe aufgrund eines Gerichtsbeschlusses des Konkursgerichtes in die Masse übertragen. Zu diesem Zweck wurde ein weiteres Nachtragsverfahren eröffnet, das zwischenzeitlich rechtskräftig abgeschlossen ist. Soweit mir bekannt, ist allerdings kein Geld an die Gläubiger verteilt worden. Ich gehe daher davon aus, dass es nach wie vor am Konto des Masseverwalters liegt. Das heißt, dass mein Vater und die Bf von der Entschädigung gar nichts bekommen haben.

Ob die belangte Behörde irgendetwas direkt an meinen Vater ausbezahlt hat, ist mir nicht bekannt. Sie behauptet allerdings, noch irgendwelche Ansprüche gegen meinen Vater zu haben. Der in der Stellungnahme angesprochene Betrag von *** Euro wurden laut Angaben der belangten Behörde im Konkursverfahren vor Rechtskraft des EGMR Urteiles und noch vor Konkurseröffnung im März 1995 an meinen Vater ausbezahlt. Es handelte sich dabei offenbar um Darlehen, die mein Vater während des Zeitraumes, in dem er zu Unrecht keine Pensionszahlungen erhalten hat, bei dritten Personen (ev. Freunden) aufgenommen hat um einen Lebensunterhalt zu haben. Eine Verpflichtung der Kammer stand im Leistungszeitpunkt noch nicht fest. Woher die Kammer den Umfang der Darlehen kannte, ist mir nicht bekannt und wurde auch im Konkursverfahren nicht belegt.

Weiters angesprochen auf die im angefochtenen Bescheid eingewendete Rückerstattung in Höhe von *** Euro gebe ich an, dass diese Summe für mich nicht nachvollziehbar ist.

Aufgrund der Rechtsprechung des EGMR wäre meinem Vater auch für den Zeitraum des Ersturteils des EGMR bis zu seinem Tod am ... 2015 eine Alterspension zugestanden, die aber der Masseverwalter unrichtigerweise nicht seitens der Kammer eingefordert hat.

Mit Schriftsätzen vom 08.06.2017, 22.06.2017 und vom 27.06.2017 fasste die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin ihre Anspruchsgrundlagen zusammen und übermittelte ein Konvolut bezughabender Unterlagen.

An der am 29.06.2017 fortgesetzten öffentlichen mündlichen Verhandlung nahmen wiederum die anwaltliche Vertreterin der Beschwerdeführerin, sowie erstmals die nunmehr anwaltlich vertretene belangte Behörde teil.

Die Vertreterin der Beschwerdeführerin gab zunächst an, den ergänzenden Schriftsatz vom 22.06.2017 per E-Mail an die belangte Behörde übermittelt und dies auch auf der ersten Seite festgehalten zu haben. Dies wurde seitens des Vertreters der belangten Behörde dementiert, weshalb demselben seitens des Verhandlungsleiters eine Kopie dieses Schreibens ausgehändigt wurde.

Sodann verwies die anwaltliche Vertreterin der Beschwerdeführerin auf das gesamte bisherige Vorbringen.

Der Rechtsvertreter der belangten Behörde gab Folgendes zu Protokoll:

Ich verweise ebenfalls auf das gesamte bisherige Vorbringen; darin wurde schon dargelegt, dass die belangte Behörde auf dem Standpunkt steht, dass durch die durch den EGMR zugesprochene Entschädigung sämtliche Ansprüche des verstorbenen Herrn Dr. X. aus pensionsrechtlichen Gründen abgegolten wurden. Die seitens des Gerichthofs zugesprochene Entschädigung verfolgt den Zweck, den durch die ursprüngliche Nichtgewährung der Alterspension entstandenen Eingriff in das Eigentum zu kompensieren. Die Bezahlung einer Witwenpension käme einer Mehrfachzahlung gleich.

Im Übrigen wird auf die Wirkung von EGMR Urteilen dahingehend verwiesen, dass sich diese nur auf völkerrechtliche Ebene entfaltet und keine Bindungswirkung für nationale Entscheidungen mit sich bringt [SZ 63/223 (VwGH Rechtssatz Nr. Rs0036785) und 1Ob 10/93]. Weiters verweise ich auf einen Beschluss des deutschen Bundesverfassungsgerichtes vom 14.2.2004 aus dem hervorgeht, dass die deutschen nationalen Gerichte nicht an Entscheidungen des EGMR gebunden sind, weshalb zusammenzufassen ist, dass Urteile des EGMR keine Außenwirkung entfalten sondern nur die Parteien binden.

