TE Vfgh Erkenntnis 1997/12/9 G17/97, G18/97, G266/97, G267/97, G268/97, G269/97, G270/97, G271/97, G

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Veröffentlicht am 09.12.1997
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Index

30 Finanzverfassung, Finanzausgleich
30/02 Finanzausgleich

Norm

Oö Verkehrsverbund-KostenG
Verordnung der Oö Landesregierung vom 27.11.95, LGBl 102, betr Änderung des Beitrags der Gemeinden zum Gesamtabgang an Ab- und Durchtarifierungsverlusten im Oö Verkehrsverbund
Verordnung der Oö Landesregierung vom 28.08.95, LGBl 82, über den Anteil der einzelnen Gemeinden an den Ab- und Durchtarifierungsverlusten im Oö Verkehrsverbund
F-VG 1948 §2
F-VG 1948 §4

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit des Oö Landesgesetzes über den Kostenbeitrag der Gemeinden zum Oö Verkehrsverbund; Übernahme einer öffentlichen Gemeinschaftsaufgabe durch Vereinbarung zwischen Bund und Land zur Einrichtung eines Verkehrsverbundes; Landesgesetzgeber als zuständiger Finanzausgleichsgesetzgeber zur Kostenabwälzung auf die Gemeinden ermächtigt; keine exzessive Benachteiligung der an der reibungslosen Durchführung des Verkehrsverbundes interessierten Gemeinden; keine Bedenken gegen die Aufteilung der Gemeindeanteile im Gesetz; keine Gesetzwidrigkeit der die konkreten Anteile der Gemeinden festsetzenden Verordnungen

Spruch

1. Das (Oberösterreichische) Landesgesetz vom 29. März 1995, LGBl. Nr. 51, über den Kostenbeitrag der Gemeinden zum O.ö. Verkehrsverbund war nicht verfassungswidrig.

2. a) Die Verordnung der O.ö. Landesregierung vom 28. August 1995, LGBl. Nr. 82, über den Anteil der einzelnen Gemeinden an den Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund, sowie

b) die Verordnung der O.ö. Landesregierung vom 27. November 1995, LGBl. Nr. 102, mit welcher der Beitrag der Gemeinden zum Gesamtabgang an Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund geändert wird,

waren nicht gesetzwidrig.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu den Zlen. B1527/96, B1572/96, B4989/96, B4990/96, B4991/96, B5010/96, B5047/96, B5056/96 und B3/97 Verfahren über Beschwerden (Art144 B-VG) anhängig, denen folgender Sachverhalt zugrundeliegt:

Die Oberösterreichische (O.ö.) Landesregierung verpflichtete mit im Instanzenzug ergangenen Bescheiden die Gemeinden Gmunden, Leonding und Wels für das Kalenderjahr 1995, sowie die Gemeinden Wels, Leonding, Braunau am Inn, Enns, Gmunden und Steyregg für das Kalenderjahr 1996 einen Beitrag zum Gesamtabgang an Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund in bestimmter Höhe zu leisten.

Gegen diese Bescheide erhoben die betroffenen Gemeinden die eingangs erwähnten Beschwerden.

2. a) Der Verfassungsgerichtshof beschloß am 3. Dezember 1996 und am 12. März 1997 (mit näherer Begründung - s.u. III.1) aus Anlaß dieser Beschwerden, gemäß Art140 Abs1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit des (Oberösterreichischen) Landesgesetzes vom 29. März 1995, LGBl. Nr. 51, über den Kostenbeitrag der Gemeinden zum O.ö. Verkehrsverbund (im folgenden kurz: O.ö. VerkVerbKostenG) von Amts wegen zu prüfen.

b) Unter einem nahm er weiters gemäß Art139 Abs1 B-VG in Prüfung:

aa) Die Gesetzmäßigkeit der Wendungen

"Braunau am Inn .....1624"

"Enns ...............1145"

"Gmunden ............1707"

"Leonding ...........2469"

"Steyregg ........... 382"

"Wels ...............6677" und

".........."

in der Anlage zu §1 der Verordnung der O.ö. Landesregierung vom 28. August 1995, LGBl. Nr. 82, über den Anteil der einzelnen Gemeinden an den Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund;

bb) die Gesetzmäßigkeit der (gesamten) Verordnung der O.ö. Landesregierung vom 27. November 1995, LGBl. Nr. 102, mit welcher der Beitrag der Gemeinden zum Gesamtabgang an Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund geändert wird.

3. Die O.ö. Landesregierung erstattete aufgrund ihres am 14. April 1997 in kollegialer Sitzung gefaßten Beschlusses eine Äußerung, in der sie (mit näherer Begründung - s.u. III.2) die Anträge stellt,

"der Verfassungsgerichtshof möge

1. aussprechen, daß das (Oberösterreichische) Landesgesetz vom 29. März 1995, LGBl. Nr. 51, über den Kostenbeitrag der Gemeinden zum O.ö. Verkehrsverbund nicht verfassungswidrig war, und

2. aussprechen, daß

a) die 'in Prüfung gezogenen' Wendungen

in der Anlage zu §1 der Verordnung der O.ö. Landesregierung vom 28. August 1995, LGBl. Nr. 82, über den Anteil der einzelnen Gemeinden an den Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund und

b) die (gesamte) Verordnung der O.ö. Landesregierung vom 27. November 1995, LGBl. Nr. 102, mit welcher der Beitrag der Gemeinden zum Gesamtabgang an Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund geändert wird,

nicht gesetzwidrig waren."

4. Der Verfassungsgerichtshof hat den Prüfungsbeschluß auch den übrigen Ämtern der Landesregierung, dem Österreichischen Städtebund und dem Österreichischen Gemeindebund zur Kenntnis gebracht.

Eine Äußerung hat lediglich das Amt der Salzburger Landesregierung abgegeben (s.u. III.3).

II.Die hier in erster Linie maßgebende Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Das O.ö. VerkVerbKostenG lautet:

"§1

Beitragsleistung der Gemeinden

(1) Die Gemeinden leisten einen Beitrag zum Gesamtabgang an Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund in Höhe von S 50 Mio./Jahr.

(2) Die Landesregierung hat die im Abs1 festgesetzte Höhe des Gemeindebeitrages durch Verordnung zu ändern, wenn das Ausmaß der Änderung des Gesamtabganges an Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund sich um 5 v.H. gegenüber dem bisher maßgebenden Betrag (S 150 Mio./Jahr) ändert.

§2

Aufteilung der Gemeindeanteile

(1) Die Landesregierung hat durch Verordnung den Anteil der einzelnen Gemeinden an den Ab- und Durchtarifierungsverlusten nach Maßgabe folgender Kriterien festzulegen:

1.

