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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der A in G, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8. Juni 1998, Zl. Ve1-550-2656/1-1, betreffend Nachbareinwendungen in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. Verlassenschaft nach J, vertreten durch den Verlassenschaftskurator B, dieser vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in I; 2. Gemeinde Gerlosberg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Februar 1995 wurde dem verstorbenen Rechtsvorgänger der Erstmitbeteiligten J.S. gemäß § 44 Abs. 3a Tiroler Bauordnung auf dem näher angeführten Grundstück die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes an dem dort befindlichen Gebäude aufgetragen. Es seien alle Gebäudeteile, die ohne Baubewilligung errichtet worden seien und im beiliegenden Plan mit Farbe gekennzeichnet seien, zu entfernen. Die Bauhöhe sei auf das im ursprünglichen Bauplan vorgeschriebene Ausmaß zu reduzieren. Diese Maßnahmen seien in einer Frist von drei Monaten auszuführen. In diesem Bescheid ist weiters ausgeführt, dass dem Rechtsvorgänger der Erstmitbeteiligten mit Bescheid vom 10. Jänner 1980 die Baubewilligung zur Errichtung eines Wirtschaftsgebäudes auf dem näher angeführten Grundstück erteilt worden sei. Bei einem Lokalaugenschein sei durch den Bausachverständigen festgestellt worden, dass dieses Gebäude in einigen Teilbereichen nicht bescheidmäßig errichtet bzw. nicht genehmigte Zubauten errichtet worden seien.
Mit Eingabe vom 17. Jänner 1996 hat der verstorbene J.S. um die Erteilung der Baubewilligung für den Neubau einer Garage, die Errichtung eines Hühnerstalles unterhalb der Tennenzufahrt und eines Abstellraumes an der Südseite mit Mistlege, die verlegt werden soll, angesucht.
Im Akt liegt ein von dem angeführten Verstorbenen der Behörde vorgelegter Technischer Bericht des Dipl. Ing. Dr. B.B. vom 29. Mai 1996 ein, in dem eine Vermessung des Naturstandes des Grundstückes des verstorbenen J.S. und des Nachbargrundstückes der Beschwerdeführerin unter Anschluss an das Festpunktfeld vorgenommen worden sei, um den einwandfreien Zusammenhang mit den Grenzen der Nachbargrundstücke sicherzustellen. Das ursprüngliche Gelände, auf das bei den Abstandsbestimmungen Bezug zu nehmen sei, sei im Norden und Süden des Stallgebäudes vermessen worden. Dazwischen sei der derzeitige Bestand aufgemessen worden. Nach diesem Gutachten hält das beantragte Bauvorhaben (insbesondere auch im Süden das Garagengebäude zum Grundstück der Beschwerdeführerin hin) die von § 7 Abs. 1 Tiroler Bauordnung geforderten Mindestabstände ein.
In der gutachterlichen Stellungnahme des Amtes der Tiroler Landesregierung (Abteilung III d 2) vom 30. September 1996 wurde festgestellt, dass bei einer ordnungsgemäßen Betriebsführung davon auszugehen sei, dass die Geruchsemissionen für die Mistlege das für solche Anlagen übliche Maß nicht übersteige.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 18. November 1996 wurde dem verstorbenen J.S. die Baubewilligung für das angeführte Bauvorhaben unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
In der mündlichen Verhandlung am 9. September 1996 machte die Beschwerdeführerin insbesondere geltend, dass sie sich gegen die Genehmigung der Mistlege wegen der Geruchsbelästigung und wegen des Ungeziefers ausspreche und ein ärztliches Gutachten über die Zumutbarkeit der Errichtung der Mistlege verlange. Über das ausreichende Vorhandensein der erforderlichen Abstände sei sie nicht sicher. Sie sei der Meinung, dass sie nicht ausreichten. Sie sei insgesamt gegen die Genehmigung des gesamten Gebäudes.