Angesprochen auf die in der Stellungnahme vom 25.10.2016 dargelegte Summe in Höhe *** Euro handelte es sich um Umlagen, die Herr Dr. X. beginnend ab seinem Eintritt in die RAK Wien bis zu seinem Ausscheiden aus dieser im Jahre 1996 in das Pensionssystem eingezahlt hat .Diesbezüglich lege ich vor eine Aufstellung beginnend mit dem Jahr 1964 bis zum Jahr 1996 worin errechnet wird, dass Herr Dr. X. *** Schilling einbezahlt hat und dieser Betrag den *** Euro entspricht. Weiters lege ich vor eine Anweisung der Buchhaltung der belangten Behörde vom 6.2.2015 diesen Betrag an Herrn Dr. X. auszubezahlen sowie den entsprechenden Bankbeleg (werden als Beilagen ./1 und ./2 zum Akt genommen).

Der im Bescheid vom 23.2.2016 angesprochene Betrag in Höhe von *** Euro errechnet sich dergestalt, dass es sich dabei um zwei Drittel des Gesamtschadensbetrages abzüglich der rückerstatteten Umlagenbeiträge (*** Euro) handelt.

Dazu die anwaltliche Vertreterin der Beschwerdeführerin:

Angesprochen auf den vorletzten Absatz auf Seite 8 der Beschwerde gebe ich an, dass das Datum der Rechtskraft des Endurteiles mit ... 2014 zu berichtigen ist.

Ob mein Vater die von mir in diesem Absatz monierten Ansprüche gegen die Republik Österreich bzw. die RAK in irgendeiner Weise geltend gemacht hat, kann ich nicht angeben.

Dazu der Rechtsvertreter der belangten Behörde:

Aus den soeben dargelegten Ausführungen ergibt sich, dass Herr Dr. X. augenscheinlich der Rechtsansicht war, dass sein Pensionsanspruch mit der durch den EGMR zugesprochenen Entschädigungssumme abgegolten wurde.

Die Vertreterin der Beschwerdeführerin:

Angesprochen auf die Höhe der Beschwerdeführerin zuzusprechenden Witwenrente gebe ich an, dass sich dieselbe aus der Leistungsordnung (Beilage ./3) errechnet. Dies dahingehend, dass die Altersvollpension in Höhe von *** Euro um etwa 16% zu kürzen wäre, da Herrn Dr. X. ja nur 84,04% derselben zugesprochen wurden, und der so errechnete Betrag um weitere 40% zu kürzen wäre, da die Witwenrente im Ausmaß von 60% zu gewähren ist. Der Anspruch besteht 14mal im Jahr.

An der am 29.08.2017 fortgesetzten öffentlichen mündlichen Verhandlung nahmen erstmals die Beschwerdeführerin selbst, deren anwaltliche Vertreterin, die anwaltlich vertretene belangte Behörde teil.

Der anwaltliche Vertreter der belangten Behörde gab Folgendes zu Protokoll:

Hinsichtlich der übermittelten Unterlagen habe ich kein besonderes Vorbringen. Grundsätzlich verweise ich auf das bisherige, schriftliche Vorbringen in der gesamten Causa. Die belangte Behörde hat immer den rechtlichen Standpunkt vertreten dass Herr Dr. X. durch die ihm seitens des EGMR zugesprochene Entschädigungen in seinen Ansprüchen in billiger Weise entschädigt wurde. Im Übrigen sind sämtliche seiner geleisteten Beiträge im zuletzt besprochenen Ausmaß an ihn zurückgezahlt worden. Dem Urteil des EGMR wurde auch insoweit Rechnung getragen als die Satzung der Versorgungseinrichtung der RAK Wien im Jahr 2004 geändert wurde. Ebenfalls möchte ich neuerlich darauf hinweisen, dass der Anspruch auf Witwenpension kein originärer sondern ein abgeleiteter Anspruch ist.

Die Vertreterin der Beschwerdeführerin ergänzte ihr bisheriges Vorbringen folgendermaßen:

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde handelt es sich bei dem Anspruch auf Witwenpension um einen originären Anspruch, da durch die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte ein Vertrag zugunsten Dritter geschlossen wird. Diesbezüglich verweise ich auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes 9 Oba 87/07w und 8 Oba 166/01x.