Zahl der Einwohner gemäß dem letztverfügbaren Ergebnis einer Volkszählung

2.

Zahl der Einpendler gemäß dem letztverfügbaren Ergebnis einer Volkszählung

3.

Zahl der Auspendler gemäß dem letztverfügbaren Ergebnis einer Volkszählung

4. Anzahl der Halte pro Jahr

5.

Finanzkraft der Gemeinde (Gemeindesteueraufkommen und Ertragsanteile des jeweiligen Vorjahres).

(2) Die Gewichtung der Z. 1 und 4 des Abs1 beträgt jeweils 40 %, die der Z. 2 und 3 des Abs1 jeweils 10 %.

Der sich daraus additiv ergebende Wert wird mit dem Faktor

Finanzkraftkopfquote der Gemeinde Finanzkraftkopfquote aller Gemeinden des Landes

multipliziert.

§3

Die Gemeinden leisten pro Monat eine Zahlung von einem Zwölftel des Jahresbeitrages. Solange die Finanzkraft der Gemeinden bezogen auf das jeweilige Vorjahr noch nicht feststeht, sind monatliche Akontozahlungen auf Grund der Finanzkraft der Gemeinden bezogen auf das vorvergangene Jahr zu leisten. Allfällige Über- oder Unterzahlungen werden in der 1. Monatsrate des Folgejahres berücksichtigt.

§4

Dieses Gesetz tritt mit 1. Februar 1995 in Kraft und wird bis 31. Dezember 1996 befristet."

2. Gestützt auf dieses Gesetz erließ die O.ö. Landesregierung zwei Verordnungen:

a) Die Verordnung vom 28. August 1995, LGBl. 82, über den Anteil der einzelnen Gemeinden an den Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund.

Diese Verordnung lautet auszugsweise:

"Auf Grund des §2 des Landesgesetzes vom 29. März 1995 über den Kostenbeitrag der Gemeinden zum O.ö. Verkehrsverbund, LGBl. Nr. 51/1995, wird verordnet:

§1

Für die Gemeinden des Landes Oberösterreich - ausgenommen Linz - wird der Anteil an den Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund gemäß Anlage festgesetzt.

§2

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt mit Ablauf des Tages ihrer Kundmachung im Landesgesetzblatt für Oberösterreich in Kraft.

...

Anlage zu §1 der Verordnung:

GemeindenTausendstel-Prozent

(... v. Hunderttausend)

..........

Braunau am Inn1624

..........

Enns1145

..........

Gmunden1707

..........

Leonding2469

..........

Steyregg 382

..........

Wels6677

.........."

b) Die Verordnung vom 27. November 1995, LGBl. 102, mit welcher der Beitrag der Gemeinden zum Gesamtabgang an Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund geändert wird:

"Auf Grund des §1 Abs2 des Landesgesetzes vom 29. März 1995 über den Kostenbeitrag der Gemeinden zum O.ö. Verkehrsverbund, LGBl. Nr. 51/1995, wird verordnet:

§1

Die Gemeinden leisten im Jahr 1995 einen Beitrag zum Gesamtabgang an Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund in Höhe von S 31,500.002,--.

§2

Die Gemeinden leisten im Jahr 1996 einen Beitrag zum Gesamtabgang an Ab- und Durchtarifierungsverlusten im O.ö. Verkehrsverbund in Höhe von S 69,000.000,--."

III.1.a) Der Verfassungsgerichtshof nahm in dem am 3. Dezember 1996 zu B1527/96, B1572/96 gefaßten Einleitungsbeschluß (in Pkt. II.1) vorläufig an, daß die in Prüfung genommenen generellen Normen in den Anlaßbeschwerdeverfahren präjudiziell seien.

Sodann lautet es in diesem Beschluß:

"2. Der Verfassungsgerichtshof geht aufgrund der Behauptungen der O.ö. Landesregierung und der von ihr vorgelegten Urkunden vorläufig von folgendem Sachverhalt aus:

a) Das O.ö. VerkVerbKostenG tritt mit 31. Dezember 1996 außer Kraft. Ob seine Geltungsdauer verlängert wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

b) Dieses Gesetz gilt für alle oberösterreichischen Gemeinden.

Ausgenommen vom Geltungsbereich des Gesetzes ist die Landeshauptstadt Linz. Statt dessen haben das Land Oberösterreich und diese Gemeinde am 19. April 1996 einen Vertrag abgeschlossen, in dem sich die Landeshauptstadt verpflichtet, zum Gesamtabgang i. S. des §1 Abs1 O.ö. VerkVerbKostenG 30 %, höchstens jedoch 15 Mio S jährlich zu leisten.

c) Am 27. Juni 1995 schlossen der Bund und das Land Oberösterreich einen 'Grund- und Finanzierungsvertrag für einen Verkehrsverbund Oberösterreich', in welchem die Vertragspartner übereinkommen, einen solchen Verkehrsverbund einzurichten.

In dem Vertrag ist vorgesehen, daß für das Tarifgebiet des O.ö. Verkehrsverbundes (der Verbundraum erfaßt ganz Oberösterreich sowie bestimmte benachbarte Gebiete - s. §2 des Vertrages) ein (für Kraftfahrlinien und Schienenverkehre geltender) einheitlicher Verbundtarif nach Tarifzonen eingeführt wird (§6 Z1 bis 3). Der Verbundtarif sieht 'uneingeschränkte Durchtarifierung bei allen Eisenbahn-, Straßenbahn- und Kraftfahrlinien vor und ermöglicht dem Fahrgast die freie Wahl des Verkehrsmittels' (§6 Z2).

Die näheren Einzelheiten des Verbundtarifes und der Einnahmenaufteilung werden zufolge §6 Z4 einem 'Leistungsvertrag' vorbehalten (s. dazu die folgende litd).

Der Bund und das Land Oberösterreich verpflichten sich im 'Grund- und Finanzierungsvertrag', die den Verkehrsunternehmen durch die Teilnahme am Verkehrsverbund erwachsenden Einnahmenausfälle abzugelten. Die Einnahmenausfälle werden vom Bund zu einem Drittel und vom Land Oberösterreich zu zwei Drittel getragen (§7 Z1 des Vertrages).

Im §7 Z2 des Grund- und Finanzierungsvertrages werden die im §2 Abs1 O.ö. VerkVerbKostenG sowie in den beiden in Prüfung gezogenen Verordnungen verwendeten Begriffe 'Abtarifierung' und 'Durchtarifierung' wie folgt umschrieben:

'2. Als Einnahmenausfälle gelten während der Einführungsphase, das sind zwei Jahre ab Inkrafttreten des OÖVV (Oberösterreichischer Verkehrsverbund), die Unterschiedsbeträge zwischen den Alteinnahmen und den Fahrgeldeinnahmen nach Verbundbeginn.

