Entscheidungsdatum
23.02.2018Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §52 lita Z10aText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag.a Mandl über die Beschwerde des Herrn A. H. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Donaustadt, vom 29.01.2018, Zl. VStV/917301335753/2017, wegen Übertretung des § 52 lit. a Z 10a Straßenverkehrsordnung (StVO),
zu Recht e r k a n n t:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.
II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, das sind Euro 15,20 zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG unzulässig. Im Übrigen ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision nach Art. 133 Absatz 4 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 29.1.2018 war der Beschwerdeführer (BF) wegen Übertretung des § 52 lit. a iVm Z 10a StVO bestraft worden, weil er am 21.8.2017 von 15:29 Uhr bis 15:31 Uhr in 1220 Wien, Kaisermühlentunnel, km 1,450 bis km 3,750, Richtung Stockerau als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen MI-... die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um durchschnittlich 17 km/h überschritten hat (Section control). Die Überschreitung wurde mit einem Messgerät festgestellt. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde zugunsten des BF abgezogen.
Über den BF wurde eine Geldstrafe in Höhe von Euro 76 und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag verhängt, wobei der nicht ordnungsgemäß einbezahlte Betrag von Euro 55 (Anonymverfügung) auf die verhängte Strafe angerechnet wurde und somit ein Gesamtbetrag in Höhe von Euro 31 im Straferkenntnis festgesetzt wurde.
In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte der BF vor, dass er laut Straferkenntnis die Anonymverfügung von Euro 55 ordnungsgemäß einbezahlt und laut Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme sich bei der Identifikationsnummer in einer Ziffer geirrt habe, dies könne er nicht mehr kontrollieren und koste dieser angebliche Fehler Euro 31.
Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt folgender Verfahrensgang zu Grunde:
Mit Anonymverfügung vom 29.8.2017 wurde dem BF angelastet, er habe am 21.8.2017 von 15:29 Uhr bis 15:31 Uhr in 1220 Wien, Kaisermühlentunnel, km 1,450 bis km 3,750, Richtung Stockerau als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen MI-... die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um durchschnittlich 17 km/h überschritten (Section control). Die in Betracht kommende Messtoleranz sei zugunsten des Beschuldigten abgezogen und sei die Überschreitung mit Messgerät festgestellt worden.
Die Anonymverfügung wurde vom BF einbezahlt, wobei ein Fehler bei der Angabe der Identifikationsnummer passiert ist.
In der Folge wurde eine Strafverfügung vom 11.10.2017 mit dem oben zitierten Spruch erlassen und eine Geldstrafe von Euro 76 verhängt. Gegen die Strafverfügung erhob der BF Einspruch und verwies darauf, die Anonymverfügung bezahlt zu haben, er legte die Kontoübersicht seines Bankkontos bei und gab an, dass die Bankdaten sowie die Zahlungsreferenz überprüft und richtig seien.
Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 23.10.2017 wurde der BF hingewiesen, dass die Anonymverfügung mit der falschen Identifikationsnummer einbezahlt worden sei. Eine Reaktion seitens des BF erfolgte nicht. Sodann erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 29.1.2018.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
Es wird von folgendem Sachverhalt ausgegangen:
Der BF hat am 21.8.2017 in der Zeit von 15:29 Uhr bis 15:31 Uhr in 1220 Wien, Kaisermühlentunnel, km 1,450 bis km 3,750, Richtung Stockerau als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen MI-... die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um durchschnittlich 17 km/h überschritten (Section control). Die Überschreitung wurde mit einem Messgerät festgestellt. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde zugunsten des BF abgezogen.
Die in der Anonymverfügung vom 29.8.2017 ausgewiesenen Euro 55 hat der BF am 29.9.2017 überwiesen. Der BF hat sich bei der Überweisung der Anonymverfügung bei der Angabe der Identifikationsnummer bei einer Ziffer geirrt. Dies ist der belangten Behörde aufgefallen und wurde der BF mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 23.10.2017 darauf hingewiesen. Sodann erging das Straferkennntnis vom 29.1.2018.