Der Gatte der Beschwerdeführerin wurde auch nicht in billiger Weise entschädigt, da er schon vor 50 Jahren erstmals Beiträge in das Pensionssystem der RAK Wien einbezahlt hat und zudem weder Zinsen noch inflationsbedingte Verluste berücksichtigt wurden.

Der EGMR hat auch klar festgestellt, dass Gegenforderungen aus allenfalls fraudolosen Praktiken des Gatten der Beschwerdeführerin nicht zu berücksichtigen sind, da es sich dabei um einen Versicherungsfall handelt und der Verstorbene auch dafür Prämien geleistet hat.

Schlussendlich ist auch der Hinweis im Schriftsatz der belangten Behörde, wonach in Deutschland die Gerichte nicht an Entscheidungen des EGMR gebunden sind, für die verfahrensgegenständliche Frage irrelevant, zumal die Menschenrechtskonvention in Deutschland lediglich im Rang eines einfachen Gesetzes steht.

Darüber hinaus verweise ich auf Seite 2, letzter Absatz, der Stellungnahme der Republik Österreich vom 2.9.2011, wonach die Finanzprokuratur die dem Verstorbenen letztlich zugesprochene Entschädigungssumme einer konkret mit Stichtag 31.8.2011 präzisiert hat, woraus abzuleiten ist, dass zukünftig anfallende Pensionen sehr wohl zu berücksichtigen sind. Ebenfalls legt die Republik dar, dass die Neuregelung der Satzung aus dem Jahr 2004 bereits dem Urteil des EGMR vom 3.3.2011 entspricht und nicht mehr an das Erfordernis einer aktiven Mitgliedschaft in der RAK anknüpft.

Schlussendlich weise ich darauf hin, dass ich die Frage im Rahmen der Verhandlung von 27.4.2017, wie ich zu einer übersetzten Ausfertigung des Urteils des EGMR vom September 2014 gekommen bin, dahingehend beantwortet, dass ich das englischsprachige Urteil bei „All Languages“ übersetzen habe lassen. Diesbezüglich verweise ich auf den entsprechenden Schriftverkehr, den ich nunmehr ergänzend vorlege (Beilage ./X).

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Auf Grund des vorgelegten Verwaltungsaktes, der durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien und den beigebrachten Unterlagen und Stellungnahmen, steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:

Mit 4. August 1997 beantragte der verstorbene Ehegatte der nunmehrigen Beschwerdeführerin, Herr Dr. X., bei der Rechtsanwaltskammer Wien unter Hinweis auf seine Tätigkeit als Rechtsanwalt von 1964 bis 1995, die Vollendung des 65. Lebensjahres am 9. August 1997 und die Leistung der vorgeschriebenen Pensionsbeiträge, die Gewährung von Leistungen aus der Altersversorgung.

Mit Bescheid vom … 1998 wies die Abteilung VI des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien den Antrag auf Gewährung einer Altersrente ab 1. September 1997 gemäß § 50 RAO in Verbindung mit § 5 VersSt Wien ab. Begründend wurde sinngemäß dargelegt, es bestehe dem Grunde nach kein Anspruch auf Gewährung der Altersrente, weil der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres nicht in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen gewesen sei. Eine dagegen erhobene Vorstellung wies der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) mit Bescheid vom … 1999, Zl. …, ab, da Herr Dr. X. zum Zeitpunkt des Erreichens des 65. Lebensjahres auf Grund des rechtskräftigen Erlöschens seiner Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft sowie auf Grund seines Verzichtes auf deren Ausübung nicht mehr Kammermitglied gewesen sei.

Eine dagegen erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 06.07.1999, GZ …, ab.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 06.10.1999 wegen fehlender Erfolgsaussichten ab.

Mit Beschwerde vom 25.01.2000 wendete sich der verstorbene Dr. X. an den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und monierte u. a. infolge der Versagung seines Pensionsanspruches einen Eingriff in sein Recht auf Eigentum im Sinne des Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur europäischen Menschenrechtskonvention EMRK.

Mit Beschluss der außerordentlichen Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer Wien vom 03.12.2003 wurde die Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien unter Entfall der zuvor in § 2 Z. 1 leg. cit. festgelegten allgemeinen Voraussetzung der Eintragung des Rechtsanwaltes in die Liste der Rechtsanwaltskammer dahingehend ab, das nunmehr auch Rechtsanwälten, welche vor Erreichen des Pensionsantrittsalters aus der Rechtsanwaltskammer ausscheiden, über zeitlich gestaffelte, prozentual geminderte Pensionsansprüche verfügten.