Die Einnahmenausfälle entstehen den Verkehrsunternehmen

-

aus der Anwendung des Verbundtarifes im Vergleich zum jeweiligen Unternehmenstarif (Kraftfahrlinientarif, Schienentarif, innerstädtischer Tarif bzw. Einnahmen aus dem Gelegenheitsverkehr) (Abtarifierung),

-

aus dem Durchrechnen der Fahrausweise (Durchtarifierung),

-

sowie aus der Bildung von Tarifzonen.

Als Alteinnahmen gelten jene Einnahmen, welche von Jänner 1994 bis einschließlich Dezember 1994 erzielt werden.'

d) Am 26. September 1996 schlossen einerseits der Bund ("Republik Österreich") und das Land Oberösterreich sowie andererseits die Österreichischen Bundesbahnen, die Post und Telekom Austria AG und (soweit sie sich dem Verkehrsverbund anschließen) die sonstigen Verkehrsunternehmen, die Eisenbahnen, Straßenbahnen und Kraftfahrlinien betreiben, den im Grund- und Finanzierungsvertrag (s. die vorstehende litc) vorgesehenen 'Leistungsvertrag'.

§7 des Leistungsvertrages regelt das Tragen der 'Einnahmenausfälle'. In der Z1 dieser Bestimmung wird wiederum auf die 'Abtarifierung' und 'Durchtarifierung' Bezug genommen:

'1) Die Einnahmenausfälle, die den Verkehrsunternehmen, sowie den gemäß §4 eingebundenen Gelegenheitsverkehrsunternehmen

-

aus der Anwendung des Verbundtarifes im Vergleich zum jeweiligen Unternehmenstarif bzw. im Vergleich zu den Einnahmen aus dem Gelegenheitsverkehr (Abtarifierung),

-

aus dem Durchrechnen der Fahrausweise (Durchtarifierung),

-

sowie aus der Bildung von Tarifzonen erwachsen,

werden von den Gebietskörperschaften (sc. Bund und Land Oberösterreich) getragen.'

e) Mit den Gemeinden wurde kein den in den vorstehenden litc) und d) genannten Vereinbarungen entsprechender Vertrag abgeschlossen.

f) Die O.ö. Landesregierung bemerkt in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 7. November 1996 zu den Begriffen 'Abtarifierung' und 'Durchtarifierung':

'Die Begriffe 'Abtarifierung' und 'Durchtarifierung' sind in §7 des Leistungsvertrages bzw. in §7 Z2 des Grund- und Finanzierungsvertrages definiert.

Dazu wird ergänzend ausführt:

Seit dem Inkrafttreten des Oö. Verkehrsverbundes ist es dem Benützer öffentlicher Verkehrsmittel möglich, mit 1 Fahrkarte vom Ort A zum Ort B zu gelangen und dabei beliebig viele Verkehrsmittel (Eisenbahnen, Busse und Straßenbahnen, von welchem Verkehrsunternehmer immer) zu benützen. Diese 1 Fahrkarte ist i. d.R. kostengünstiger als die Einzelfahrscheine der einzelnen Verkehrsunternehmer zusammengerechnet.

Die den Verkehrsunternehmen dadurch entstehenden Einnahmenausfälle werden als 'Ab- und Durchtarifierungsverlust(e)' bezeichnet.'

3. Nach §2 F-VG 1948 haben die Gebietskörperschaften den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Angelegenheiten ergibt, selbst zu tragen, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt. Von dem erwähnten Grundsatz kann die 'zuständige Gesetzgebung' Abweichungen verfügen. Der zuständige Gesetzgeber kann - unter Beachtung bestehender verfassungsrechtlicher Schranken - Aufgaben von einer Gebietskörperschaft auf eine andere übertragen und solcherart auch die Pflicht, die damit zusammenhängenden Kosten zu tragen, überwälzen.

Nähere Untersuchungen dieser Fragen dürften im gegebenen Zusammenhang entbehrlich sein, weil - wovon der Verfassungsgerichtshof vorläufig ausgeht - hier nicht eine Aufgabenübertragung erfolgt ist, sondern alle oberösterreichischen Gemeinden (ausgenommen die Landeshauptstadt Linz) durch Gesetz verpflichtet werden, sich an den Kosten des O.ö. Verkehrsverbundes zu beteiligen.

Der Verfassungsgerichtshof geht daher vorläufig davon aus, daß das O.ö. VerkVerbKostenG auf einem bestimmten Gebiet die Verteilung der Lasten zwischen dem Land und den Gemeinden regelt, also finanzausgleichsrechtlichen Inhaltes ist (vgl. z.B. VfSlg. 12766/1991, S 844).

Zu fragen ist also, ob das F-VG 1948 den Landesgesetzgeber ermächtigt, die getroffene Kostenüberwälzungsregel zu statuieren (s. den folgenden Pkt. 4) und ob das F-VG 1948 Schranken für eine solche Regel setzt (s. den folgenden Pkt. 5).

4. Der Verfassungsgerichtshof hegt nun zunächst das Bedenken, daß dem Landesgesetzgeber die Kompetenz mangelt, die getroffene Kostenüberwälzung zu verfügen:

Die Kostenübertragung auf die Gemeinden könnte entweder in Form einer Umlage (§3 Abs2 F-VG 1948) oder einer Abgabe (§8 Abs3 und 5 F-VG 1948) erfolgen.

a) Nach §3 Abs2 F-VG 1948 sind die Länder berechtigt, durch Landesgesetze ihren durch sonstige Einnahmen nicht gedeckten Bedarf auf die Gemeinden umzulegen; durch Bundesgesetz kann ein Höchstausmaß der Landesumlage festgesetzt werden. Ein solches Höchstausmaß wurde durch §4 des hier maßgebenden FAG 1993 bestimmt (8,3 vH der ungekürzten Ertragsanteile der Gemeinden). Den bisher unwidersprochen gebliebenen Ausführungen in der Stellungnahme des Österreichischen Städtebundes vom 11. November 1996 zufolge hat das Land Oberösterreich dieses bundesgesetzlich vorgegebene Höchstausmaß bereits voll ausgeschöpft, sodaß eine Umlegung weiterer Kosten (so jener, die im Zusammenhang mit dem O.ö. Verkehrsverbund stehen) unzulässig sein dürfte.

b) Die O.ö. Landesregierung nimmt an, daß die Kostenüberwälzung nicht im Wege einer Umlage, sondern im Wege einer Abgabe erfolgt sei. Daher ist zu untersuchen, ob auch diese Methode verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.