Dieser Sachverhalt gründet sich auf folgende Beweiswürdigung:
Unbestritten ist am 29.8.2017 die Anonymverfügung gegen den BF wegen der oben bezeichneten Tat erlassen worden. Aus dieser ergibt sich die Zahl: VStV/917301335753/2017.
Aus der vom BF mit dem Einspruch gegen die Strafverfügung am 18.10.2017 übermittelten Kontoübersicht ergibt sich eine Buchung vom 29.9.2017, in welcher die Zahlungsreferenz angegeben wird wie folgt: (…) 917301335733 (…).
Wie der BF in seiner Beschwerde selbst ausführt, hat er sich bei der Angabe der Identifikationsnummer in einer Ziffer geirrt. Dieser Umstand ergibt sich unstrittig aus den im Akt erliegenden und oben erwähnten Urkunden.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
§ 49a VStG lautet:
§ 49a. (1) Die Behörde kann, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, durch Verordnung zur Verfahrensbeschleunigung einzelne Tatbestände von Verwaltungsübertretungen bestimmen, für die sie durch Anonymverfügung eine unter Bedachtnahme auf § 19 Abs. 1 im Vorhinein festgesetzte Geldstrafe bis zu 365 Euro vorschreiben darf.
(2) Hat die Behörde durch Verordnung gemäß Abs. 1 eine Geldstrafe im Vorhinein festgesetzt und beruht die Anzeige auf der dienstlichen Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht oder auf Verkehrsüberwachung mittels bildverarbeitender technischer Einrichtungen, so kann die Behörde die Geldstrafe ohne Festsetzung einer Ersatzstrafe durch Anonymverfügung vorschreiben.
(3) In der Anonymverfügung müssen angegeben sein:
1.
die Behörde, die sie erläßt, und das Datum der Ausfertigung;
2.
die Tat, die als erwiesen angenommen ist, ferner die Zeit und der Ort ihrer Begehung;
3.
die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
4.
die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
5.
die Belehrung über die in Abs. 6 getroffene Regelung.
(4) Der Anonymverfügung ist ein zur postalischen Einzahlung des Strafbetrages geeigneter Beleg beizugeben. Der Beleg hat eine Identifikationsnummer zu enthalten, die automationsunterstützt gelesen werden kann. § 50 Abs. 5 gilt sinngemäß.
(5) Die Anonymverfügung ist einer Person zuzustellen, von der die Behörde mit Grund annehmen kann, dass sie oder ein für sie gemäß § 9 verantwortliches Organ den Täter kennt oder leicht feststellen kann.
(6) Die Anonymverfügung ist keine Verfolgungshandlung. Gegen sie ist kein Rechtsmittel zulässig. Sie wird gegenstandslos, wenn nicht binnen vier Wochen nach Ausfertigung die Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges (Abs. 4) erfolgt. Ist die Anonymverfügung gegenstandslos geworden, so hat die Behörde den Sachverhalt möglichst zu klären und Nachforschungen nach dem unbekannten Täter einzuleiten. Als fristgerechte Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges (Abs. 4) gilt auch die Überweisung des Strafbetrages auf das im Beleg angegebene Konto, wenn der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer des Beleges enthält und der Strafbetrag dem Konto des Überweisungsempfängers fristgerecht gutgeschrieben wird.
(7) Wird der Strafbetrag mittels Beleges (Abs. 4) fristgerecht eingezahlt, so hat die Behörde von der Ausforschung des unbekannten Täters endgültig Abstand zu nehmen und jede Verfolgungshandlung zu unterlassen.
(8) Die Anonymverfügung darf weder in amtlichen Auskünften erwähnt noch bei der Strafbemessung im Verwaltungsstrafverfahren berücksichtigt werden. Jede über Abs. 5 und 6 hinausgehende Verknüpfung von Daten mit jenen einer Anonymverfügung im automationsunterstützten Datenverkehr ist unzulässig. Die Daten einer solchen Anonymverfügung sind spätestens sechs Monate nach dem Zeitpunkt, in dem sie gegenstandslos geworden oder die Einzahlung des Strafbetrages erfolgt ist, physisch zu löschen.