Ein im Jahr 1995 gegen den Dr. X. zur Zahl … eröffnetes Konkursverfahren wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 17.12.2002 aufgehoben.

Mit Urteil vom ... 2006 ließ der EGMR die Beschwerde des verstorbenen Dr. X. zu.

Im Tenor des (Haupt)Urteils vom ... 2011, Bsw. ... (…), traf der EGMR einstimmig die Feststellung, dass durch den Bescheid der Rechtsanwaltskammer Wien vom ... 1998, mithin also durch die Verweigerung einer Alterspension trotz Beitragszahlungen nach Verlust des Berufsausübungsrechtes, Art. 1 1. Protokoll EMRK verletzt worden sei, zudem keine Notwendigkeit bestünde, die Beschwerde unter Art. 14 EMRK separat zu prüfen und darüber hinaus die Frage der Anwendbarkeit von Art. 41 EMRK (gerechte Entschädigung) noch nicht entscheidungsreif sei. In der Begründung führt der Gerichtshof aus, dass seiner Auffassung nach die Zwangszugehörigkeit zu einem Alterspensionssystem auf der Grundlage einer Zwangsmitgliedschaft zu einer Berufsorganisation auch eine berechtigte Erwartung, Pensionsbezüge zum Zeitpunkt der Pensionierung beziehen zu dürfen, begründen könne und Eigentum iSv. Art. 1 1. Prot. EMRK darstelle. Daher könne die fehlende Zugehörigkeit zur Rechtsanwaltskammer als hinreichender Grund für den Verlust des Pensionsanspruchs nicht zur Schlussfolgerung führen, dass der Beschwerdeführer kein Eigentum im Sinne der zitierten Bestimmung habe. Demnach stelle die Weigerung, dem Beschwerdeführer eine Alterspension aus dem Pensionsfonds zu gewähren, einen Eingriff in sein Recht auf den friedlichen Genuss seines Eigentums dar. Ein verpflichtendes Pensionssystem müsse so reguliert sein, dass außergewöhnliche Situationen, wie die des Beschwerdeführers, Berücksichtigung fänden. Durch die völlige Streichung des Pensionsanspruchs des Beschwerdeführers, ungeachtet des Umstandes, dass er während seiner ganzen beruflichen Laufbahn in die Versorgungseinrichtung Beiträge gezahlt habe, sei kein gerechter Ausgleich zwischen den konkurrierenden Interessen geschaffen worden, weshalb eine Verletzung von Art. 1 1. Prot. EMRK vorliege.

Mangels Zustandekommen einer vergleichsweisen Einigung über eine „gerechte Entschädigung“ zwischen dem Beschwerdeführer Dr. X. und der Rechtsanwaltskammer Wien legte die Republik Österreich in ihrer Stellungnahme an den EGMR vom 02.09.2011 die Ansicht der Letztgenannten zu dieser Frage dar und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „die Zahlung jedenfalls mit jenem Betrag begrenzt werden müsse, den der Beschwerdeführer unter Anwendung der seit dem Jahre 2004 geltenden pensionsrechtlichen Regelungen bekommen hätte. Ein Grund für eine Besserstellung als alle übrigen Normunterworfenen sei weder aus dem Urteil des EGMR, noch aus Art. 41 EMRK ersichtlich. Diese seit dem Jahre 2004 geltende Neuregelung entspreche bereits dem nunmehrigen Urteil des EGMR und knüpfe nicht mehr an das Erfordernis der aktiven Rechtsanwaltschaft zum Zeitpunkt des Antrages auf Zuerkennung einer Versorgungsleistung an. Allerdings habe das Ausscheiden aus dem Berufsstand vor Erreichung der Altersgrenze eine Reduzierung der Basisrente auf 84,04% bedingt, weshalb sich der entsprechende Betrag zum Stichtag 31.08.2011 mit EUR *** errechne“.

Ausgehend von der im Urteil vom ... 2011 festgestellten Konventionsverletzung sprach der EGMR Herrn Dr. X. mit seinem Urteil vom ... 2014, Appl. ..., eine gerechte Entschädigung gemäß Art. 41 EMRK iHv. EUR *** zu und setzte jeweils einen Pauschalbetrag von EUR *** als immateriellen Schadenersatz sowie als Ersatz der Verfahrenskosten fest (samt Steuern insgesamt EUR ***).