Zwar steht den Ländern - mit bestimmten Einschränkungen - das sogenannte 'Abgabenerfindungsrecht' (§8 Abs3 und 5 F-VG 1948) zu. Sollte der vorgesehene Kostenbeitrag als Abgabe zu qualifizieren sein, so bestünde aber folgendes Bedenken: §6 Abs1 F-VG dürfte die Gebietskörperschaften ermächtigen, über den ihnen finanzverfassungsgesetzlich zustehenden Abgabenertrag im eigenen Haushalt zu verfügen; daraus dürfte sich ergeben, daß Gebietskörperschaften selbst nicht mit (wie hier) nur ihnen - also nicht allgemein - auferlegten Abgaben einer anderen Gebietskörperschaft belastet werden dürfen (in diesem Sinne VfSlg. 4174/1962, S 143).

Der Steuertatbestand tritt absolut unabhängig und unbeeinflußbar vom Verhalten der Steuerpflichtigen ein. Unter diesen Umständen ist fraglich, ob der den Gemeinden auferlegte Kostenbeitrag von seinem Wesen her überhaupt eine Abgabe ist. Wäre dies zu verneinen, so dürfte er wohl nur als Umlage konstruiert werden (hiezu siehe jedoch die vorstehende lita).

c) Den Landesgesetzgeber scheint auch keine andere Verfassungsnorm zu ermächtigen, die getroffene Regelung zu erlassen.

5. Sollte der Landesgesetzgeber aber doch berufen sein, eine Kostenüberwälzung auf die Gemeinden vorzunehmen, so besteht das Bedenken, daß er das Gebot des §4 F-VG 1948 verletzt hat:

a) Der Verfassungsgerichtshof nimmt - wie erwähnt - im Rahmen einer vorläufigen Beurteilung an, daß das O.ö. VerkVerbKostenG ein Landesgesetz mit finanzausgleichsrechtlichem Inhalt ist. Als solches Gesetz scheint es sich innerhalb der durch §4 F-VG gezogenen Schranken halten zu müssen (s. hiezu die in der folgenden litb zitierte Judikatur).

b) Daher dürfte die zu §4 F-VG entwickelte Judikatur (obgleich sie sich nur auf finanzausgleichsrechtliche Regelungen des Bundes bezieht) auch hier in Betracht zu ziehen sein (vgl. etwa VfSlg. 9280/1981, 10633/1985, 11663/1988, 12505/1990, 12784/1991, 12832/1991). So heißt es etwa im Erkenntnis VfSlg. 12505/1990, S 353f:

'Das allgemeine Gleichheitsgebot des Art7 B-VG gilt auch für den Finanzausgleichsgesetzgeber. Es wird für den Bereich des Finanzausgleiches durch §4 F-VG 1948 zum Ausdruck gebracht;

.....

Ein dem Gebot des §4 F-VG entsprechendes, sachgerechtes System des Finanzausgleiches setzt schon im Vorfeld der Gesetzgebung eine Kooperation der Gebietskörperschaften voraus, die durch politische Einsicht und gegenseitige Rücksichtnahme bestimmt ist. Ein solches komplexes System kann nur bei eingehender Kenntnis der bestehenden weitverzweigten, komplizierten Rechtsordnung und der gegenwärtigen und künftig zu erwartenden wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten und Interessen sowie durch gegenseitige Rücksichtnahme und einen das Gesamtwohl beachtenden Ausgleich der (allenfalls divergierenden) Interessen der Gebietskörperschaften geschaffen werden.

Vor Erlassung des Finanzausgleichsgesetzes sind also entsprechende Beratungen zwischen den Vertretern der Gebietskörperschaften unabdingbar (wobei die Gemeinden durch den Österreichischen Gemeindebund und den Österreichischen Städtebund zu vertreten sind - Art115 Abs3 B-VG). Führen diese Gespräche zumindest in den wesentlichen, grundsätzlichen Belangen zu einem Einvernehmen, so kann in aller Regel davon ausgegangen werden, daß eine dem Art4 F-VG 1948 entsprechende Gesamtregelung getroffen wurde. Es ist nämlich nicht anzunehmen, daß die mit der Sach-, Rechts- und Interessenlage vertrauten Vertreter der Gebietskörperschaften bei den auf Erzielung eines Konsenses abzielenden Verhandlungen zu einem Ergebnis gelangen, dem entgegenhalten werden könnte, es sei exzessiv unrichtig.

.....'

c) Der Österreichische Städtebund legt in seiner Stellungnahme vom 11. November 1996 in diesem Zusammenhang folgendes dar:

'Zum vorliegenden Fall der Kosten der Durchtarifierung ist auszuführen, daß der seinerzeit vom Österreichischen Städtebund initiierte Zuschlag von 50 Groschen zur Mineralölsteuer für die Finanzierung von städtischen Nahverkehrseinrichtungen, aber auch der Gemeindeanteile von Verkehrsverbünden gedacht war. Keinesfalls war die Forderung des Städtebundes - als Interessensvertretung der Städte und Gemeinden - dahin ausgerichtet, ausschließlich die Länder in den Genuß von Steuereinnahmen zu bringen, damit diese ihren Anteil an den Verkehrsverbünden daraus bestreiten, während die Gemeinden direkt belastet werden. Aus einer Nebenabrede zum Resümeeprotokoll über die Paktierung des Finanzausgleiches ab dem Jahre 1993 geht hervor, daß die Einhebung von Länderzuschlägen zur Mineralölsteuer zur Verbesserung der Finanzierung des öffentlichen Verkehrs dienen soll. Aus einer Beantwortung einer Anfrage an Herrn Landeshauptmann Dr. Pühringer durch Herrn Landesrat Ackerl geht hervor, daß in den Jahren 1994 und 1995 nicht sämtliche Einnahmen aus diesem Titel aufgebraucht wurden, sodaß schon aus diesem Grund auch die Kostenüberwälzung in Frage zu stellen ist.