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. Oktober 1997 als unbegründet abgewiesen. Das vorliegende Wirtschaftsgebäude befinde sich auf einem Grundstück, das als "Sonderfläche Wirtschaftsgebäude" gewidmet sei. Bereits aus dieser Flächenwidmung sei abzuleiten, dass Mistlegen errichtet werden könnten und müssten. Die Frage der Größe und Ausführung dieser Mistlege sei bereits in einem Gutachten vom 30. September 1996 behandelt worden, wobei diesem Gutachten zu entnehmen sei, dass durch die vorliegende Mistlege und die dazugehörige Jauchengrube bei ordnungsgemäßer Betriebsführung die Geruchsemissionen das für solche Anlagen übliche Ausmaß gemäß den Technischen Vorschriften nicht überstiegen. Dass kein ärztliches Gutachten über die Zumutbarkeit der Mistlege eingeholt worden sei, werde damit begründet, dass die Frage der anlagebedingten Üblichkeit einer Geruchsemission eine Frage der Agrartechnik und nicht eine solche der Medizin oder der Hygiene sei. In diesem Zusammenhang werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1996, Zl. 95/06/0116, hingewiesen.
Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück, soweit es für das vorliegende Verfahren relevant sei, eine Widmung als "Wirtschaftsgebäude" gemäß § 47 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 aufweise. Gemäß § 30 Abs. 4 Tiroler Bauordnung stehe dem Nachbarn kein direkter, sondern nur insoweit ein Immissionsschutz zu, als sich ein solcher aus anderen Bestimmungen (insbesondere der Vorschrift über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken) ergebe. Gemäß § 43 Abs. 2 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997, der gemäß § 43 Abs. 5 leg. cit. auch für Sonderflächen gemäß § 47 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 anzuwenden sei, dürften auf Sonderflächen nur Gebäude und sonstige Anlagen, die den festgelegten Verwendungszweck entsprächen, samt den dazugehörenden Nebenanlagen, errichtet werden. Das gegenständliche Gebäude samt den Anbauten stelle - wie dies auch die Gemeindeinstanzen vertreten hätten - ein ortsübliches landwirtschaftliches Gebäude dar und dürfte daher auf einer Sonderfläche gemäß § 47 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 errichtet werden. Bei der Mistlege handle es sich um eine Nebenanlage, die ebenfalls auf dieser Sonderfläche errichtet werden dürfte. Da weder die allgemeine Bestimmung über Sonderflächen im § 43 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 noch die für die gegenständliche Sonderfläche anzuwendende Spezialbestimmung des § 47 leg. cit. einen Immissionsschutz zu Gunsten der Nachbarn einräume, wie dies z. B. beim landwirtschaftlichen Mischgebiet gemäß § 40 Abs. 5 leg. cit. der Fall sei, komme der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren kein subjektiv-öffentliches Recht hinsichtlich eines Immissionsschutzes auf Grund der Vorschrift über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken zu. Hinzu komme, dass die Behauptung, dass eine bestimmte Geruchsemission das ortsübliche Ausmaß übersteige, gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine im Baubewilligungsverfahren unbeachtliche privatrechtliche Einwendung darstelle (es werde auf das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1990, Zl. 89/06/0029, verwiesen). Zutreffend sei in diesem Zusammenhang von den Gemeindebehörden auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angeführt worden, wonach die Frage der anlagenbedingten Üblichkeit einer Geruchsimmission eine Frage der Agrartechnik und nicht eine solche der Medizin oder Hygiene sei. Die Gemeindebehörden seien daher nicht verpflichtet gewesen, ein medizinisches Gutachten einzuholen (es wird auf das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 95/06/0116, hingewiesen). Durch die Erteilung der Genehmigung für die vorliegende Mistlege sei die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt worden.
Bei dem von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Wegerecht handle es sich nicht um ein durch die Tiroler Bauordnung geschütztes subjektiv-öffentliches Recht, sondern um eine Angelegenheit des Zivilrechtes. Die Verweisung dieses Vorbringens auf den Zivilrechtsweg sei daher zulässigerweise erfolgt.