Am 04.03.2015 überwies die Rechtsanwaltskammer Wien an Herrn Dr. X. in teilweiser Erfüllung des Urteils einen Betrag von EUR ***. Dabei handelt es sich um die Summe der seitens Dris. X. in das Pensionssystem der RAK Wien eingezahlten Umlagen beginnend mit dem Jahr 1964 bis einschließlich 1996 umgerechnet in Euro.

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ... 2015 wurde der Insolvenzverwalter Dr. F. in der Insolvenzsache Dr. X. zwecks Abwicklung der Nachtragsverteilung aufgrund des mit Urteil des EGMR vom ... 2014 zugesprochenen Schadenersatzbetrages neuerlich zur Ausübung seines Amtes als Insolvenzverwalter einberufen, die Nachtragsabwicklung zugelassen und die dem Schuldner Dr. X. zugesprochene Schadensersatzforderung im Sinne des § 2 Abs. 2 IO als Bestandteil der Insolvenzmasse erklärt.

Aus den seitens der Beschwerdeführerin mit Schriftsätzen vom 08.06. bzw. 22.06.2017 in Kopie vorgelegten Korrespondenzen zwischen der Finanzprokuratur und dem Insolvenzverwalter Dr. F. geht weiters hervor, dass Herr Dr. X. einen Betrag von EUR *** für sich beanspruchte und im Übrigen der Auszahlung des Betrages von EUR *** zwecks Verteilung an die Konkursgläubiger zugestimmt habe. Am 16.06.2015 wurde seitens der Finanzprokuratur ein Betrag in Höhe von EUR *** an den Insolvenzverwalter überwiesen. Ob es zwischenzeitlich zu einer Nachtragsverteilung gekommen ist, ist nicht bekannt.

Herr Dr. X. ist am ... 2015 verstorben.

Mit Schreiben vom 29.01.2016 brachte die Beschwerdeführerin den gegenständlich umstrittenen Antrag auf Gewährung einer Witwenpension ein, den ihre anwaltliche Vertreterin im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien dahingehend präzisierte, dass die Altersvollrente gem. der Leistungsordnung im Ausmaß von EUR *** um 84,04% zu kürzen und der so errechnete Betrag gemäß § 18 Abs. 9 lit. c der Satzung der Versorgungseinrichtung um weitere 40% zu kürzen und vierzehnmal pro Jahr zur Auszahlung zu bringen sei.

Anzuwendende Rechtsvorschriften:

§ 50.

RAO lautet auszugsweise

(1) Jeder Rechtsanwalt und Rechtsanwaltsanwärter sowie deren Hinterbliebene haben bei Vorliegen der Voraussetzungen und bei Eintritt des Versorgungsfalls Anspruch auf Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung.

(2) Dieser Anspruch ist in der Satzung der Versorgungseinrichtungen nach festen Regeln festzusetzen. Hierbei sind folgende Grundsätze zu beachten:

1.

Anspruch auf Altersversorgung haben beitragspflichtige und ehemals beitragspflichtige Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung die Witwe beziehungsweise der Witwer (der geschiedene Ehegatte) und die Kinder eines beitragspflichtigen oder ehemals beitragspflichtigen Rechtsanwalts oder Rechtsanwaltsanwärters.

1a.

Anspruch auf Berufsunfähigkeitsversorgung haben nur beitragspflichtige und ehemals beitragspflichtige Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die zur Zeit des Eintritts des Versorgungsfalls in die Listen der Rechtsanwälte oder der Rechtsanwaltsanwärter einer österreichischen Rechtsanwaltskammer oder in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragen gewesen sind, sowie ehemals beitragspflichtige Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls den Beruf als Rechtsanwalt unter einer der in der Anlage zum EIRAG, Art. I BGBl. I Nr. 27/2000 in der jeweils geltenden Fassung, angeführten Bezeichnungen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft berechtigt ausüben. Die Antragstellung auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitsversorgungsleistung hat innerhalb eines Jahres ab dem Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft (§ 34 Abs. 1) zu erfolgen; § 1494 ABGB ist sinngemäß anzuwenden.

2.