Zu den Verfassungsgerichtshofbeschwerden selbst vermeint der Österreichische Städtebund keine detaillierte Stellungnahme abgeben zu müssen, weil diese vollinhaltlich unterstützt werden und den Ausführungen im wesentlichen beizupflichten ist. Ob im vorliegenden Fall die sich im Erkenntnis vom 19. Juni 1996, B2756/94, abzeichnende Abschwächung des Vertrauensschutzes angewendet werden kann, ist fraglich, weil zwar die Gemeinden in Kenntnis der Gespräche über die Einrichtung eines Verkehrsverbundes waren, im Hinblick auf die oben angeführte Nebenabrede zum FAG 1993 jedoch durchaus der Meinung sein konnten, daß sie nicht vom Ab- und Durchtarifierungsabgang betroffen sein werden. Zudem ist das vorliegende Gesetz als Initiativantrag nicht einem Begutachtungsverfahren unterzogen worden, in dem - auch im Sinne des Finanzausgleichs - die Gemeinden ihre Position darlegen konnten.'

d) Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, daß der in der vorstehenden Stellungnahme geschilderte Sachverhalt zutrifft.

Zwar dürfte an sich aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts dagegen einzuwenden sein, die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs als gemeinsame Aufgabe des Bundes, der Länder und der Gemeinden anzusehen. Die Aufteilung der daraus erwachsenden Kosten auf die Gebietskörperschaften hat aber - so meint der Verfassungsgerichtshof vorläufig - unter Beachtung der sich aus dem (im Sinne der soeben wiedergegebenen Judikatur auszulegenden) §4 F-VG 1948 ergebenden Regeln zu erfolgen. Diese enthalten anscheinend auch das Gebot, einen entsprechenden Konsultationsmechanismus einzuhalten. Daraus dürfte die Pflicht folgen, die Gemeinden zumindest in die Verhandlungen über den Abschluß eines die Schaffung eines Verkehrsverbundes betreffenden Vertrages einzubinden, allenfalls den Gemeinden auch ein Mitspracherecht bei Führung des Verkehrsverbundes einzuräumen, sofern diese Gebietskörperschaften zur Kostentragung herangezogen werden sollen. Solche Konsultationen sind im übrigen zwischen dem Land Oberösterreich und der Landeshauptstadt Linz erfolgt und haben zum Abschluß eines Vertrages (s.o. II.2.b) geführt (vgl. zur grundsätzlichen Zulässigkeit eines Nebeneinander von gesetzlichen und vertraglichen Regelungen und zur Notwendigkeit, bei hoheitlich geregelten Gebühren die vertragsmäßig vereinbarten Leistungen zu berücksichtigen VfSlg. 13310/1992).

Im Gesetzesprüfungsverfahren wird zu klären sein, ob und mit welchem Ergebnis im Zuge der der Erlassung des FAG 1993, BGBl. 30, vorausgehenden Verhandlungen die Frage der Förderung des öffentlichen Nahverkehrs mit den Vertretern der Gemeinden beraten wurde (s. §20 FAG 1993).

4. Wenn das O.ö. VerkVerbKostenG tatsächlich verfassungswidrig sein und deshalb aufgehoben werden sollte, verlören die in Prüfung gezogenen Verordnungen ihre gesetzliche Grundlage. Sie stünden dann in Widerspruch zu Art18 Abs1 und 2

B-VG."

b) Im Einleitungsbeschluß vom 12. März 1997, B4989/96 u. a. Zlen. bezog sich der Verfassungsgerichtshof auf den soeben zitierten Beschluß vom 3. Dezember 1996.

2. Die O.ö. Landesregierung tritt in ihrer Äußerung vom 14. April 1997 den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes mit nachstehenden Argumenten entgegen:

"Zur kompetenzrechtlichen Zulässigkeit einer landesgesetzlichen Verpflichtung der Gemeinden zur Leistung eines Beitrages zum Gesamtabgang an Ab- und Durchtarifierungsverlusten in einem Verkehrsverbund:

1. Allgemeine einleitende Bemerkungen:

Einleitend sei festgestellt, daß die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes, wonach das 'O.ö. VerkVerbKostenG' auf einem bestimmten Gebiet die Verteilung der Lasten zwischen dem Land und den Gemeinden geregelt hat, also finanzausgleichsrechtlichen Inhaltes war, von der O.ö. Landesregierung unbestritten bleibt und auch keine Veranlassung gesehen wird, diese Feststellung einer näheren Begründung zu unterziehen.

Ebenso teilt die O.ö. Landesregierung die vorläufige rechtliche Einschätzung des Gerichtshofes, daß das 'O.ö. VerkVerbKostenG' keine Aufgabenübertragung normiert hatte, sondern (lediglich) alle oberösterreichischen Gemeinden gesetzlich verpflichtete, sich an den Kosten des O.ö. Verkehrsverbundes zu beteiligen. Das Land Oberösterreich hatte - gemeinsam mit dem Bund - den am Verkehrsverbund teilnehmenden Verkehrsunternehmen gegenüber durch den Abschluß des sog. 'Leistungsvertrages' die Verpflichtung - und damit die 'Aufgabe' - übernommen, den Abgang an Ab- und Durchtarifierungsverlusten zu ersetzen. An dieser Verpflichtung des Landes Oberösterreich hat sich durch das 'O.ö. VerkVerbKostenG' nichts geändert; der Regelungsinhalt dieses Gesetzes beschränkt sich auf die Anordnung der Mitfinanzierung eines Teiles am Gesamtabgang an Ab- und Durchtarifierungs-verlusten im O.ö. Verkehrsverbund.

Erhebliche Einwände sind aber jedenfalls gegen die im Prüfungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes geäußerte Rechtsauffassung vorzubringen, wonach eine landesgesetzliche Kostenübertragung auf die Gemeinden lediglich auf zwei Arten erfolgen könne - nämlich entweder in Form einer Umlage (§3 Abs2 F-VG 1948) oder einer Abgabe (§8 Abs3 und 5 F-VG 1948); keine andere Verfassungsnorm scheint nach Ansicht des Gerichtshofes eine Ermächtigung an den Landesgesetzgeber zu enthalten, eine derartige Kostenüberwälzung vorzusehen.

Demgegenüber vertritt die O.ö. Landesregierung die Auffassung, daß §2 F-VG 1948 den Landesgesetzgeber als die noch näher zu umschreibende 'zuständige' Gesetzgebung ermächtigt, den Aufwand, der sich aus der Besorgung gewisser Aufgaben ergibt, auf die Gemeinden überzuwälzen, ohne gleichzeitig auch die kostenverursachenden Aufgaben selbst zu übertragen und auch ohne Bindung an ein vom Bundesgesetzgeber gemäß §3 Abs2 F-VG 1948 festgesetztes Höchstausmaß.