(9) Wird der Strafbetrag nach Ablauf der in Abs. 6 bezeichneten Frist oder nicht mittels Beleges (Abs. 4) bezahlt und weist der Beschuldigte die Zahlung im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens nach, so ist der Strafbetrag zurückzuzahlen oder anzurechnen.
Gemäß § 49a Abs. 6 letzter Satz VStG gilt als fristgerechte Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges auch die Überweisung des Strafbetrages auf das im Beleg angegebene Konto, wenn der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer des Beleges enthält und der Strafbetrag dem Konto des Überweisungsempfängers fristgerecht gut geschrieben wird.
Die Anführung der automationsunterstützten lesbaren Identifikationsnummer gewährleistet die Zuordnung des Strafbetrages zur betreffenden Anonymverfügung und ist ein unabdingbares Erfordernis einer fristgerechten Einzahlung; Gleiches gilt für das fristgerechte Einlangen des Betrages auf dem Überweisungskonto.
Da es sich bei der Geldstrafe um eine Bringschuld handelt (ErläutRV 1167 BlgNR 20. GP 41), sind im Falle einer Überweisung sämtliche mit der Überweisung verbundenen Risiken (zum Beispiel Übermittlungsfehler, Irrtümer, Störungen etc.) der die Zahlung veranlassenden Person zuzurechnen.
Der BF hat die auf der Anonymverfügung angegebene Identifikationsnummer bei Überweisung des Betrages unstrittig nicht richtig angegeben, weshalb nach dem Gesetzeswortlaut des § 49a Abs. 6 VStG und den angeführten rechtlichen Erwägungen nicht von einer ordnungsgemäßen Einzahlung des Strafbetrages auszugehen war und zu Recht das ordentliche Strafverfahren eingeleitet wurde.
Zur Strafbemessung wurde erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32-35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Bei der gegenständlichen Strafbemessung war von einem bis zu Euro 726, im Nichteinbringungsfall bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reichenden gesetzlichen Strafsatz auszugehen (§ 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960).
Die Verwaltungsübertretung schädigt das durch die gesetzliche Vorschrift geschützte öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit, sodass der objektive Unwertgehalt der Verwaltungsübertretung nicht gering war.
Beim BF war, was seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse betrifft, von zumindest durchschnittlichem Einkommen auszugehen.
Im Beschwerdeverfahren sind keine Erschwerungs- oder Milderungsgründe hinzugetreten. Unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe haben sich demnach keine Anhaltspunkte ergeben, dass die Behörde bei der Strafbemessung den ihr eingeräumten Bemessungsspielraum überschritten hätte, zumal die Strafe im unteren Bereich der Strafsatzes angesiedelt ist.
Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich Euro 100 anzurechnen.
Mit Straferkenntnis vom 29.1.2018 wurde ein Strafbetrag in Höhe von Euro 76 verhängt. Die Zahlung von Euro 55 wurde gemäß § 49a Abs. 9 VStG auf die verhängte Geldstrafe angerechnet. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (20 %) orientieren sich am verhängten Strafbetrag. Diese Kosten sind gemäß § 52 VwGVG zwingend vorzuschreiben und die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens ist im § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG begründet.
Strafbetrag: Euro 76 (mit Anrechnung: Euro 21)
Kosten des Behördenverfahrens: Euro 10
Kosten des Beschwerdeverfahrens.: Euro 15,20
Gesamt daher: Euro 46,20
B e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung der Entscheidung durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und ist die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgericht Wien einzubringen. Für die Beschwerde bzw. die Revision ist eine Eingabengebühr von je EUR 240,-- beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Ein diesbezüglicher Beleg ist der Eingabe anzuschließen.
Da in der vorliegenden Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 726 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und tatsächlich eine Geldstrafe in Höhe von Euro 76 verhängt wurde, ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzungen Rechten (Art. 133 Absatz 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig.
Der belangten Behörde und jeder revisionslegitimierten Formalpartei steht die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof offen, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Absatz 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Diese ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses beim Verwaltungsgericht Wien einzubringen.
Schlagworte
Anonymverfügung; Einzahlung; Fehler; Identifikationsnummer; Risiko; Einzahler; Strafverfügung; AnrechnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.031.074.2241.2018Zuletzt aktualisiert am
15.03.2018