Voraussetzungen für den Anspruch sind

a)

im Fall der Altersversorgung die Beitragspflicht zu einer Versorgungseinrichtung in der Dauer von mindestens zwölf Monaten, wobei in der Satzung vorgesehen werden kann, dass Beitragsmonate von Rechtsanwaltsanwärtern (§ 53 Abs. 2 erster Satz) und Rechtsanwälten, die aufgrund einer in der betreffenden Umlagenordnung gemäß § 53 Abs. 2 Z 4 lit. a getroffenen Regelung vorübergehend geringere Beiträge entrichten, entsprechend deren geringerer Beitragsleistung nur anteilsmäßig erworben werden können, sowie die Vollendung des 70. Lebensjahrs; in der Satzung kann ferner angeordnet werden, dass ungeachtet einer Befreiung von der Leistung der Umlage aufgrund einer gemäß § 53 Abs. 2 Z 4 lit. b getroffenen Regelung die auf die Dauer der Befreiung entfallende Beitragszeit ungekürzt erworben wird; eine vorzeitige Alterspension kann bis zu vier Jahre vor Erreichen des für den Betreffenden maßgeblichen Pensionsalters bei Abschlägen, die nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen sind, vorgesehen werden;

           ……….

d)

im Fall der Witwen-(Witwer-)Versorgung, dass die Ehe vor Vollendung des 55. Lebensjahrs des verstorbenen Rechtsanwalts oder Rechtsanwaltsanwärters geschlossen worden ist, es sei denn, dass die Ehe zum Zeitpunkt des Todes des Rechtsanwalts oder Rechtsanwaltsanwärters aufrecht war und bis zu diesem Zeitpunkt mindestens fünf Jahre aufrecht bestanden hat und der Altersunterschied zwischen dem verstorbenen Rechtsanwalt oder Rechtsanwaltsanwärter und der Witwe beziehungsweise dem Witwer weniger als 20 Jahre beträgt oder dass der Ehe Kinder entstammen;

3.

Jeder Versorgungsanspruch wird mit Ablauf des Monats wirksam, in dem alle Voraussetzungen des betreffenden Anspruchs erfüllt sind.

4.

Der Versorgungsanspruch der Witwe beziehungsweise des Witwers (des geschiedenen Ehegatten) endet mit Wiederverehelichung; wäre die Unterhaltsverpflichtung des Verstorbenen aus anderen Gründen weggefallen, so ruht der Versorgungsanspruch.

…………

6.

In der Satzung kann vorgesehen werden, dass allfällige Umlagenrückstände mit den Leistungen aus der Versorgungseinrichtung aufgerechnet werden können.

(3) In der Satzung der Versorgungseinrichtungen können auch über die im Abs. 2 festgelegten Grundsätze hinausgehende, für die Versorgungsberechtigten günstigere Regelungen festgesetzt werden, insbesondere günstigere Wartezeiten; bei der Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung kann auf das Erfordernis der Wartezeit ganz verzichtet werden. Die Satzung kann auch vorsehen, daß ehemalige Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter sowie deren Hinterbliebene bei Weiterentrichtung von Beiträgen in die Versorgungseinrichtung, bei deren Höhe der Entfall der Erbringung von Verfahrenshilfeleistungen zu berücksichtigen ist, anspruchsberechtigt bleiben. Zusätzlich zu den auf dem Umlagesystem beruhenden Versorgungseinrichtungen können in der Satzung auch nach dem Kapitaldeckungsverfahren gestaltete Versorgungseinrichtungen geschaffen werden, bei denen die Versorgungsansprüche ausschließlich nach den eingezahlten Beträgen, den Prämien und den Veranlagungsergebnissen berechnet werden, auf das Erfordernis der Wartezeit ganz verzichtet werden kann und der Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft keine Anspruchsvoraussetzung ist. Besteht eine solche nach dem Kapitaldeckungsverfahren gestaltete Versorgungseinrichtung, so sind die Kapital- und die Unverfallbarkeitsbeträge, die insbesondere aus einer Pensionskasse, einer Gruppenrentenversicherung, einer Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung einer Kammer der selbständig Erwerbstätigen oder von einem früheren Arbeitgeber oder Dienstgeber übertragen werden, den eingezahlten Beträgen gleichgestellt. Die Vermögen der auf dem Umlage- und dem Kapitaldeckungssystem beruhenden Versorgungseinrichtungen bilden jeweils zweckgebundene, getrennt zu verwahrende und zu verwaltende Sondervermögen.