Im einzelnen ist zu den dem Landesgesetzgeber offen stehenden Regelungsmöglichkeiten im folgenden unter den Z2 ('Landesumlage'), 3 ('Kostenüberwälzung gemäß §2 F-VG 1948') und 4 ('Abgabe') näher Stellung zu nehmen:

2. Die Kostenübertragung im Wege der Landesumlage:

Nach §3 Abs2 F-VG 1948 sind die Länder berechtigt, ihren durch sonstige Einnahmen nicht gedeckten Bedarf auf die Gemeinden umzulegen. Der Verfassungsbestimmung des §21 Abs1 FAG 1967; BGBl. Nr. 2, zufolge ist die Vorschreibung einer derartigen Landesumlage seit dem 1. Jänner 1967 nicht mehr an die Geltendmachung eines konkreten Bedarfes gebunden ('auch ohne Zutreffen der Voraussetzungen des §3 Abs2 erster Satz des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948'). Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen konkreten Kosten für bestimmte Aufgaben und der einzuhebenden Umlage war aber niemals zwingend herzustellen; so spricht etwa H.G. Ruppe, Transfer aus finanzverfassungsrechtlicher Sicht, in: Egon Matzner (Hrsg.), Öffentliche Aufgaben und Finanzausgleich, Wien 1977, S 382ff (384) bezogen auf die Landesumlage von einem 'der Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge gleichwertigen Instrument' (vgl. auch Heinz Schäffer, Die österreichische Finanzverfassung, in: Weber-FS, Wien 1986, S. 87 (91): 'eine Art Sonderbesteuerung'). Voraussetzung für die Vorschreibung einer Landesumlage war auch vor der Änderung der Verfassungsrechtslage durch §21 Abs1 FAG 1967 lediglich, daß der Gesamthaushalt des betroffenen Landes ohne entsprechende Heranziehung von Gemeindemitteln nicht auszugleichen war.

Angesichts des Umstandes, daß §4 des im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen FAG 1993, BGBl. Nr. 30/1993, die Landesumlage mit höchstens 8,3 vH der ungekürzten rechnungsmäßigen Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben begrenzte, und das O.ö. Landesumlagegesetz 1993; LGBl. Nr. 30, in der Fassung LGBl. Nr. 28/1994 und LGBl. Nr. 14/1996, dieses bundesgesetzlich erlaubte Höchstausmaß für die Jahre 1995 und 1996 bereits voll ausschöpfte, kommt - wie auch der Verfassungsgerichtshof bereits annahm - eine Überwälzung weiterer Kosten und somit eine verfassungskonforme Subsumierung des 'O.ö. VerkVerbKostenG' unter dem Titel 'Landesumlage' von vornherein nicht in Betracht.

3. Die Kostenüberwälzung gemäß §2 F-VG 1948:

§2 F-VG 1948 ordnet an, daß der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften den Aufwand tragen, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt (sog. 'Konnexitätsgrundsatz').

Daraus ergibt sich, daß primär die zur Regelung einer Sachmaterie zuständige Gesetzgebung zu bestimmen hat, welche Gebietskörperschaft den mit der Besorgung einer Aufgabe verbundenen Aufwand zu tragen hat, wobei nach herrschender Auffassung eine Kostenabwälzung durch Bundesgesetz auf Länder und Gemeinden, dagegen durch Landesgesetz nur auf die Gemeinden vorgenommen werden kann (vgl. Robert Walter - Heinz Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts8, Wien 1996, RN 284).

a) Von besonderer Bedeutung im vorliegenden Zusammenhang ist die Frage, was unter 'Aufgaben' im Sinn des §2 F-VG 1948 zu verstehen ist, deren Aufwand nach dem zuvor Gesagten von einer 'größeren' auf eine 'kleinere' Gebietskörperschaft überwälzt werden kann. Unter Berufung auf zahlreiche Fundstellen seiner bisherigen Judikatur sowie namhafte Stimmen aus der rechtswissenschaftlichen Literatur stelle der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 11939/1988 ausdrücklich fest, 'daß (daher) zu den kostenschaffenden Aufgaben i. S. des §2 F-VG 1948 sowohl die hoheitlichen Aufgaben als auch jene privatwirtschaftlichen Verwaltungshandlungen gehören, mit denen ein im öffentlichen Interesse gelegener Zweck verfolgt werden soll.'

Die vertraglich eingegangene Verpflichtung des Landes Oberösterreich, den Verkehrsunternehmen die durch die Teilnahme am Verkehrsverbund erwachsenden Einnahmenausfälle (zu zwei Dritteln) abzugelten, stellt sich zweifelsohne als Akt der Privatwirtschaftsverwaltung dar. Vernünftigerweise kann dem Land Oberösterreich nicht unterstellt werden, daß es mit dem Abschluß dieser Vereinbarung auch nur am Rande einen gewissen erwerbswirtschaftlichen Zweck verfolgte; ein finanzieller Gewinn des Landes ist auf Grund des konkreten Vertragsinhalts ja von vornherein abstrakt-theoretisch niemals erzielbar. Vielmehr sind die Bemühungen um die Schaffung eines Verkehrsverbundes ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Verfolgung öffentlicher Interessen zu sehen, nämlich im Sinn einer attraktiveren Gestaltung des öffentlichen Nahverkehrs zur Abfederung der negativen Auswirkungen, welche sich aus einem ungebremsten Wachstum des Individualverkehrs ergeben würden.

Im Hinblick auf das zuvor zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 11939/1988 geht die O.ö. Landesregierung davon aus, daß die Beteiligung des Landes Oberösterreich am O.ö. Verkehrsverbund zu den 'kostenschaffenden Aufgaben i.S. des §2 F-VG 1948' zu rechnen ist, da die gegenüber den Verkehrsunternehmern eingegangene Abdeckungsverpflichtung eine Aufgabe darstellt, mit der ein im öffentlichen Interesse gelegener Zweck verfolgt werden soll.

b) Was die Ermächtigung der 'zuständigen Gesetzgebung' anbelangt, den Aufwand für die Besorgung bestimmter Aufgaben ganz oder teilweise auf 'niederrangigere' Gebietskörperschaften überzuwälzen, ist grundsätzlich von der hoheitlichen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern (Art10 bis 15 B-VG) auszugehen.

Zu bedenken ist jedoch, daß es sich im gegenständlichen Fall um eine öffentliche Aufgabe handelt, die ausschließlich in den Formen des Privatrechtes vollzogen wird. Wie aber 'aus Art17 B-VG zu folgern ist, bezieht sich nämlich die Verteilung der Kompetenzen in Ansehung der Vollziehung nur auf die obrigkeitliche Seite der Verwaltung, nicht aber auch auf die sogenannte Privatwirtschaftsverwaltung oder Betriebsverwaltung des Bundes und der Länder. Der Bund kann demnach als Träger von Privatrechten auch auf solchen Rechtsgebieten wirtschaftlich tätig werden, hinsichtlich deren den Ländern nach der Kompetenzverteilung die obrigkeitliche Verwaltung zusteht, wie auch in der Umkehrung die Länder eine solche wirtschaftliche Tätigkeit auf Gebieten entfalten dürfen, in denen der Bund Träger der Hoheitsverwaltung ist' (so ausdrücklich VfSlg. 2721/1954). Im Hinblick auf diese grundsätzliche 'Kompetenzneutralität' der Privatwirtschaftsverwaltung ist eine Zuordnung einzelner privatrechtlicher Aktivitäten, wie etwa die Einrichtung eines Verkehrsverbundes, zu bestimmten hoheitlichen Zuständigkeitsbereichen an sich abstrakt-theoretisch nicht möglich.