Dem Vorbringen, dass die Mindestabstände nicht eingehalten würden, werde entgegengehalten, dass die im Akt erliegenden Baupläne sehr wohl Angaben über die Höhe des gegenständlichen Gebäudes enthielten. Weiters bestehe auf Grund des Gutachtens des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Dipl. Ing. Dr. B.B. kein Zweifel, dass die gesetzlichen Mindestabstandsbestimmungen durch das vorliegende Vorhaben eingehalten würden. Hinzu komme, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 9. September 1996 in diesem Zusammenhang nicht als Einwendung im Rechtssinne gewertet werden könne, da sich ihrer Stellungnahme nicht entnehmen lasse, worauf sich ihre Zweifel über das Vorhandensein der gesetzlichen Mindestabstände stützten. Erstmals in der Berufung habe sie vorgebracht, dass weder anlässlich der mündlichen Verhandlung noch im Bescheid eine genaue Angabe über die Höhe des Stallgebäudes erfolgt sei. Dem sei zum einen entgegenzuhalten, dass sich die Höhe des vorliegenden Gebäudes aus den Planunterlagen eindeutig ergebe, zum anderen sei die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen hinsichtlich der Höhe des Stallgebäudes als präkludiert im Sinne des § 42 AVG anzusehen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die erstmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf Grund einer Änderung des Flächenwidmungsplanes der mitbeteiligten Gemeinde (Beschluss des Gemeinderates vom 28. April 1995, genehmigt von der Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 12. Oktober 1995 und kundgemacht vom 20. Oktober 1995 bis 6. November 1995) wurde der verfahrensgegenständliche Teil des vorliegenden Baugrundstückes als "Sonderfläche Wirtschaftsgebäude für Hofstelle" gewidmet. Das Grundstück der Beschwerdeführerin, das südöstlich des Baugrundstückes unmittelbar benachbart gelegen ist, ist mit der Änderung des Flächenwidmungsplanes im Jahr 1996 (Beschluss des Gemeinderates vom 26. April und 13. Juni 1996, genehmigt von der belangten Behörde mit Bescheid vom 21. August 1996) als landwirtschaftliches Mischgebiet gewidmet.
Gemäß § 109 Abs. 2 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997, LGBl. Nr. 10 (TROG 1997), sind die Bestimmungen dieses Gesetzes auf die nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 erfolgten Widmungen anzuwenden. Die im vorliegenden Fall maßgebliche Widmung erfolgte nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994. Gemäß § 44 Abs. 1 TROG 1997 ist die Widmung von Grundflächen als Sonderflächen für Hofstellen nur unter den näher angeführten Voraussetzungen zulässig. Gemäß § 44 Abs. 2 TROG 1997 dürfen auf Sonderflächen für Hofstellen nur land- und forstwirtschaftliche Wohn- und Wirtschaftsgebäude, deren Wohnnutzfläche höchstens 300 m2 beträgt und deren betriebliche Nutzfläche unter Bedachtnahme auf die betriebswirtschaftlichen Erfordernisse des jeweiligen Betriebes angemessen ist, samt den dazugehörenden Nebenanlagen errichtet werden. Gemäß § 43 Abs. 2 leg. cit. ist bei der Widmung von Sonderflächen der jeweilige besondere Verwendungszweck genau festzulegen. Auf Sonderflächen dürfen nur Gebäude und sonstige Anlagen, die dem festgelegten Verwendungszweck entsprechen, samt den dazugehörenden Nebenanlagen errichtet werden. Gemäß § 43 Abs. 5 leg. cit. gilt der Abs. 2 auch für die in diesem Gesetz besonders geregelten Sonderflächen, soweit für sie nichts anderes bestimmt ist.
Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, dass durch das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben der gesetzliche Mindestabstand nicht eingehalten sei, da die Höhenmessung in den Plänen nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspreche. Die Messung sei nicht vom gewachsenen Gelände ausgehend erfolgt. Es scheine zwar die Höhe des Gebäudes im Plan auf, doch sei den Plänen nicht zu entnehmen, von welchem Gelände aus die Höhe tatsächlich gemessen worden sei. Im Laufe des Bauverfahrens sei um das Gebäude herum Grund aufgeschüttet worden, sodass das derzeitige Gelände nicht jenes vor Baubeginn sei. Dieser Einwand der Beschwerdeführerin sei nicht geprüft worden. Ginge man vom Ursprungsgelände aus, ergebe sich ein zu geringer Abstand des Wirtschaftsgebäudes. Die Beschwerdeführerin sei besonders durch die Situierung der Mistlege beschwert.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren in diesem Zusammenhang überhaupt eine zulässige Einwendung erhoben hat, da der Rechtsvorgänger der Erstmitbeteiligten einen Technischen Bericht des Dipl. Ing. Dr. B.B. vom 29. Mai 1996 mit Lage- und Höhenplan und Profil vorgelegt hat, in dem die Einhaltung der Abstandsbestimmungen durch das Bauvorhaben bezogen auf das ursprüngliche Gelände geprüft wurde. Aus diesem Gutachten ergibt sich in Bezug auf die dem Grundstück der Beschwerdeführerin am nächsten gelegene Gebäudeecke des Bauvorhabens (mit einer Wandhöhe von 1,74 m) ein Abstand von 4,25 m. Aber auch wenn man von der Wandhöhe an der südlichen Einfahrt des dem Grundstück der Beschwerdeführerin nächstgelegenen Garagengebäudes des Bauvorhabens, die 2,90 m beträgt, ausgeht, entspricht der Abstand von 4,25 m nach diesem Gutachten dem Mindestabstand gemäß § 7 Abs. 1 lit. a Tiroler Bauordnung. Dieser Abstand liegt in jedem Fall über 3 m oder der 0,5-fachen Wandhöhe oder über 4 m oder der 0,7-fachen Wandhöhe. Die Beschwerdeführerin trägt nichts vor, was die Richtigkeit des angeführten Technischen Berichtes des genannten Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen samt Lage- und Höhenplan und Profil in Frage stellen könnte. Aus diesem Gutachten ergibt sich nicht nur, dass darauf Rücksicht genommen wurde, dass das Gelände im Rahmen der Bauführung geändert wurde, sondern auch, dass jener dem Grundstück der Beschwerdeführerin nächstgelegene Gebäudeteil den Mindestabstand gemäß § 7 Abs. 1 Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 (TBO), einhält (gemäß § 58 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15, ist für das vorliegende Bauverfahren, das im Sinne dieser Übergangsbestimmung im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes am 1. März 1998 anhängig war, die bisher geltende Tiroler Bauordnung weiterhin anzuwenden, wenn das betreffende Bauvorhaben auch nach diesem Gesetz bewilligungspflichtig oder zumindest anzeigepflichtig ist). Gemäß § 7 Abs. 1 TBO beträgt der Mindestabstand von Gebäuden von den Grenzen gegenüber anderen Grundstücken als Verkehrsflächen:
"a) im Gewerbe- und Industriegebiet, im Kerngebiet und im Freiland das 0,5-fache der Höhe der der Grundstücksgrenze zugekehrten Wand, jedenfalls aber drei Meter, von der Grenze zum übrigen Bauland jedoch das 0,7-fache der Höhe der dieser Grundstücksgrenze zugekehrten Wand, jedenfalls aber vier Meter;
b) im übrigen Bauland das 0,7-fache der Höhe der der Grundstücksgrenze zugekehrten Wand, jedenfalls aber vier Meter."
Soweit sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang gegen die Situierung der Mistlege wendet, genügt es, ihr entgegenzuhalten, dass die Abstandsbestimmung des § 7 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 1989 nur für Gebäude gilt. Abgesehen davon befindet sich der dem Grundstück der Beschwerdeführerin nächstgelegene Teil der die Mistlege umgebenden Mauer ca. 7 m von der Grundgrenze.
Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, dass von der belangten Behörde zu Unrecht das Tiroler Raumordnungsgesetz 1997 (TROG 1997) angewendet worden sei. Auch mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht. Auf Grund der bereits angeführten Übergangsbestimmung im TROG 1997 (§ 109 Abs. 2 leg. cit.) sind auf die nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 erfolgten Widmungen die Bestimmungen dieses Gesetzes anzuwenden. Die im vorliegenden Fall maßgebliche Widmung erfolgte - wie bereits angeführt - nach dem mit 1. Jänner 1994 in Kraft getretenen Tiroler Raumordnungsgesetz 1994. Die belangte Behörde hat daher für die Auslegung der vorgesehenen Widmung zutreffend das TROG 1997 angewendet.
Weiters macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe nicht nur eine die Ortsüblichkeit übersteigende Geruchsimmission, sondern habe auch gesundheitliche Nachteile, insbesondere durch das zu erwartende Ungeziefer, behauptet. Diese seien auch tatsächlich eingetreten. Das Ungeziefer sei unerträglich und es seien gesundheitliche Nachteile zu befürchten. Zu diesem Einwand hätte die Beschwerdeführerin bereits in erster Instanz die Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens beantragt.
Gemäß § 30 Abs. 4 TBO hat die Behörde, wenn von einem Nachbarn die Verletzung eines Rechtes behauptet wird, das in einer Bestimmung dieses Gesetzes oder einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes begründet ist, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dient (subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendung), über diese Einwendung abzusprechen, indem sie die Einwendung als unbegründet abweist, die Baubewilligung unter Bedingungen oder mit Auflagen erteilt oder die Baubewilligung überhaupt versagt. Subjektiv-öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, insbesondere auf die §§ 12 bis 16b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden.
Gemäß § 59 Technische Bauvorschriften, LGBl. Nr. 20/1981 i. d.F. der Novelle LGBl. Nr. 12/1988 (TBV), müssen Stallungen, Düngerstätten, Jauchegruben, Silos und ähnliche bauliche Anlagen so beschaffen und angelegt sein, dass ihre Geruchsemissionen das für solche Anlagen übliche Ausmaß nicht übersteigen. Es gibt keine Regelung in der TBO und den auf Grund der TBO erlassenen Bestimmungen, die davon ausgeht, dass der Nachbar im Hinblick auf eine Düngerstätte bzw. Jauchengrube in Bezug auf eine zu befürchtende Gesundheitsgefährdung zu schützen ist. Der Gesetzgeber nimmt offenbar an, dass von einer dem § 59 TBV entsprechenden Düngerstätte keine Gesundheitsgefährdung ausgeht. Gegen eine solche gesetzliche Regelung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dass es sich im vorliegenden Fall um eine Düngerstätte üblichen Ausmaßes im Sinne des § 59 Abs. 1 TBV handelt, wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Eine Mistlege stellt eine dem Verwendungszweck eines landwirtschaftlichen Gebäudes als Stallgebäude entsprechende und dazugehörende Nebenanlage dar. Die Frage der anlagebedingten Üblichkeit einer Geruchsemission im Zusammenhang mit einer Düngerstätte, die von der Beschwerdeführerin allerdings gar nicht aufgeworfen wird, ist gemäß der hg. Judikatur (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Oktober 1990, Zl. 89/06/0029, und vom 25. April 1996, Zl. 95/06/0116) eine Frage der Agrartechnik und nicht eine solche der Medizin oder der Hygiene. Im Übrigen handelt es sich bei den von einer solchen Düngerstätte im üblichen Ausmaß ausgehenden Auswirkungen um solche, die für die vorliegende Widmung Sonderfläche Wirtschaftsgebäude für Hoffläche "typisch" und üblich sind. In Bezug auf die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte gesundheitliche Beeinträchtigung durch Ungeziefer waren die Behörden somit nicht gehalten, ein medizinisches Gutachten einzuholen.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. April 2000
Schlagworte
Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes FachgebietNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998060213.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
23.12.2014