……

Die maßgebenden Vorschriften der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien lauten auszugsweise:

§ 5 Abs. 5

Für Ansprüche auf Witwen- und Waisenrenten sowie sonstige Leistungen aus der Versorgungseinrichtung mit Ausnahme des Todfallsbeitrages muss der verstorbene Beitragspflichtige die Wartezeiten für die Altersversorgung nach Abs 2 erfüllt haben.

Dieses Erfordernis entfällt, wenn der Beitragspflichtige

a) Bezieher einer Berufsunfähigkeitsrente der Rechtsanwaltskammer war,

b) bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitsrente nach Antragstellung aber vor Zuerkennung der Rente verstorben ist oder

c) im Zeitpunkt seines Todes in die Liste der Rechtsanwälte oder der niedergelassenen Rechtsanwälte oder in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen war und der Tod auf einen Unfall zurückzuführen ist.

§ 8 Witwenrente

 

(1) Anspruch auf Witwenrente haben bei Vorliegen der Voraussetzung gemäß § 5 Abs 5 Witwen

a) nach verstorbenen Beitragspflichtigen, die zumindest einen Beitragsmonat bei dieser Rechtsanwaltskammer erworben haben,

b) nach verstorbenen ehemaligen Beitragspflichtigen, die zumindest einen Beitragsmonat bei dieser Rechtsanwaltskammer erworben haben.

………

(4) Der Anspruch auf Witwenrente beginnt mit dem Ersten jenes Monats, der auf die Antragstellung nach dem Tod des Beitragspflichtigen folgt.

§ 18 Abs. 9

c) Für Witwen, die vor dem 1.1.1968 geboren sind, beträgt die Witwenrente in Abänderung des § 10 Abs 3 – unabhängig von der Höhe eines allfälligen Eigeneinkommens – 60 % der Altersrente des Verstorbenen (bei fiktiver Rentenberechnung nach § 6 Abs 6 lit a – c des fiktiven Rentenanspruches), in den Fällen des § 8 Abs 3 jedoch höchstens den geschuldeten Unterhalt.

Grundsätzlich haben die wegen einer Konventionsverletzung verurteilten Mitgliedstaaten der EMRK gem. Art 46 Abs. 1 EMRK neben ihrer Verpflichtung zur Bezahlung einer allenfalls gem. Art. 41 EMRK zugesprochenen Entschädigung auch zweckmäßige generelle und/oder individuelle Maßnahmen zu ergreifen, um die vom Gerichtshof festgestellte Verletzung der Konvention dauerhaft zu beenden und die Folgen der Verletzung soweit als möglich wiedergutzumachen. Zudem trifft die Staaten infolge einer Verurteilung durch den EGMR eine Verpflichtung zur Beendigung, Wiedergutmachung und Vermeidung der Wiederholung von Konventionsverletzungen gegenüber Personen, die ihrer Jurisdiktion unterstehen und sich in einer vergleichbaren Situation wie jener Beschwerdeführer, gegenüber dem das Urteil des EGMR ergangen ist, befinden (Haidhofer ÖJZ 2012/88, Die Pflicht zur Umsetzung von Urteilen des EGMR).

Dies ist vorliegendenfalls geschehen, indem bereits mit 01.01.2004 die einschlägigen Bestimmungen der RAO und der Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien konventionsgemäß geändert und letztlich die dem Beschwerdeführer Dr. X. zugesprochene gerechte Entschädigung iSd Art 41 EMRK ausbezahlt wurde, wobei es unerheblich ist, dass dieselbe nur in einem geringen Ausmaß (EUR ***, bestehend aus einem seitens der RAK-Wien direkt an ihn überwiesenen Betrag iHv EUR *** und eines weiteren Betrages iHv EUR ***) dem Beschwerdeführer selbst zugeflossen ist und der Restbetrag iHv EUR *** mit Beschluss des HG Wien vom ... 2015 gem. § 2 Abs. 2 IO zum Bestandteil der Insolvenzmasse erklärt wurde.

Die „gerechte Entschädigung“ zielte ausschließlich darauf ab, den seitens Dris. X. erlittenen Nachteil wiedergutzumachen (vgl. Urteil vom ... 2014, Appl. ..., Punkt 11), wobei nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist, warum sich der Gerichtshof letztlich dafür entschieden hat, „dem Beschwerdeführer den vollen Betrag der aufgelaufenen Pensionszahlungen im Einklang mit den geänderten, seit 2004 geltenden Pension Bestimmungen in Höhe von EUR *** zuzusprechen, um den gesamten Vermögensschaden abzudecken“ (vgl. Punkt 15 des Endurteils), zumal der Gerichtshof zuvor noch in Punkt 13 des Urteils darlegte, „dass der Schaden nicht in der monatlichen Pension bestehe, die Dr. X. hypothetischerweise erhalten hätte, wäre sein Pensionsanspruch gewährt worden, sondern vielmehr in dem Betrag, den er während seines aktiven Berufslebens in den Pensionsfonds eingezahlt habe“ (Anm.: EUR ***).