Ausgehend von der Überlegung, daß §2 F-VG 1948 wohl auch im Zusammenhang mit gesetzlich nicht fixierten 'freiwilligen' Aufgaben relevant sein dürfte (vgl. etwa das Erkenntnis VfSlg. 12065/1989), scheint der O.ö. Landesregierung die Auffassung vertretbar, daß eine besondere Kostentragungsregel für im öffentlichen Interesse besorgte privatwirtschaftliche Aufgabenwahrnehmungen sowohl durch den Bundes- als auch durch den Landesgesetzgeber getroffen werden können, ohne dabei an eine - ohnehin nicht anwendbare - hoheitliche Kompetenzverteilung gebunden zu sein.

Ungeachtet der grundsätzlichen abstrakt-theoretisch bedingten Kompetenzneutralität der Privatwirtschaftsverwaltung ist freilich festzustellen, daß in der rechtswissenschaftlichen Lehre immer wieder davon ausgegangen wird, daß die Art10 bis 15 B-VG eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes und der Länder nicht nur zur Regelung der Hoheitsverwaltung, sondern - stets nach Sachzuständigkeit beschränkt - auch zur Regelung der Privatwirtschaftsverwaltung enthalten (vgl. etwa Richard Novak, Hoheitsverwaltung und Privatwirtschaftsverwaltung - Eine Abgrenzung im Spannungsfeld zwischen Verfassungsrecht und Verfassungsreform, ÖJZ 1979, S. 1 (8f)). Dementsprechend können etwa die Länder in den Angelegenheiten des Art15 B-VG auf gesetzlichem Weg den Gemeinden privatwirtschaftlich zu besorgende Pflichtaufgaben auferlegen und näher determinieren (zu den Schranken einer solchen Vorgangsweise vgl. näher Norbert Wimmer - Konrad Arnold, Gemeindeautonomie und Pflichtaufgaben, ÖGZ 8/1992, S. 2ff). Als 'zuständiger' Gesetzgeber im Sinne des §2 F-VG könnte demgemäß der für eine Sachmaterie zuständige Gesetzgeber anzusehen sein, soweit er der Vollziehung zulässigerweise auch privatwirtschaftliche Pflichtaufgaben vorschreiben darf.

Eine nähere Betrachtung der hoheitlichen Zuständigkeitsverteilung im vorliegenden relevanten Zusammenhang zeigt, daß ein einheitlicher Kompetenztatbestand des (öffentlichen) Nahverkehrs, der entweder dem Bund oder den Ländern zugewiesen oder nach klaren Kriterien zwischen den beiden Gebietskörperschaften aufgeteilt ist, der Verfassung nicht zu entnehmen ist; vielmehr sind einzelne nahverkehrsbezogene Maßnahmen nach dem Adhäsionsprinzip den verschiedensten Kompetenztatbeständen zuzuordnen - es besteht also eine kompetenzrechtliche Situation, die in der Literatur mit dem Begriff 'Querschnittsmaterie' charakterisiert wurde (vgl. etwa Robert Walter - Heinz Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts8, Wien 1996, RN 301).

Hoheitliche Einflußmöglichkeiten auf die Entwicklung des öffentlichen (Personen-)Nahverkehrs wurden dem Bund durch einzelne Kompetenztatbestände wie beispielsweise 'Angelegenheiten des Gewerbes ...' (Art10 Abs1 Z8 B-VG) oder 'Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen ...' (Art10 Abs1 Z9 B-VG) eingeräumt. Insgesamt zeigt sich aber, daß dem Bund zwar unter verschiedensten Gesichtspunkten gewisse ausdrückliche Zuständigkeit zu gesetzlichen Regelungen einzelner Aspekte des Komplexes 'Öffentlicher Nahverkehr' zukommen könnten; eine einigermaßen umfassende Zuständigkeit unter Zusammenfassung aller erdenklichen in Betracht kommenden Kompetenztatbestände hat er aber nicht. Vielmehr verbleiben eine Reihe von Regelungsgesichtspunkten gemäß Art15 Abs1 B-VG im selbständigen Wirkungsbereich der Länder, wobei als begrifflich bekanntester und zugleich wohl auch bedeutendster Tatbestand die 'Landesplanung' bzw. 'Raumordnung' (vgl. VfSlg. 2674/1954) zu nennen ist. Die überragende Bedeutung von allgemeinen überörtlichen Raumordnungsgesichtspunkten im Zusammenhang mit der Errichtung des O.ö. Verkehrsverbundes zeigt sich deutlich durch die Formulierung der im §1 des Grund- und Finanzierungsvertrages verankerten 'Grundsätze'.

Letzten Endes zeigt sich aber auch hier das bereits angesprochene Dilemma: Abgesehen davon, daß eine genaue Zuordnung verschiedenster denkbarer hoheitlicher Maßnahmen unter die mannigfachen in Betracht kommenden Kompetenztatbestände im vorliegenden Zusammenhang insofern entbehrlich ist, als hoheitliche Maßnahmen betreffend den öffentlichen Personennahverkehr in keiner Weise festgelegt wurden, kann die privatrechtsförmige Einrichtung eines Verkehrsverbundes in seiner konkreten Ausgestaltung wohl ohnehin nicht einwandfrei bestimmten hoheitlichen Zuständigkeitsbereichen zugeordnet werden.

Eine Lösung dieser Problematik ist nach Ansicht der O.ö. Landesregierung letztlich nur im Sinne einer abstrakten Betrachtungsweise unter Heranziehung von Inhalts- und Zweckgesichtspunkten möglich. Unter diesem Gesichtspunkt ist aber jedenfalls festzustellen, daß dem Bund lediglich einzelne nahverkehrsbezogene Kompetenzen zukommen und eine einigermaßen umfassende (Rest-)Zuständigkeit - insbesondere im Hinblick auf den starken Aspekt der Raumordnung - daher gemäß Art15 Abs1 B-VG den Ländern zustehen dürfte. Das Land ist also - gewissermaßen 'im quantitativen Sinn' jedenfalls soweit 'zuständiger Gesetzgeber' im Sinn des §2 F-VG 1948, als es öffentlichen Interessen dienende privatwirtschaftliche Aktivitäten der öffentlichen Hand zu zwei Dritteln wahrnimmt.