Weitere – insbesondere direkte - Rechtsansprüche des Herrn Dr. X. an die Rechtsanwaltskammer Wien (etwa auf Zahlung einer Altersrente ab 01.09.2011 bis zu seinem Ableben am ... 2015) oder der nunmehrigen Beschwerdeführerin als dessen Witwe (auf Zahlung einer Witwenrente ab 01.02.2016 im Ausmaß von ca. EUR *** monatlich) sind nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien aus dem(n) Urteil(en) des EGMR nicht abzuleiten, wobei die belangte Behörde zu Recht darauf hinweist, dass nur die Republik Österreich Partei des Verfahrens vor dem EGMR war und dessen Entscheidungen für österreichische Gerichte keine Bindungswirkung zu entfalten vermögen (vgl. etwa OGH vom 25.08.1993, RS0036785). Vielmehr wäre es Sache des Herrn Dr. X. gewesen, nach der rechtskräftigen Feststellung der Konventionsverletzung auf dem Boden der im Jahr 2004 geänderten Rechtslage neuerlich einen Antrag auf Zuerkennung einer Altersrente zu stellen. Im Falle der Ablehnung dieses Antrages wäre Herrn Dr. X. dann wiederum der innerstaatliche Instanzenzug offen gestanden, um so zu klären, ob durch die seitens des EGMR zugesprochene gerechte Entschädigung tatsächlich alle seine pensionsrechtlichen Ansprüche an die RAK-Wien abgegolten wurden, wie dies seitens der belangten Behörde eingewendet wird. Für den Fall der Zuerkennung einer Altersrente hätte die Beschwerdeführerin nach dem Ableben ihres Ehegatten einen davon abgeleiteten Anspruch auf eine Witwenrente erworben. Dass ein derartiger Antrag gestellt wurde, ist nicht hervorgekommen. Vielmehr hat Herr Dr. X. mit einem an den Insolvenzverwalter Dr. F. gerichteten Schreiben vom 24.05.2015 der Einbeziehung von EUR *** in die Insolvenzmasse zugestimmt und damit letztlich auch auf eine gerichtliche Klärung der Frage verzichtet, ob die ihm zugesprochene gerechte Entschädigung nicht überhaupt der Pfändung entzogen oder zumindest als lediglich beschränkt pfändbar iSd § 290a EO anzusehen gewesen wäre.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die (ordentliche) Revision zulässig, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

Ein Vergleich der Regelungen zum Ablehnungsmodell gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG aF mit dem Revisionsmodell nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zeigt, dass diese Bestimmungen nahezu ident sind. Zur Auslegung des Begriffes „Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" kann somit auch auf die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Ablehnungsrecht nach Art. 131 Abs. 3 B-VG aF zurückgegriffen werden (in diesem Sinne Thienel, Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, 74). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist dann anzunehmen, wenn die Entscheidung des VwGH von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (VwGH 18.06.2014, Ra 2014/01/0029). Trotz fehlender Rechtsprechung des VwGH liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist oder bereits durch ein Urteil des EuGH gelöst wurde (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/07/0053; 28.02.2014, Ro 2014/16/0010). Die Rechtsfrage muss eine solche sein, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte des Revisionswerbers im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen hingegen ist der VwGH nicht zuständig (VwGH 12.08.2014, Ra 2014/06/0015). Der VwGH ist als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Unter Beachtung dieses Grundsatzes kann der VwGH jedoch prüfen, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (VwGH 19.05.2014, Ra 2015/19/0091). Da im gegenständlichen Fall eine solche Rechtsfrage nicht vorliegt, zumal die vorliegende Rechtsfrage keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt, war die (ordentliche) Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Zuerkennung; Witwenrente; EGMR; Entschädigungszahlung; Abgeltung; Zwangsmitgliedschaft; Schadenersatzforderung

Anmerkung

VfGH v. 25.9.2018, E 1296/2018; Ablehnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.162.045.11724.2016

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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