Bestätigt wird diese Auffassung im Ergebnis übrigens auch von Bernd-Christian Funk, der ausdrücklich festhält, daß den Gemeinden Pflichtaufgaben in der daseinsversorgenden Privatwirtschaftsverwaltung auch im Wege von einfachen Gesetzen übertragen werden können. Und weiter: 'Die Länder könnten die Gemeinden als Träger von Privatrechten durch Landesgesetz verpflichten, Leistungen für den ÖPNV zu erbringen, z.B. durch Einrichtung eines Verkehrsverbundes oder durch Beteiligung an einem solchen, ...' (Bernd-Christian Funk, Staats- und verwaltungsrechtliche Aspekte einer Neuordnung der Kompetenzen im Verkehrswesen unter besonderer Berücksichtigung des öffentlichen Personennahverkehrs, in: Wilfried Schönbäck (Hrsg.), Neuordnung der Kompetenzen und Finanzierungsmöglichkeiten im Verkehrswesen Österreichs, Wien-Köln-Weimar 1994, S. 190ff (206)).

c) Im Hinblick auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im gegenständlichen Gesetzprüfungsbeschluß sei nochmals dargelegt, daß eine Kostenüberwälzung im Sinn des §2 F-VG 1948 ein von der Landesumlage verschiedenes finanzausgleichsrechtliches Handlungsinstrument darstellt:

Dem Materiengesetzgeber (='zuständiger Gesetzgeber' im Sinn des §2 F-VG 1948) steht es im Rahmen der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung in gewissem, eingeschränktem Maße frei, welche Gebietskörperschaft er mit der Vollziehung einer konkreten Angelegenheit betraut (vgl. etwa Art102 Abs3 B-VG oder auch die weitreichenden Möglichkeiten der Betrauung der Gemeinden mit Aufgaben im übertragenen Wirkungsbereich). Mit der diesbezüglichen Entscheidung des Materiengesetzgebers ist grundsätzlich auch klargestellt, welche Gebietskörperschaft für die Kosten der Vollziehung aufzukommen hat (vgl. das richtungsweisende Erkenntnis VfSlg. 9507/1982 und aus der Folgejudikatur die jüngere Entscheidung A7/94 vom 20. Juni 1995).

Sollte etwa der Bund als Materiengesetzgeber in den in Art102 Abs2 B-VG aufgezählten Angelegenheiten von der Ermächtigung des Art102 Abs3 leg.cit. nicht Gebrauch machen und einen Vollzug durch Bundesbehörden, also in unmittelbarer Bundesverwaltung, vorsehen, so kann er dessen ungeachtet die Kosten dieses Vollzuges den Ländern oder den Gemeinden aufbürden; Einschränkungen bestehen lediglich auf Grund des in §4 F-VG 1948 verankerten Paritätsgrundsatzes. Ebenso können sowohl der Bund als auch die Länder - im Rahmen der Gewährleistungen des §4 F-VG 1948 - die Kosten für den Vollzug konkreter Aufgaben auf die Gemeinden überwälzen, ohne diesen gleichzeitig auch die Vollziehung selbst zu übertragen.

Zu unterscheiden ist nach dem zuvor Ausgeführten einerseits die Zuständigkeit des Materiengesetzgebers, den Vollzug bestimmter Angelegenheiten konkreten Behörden zuzuweisen und andererseits die auf §2 F-VG 1948 gestützte Kompetenz, abweichend von der allgemeinen Kostentragungsregel den Vollzugsaufwand auf Gebietskörperschaften abzuwälzen, die zur Besorgung der Aufgaben selbst nicht berufen sind.

Das finanzausgleichsrechtliche Institut der Landesumlage geht demgegenüber - wie unter Z2 ausgeführt - von einen völlig anderen Regelungsansatz aus: Unabhängig von einer Berufung auf konkret wahrzunehmende Aufgaben kann der Landesgesetzgeber ein - allenfalls bundesgesetzlich plafondiertes - 'Besteuerungsrecht' gegenüber den Gemeinden ausüben.

Da eine auf §2 F-VG 1948 gestützte besondere Kostentragungsregel, mit welcher der Landesgesetzgeber in seinem Zuständigkeitsbereich Kosten für vom Land wahrgenommene Aufgaben auf die Gemeinden überwälzt, begrifflich von der im §3 Abs2 F-VG 1948 angesprochenen Landesumlage zu unterscheiden ist, geht die O.ö. Landesregierung davon aus, daß eine Kostenüberwälzung im Sinn des §2 F-VG 1948 insbesondere verfassungsrechtlich nicht daran zu messen ist, ob sie (gemeinsam mit anderen finanzausgleichsrechtlichen Bestimmungen) im Rahmen des bundesgesetzlich festgelegten Höchstausmaßes der Landesumlage bleibt.

Eine Verquickung der für die Landesumlage vorgesehenen Plafondierung mit der Kostenüberwälzungsermächtigung des §2 F-VG 1948 im Sinne einer Gesamtbindung an das Höchstausmaß von konkret 8,3 % der ungekürzten rechnungsmäßigen Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben legt der Gesetzestext des F-VG 1948 nicht nahe und wäre allenfalls mit besonderen Interpretationsmethoden nachzuweisen. Dazu ist freilich zu bemerken, daß dies eine völlig neue Sichtweise wäre, die bisher in der Judikatur und auch in der Literatur noch niemals auch nur ansatzweise angedeutet wurde. Konsequenz einer derartigen Auslegung von §2 i.V.m. §3 Abs2 F-VG 1948, die im übrigen die finanzausgleichsrechtlich ohnehin zuständigkeitsarmen Länder gegenüber dem Bund zusätzlich benachteiligen würde, wäre die Verfassungswidrigkeit unzähliger landesgesetzlicher Kostentragungsregelungen - nicht nur in Oberösterreich.

4. Die Regelung der Kostenfrage im Wege der Abgabenerhebung:

Bezogen sich die vorigen Ausführungen betreffend die Landesumlage und die Kostenüberwälzung gemäß §2 F-VG 1948 auf die finanzausgleichsrechtliche 'ausgabenseitige' Regelung der Finanzierungsverantwortung für die Besorgung öffentlicher Aufgaben, so stellt die hoheitliche Abgabenerhebung grundsätzlich einen 'einnahmenseitigen' Weg der Beschaffung von

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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